WEG DAMIT!
Weg damit!
Spielwerkstatt
2-5 Spieler
Autoren: C. Bisegger, B. Lang, T. Lengstorf, A.
Keil, D. Näf
"Da", sagte Ferry und drückte mir eine
graue Spieleschachtel in die Hand, "schreib was drüber! Das ist das
richtige für Dich, ein Spiel für Paramilitaristen!". Ich blickte auf die
Spieleschachtel: Auf umweltfreundlichem Recycling-Karton gedruckt, schauten mich
ein paar Frauen an, deren Lebensziel es ist, die Einberufungsbefehle ihrer Männer
zur Bundeswehr zurück zur Kaserne zu bringen. Die bösen Soldaten wollen das
verhindern. Das Stichwort "Bundeswehr" ließ mich die Herkunft des
Spieles überprüfen: Aha, kommt aus der Schweiz! Mein Blick schweifte sofort ins
Narrenkastl, wo ich eine Partie KREML geistig Revue passieren ließ. Dermaßen
positiv motiviert, setzte ich mit hin und begann mit der Inspektion des
Spielmaterials:
Nach dem Öffnen der Schachtel erstaunt uns einmal
das Spielmaterial: 6 Patronenhülsen (die Soldaten), 6 Holzplättchen (die Wehrpässe),
6 färbige Holzpöppel mit Halteschlitzen für die Wehrpässe (die Frauen) und
farbig dazupassende Papierkarten, worauf die Frauen abgebildet sind, samt
Werten für Schnelligkeit und Schlauheit. 2 Würfel, ein Spielplan und
Heftklammern ergänzen den Inhalt.
Der Spielplan verblüfft in seinem Design: Die
Luftansicht einer Stadt, wobei weiße Quadrate dominieren (die normalen Häuser,
welche als Spielfelder fungeiren), dazwischen mächtige Gebäude wie Fabriken
oder Bahnhöfe (das sind Hindernisse) und in der Mitte, grau in grau, die
Kaserne, wo die Militaristen hausen. Das ganze in blassen Wasserfarben gemalt,
vermittelt optisch einen etwas trostlosen Eindruck, paßt aber irgendwie zum
Thema.
Zuerst würfelt man einmal die Eigenschaften der Mädels
aus: En normaler 6-seitiger Würfel bestimmt die Schnelligkeit einer Frau, ein
Spezialwürfel die Schlauheit die Schlauheit auf einer Skala von 0 bis 2. Mit
Hilfe der Heftklammern markiert man die gewürfelten Eigenschaften auf den
Frauenkarten und stellt die Pöppel auf die am Spielfeldrand befindlichen Starthäuser
der Frauen. In die Schlitze der Pöppel stopft man die Wehrpässe. Vier Soldaten,
welche immer Schnelligkeit 2 und Schlauheit 1 besitzen (ja, ja, das ist ein
antimilitaristisches Spiel) kommen natürlich in die Kaserne, die Würfel in die
Schachtel; die haben ihre Aufgabe nun erfüllt.
Nun geht's darum, daß die Frauen, ohne auf oder
durch von Soldaten besetzte Spielfelder zu ziehen, auf die Spielfelder rund um
die Kaserne kommen, um die Wehrpässe in einer verächtlichen Geste in den
Kasernenhof zu schleudern. Das solltte ihnen in 12 Runden gelingen, ansonsten
gewinnen die Soldaten. Gezogen wird ganz einfach horizontal und vertikal über die
normalen Häuser, wobei man nicht mehr Felder zuiehen darf als man Schnelligkeit
besitzt. Für jeden Punkt Schlauheit darf man einmal abbiegen. Ziehen 2 Frauen
von einem Feld gemeinsam, so entspricht ihre Schnelligkeit/Schlauheit dem
(aufgerundeten) Durchschnitt ihrer Werte, soferne sie gemeinsam ziehen.
Wenn es dem 3. Mädel gelingt, ihren Wehrpaß
abzugeben, erkennt der Offizier vom Dienst die ernste Lage und schickt einen fünften
Soldaten ins Spiel. Nachdem auch der 5. Wehrpaß abgegeben wurde, erscheint der
Offizier selbst, womit nun auch sechs Soldaten im Spiel sind. Treffen sich nun
ein Soldat und eine Frau auf irgendeinem Spielfeld (auch wenn nur
hindurchgezogen wird), so wird der Wehrpass der Lady wieder in ihr
entsprechendes Starthaus zurückgelegt und muß vom Frauenspieler neu geholt
werden.
Nicht unerwähnt bleiben sollte die Tatsache, daß die
Frauen ihre Wehrpässe auch weitergeben können, d.h. an nebenstehende
Spielfiguren können die Holzplättchen weitergereicht werden. Mit dieser Regel
kommt eine gehörige Mehrportion an Taktik ins Spiel!
Die ganze Sache spielt sich in ca. 30 Minuten. Ich
hab's mit 3 verschiedenen Leuten ausprobiert, keiner verlangte eine Revanche.
Das Spiel selbst ist originell, läuft flüssig, aber so richtiger Spielspaß kam
bei meinen Runden nicht auf. Auch diverse Expertenregeln, welche dem Spiel
einige Elemente hinzufügen, konnten nicht begeistern. Die blinde Variante,
wobei die Soldaten auf einem eigenen, am Schachtelinnendeckel stilisiert
gezeichneten Spielplan verdeckt ziehen, führte sogar zu einer weiteren
Verminderung der Spielqualität. Das ist irgendwie schade, da das Spiel
eigentlich sehr interaktiv ist, aber es gibt auf diesem Gebiet wesentlich
bessere! Es sei auch noch gesagt, daß die Spieleranzahl auf der Schachtel mit 2
bis ca. 5 (!) angegeben ist, wobei die weiteren Spieler die Frauen unter sich
aufteilen. Das ist ungefähr so, als wenn beim Schach einer die Bauern und der
andere die restlichen Figuren zieht. Ich will nicht behaupten, daß das Spiel
schlecht ist, kann es aber trotzdem nur eingefleischten Antimilitaristen
empfehlen. Ansonsten kann's passieren, daß die Schachtel nach wenigen Spielen
in die hinterste Ecke der Sammlung wandert und dort vom Staub der Zeit dieselbe
Farbe bekommt, wie die traurige, graue Kaserne in der Spielfeldmitte.
WIN-Wertung:
Weg damit! W SS II DD 2 (2-5) m