2 Rezensionen und Varianten
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Diplomacy
Ein Spiel für 2-7 Spieler Im Kampf um die
Vorherrschaft in Europa um 1900
Diplomacy heißt das Spiel und die hohe Kunst der
Diplomatie ist ein wichtiger Bestandteil. Zwar kann Diplomacy als Kriegsspiel
oder Konfliktsimulation angesehen werden, doch geht es nicht so
sehr um groß angelegte Manöver oder
Truppenbewegungen auf einem in unzählige Felder unterteilten Spielbrett sondern
eher um geschicktes Verhandeln und Paktieren aber auch um Lug und Betrug.
Taktik - Strategie - Verhandlungsgeschick, das sind
die Elemente, die dieses Spiel bestimmen. Seit fast dreißig Jahren erfreut sich
das Spiel ungebrochener Beliebtheit - warum?
Zunächst einmal: Die Regeln von Diplomacy sind
einfach zu erlernen. Dies mag zwar nach dem ersten Blick auf das Regelheft
nicht so erscheinen, doch muß man nur bedenken: das Brett hat nur 75 Felder (56
Land- und 19 Seefelder), es können sich höchstens 34 Einheiten aufdem Spielplan
befinden. In dieser Hinsicht ist Diplomacy am ehesten mit Schach vergleichbar
(64 Felder und 32 Einheiten, übrigens vom Erfinder beabsichtigt). Es gibt im
Grunde genommen nur vier Befehle: Ziehen, Unterstützen, Halten Übersetzen. Kämpfe
werden nach dem Prinzip "wer mehr Unterstützung hat, gewinnt"
durchgeführt. So ist das Spiel (meistens) übersichtlich und nachvollziehbar.
Trotz dieser Einfachheit der Regeln ist Diplomacy ungemein komplex. Es gibt unzählige
Zugmöglichkeiten und taktische Varianten. Hinzu kommt die Komplexität der Persönlichkeiten
der einzelnen Mitspieler, die jedes Spiel anders gestalten. Es gibt keine
"absolutent' Wahrheiten in diesem Spiel, man muß jederzeit flexibel sein
und bereit umzudenken.
Ein weiteres wichtiges Element ist die Spannung, die
fast jedem Spiel gegeben ist. Obwohl eine Partie meist mindestens vier Stunden
(oft viel länger), wird es selten langweilig. Dauernd muß man mitdenken,
verhandeln, auf den Zehenspitzen bleiben - wird mein Plan gelingen, welche Züge
gibt mein Gegner ab, wird mich mein Verbündeter betrügen oder soll ich ihm
zuvorkommen und zahlt sich dies aus? Diplomacy ist kein Glücksspiel, alles hängt
von den eigenen Entscheidungen und denen der Mitspieler ab. Einzig die Zulosung
der Länder an die einzelnen Spieler wird vom Zufall bestimmt, alles andere von
den Spielern selbst. Das Spiel ist zutiefst personenbezogen, ohne Verbündete
kann man das Spiel nicht gewinnen, aber auch nicht ohne Feinde.
Diplomacy ist kein "nettes" Spiel. Lügen
und Betrügen sind wesentliche Bestandteile. Wer seinen Verbündeten nicht betrügen
kann wird selten gewinnen. Ebenso ist jemand, der einen Betrug als persönliche
Beleidigung auffaßt, fehl am Platz. Niemals darf man vergessen, daß es sich nur
um ein Spiel handelt, in dem man Dinge tun kann, die man sonst im Leben nicht
machen würde. Diplomacy eignet sich hervorragend als Postspiel. Simultane
Zugabgabe, die Möglichkeit zu langen Verhandlungen und strategischen Überlegungen,
wer mit wem verhandelt, bleibt verborgen, dies alles sind Dinge, die Diplomacy
zum Postspiel geradezu Prädestinieren. Zwar dauert gerade hierbei eine Partie
sehr lange - mindestens ein Jahr - doch eröffnen sich noch mehr Möglichkeiten.
Ich möchte hier nicht genau auf die Regeln des Spieles eingehen. Wer das Spiel
noch nicht kennt und einmal spielen möchte, hat dazu am Spieleabend meist die Möglichkeit,
fast immer finden sich genug Mitspieler für eine Partie. Diese sind auch immer
bereit, die Regeln zu erklären und am Anfang zu helfen (um einen später umso Ärger
zu betrügen). Auch ich bin jederzeit dazu bereit, Anfängern das Spiel
vorzustellen oder eine Partie mit Neulingen zu legen.
WlN-Wertung: "A few
minutes to learn, a litetime to master"
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DIPLOMACY
50. Nummer von WIN ... Jubiläum!
Jubiläum? Das muß begangen werden!
Also sollte ein jubiläums "würdiges" Spiel
besprochen werden! O.K. Aber was kommt dafür in Frage? Wohl nur ein
"Klassiker"! Also Go, Schach oder Bridge? Wohl kaum! Aber was?
Vielleicht.... vielleicht ...... vielleicht
DIPLOMACY! Diplomacy? ... Warum eigentlich nicht?
Sicher - DIPLOMACY ist (in Spielerkreisen)
wohlbekannt. Aber es gibt - und das zeigt sich immer wieder viele, die das
Spiel nur dem Namen nach kennen, aber es noch nie gespielt haben und auch die
Regeln nicht kennen. Und das ist - man verzeihe den Ausdruck - eine Bildungslücke.
Denn DIPLOMACY ist ohne Zweifel ein Klassiker. Und ein gutes Spiel. (Man könnte
mit Recht sagen: ein Kult-Spiel.) Doch das möchte ich vermeiden. Denn mit
"Kult-" gebildete Begriffe sind zu abgenützt. Und das Prädikat
"Kult-XY" wird so oft vorschnell vergeben, daß es nicht mehr ernst zu
nehmen ist!) Was also ist das Besondere an DIPLOMACY?
Zunächst: DIPLOMACY gehört zu den wenigen Spielen,
die weltweit bekannt sind und seit Jahren unvermindert populär sind. Auch und
das ist nicht unwesentlich - bei Leuten, die sich sonst
kaum mit Spielen beschäftigen! Außerdem: DIPLOMACY
war das
erste Spiel seiner Art. Es beruht auf einer - damals
- neuen Idee und wurde zum Vorläufer unzähliger anderer Spiele: Imitationen,
Varianten, Weiterentwicklungen, ... Auch wenn vielleicht einige der Nachfolger
bessere Spiele sind - die Bedeutung von DIPLOMACY wird dadurch nicht geschmälert.
Und denselben Erfolg hat bis jetzt noch keines dieser Spiele
gehabt! Nun aber zur Sache, nämlich zum Spiel
selbst:
DIPLOMACY ist ein Spiel für 7 Teilnehmer. (Es gibt
auch Regelvarianten für 2-6 Spieler, aber die sind nur Behelfslösungen. Je
weniger mitspielen, desto mehr verliert das Spiel seinen Charakter. Zu zweit
ist es ein "ganz normales" Zwei-Personen-Spiel!) DIPLOMACY ist kein
strategisches Spiel und auch kein Glücksspiel. Es ist ein Verhandlungsspiel.
Das hat zur Folge, daß eine Partie lange dauert: einen langen Abend lang. Sehr
lange, wenn man keine strikten Zeitlimits festsetzt: einen sehr langen Abend -
oder besser: eine Nacht - lang. Daher wird es auch besonders gern als Postspiel
gespielt - mit einem Spielleiter und Zugabgabe in festem Rhythmus. Da stört es
nicht, wenn lange verhandelt wird. (Das Postspiel hat noch einen weiteren
Vorteil: Es bleibt den Mitspielern verborgen, wer mit wem verhandelt!) Und noch
ein Umstand wirkt sich nur dann nachteilig aus, wenn "live" gespielt
wird: Unweigerlich scheiden nach und nach Spieler aus dem Spiel aus. Und sind
daher zum Zuschauen verurteilt. (Oder sollte man sagen: Sie dürfen früher
heimgehen?).
Man kann daher sogar sagen: Die ideale Art, DIPLOMACY
zu spielen, ist das Spiel per Post. Möglich ist das, weil bei DIPLOMACY die
Spieler nicht reihum ziehen, sondern simultan! (Beim Live-Spiel müssen die Züge
daher notiert und danach gleichzeitig aufgedeckt werden.) Allerdings sei darauf
hingewiesen, daß das Spiel per Post eimge Standfestigkeit und Geduld verlangt:
Eine Partie in WIN dauert - mindestens - rund ein Jahr. Nun aber endlich zum
Spiel selbst und zu seinen Regeln! Zu seinen einfachen Regeln, wie ich betonen
möchte. (Denn wer das Regelheft ansieht - insbesondere dasjenige, das an die
Postspieler versendet wird [12 engbedruckte Seiten!] -
könnte den Eindruck gewinnen, daß es sich um ein äußerst
kompliziertes Spiel handelt und dadurch vielleicht abgeschreckt werden.)
Also: Das Spielbrett zeigt eine Landkarte von
Europa. Europa und die angrenzenden Meere sind in Felder (Gebiete) geteilt:
Binnen- und Küsten-Landgebiete und Meeresgebiete. 34 dieser Felder sind
besonders gekennzeichnet: Sie werden Versorgungszentren genannt. (Daß jedes
Gebiet durch drei Buchstaben gekennzeichnet ist, hat nur organisatorische
Bedeutung: Nur so kann man seine Züge bequem
schriftlich beschreiben.) Jeder Spieler übernimmt "die Rolle" einer
Großmacht: ENGLAND, GERMANY, RUSSIA, TURKEY, AUSTRIA, ITALY, FRANCE. DIPLOMACY
ist aber trotzdem kein Rollenspiel - auch wenn man sich, so man dies möchte,
bei den Verhandlungen wie ein Rollenspieler verhalten kann. Zu Beginn (üblicherweise
als das Jahr 1900 bezeichnet [man merkt, woran sich die 'Story'
des Spiels orientiert]) verfügt jeder Spieler über
die Versorgungszentren seines Heimatlandes - das smd für RUSSIA vier Zentren, für
die übrigen je drei Zentren. (Man sieht: Es ist keine Rede von einer
symmetrischen Ausgangssituation oder gar von gleichen Chancen!) In jedem dieser
Zentren steht eine Einheit: Flotten oder Armee. Die restlichen 12 Zentren sind
(noch) neutral. Ein Zug (der, wie gesagt, zugleich mit den Mitspielern erfolgt)
besteht nun darin, daß für jede Einheit ein Befehl für eine bestimmte Aktion
erteilt wird. Bei der Auswertung der Züge beeinflussen einander die Züge der
Spieler und machen so die Durchführung mancher Befehle unmöglich. Es liegt am
Verhandlungsgeschick jedes einzelnen, ob er seine Mitspieler dazu bringt, so zu
spielen, daß er seine Pläne durchsetzen kann ...
Die folgenden Befehle sind möglich:
- Halten (= Stehenbleiben) der Einheit
- Angriff (= Ziehen) einer Einheit auf ein
benachbartes Gebiet (Armeen nur auf Landgebiete, Flotten nur auf Meeres- und Küstengebiete)
- Halten mit gleichzeitigem Unterstützen einer
Einheit bei einer Aktion:
-- beim Halten: die Einheit muß in das Gebiet der
haltenden Einheit ziehen dürfen
-- beim Angriff: die Einheit muß in das angegriffene
Gebiet ziehen dürfen
- Halten und Convoy (nur bei Flotten auf
Meeresgebieten): Transport einer Armee - Angriff einer Armee über See (d.h. per
Convoy): von einem Küstengebiet in ein anderes Küstengebiet.
Da in jedem Gebiet nur eine einzige Einheit stehen
darf, ergeben sich bei den Befehlen häufig Widersprüche, die je nach Stärke des
Angriffs- oder Haltebefehls aufgelöst werden: Die Stärke eines Angriffs- oder
Haltebefehls ist nichts anderes, als die Zahl der durchführbaren Befehle, durch
die er unterstützt wird, plus 1 (für den Befehl selbst).
Ein Unterstützungsbefehl ist nur durchführbar, wenn
er die Einheit in dem tatsächlich gegebenen Befehl unterstützt (also beim
Halten, oder bei dem Angriff auf das angegebene Gebiet), und - wenn die unterstützte
Einheit nicht selbst angegriffen wird (- außer wenn der Angriff aus dem Gebiet
kommt, in das sie einen Angriff unterstützt und sie dabei nicht vertrieben wird
[diese Einschränkung fehlt in den deutschen Regeln!]).
Ein Angriff ist nur erfolgreich, d.h., die Bewegung
darf nur dann durchgeführt werden, wenn er stärker als der Haltebefehl und/oder
die anderen Angriffsbefehle ist. Wird die Durchführung eines Angriffs durch
einen gleich starken Angriff (Stand-Off) verhindert, so bleibt ein Haltebefehl
auch dann erfolgreich, wenn er schwächer war. Ist ein Angriff durchführbar, so
wird eine altfällige haltende Armee zum Rückzug gezwungen. (Rückzüge werden
nach den Bewegungen durchgeführt. Für einen Rückzug kommen nur freie
Nachbargebiete in Frage - aber nicht solche, die infolge eines Stand-Offs
freigeblieben sind und auch nicht das Gebiet, aus dem der Angriff erfolgt ist.)
Eine Bewegung per Convoy kann nur durchgeführt werden, wenn der Befehl für die
Bewegung (mit Angabe der benützten Flotten und der Befehl für die benützten
Flotten übereinstimmen (Man beachte, daß es sich dabei auch um Einheiten
verschiedener Spieler handeln kann!), keine dieser Flotten vertrieben wird, und
- natürlich - nur wenn der Angriff der Armee durchführbar ist.
Ferner gilt (diese Sonderfälle werden in den
Originalregeln nicht behandelt):
- Eine Einheit, die eine ihr befohlene Bewegung
nicht durchführen konnte, hält mit der Stärke 1 (- sie kann im Halten nicht
unterstützt werden).
- Gleich starke Angriffe von A nach B und von B nach
A werden nicht durchgeführt. Ist einer der beiden Angriffe stärker, so
vertreibt er die andere Armee.
- Ein Angriff auf eine eigene Einheit, oder eine
Unterstützung eines solchen Angriffs, kann diese nicht vertreiben, wird also
gegebenenfalls nicht ausgeführt. (Ein solcher Befehl kann allerdings trotzdem
sinnvoll sein!)
Ehe das Spielziel angegeben werden kann (ich habe
nicht darauf vergessen!), muß noch der Ablauf des Spiels beschrieben werden:
Es ist in Jahre (1900 etc.) gegliedert, wobei jedes
Jahr in Phasen zerfällt:
1. Frühjahr: Bewegungen - wie beschrieben 2. Sommer:
Rückzüge
3. Herbst: Bewegungen
4. Winter Rückzüge
5. Winterberichtigungen
Auch die Rückzugsbefehle werden simultan gegeben:
Man kann zwischen einem erlaubten Rückzugsgebiet oder dem Auflösen der
betreffenden Einheit wählen. Wollen sich zwei Einheiten in dasselbe Gebiet zurückziehen,
so werden beide aufgelöst. Bei den Winterberichtigungen wird festgestellt,
wieviele Versorgungszentren jede Großmacht beherrscht. Die Herrschaft über ein
Zentrum wird gewonnen, wenn man es nach den Winter-
Rückzügen besetzt hält. Die Herrschaft bleibt
solange aufrecht, bis sie durch eine andere Macht übernommen wird (also auch
wenn man das Zentrum nicht besetzt hat, und sogar, wenn es im Frühjahr oder
Sommer durch eine fremde Einheit besetzt wird!) Die Zahl der Zentren ist
zugleich die Höchstzahl an Einheiten, mit denen die Macht das nächste Jahr
beginnen darf. Hat sie mehr Einheiten, so muß die Zahl durch Auflösen von
Einheiten reduziert werden. Hat sie weniger Einheiten, so darf sie neue
Einheiten aufbauen - allerdings nur eine in jedem unbesetzten Zentrum des
Heimatlandes - also höchstens drei (bzw. vier: Russia). Im Frühjahr verlorene
Einheiten können also frühestens im Herbst wieder ersetzt werden! Auch die
Winterberichtigungen werden simultan durchgeführt.
Ein Spieler hat gewonnen, wenn er mehr als die Hälfte
der Zentren beherrscht - also mindestens I8. Um dieses Ziel zu erreichen,
braucht man zeitweise die Unterstützung anderer Spieler. Oder die anderen
Spieler liegen einander stets gegenseitig in den Haaren ... Wie dem auch sei:
Um dies zu erreichen, werden zwischen den Phasen Verhandlungen geführt. Man möge
doch diesen oder Jenen Angriff unterstützen, einen be-
stimmten Angriff machen, oder unterlassen ... Man
solle doch gegen jenen Spieler vorgehen, usw.... Als Gegenleistung werde man
dieses oder jenes tun ... Versprechungen werden gegeben - und gebrochen. Denn:
Anders als bei anderen Spielen sind die Spieler bei DIPLOMACY nicht durch die
Regeln dazu verpflichtet, ihre Verträge auch einzuhalten. Im Gegenteil!
Also: Wer das als verfehlt, pädagogisch falsch,
unmoralisch, etc. empfindet, wird DIPLOMACY ablehnen und es besser nicht
spielen. (Aber er sollte den anderen ihren Spaß lassen!) Zu übermütig darf ein
Spieler ohnehin nicht werden. Denn dann findet er keinen Verbündeten mehr. Und
ohne Verbündeten geht es nicht. Anders gesagt: Man sollte nur möglichst selten
ein Bündnis brechen. Und nur dann, wenn es etwas einbringt! (Ist das vielleicht
noch verdammenswerter?) Warum aber sind die DIPLOMACY-Regeln so lang, wenn sie
eigentlich so einfach sind? Weil - insbesondere bei den Post-Regeln sehr viele
organisatorische Details geregelt sind. Und weil die DIPLOMACY-Karte so
naturalistisch ist, daß sich nicht alle Details gut ablesen lassen: So
zerfallen z B. drei Gebiete für Flotten in zwei Teile, zwischen denen sie nicht
ohne Zwischenzug wechseln
können (getrennte Küsten), während dies für andere
Gebiete mit getrennten Küsten nicht gilt.
Apropos Postregeln: Damit das Spiel einigermaßen
flott abläuft, werden zumindest bei den Spielen in WIN die Phasen 2 und 3,
sowie die Phasen 4, 5 und 1 zusammengefaßt. Das heißt: die entsprechenden
Befehle werden zugleich abgegeben.
DIPLOMACY.
Parker.
2-7 Spieler.
WlN-Wertung:
*** DIPLOMACY SSS 111 PPP K A 7(2-7) 1~hh
DIPLOMACY-VARIANTEN.
Diplomacy - der eingefleischte Verfechter von
Strategiespielen läßt sich dieses Wort auf der Zunge zergehen. Obwohl schon
fast dreißig Jahre alt ist diese von Allen B. Calhammer erfundene Spiel noch
heute der Klassiker schlechthin im Bereich der Strategiespiele. Der Glücksfaktor
wird durch den ausgeklügelten
aber doch einfachen Mechanismus nahezu vollkommen
ausgeschlossen. Und eben durch diese Tatsachen bietet sich das Spiel ja
geradezu aufdringlichst zur Durchführung von Wettbewerben an. So ließen auch
die ersten Diplomacy - Turniere nicht lange auf sich warten. Mittlerweile gibt
es sogar schon Weltmeisterschaften in diesem Genre.
Solange sich sieben Leute zu einem Spiel
zusammenfinden gibt es keine Probleme einen Sieger zu ermitteln. Doch wie
findet man unter einer großen Anzahl von Spielern den Meister. Dieses Problem
ist bis heute noch nicht einwandfrei gelöst worden, denn es gibt noch kein
allgemein anerkanntes Wertungssystem für
dieses Spiel.
Die zwei geläufigsten Methoden will ich hier nun
vorstellen. Eine vornehmlich in Nordamerika zum Einsatz kommenden Regel, sieht
ein ausgeklügeltes Punktesystem vor, bei dem es auch ein Unentschieden geben
kann. Für einen alleinigen Sieg gibt es 420 Punkte und man ist auf jeden Fall
Sieger wenn mindestens 18 Zentren besitzt Doch man kann jederzeit während des
Spiels behaupten, man habe nun gewonnen, egal wieviele Zentren (mindestens 1)
man konkret noch besitzt. Über diese Behauptung wird abgestimmt. Kann
Einstimmigkeit erzielt werden, so ist der
Spieler alleiniger Sieger.
Ist man aber davon überzeugt - und hier nun die
Besonderheit dieser Regel - daß man alleine nicht stark genug ist um als Sieger
akzeptiert zu werden, so kann man ein Unentschieden mit beliebig vielen anderen
Spieler vorschlagen, einen sogenannten "Draw". Auch hier nuß es
wieder einstimmige Zustimmung von allen noch im Spiel befindlichen Spielern
geben.
Vorausgesetzt ein Draw wird akzeptiert erhält jeder
der Spieler, die im Draw sind einen gleichen Teil der 420 Punkte. So könnte man
sich theoretisch auch schon zu Beginn des Spieles auf eine "Seven-
way-draw" einigen und dafür je 60 Punkte kassieren.
In jedem Fall erhält jeder Spieler noch zusätzlich
die Anzahl seiner Zentren als Punkte addiert.
Ein zweites Wettkampfsystem sei hier noch erwähnt,
daß vom Erfinder persönlich entworfene Calhammer'sche Point Count. Für uns
besonders interessant weil die österreichische Diplomacy- Meisterschaft zur
Zeit in diesem System ausgetragen wird.
Es werden wieder je nach 75 Teilnehmerzahl ein oder
mehrere Runden gespielt und diesmal erfolgt der Abbruch einer Partie nicht nach
Gutdünken der Spieler sondern nach dem Jahr 1907. Sollte vorher schon ein Land
im Besitz von 18 Zentren sein - was meiner Meinung nach sehr theoretisch ist,
so wird sofort abgebrochen.
Jeder Spieler, der noch auf der Landkarte vertreten
ist, erhält nun 10 Punkte als Belohnung für sein tapferes Überleben. Zusätzlich
erhält ein Alleinführender noch 2 Punkte Bonus. Für jedes Zentrum, das man im
Herbst 1907 besitzt gibt es noch einmal einen Punkt. Insgesamt darf man aber
nie mehr Punkte haben als Zentren
3. Wenn der Führende mehr als 8 Zentren sein eigen
nennt, so hat dies für die anderen Spieler auch noch tragische Folgen. Die
Differenz auf acht wird jedem Spieler von seinem bisherigen Score abgezogen.
Sollte also ein Sieger mit 18 Zentren hervorgehen, so hebt sich der 10 Punkte Überlebensbonus
mit dem Abzug wieder auf.
Jedes dieser beiden Systeme enthält allerdings eine
gewisse Problematik. So ist es bei der ersten Variante durchaus denkbar, daß
das Spiel nach kürzester Dauer mit einem Unentschieden beendet wird und
Spieler, die nur mehr ganz schlecht dastehen dabei sogar noch enorm
profitieren, was die Gesamtwertung natürlich mächtig verzerrt. Auch die
Differenz zwischen Sieger und Besiegten ist groß. Ein Unterschied von einem
Zentrum kann sich dabei vielleicht schon in einer Punktedifferenz von 100
Punkten äußern.
In beiden Fällen kann es aber passieren, daß
Diplomacy zum Kooperativspiel umfunktioniert wird. Denn wenn sich vier Leute
finden. die zu einem Unentschieden bereit sind, heißt das automatisch die
Niederlage der anderen drei Parteien und es kommt zu einem sicher nicht dem
Spielsinn entsprechenden Zentrenverschieben, um zu gewährleisten, daß die
Spieler auch ja alle gleich aussteigen. So wird bei der Calhammer'schen
Variante peinlichst darauf geachtet, daß jeder 4 Zentren erhält.
Keinesfalls lag dies im Sinne des Erfinders.
Trotzdem ist es schwer bis unmöglich ein gerechtes, ausgeglichenes
Wertungssystem zu erfinden, bei dem es wirklich darauf ankommt, bei jedem Spiel
alleine gut abzuschneiden und die anderen immer argwöhnisch zu betrachten.