GENWELT
Genwelt
Ökolernspiel, Öko-Vertrieb
1991
Franz Scholles
4-8 Spieler ab 14 Jahren
Ah! Eines der brisantesten Themen unserer Zeit in
ein Spiel verpackt - das machte mich neugierig. Schon deshalb weil ich aufgrund
meines Studiums (Genetik) glaube, etwas Ahnung von der Thematik zu haben. Außerdem
wird über Gentechnik zum Teil auch universitätsintern sehr kontraversiell
diskutiert - auch darum interessierte mich, in welcher Form der Autor hier
Nicht-Fachleuten
Fakten präsentiert, und wie man daraus ein
unterhaltsames Spiel machen konnte.
Die Schachtel von Genwelt zeigt zunächst schon
einmal ein typisches Klischee-Szenrio, wo auf einer- immerhin noch grünen -
Wiese sechsbeinige Kuhziegenschweine von Melonentomatenpflanzen mit blauen
Stengeln naschen, beschattet von Bananenblumen, von denen Honig tropft, während
aus dem Smog einer grauen Großstadt ein Tiefflieger auftaucht der Gift versprüht.
Alles in allem also eine sehr objektive Darstellung
unserer Zukunft - Marke ''Kleiner Maxi'' eben. ,
Gut - das eigentliche Spiel besteht im wesentlichen
aus einem Spielbrett, das eine schematisierte Weltkarte zeigt. An den Rändern
befinden sich Skalen für verschiedene Bereiche der Wirtschaft und der Ökologie,
wie etwa Rohstoffvorrat, Ernährungssituation, medizinische Versorgungslage,
etc.; sie sind jeweils in einen Positiv- und einen Negativteil gegliedert. Außerdem
gehören zum Spiel noch zwei Sets mit Projektkarten, von denen später noch die
Rede sein wird.
Die Idee ist nun, daß ein Spieler die sogenannten
"Eliten" vertritt, d.h. Banker, Politiker, Industrie, und die übrigen
Mitspieler die Bevölkenung mit ihren Bürgerinitiativen. Jeder Partei versucht
nun, ihre Projekte zu verwirklichen. Dabei haben die Eliten nur die Möglichkeit,
sie vorzutragen und zu hoffen, daß die Bevölkerung zustimmt (wenn sie das tut,
darf sie dafür ein eigenes Projekt zusätzlich durchführen).
Die Bevölkenung ihrerseits kann aber - falls die
Mehrheit das möchte, auch versuchen, das Elitenprojekt zu Fall zu bringen, und
nur ein eigenes Projekt realisieren.
Vom Spielmechanismus her funktioniert das so, daß
die einzelnen Projekte im-
mer in bestimmten Städten stattfinden, die auf dem
Spielplan eingezeichnet und
untereinander verbunden sind. Ob ein Projekt nun
verwirklicht wird, hängt vom
Würfelglück der Spieler ab. Wollen die Bürgerinitiativen
dem Elitenvorhaben zustimmen und ein eigenes Projekt durchführen, müssen sie
versuchen, eine
Mehrheit ihrer Spielsteine am Ort dieses eigenen
Projektes zu landen; wollen sie die Eliten boykottieren, müssen sie sich zu
einer Protestdemonstration an deren Projektort versammeln.
Um es kurz zu machen: Die Welt ist klein, die Grünen
sind flott unterwegs -
die Eliten haben kaum eine Chance, Projekte
durchzuziehen wenn die Leute nicht dafür sind. Soll heißen, daß es auf diesem
Spielplan sehr leicht ist, beliebige Orte zu erreichen weil die Distanzen
gering sind und man verschiedene Wege wählen kann (um etwa mit einer Sechs eine
Stadt zu treffen, die nur zwei Felder entfernt ist.) Hat man geklärt, welche
Vorhaben verwirklicht werden, schaut man, welche Auswirkungen sie haben. Diese
Effekte
können das Kapital der Parteien betreffen, aber auch
die Ernährungssituation
der Bevölkerung verbessern, die Gesamtökologie
verschlechtern etc. Um dies deutlich zu machen, werden Chips auf den Skalen des
Spielbretts verschoben.
Generell haben die 'bösen' Elitenprojekte vor allem
positive Folgen für deren Kapital und negative für die Ökologie, während die
"guten" Grünprojekte eben gut, aber ziemlich teuer sind. Damit nun
die armen Bürger nicht völlig verelenden, dürfen sie aus den erfolgreich
boykottierten Eliteprojekten Kapital schlagen: Sie bekommen immer einen
Kapitalpunkt dazu, wenn sie mit ihren Spielsteinen einen der blockierten Orte überqueren.
Wer gewinnt nun das Spiel? Also - zunächst haben
alle verloren, wenn die Summe der Werte auf den Skalen schlechter ist als zu
Beginn (Der Anfangswert ist Null). Falls sich die Welt alles in allem
verbessert hat, entscheidet der Mammon.
Soviel zum Spiel selbst, das uns nicht besonders
begeistert hat. Einerseits liegt nicht sehr viel Spannung drin, andererseits
orientiert man sich bald nur mehr an den - vom Autor festgesetzten - Plus- und
Minuspunkten, wenn man ein Projekt vorschlägt. ("Hast du noch irgendetwas,
das die Eliten schädigt?") Die Texte geraten in den Hintergrund. Außerdem
ist es wirklich nicht sehr lustig, zur Elite zu gehören. Die Übermacht ist
einfach zu groß, weil meiner Meinung nach die Bevölkerungsprojekte zu leicht
durchgebracht werden können. (Hat der Ökovertrieb hier vielleicht seine Wünsche
und Träume eingebracht?)
Was mich vom Inhalt des Spieles besonders gestört
hat, ist die Benutzung
des Wortes GEN als Aufhänger für sämtliche
Umweltprobleme, von der Müllproblematik über den Hunger in der Dritten Welt bis
zur Finanzpolitik der Pharmakonzerne. Was nämlich dargestellt wird, sind
lediglich die Lösungsansätze, die die Gentechnik zu bereits bestehenden (!)
Problemen anbietet. Und diese Ansätze werden meiner
Meinung nach sehr subjektiv und größtenteils negativ beurteilt. Was im
Interesse der Darstellung von Möglichkeiten und Grenzen - die unbedingt
gesteckt werden müssen - nicht besonders gelungen erscheint.
Bevor es hier zu philosophisch wird: GENWELT ist
sicher mit den besten 'grü-
nen'Absichten entwickelt worden. Rein vom Spiel her
finde ich es aber nicht sehr gelungen, umso mehr, als ich mit Rücksicht auf die
augenscheinlich beabsichtigte Lehr- und Lernmeinunq mehr Objektivität erwartet
habe.
Zum Schluß noch eine kleine Anmerkung an den Autor:
Die so gefürchtete Killerbiene entstand sicher nicht durch Manipulation ihrer
Gene in einem Frankensteinlabor. Abgesehen von einer zugegebenennaßen recht
unglücklichen Heiratsvermittlung haben die Tierchen das ganz alleine geschafft.