Rezension

 

Wo sterbliche Würfel zusammenarbeiten

 

Teotihuacan

 

Die Stadt der Götter

 

Essen 2018, wie jedes Jahr werden zahlreiche neue Spiele veröffentlicht. Aus der großen Masse herauszustechen ist nicht so einfach. Ein Spiel dem das 2018 sehr gut gelungen ist und auf fast jeder Muss-ich-mir-anschauen-Liste ganz weit oben vertreten war, ist Teotihuacan – Die Stadt der Götter.

Im Original beim rumänischen NSKN Games-Verlag veröffentlicht, die deutsche Lokalisierung beim Schwerkraft-Verlag, ist das Spiel des italienisch-ungarischen Autorenduos Daniele Tascini und Dávid Turczi ein gutes Beispiel für die mittlerweile zahlreichen internationalen Kooperationen in der Welt der Brettspiele.

 

Benannt ist Teotihuacan nach der gleichnamigen Ruinenstadt in Mexico, die viele Jahrhunderte das Zentrum einer der bedeutendsten Mittelamerikanischen Kulturen war, über die heute leider nicht mehr viel bekannt ist. Das Spielbrett zeigt prominent eine Pyramide, die von den Spielern im Laufe des Spiels errichtet wird. Darum herum finden sich einige Tempelleisten und Aktionsfelder. Das Ganze erinnert thematisch sehr an Tzolk’in. Zumal einer der Autoren, Daniele Tascini auch ein Teil des Autorenduos war das Tzolk’in entwickelt hat. Spätestens da war auch mein Interesse geweckt. Schließlich ist Tzolk’in eines meiner absoluten Lieblingsspiele.

 

Bis zu vier Spieler dürfen sich an den Tisch setzen, um beim Bau von Teotihuacan mitzuwirken. Wer dabei am meisten Ruhm erlangt gewinnt das Spiel. Das Spiel läuft über bis zu 3 Zeitalter. Am Ende jedes Zeitalters steht eine Wertung. Allerdings endet das Spiel auch sofort wenn die Pyramide fertig gestellt wurde. Das ist durchaus realistisch und kann dazu führen dass eine komplette Wertung ausfällt.

Um die Pyramide herum sind acht Aktionsfelder abgebildet. Jeder Spieler beginnt mit drei Arbeitern, die durch Würfel repräsentiert werden und auf drei unterschiedlichen Aktionsfeldern platziert werden.

 

Beim Startspieler beginnend führen die Spieler reihum jeweils einen Zug aus, bis das Spiel zu Ende ist.

Ein Spielzug beginnt immer mit dem Bewegen eines Arbeiters. Dazu wählt man einen Würfel und zieht ihn im Uhrzeigersinn bis zu drei Aktionsfelder weiter. Dort angekommen hat man zwei bis drei Möglichkeiten, aus denen man eine auswählen muss:

Um eine Hauptaktion durchzuführen muss zunächst Kakao bezahlt werden. Und zwar für jede dort schon vorhandene Würfelfarbe ein Kakao. Also können bei einem Vierspielerspiel so zwischen 0 (falls vor dem gerade gezogene Würfel noch kein Würfel auf dem Feld ist) und 4 (falls schon alle Spielerfarben vertreten sind) Kakao fällig werden. Kann man diese Kosten nicht bezahlen, darf man die Hauptaktion nicht durchführen. Die Hauptaktion ist abhängig vom Aktionsfeld. Hier können Bauressourcen gesammelt, Technologien entwickelt, Pyramidenteile oder Häuser gebaut werden. Die Stärke der Aktion ist meist abhängig von der Anzahl und der Stärke der eigenen Arbeiter. Es macht also Sinn die Aktionen über mehrere Züge hinweg zu planen.

Nach der Hauptaktion wird meistens einer oder zwei der Arbeiter verstärkt indem der Würfelwert um eins erhöht wird. Erreicht ein Würfelwert dabei die 6, steigt der Arbeiter auf (er stirbt). Der besitzende Spieler bekommt dafür einen netten Bonus, dreht den Würfel wieder auf die 1 und setzt ihn wieder auf das Aktionsfeld Nummer 1.

Kakao ernten ist die einzige Aktion die immer durchgeführt werden kann. Ihre Stärke ist aber abhängig von den schon vorhandenen Würfelfarben am Aktionsfeld. Man bekommt die Anzahl der vorhandenen Farben + 1 in Kakao ausbezahlt.

 

Anbeten kann man nicht auf jedem Aktionsfeld, sondern nur dort wo entsprechende Felder eingezeichnet ist. Dafür bekommt man Fortschritte auf einer der Tempelleisten und/oder Entwicklungsplättchen, welche wiederum alle denkbaren Einmaleffekte haben können. Anbetungsfelder bieten immer nur einen Platz für die Aktion. Liegt dort schon ein fremder Würfel muss dieser für die Kosten von einem Kakao freigekauft werden. Dafür muss aber kein Kakao für andere schon vorhandene Arbeiter im Aktionsfeld bezahlt werden. Würfel die auf Anbetungsfeldern liegen zählen nicht für die Hauptaktion oder Ernteaktion und müssen freigekauft werden bevor sie wieder benutzt werden können. Dies kostet entweder 3 Kakao, einen ganzen Spielzug, oder man hat das Glück dass ein Mitspieler den Würfel freikauft um selbst das Feld zu nutzen.

 

Wie bei solchen Spielen üblich bringen viele dieser oben beschriebenen Aktionen direkt oder indirekt Siegpunkte. Wer am Ende die meisten davon gesammelt hat gewinnt das Spiel. Dabei gibt es grundsätzlich verschiedene Wege diese zu erlangen.

Dennoch überwiegt klar die taktische Komponente im Spiel. Wer wann wie viele Arbeiter auf einem Aktionsfeld hat, resultiert in erheblichen Kostenunterschieden bei den Aktionen oder in umgekehrter Weise beim Ernten von Kakao. Auch sind die Bausteine für die Pyramide sehr unterschiedlich viel wert, weshalb es immer wieder interessant ist einen Bauzug einzuschieben, wenn ein wertvolles Teil auftaucht. Zudem kann das Spiel überraschend schnell vorbei sein, wenn hinreichend viele Spieler den Bau der Pyramide forcieren, was dann andere, langfristige Strategien obsolet macht.

 

Der Mechanismus des Arbeiterziehens mit dem Ziel die Kombination von deren Würfelwert und Anzahl zu optimieren, eine komplexe Variante des Rondell-Mechanismus, ist mir in dieser Form noch nicht untergekommen und somit erfrischend neu und in den ersten Partien spannend. Leider sind die Partien, die ich bisher gespielt habe immer auf ein schnelles Pyramidenbauen hinausgelaufen. Andere Strategien waren daher nicht praktikabel, was für mich vor allem langfristig viel vom Spielreiz nimmt. Auch passt der erhebliche Glücksfaktor beim Aufdecken von neuen Pyramidenbauteilen für mich nicht zu diesem Typ von Spiel. In Summe kommt es für mich nicht mal ansatzweise an des herausragende Tzolk’in heran und dieser vielleicht unfaire Vergleich drängt sich leider auf.

Was bleibt ist ein schön gestaltetes Spiel mit einem interessanten Mechanismus und einem unaussprechlichen Namen, das aber vom langfristigen Spielreiz leider doch eher durchschnittlich ist.

Markus Wawra

 

Spieler: 1-4

Alter: 14+

Dauer: 120+

Autor: Daniele Tascini, Dávid Turczi

Gestaltung: Odysseas Stamoglou

Preis: ca. 50 Euro

Verlag: NSKN Games 2018

Web: Web: www.boardanddice.com

Genre: Rondell, Worker placement

Zielgruppe: Für Experten

Spezial: 1 Spieler

Version: en

Regeln: cn de en es fr it jp kr nl pl ru

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Interessanter Mechanismus

Gutes Spielmaterial

Spielreiz verfliegt schnell

 

Vergleichbar:

Tzolk’in, Hamburgum, Praetor

 

Andere Ausgaben:

Crowd Games (ru), Game Harbour (cn), Giochix (it) Jumping Turtle (nl), Maldito (es), Pixie Games (fr), Portal Games (pl), Ten Day Games (jp), sternenschimmermeer (kr)

 

Meine Einschätzung: 4

 

Markus Wawra:

Als Fan von Tzolk’in war ich auf Teotihuacan sehr gespannt. Der tolle Mechanismus hat mich erst begeistert, aber nach nur wenigen Partien ist der Spielreiz schnell verloren gegangen.

 

Zufall (rosa): 2

Taktik (türkis): 3

Strategie (blau): 1

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 2

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0