HUGO KASTNER EMPFIEHLT

RISIKO

50 Jahre Risiko - Kultspiel aus Frankreich (1957-2007)

 

Liebe Leserin, lieber Leser! 50 Jahre sind es her, seit der Regisseur Albert Lamorisse mit Risiko ein Eroberungsspiel auf den französischen Markt warf, das sich zu einem der großen Kult­spiele des 20. Jahrhunderts entwickeln sollte. Was wurde nicht alles über diesen Klassiker geschrieben, wie aggressiv die kriegerischen Elemente verteufelt, wie werbeträchtig da­durch jedoch auch die Trommel zu immer wie­der neuen Adaptionen mit leicht veränderten Regeln gerührt. Heute leiht Risiko seinen ge­nial simplen Spielmodus sogar J.R.R. Tolkiens Meisterwerk „Herr der Ringe“. Historisch um­stritten oder nicht, Risiko verdient das unein­geschränkte Prädikat „Perle der Spielkunst“, ist doch dieses Spiel seit seinem Auftauchen prak­tisch ununterbrochen in aller Munde. Sammler taten das Ihrige dazu, was sich auch bei den zahlreichen, wunderschön gestalteten Editi­onen zeigt, die Sie heute im Österreichischen Spielemuseum in Leopoldsdorf präsentiert bekommen. (Infos unter www.spielen.at).

Heute also fällt mein Lichtkegel im Museum auf ein Spiel, das zuerst Frankreich und seit einem Vierteljahrhundert auch Österreich, Deutschland und viele andere Länder ero­bern konnte, um dieses umstrittene dop­peldeutige Wort zu verwenden. Der Grund ist einfach: Wir alle in der riesigen Gemeinde der Spielerinnen und Spieler führen mit Lei­denschaft unsere virtuellen Schlachten, wir alle lieben den Nervenkitzel, der im Moment des Würfelwurfs in einem Spannungsgipfel kulminiert, wir alle kennen das Gefühl des Rausches, wenn uns die Glücksgöttin im rechten Moment gnädig gestimmt ist, und wir alle schätzen die ungehinderte Vogelper­spektive auf unsere gewieften strategischen Aufstellungen und taktischen Manöver. All das gibt es bei Risiko, noch dazu mit einem einfachen, eingängigen Regelwerk, das die Armeebewegungen, den Angriff und die Verteidigung zu einem sehr harmonischen Ganzen werden lässt, das zudem auch alle am Spiel Beteiligten jederzeit einschließt und zur Aktion zwingt. Nächtelang hat mei­ne Generation Schlacht um Schlacht abge­wickelt, Pläne getrimmt, mit Verwegenheit gezockt und fast inbrünstig um den Sieg auf den 42 Gebieten gerungen: Afghanistan, Ägypten, Alaska, Alberta, Argentinien, … was für ein Klang – wir haben das noch im Ohr, haben wir doch den Grundplan mit Herz memoriert und wieder und wieder in unserem Geist durchgespielt. … In Indone­sien konnte man sich einigeln, Brasilien war das Tor nach Westafrika, Kamtschatka die Brücke zur Neuen Welt. War erst einmal ein Kontinent in deiner Hand, konntest du mit den Sonderarmeen auf zusätzliche Kraft vertrauen. Und doch schlug das Pendel bisweilen unerwartet ins Gegenteil. Wie ge­wonnen, so zerronnen – über den Ural, aus Nordwestafrika und über das eisige Grön­land wälzten sich die gegnerischen Truppen heran. Europa war niemals sicher, wie stark auch die eigene Armee zu sein schien. Stun­de um Stunde zerrann uns im Flug, zwischen Furcht und Hoffnung schwebend, fühlten wir uns alle als heroische Kämpfer und Helden. War eine Schlacht verloren, blieb die Hoff­nung auf die nächste. … Heute kennt auch dieses Spiel moderne, dem Zeitgeist ange­passte Formen, wie eine Star Wars-Version, ein Herr der Ringe-Risiko und vieles mehr. Nun, ich greife noch immer mit Leidenschaft zur klassischen Version, zu den frühen, noch ganz schnörkellosen Weltenplänen. Was ich dabei mitbringe? Nur eines: Meine volle Be­reitschaft zum Risiko!

 

Hugo.Kastner@spielen.a

 

EMPFEHLUNG # 5

 

Spieler: 2-6

Alter: 12+

Dauer: 60+

 

Autor: Albert Lamorisse

Preis: ca. 20 Euro

Jahr: mehrere verschiedene Ausgaben

Verlag: Parker

    

Taktik: 2 von 10

Info±: 2 von 10

Glück: 6 von 10

 

Risiko ist stark glücksabhängig, keine Fra­ge. Und dieses Element liegt ja auch schon im Titel dieses Eroberungs- pardon: Befrei­ungsklassikers. Dennoch geht es nicht ganz ohne Bluff (Karten) und Logik (Timing beim Angriff wie auch der Truppenbewegung). Jedenfalls haben wir hier kein Konfliktsimu­lationsspiel vor uns, trotz der jahrelangen Verbote wegen kriegshetzerischer Elemente, die dem Risiko nachgesagt wurden. Heute wirkt dies geradezu unverständlich bis lä­cherlich. Risiko war, ist und bleibt ein lockeres Würfelabenteuer, wiewohl mit Kultcharakter.

 

Hugos EXPERTENTIPP

Die Welt zu erobern ist das ultimative Ziel, das unserer Spielrunde die höchsten Lustgefühle verschafft. Im Team macht dies doppelten Spaß, wobei zwei kleine Spezialregeln beachtet werden sollten. (1) Der Partner darf nie ange­griffen werden, und (2) man darf ein Gebiet des Partners nur dann besetzen (also seine durch eigene Armeen austauschen), wenn die letzte Armee vollständig vom Partner umzingelt ist. Ob Sie mit dem alten Würfelvergleichssystem 3 gegen 3 oder der modernen Form 3 gegen 2 spielen, macht letztlich wenig Unterschied. Beides bedeutet volles Risiko! Noch ein letzter Tipp: Peru mit Ostaustralien zu verbinden, ver­meidet ein Einbunkern auf dem fünften Kon­tinent – vielleicht eine Empfehlung! Weitere Hausregeln entnehmen Sie bitte einschlägigen Publikationen.

 

Hugos BLITZLICHT

Sie Träumen von der Eroberung der Welt, der Befreiung der Geknechteten? … Sie verspüren ein Kribbeln beim lockeren Würfelwurf? … Sie haben keine Berührungsängste bei Truppen­verschiebungen und virtuellen Kämpfen am Spieltisch? … Dann greifen Sie einfach zu, bei nächster Gelegenheit … volles Risiko beim Risiko!

 

VORANKÜNDIGUNG: KREML

Im Geiste der Apparatschiks