UNSERE REZENSION
Heilige und Schutzengel
Ragami
Konfliktlöser in den StraSSen der Stadt
Mythische Wesen, die Menschen beschützen und ihnen bei Problemen helfen - in unserem Kulturkreis kennen wir sie als Schutzengel, Ragami ist ein anderer Name für sie. Als Spieler schlüpfen wir in die Rolle eines solchen Ragami und wandern durch
die Straßen der Metropole, symbolisiert durch den Spielplan. Überall treffen wir dabei auf Konflikte, die wir versuchen zu lösen und zumindest bei der Lösung zu helfen. Aber wir sind mit dieser Mission nicht allein, neben den anderen Ragamis sind noch Heilige und Dämonen unterwegs und greifen in die Konflikte ein.
Mit unserer Hilfe bei Konflikten gewinnen wir Tugendpunkte, von denen wir - sehr menschlich - versuchen, die meisten zu bekommen und so zu gewinnen.
Schauen wir uns zuerst einmal in der Metropole um: Das Spielbrett zeigt uns eine Stadt mit Straßen und Wohnblöcken, überlagert von deutlich markierten und nummerierten Feldern - das sind die Orte, an denen die Konflikte auftreten. Alle Charaktere im Spiel - Ragamis, Heilige und Dämonen bewegen sich über diese Felder durch die Stadt. Ragamis können sich auch durch einen Wohnblock begeben, zu jedem solchen Wohnblock gibt es mehrere benachbarte Konfliktherde. Der untere Randbereich des Spielplans hat noch Ablagefelder, Platz für die Aktionswürfel, und eine Leiste, auf der wir unsere gelösten Konflikte und Tugendpunkte markieren. Zuallererst müssen wir einmal Konflikte schaffen, die wir dann lösen können - also wirft ein Spieler die sechs schwarzen Konfliktwürfel und zieht für jeden Würfel einen Standortmarker; Würfel und Marker werden in das entsprechende Konfliktfeld gelegt. Als nächstes zieht ein anderer Spieler weitere vier Standortmarker und legt sie mit je einem Dämonen in die entsprechenden Konfliktherde. Ein Startspieler wird noch bestimmt und jeder sucht sich eine Farbe aus.
Als Grundausstattung für unsere Aktionen bekommen wir drei Aktionskarten, von denen wir eine wählen und die beiden anderen ablegen. Das ist ein kleiner Knackpunkt im Spiel, denn jetzt müsste man eigentlich die Spielregel im Kreis gehen lassen, damit jeder genau studieren kann, was jede Karte kann, bevor man sich für eine entscheidet - was aber eigentlich auch nicht wirklich hilft, weil ich noch nicht weiß, was es bringen Kann, zwei Heilige zu bewegen oder aber Dämonen oder zweimal den Kraftwürfel zu werfen usw. Aber gut, wir haben uns für eine Karte entschieden und setzen nun beginnend mit dem Startspieler - unsere Heiligen auf ein Konfliktfeld und legen danach - nun fängt der zweite Spieler in Spielreihenfolge an - unsere Tugendwürfel auf irgendeinen Wohnblock, er zeigt den Wert 1 und es können mehrere Würfel im gleichen Block liegen. Der in Spielreihenfolge dritte Spieler setzt nun als Erster seinen Ragami auf einen Wohnblock, nur ein Ragami pro Block ist erlaubt und dem vierten Spieler fällt die Aufgabe zu, die Aktionswürfel zu werfen. Er legt sie nach seiner Wahl auf die Aktionsfelder; sollte er einen oder mehrere Rote Einsen gewürfelt haben, wird für jede rote Eins ein Dämon auf ein beliebiges Konfliktfeld gesetzt. (Die Regel spricht teilweise von Straßenabschnitten oder Straßenfeldern, gemeint sind aber die nummerierten Konfliktfelder). Danach wird der Würfel auf einen beliebigen Wert gedreht - NICHT die rote Eins - und auf eine der Aktionen am Aktionsfeld gelegt.
Damit haben wir die Vorbereitungen abgeschlossen und können uns dem Spielgeschehen widmen. Reihum haben wir immer einen Zug, bis wir passen. In einem Zug kann man eine Aktion mit einem der Aktionswürfel ausführen und dann so viele Aktionskarten ausspielen, wie man kann und möchte. Die Reihenfolge der Aktion ist beliebig, das heißt, man kann Aktionskarten vor und/oder nach der Aktion mit dem Aktionswürfel ausspielen, kann aber auch nur eines von beidem tun. Haben alle Spieler gepasst, endet die Runde. Die Aktionswürfel auf den Aktionsfeldern geben an, wie oft diese Aktion in der Runde insgesamt zur Verfügung steht. Wählt man einen Würfel, entscheidet man sich für eine der beiden Aktionen auf dem Feld, in dem der Würfel liegt und reduziert den Würfelwert um 1. Aktionen sind:
Einen Heiligen bewegen oder einen Dämon bewegen bzw. einsetzen ODER einen Ragami bewegen. Im zweiten Feld kann man Karten ziehen ODER einen Ragami bewegen und im dritten Aktionsfeld kann man Konflikte lösen ODER einen Ragami bewegen.
Für die Bewegung des Ragami gelten genaue Regeln: Man kann nur den eigenen bewegen, maximal vier Felder weit, nicht auf ein Feld mit dem gleichfarbigen Heiligen, aber durchaus durch so ein Feld, nicht auf oder durch ein Feld mit ungelöstem Konflikt, von einem Wohnblock zum nächsten ohne Straße dazwischen. Beendet ein Ragami seinen Zug auf einem Feld mit nur Dämonen, werden diese aus dem Spiel entfernt und der Ragami bekommt einen Tugendpunkt pro Dämon. Befindet sich ein Ragami bei Zugende in einem Wohnblock mit Tugendwürfel, erhöht er den Wert eines solchen Würfels um 1.
Wer einen Heiligen - auch einen fremden - bewegen will, tut dies nur über Straßenfelder und ebenfalls maximal vier Felder weit; er kann nicht beim gleichfarbigen Ragami stehen bleiben und nicht zurück auf sein Startfeld ziehen. Zieht man einen Heiligen auf ein Konfliktfeld, bekommt der Spieler, der ihn bewegt hat, einen weißen Würfel, NICHT der Besitzer des Heiligen! Hat man einen Heiligen bewegt, muss man danach einen Dämon bewegen oder neu einsetzen - ein Dämon nutzt nur Straßenfelder, maximal vier Felder in beliebiger Richtung und nicht zurück auf das Startfeld. Es gibt keine Einschränkung für die Zahl von Heiligen und Dämonen auf demselben Feld. Nutzt man die Aktion Karten ziehen, kann man die Karte nicht in dieser Aktion nutzen, und es gilt ein Handkartenlimit von drei Karten.
Haben wir uns mit all diesen Aktionen zu einem ungelösten Konflikt vorgearbeitet und stehen mit unserem Ragami auf einem Feld mit schwarzem Konfliktwürfel, können wir nun diesen lösen. Dazu müssen wir mindestens so viele Kraftpunkte ausgeben, wie der Summe aus anwesenden Dämonen plus Augenzahl des Konfliktwürfels entspricht. Die Kraftpunkte beziehen wir aus verschiedenen Quellen: Jeder weiße Würfel ist ein Kraftpunkt - man kann Aktionskarten dafür eintauschen - jeder anwesende Heilige liefert einen Kraftpunkt (ohne weißen Würfel und sein Besitzer bekommt nach Lösung des Konflikts einen Tugendpunkt) - man nutzt den eigenen Tugendwürfel im benachbarten Wohnblock bis zum Maximalwert der sichtbaren Punktezahl - ein zweiter Ragami auf dem Konfliktfeld liefert 2 Kraftpunkte und bekommt nachher zwei weiße Würfel dafür - oder man kann den Kraftwürfel einsetzen, dies verhindert aber die weitere Nutzung von Karten oder Tugendwürfel.
Für die Lösung des Konflikts bekommt man den Wert des Konfliktwürfels als Tugendpunkte gutgeschrieben und auch der gelöste Konflikt wird gutgeschrieben. der Konfliktwürfel geht in den Vorrat, ebenso Karten und weiße Würfel.
An dieser Stelle sei nun auch nochmals zusammengefasst, wie man an weiße Würfel kommt: Man bringt Heilige zu Konflikten (+1 Würfel), man hilft einem anderen Ragami bei der Konfliktlösung (+2) oder holt sie aus Aktionskarten.
Tugendpunkte bekommt man durch Tausch weißer Würfel für Tugendpunkte, oder durch Zugende auf einem Feld nur mit Dämon oder durch gelöste Konflikte, oder von einem bei Konfliktlösung anwesenden Heiligen oder aus dem Tugendwürfel oder bei Spielende für die meisten oder zweitmeisten gelösten Konflikte.
Haben alle gepasst, wird die nächste Runde vorbereitet:
- noch vorhandene Konflikte werden um 1 erhöht, ebenso die Werte der Tugendwürfel, plus je 1 Punkt für Ragamis in benachbarten Wohnblöcken oder Straßen
- nicht am Brett vorhandene Konfliktwürfel werden geworfen und mit Standortmarker eingesetzt
- Tugendwürfelwerte können in 3:1 in Tugendpunkte umgewandelt werden oder der Würfel kann auf einen anderen Wohnblock verschoben werden, dabei wird er auf 1 gesetzt.
- Die Aktionswürfel werden neu geworfen und eingesetzt
Hat nach einem Zug ein Spieler 30 Tugendpunkte erworben oder die Standortmarker für die Konflikte sind alle verbraucht, endet das Spiel. Demjenigen Ragami, der die meisten Konflikte lösen konnte, werden noch 7 zusätzliche Tugendpunkte zugesprochen, 4 zusätzliche Tugendpunkte bekommt der Ragami mit den zweitmeisten gelösten Konflikten.
Wer mir bis hierher gefolgt ist, wird erfreut sein zu hören, dass Ragami eines jener Spiele ist, so wie 7 Wonders, die sich durch Spielen in zwei Minuten erklären, aber durch Erklären allein irgendwie schwer, weil man zum Erklären einer Sache einen Begriff braucht, den man eigentlich auch erst erklären sollte. Hat man diese Quadratur des Kreises bewältigt, ist Ragami ein attraktives Spiel, bei dem vor allem die Thematik positiv auffällt, obwohl sie für den Mechanismus nicht essentiell ist. Die Wechselwirkungen von Heiligen und Ragamis erschließen sich nicht intuitiv, aber ansonsten ist die Mechanik des Spiels sehr direkt: Zum Konflikt gehen, möglichst viel Unterstützung einsammeln und Konflikt lösen. Dies wiederholt sich immer wieder in einem eher stetigen Ablauf als Wettlauf um die Tugendpunkte, ohne große Höhen und Tiefen. Im Wechselspiel von geworfenen Konfliktwürfeln und Aktionswürfeln mit der Planung der Spieler und dem gezielten Einsatz der Karten behält letztlich die Planung knapp aber doch die Oberhand. Man kann durchaus anderen Spielern die Belohnung für die Hilfe beim Lösen gönnen, wenn man damit selbst die Mehrheit bei den gelösten Konflikten schafft, das bringt am Ende immerhin sieben zusätzliche Tugendpunkte ein - denkt man zumindest am Anfang; spielt man mehrere Partien, entdeckt man verborgene Tiefen und Möglichkeiten, die Tugendpunkte allein zu verdienen.
Dagmar de Cassan
Spieler: 2-4
Alter: 10
Dauer: 90+
Autor: Gil d‘Orey
Grafik: Gil d‘Orey
Preis: ca. 35 Euro
Verlag: Mesaboardgames 2012
Web: www.mesaboardgames.com
Genre: Setzspiel mit Würfeln
Zielgruppe: Mit Freunden
Version: multi
Regeln: de en es pt
Text im Spiel: nein
Kommentar:
Trotz Schutzengelthema eher düstere, strenge Grafik
Spielerfahrung zum Erarbeiten der Regeln nötig
Dann können auch Spielunerfahrene mitspielen
Vergleichbar:
In Thema und Mechanismenkombination erstes Spiel
Andere Ausgaben:
Derzeit keine
Meine Einschätzung: 5
Dagmar de Cassan:
Wer Gefallen an der Thematik hat und die Einarbeitung in die Regeln nicht scheut, wird mit einem gut funktionierenden, eher gleichförmig ablaufenden Spiel belohnt, bei dem die Planung gegenüber dem Zufall überwiegt und man mit jedem Spiel mehr Möglichkeiten erkennt.
Zufall (rosa): 2
Taktik (türkis): 2
Strategie (blau): 0
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 2
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0