IRON DRAGON

 

Wieder einmal hat ein neues Spiel so große Begeisterung ausgelöst, daß ich - und daß sogar ohne Aufforderung - gleich zwei Rezensionen bekommen habe. Ich hoffe, daß es den beiden gelingt, die Begeisterung zu übermitteln –

 

IRON DRAGON

 

Iron Dragon

Darwin Bromley & Tom Wham

Mayfair Games 1995

2-6 Spieler ab 12 Jahren

2-5 Stunden

 

Es gibt zu diesem Spiel eine private Vorgeschichte: Gesehen habe ich es das erste Mal in Essen am Stand von Mayfair und wollte es kaufen, doch es war nur ein Handmuster.

 

Dabei wurde ein Erscheinen zu Weihnachten '94 versprochen, geworden ist es dann Juni '95, aber jetzt habe ich es!!!

 

Erster Blickfang auf der Bookcase-Schachtel ist der entzückende Lokomotiv-Drache oder ist es eine Drachenlokomotive? Nach dem Öffnen der Schachtel findet man einen achtteiligen Plan 65 x 88 cm groß mit dem Plan eines Fantasylandes. Dominierend ist das Festland, rechts am Plan findet sich eine durch einen Ozean abgeteilte Halbinsel und die links gibt es den "Untergrund", ein seperates Territorium, das "unter" dem eigentlichen Festland liegt und zu dem es vom Festland aus 4 Eingänge gibt.

 

Das Spiel an sich ist eine Erweiterung der "Empire Builder"-Familie mit absolut identischem Spielsystem, zu dem es allerdings hochinteressante Ergänzungen gibt.

 

Zur Erinnerung kurz das System von Empire Builder:

Ausgehend von einem Grundkapital von 60 Einheiten baut man auf Landkarten von Europa, Amerika, Japan oder Großbritannien (je nach Spiel) eine Strecke entsprechend den aus 9 Möglichkeiten auf drei Karten ausgewählten 3 Aufträgen, die man erfüllen will, immer vom Ort, wo es die Ware gibt dorthin wo man sie abliefern soll. Die Grundstrecke in der Ebene kostet eine Einheit, Wasser, Berge und anderes Gelände oder Anschluß an Städte kosten zusätzliche Baupunkte. Dabei muß man darauf achten, mit den ersten 60 Einheiten eine Strecke zu haben, mit der man das erste Geld verdienen kann, um weitere Strecken zu bauen, dann fährt man wieder um Waren, liefert, kassiert, baut, führt, liefert, kassiert, usw. Hat man auf diese Weise alle Großstädte bis auf eine an sein Schienennetz angeschlossen und 250 Einheiten verdient, hat man gewonnen.

 

Auf jeder Auftragskarte sind drei Aufträge, davon kann man nur einen erfüllen, dann wird die Karte abgegeben und durch eine neue ersetzt, die wahllos hineingemischten Ereigniskarten können Strecken und Ladungen vernichten und damit das Spiel behindern und verlangsamen, wer das nicht will, sortiert sie einfach aus.

 

Soweit zum Grundprinzip. Im "Iron Dragon" gibt es zusätzlich Vorarbeiter-Karten, die beim Bewältigen des Geländes gewisse Vorteile bringen. Die Katzenmänner bauen im Dschungel um "1" pro Strecke, die Menschen schlagen Brücken um "1", die Elfen ud Halbelfen verbilligen den Bau im Wald und die Zwerge bauen durch Berge um "1". Allerdings muß man sich vor dem Spiel darauf einigen, was alles als "Berg" gilt, da die Karte für den Zwerg "Berg" nennt, aber die Geländemarkierungen in Berge, Hochgebirge und Vulkane unterteilt sind. Von diesen Vorarbeitern gibt es leider, wenn das Spiel zu sechst gespielt wird, zuwenige von den wirklich nützlichen, den Zwergen, vor allem wenn man alles als "Berg" definiert. Weiters gibt es statt der Fähren sogenannte Häfen, wo man sich Schiffe mieten kann.

 

Diese Schiffe sind eine Option, die je nach Spielercharakter mehr oder weniger intensiv genutzt wird, manche Spieler konzentrieren sich auf den Untergrund und vergessen die Halbinsel, andere ersparen sich den Überland-Streckenbau und gondeln zwischen den Großstädten übers Meer hin und her.

 

Zwei dieser Städte - Wikkede auf dem Festland und Ozu-Zarkh auf der Halbinsel - sind "magisch" verbunden, wer die eine Seite angeschlossen hat, kann automatisch auf die andere Seite wechseln.

 

Für die beiden Städte Bluefeld und Octomare gibt es eine "Regenbogenbrücke", die allerdings nur einmal über eine Ereigniskarte auftaucht. Wer diese bekommt und gerade in einer der beiden Städte steht, kann die Verbindung bauen oder benutzen.

 

Da das ganze in Fantasy-Land spielt, ist am Anfang die Geographie eher verwirrend, aber die Karte ist in Provinzen unterteilt, in denen alle Städte den gleichen gemeinsamen Anfangsbuchstaben haben, was eine wesentliche Orientierungshilfe bringt.

 

Spielspaß ist garantiert, jede beendete Runde, auch mit jüngeren Kindern als 12-Jährigen, bringt sofort den Wunsch nach einer Wiederholung, für alle Eisenbahnfans und Anhänger des "Empire Builder/British Rail"-Systems ein unbedingtes Muß. Aber Achtung: Wer versucht, die Vorarbeiter z.B. auf "Eurorails" zu übertragen, um sich in den Alpen leichter zu tun, ruiniert das Spiel. Die Vorarbeiter sind nur für "Iron Dragon" gedacht und sie und das Spiel sind aneinander angepaßt und aufeinander abgestimmt. Und das schöne daran ist, daß in jeder Partie anders agiert wird, manche laufen wie das reinste Kooperationsspiel ab, wo jeder dem anderen hilft, die optimale Strecke zu finden, dann bringt man sich wieder gegenseitig Waren mit um Strecken zu sparen und in der nächsten baut jeder grimmig für sich allein endlos lange Strecken und es funktioniert auch.

 

WIN-Wertung:

** IRON DRAGON AA UUU I(I?)(I?), W, 3-5 (2-6), hhhh

 

IRON DRAGON

 

Iron Dragon

Darwin Bromley und

2 bis 6 Spieler ab ]2 Jahre

Mayfair Games 1995

3 bis 5 Stunden

 

Im WIN wurde ja schon ausführlich über die Spiele der "Empire Builder"-Reihe berichtet. Drum bräuchte ich also das neueste Werk, wiederum von Mayfair Games herausgegeben, nicht mehr extra beschreiben. Warum ich es trotzdem mache? Weil hier so viele neue Elemente zu finden sind, die selbst eingefleischteste "Empire Builder"-Liebhaber begeistern können.

 

Für alle, die das Spielprinzip noch nicht kennen, eine kurze Zusammenfassung: Jeder Spieler erhält ein Anfangskapital, welches er in den Bau einer Eisenbahnstrecke investiert, wobei sich die Kosten nach der Geländeform richten (Ebene 1, Gebirge 2, über Flüsse +2, etc ). Dabei versucht man, Städte, in denen Waren vorkommen, mit anderen Städten, die diese Waren benötigen, zu verbinden. Drei Auftragskarten hat jeder Spieler jederzeit auf der Hand, auf jeder sind wiederum 3 Aufträge angeführt. Die Waren werden dann mit einem Zug, dargestellt durch einen Pöppel, transportiert. Bei Erledigung eines Auftrags erhält man Geld ausbezahlt, das man wiederum in eine Erweiterung des Schienennetzes oder in einen schnelleren oder größeren Zug investieren kann. Gewonnen hat man schließlich, wenn man eine bestimmte Summe an Geld erwirtschaftet und zusätzlich noch bestimmte Städte angeschlossen hat.

 

Während bei British Rails, Eurorails, Nippon Rails, Australian Rails, und wie sie alle heißen, reale Länder oder Gegenden mit ihren geographischen Gegebenheiten und spezifischen Warenvorkommen verwendet werden, spielt "Iron Dragon" in einem Fantasy-Land. Das scheint bei erstem Betrachten wenig spektakulär, und wird vor allem Puristen, die am Spiel eine Simulation der Wirklichkeit odcr einen Spiegel der Realität sehen, abschrecken. Doch Darwin Bromley rechtfertigt seine Entscheidung, ein Fantasy-Eisenbahnspiel herauszubringen, dahingehend, daß er damit völlig neue Ideen einarbeiten kann.

 

Die meisten Veränderungen finden sich auf dem Spielplan. Auf den ersten Blick scheint es eine ganz normale "Empire Builder"-Karte zu sein: Berge, Flüsse, Meere, etc. Doch beim genaueren Hinsehen fallen schon wichtige Details auf. Da gibt es zum Beispiel auch Wälder und Dschungel. Und auf der linken oberen Ecke befindet sich noch einmal ein Plan, dessen Größe ungefähr 1/10 des großen, achtteiligen Spielplans ausmacht. Es ist dies ein unterirdisches Koordinatennetz, welches auf dem Originalplan durch 4 Eingänge (Nord, Süd, Ost und West) zu betreten ist. Prinzipiell ist es dabei in der Bauphase meist günstiger, dieses unterirdische Netz zu verwenden (auch eine wichtige Stadt befindet sich unter der Erdoberfläche), doch erlauben die engen Gänge nur wenigen Spielern deren Benützung.

 

Doch die wichtigste Neuerung ergibt sich beim Streckenbau. Bei "Iron Dragon" werden nämlich "Handwerker" beschäftigt, und weil es ein Fantasy-Spiel ist, treffen wir hier auf Figuren wie Elfen, Zwerge, Orks und Trolle. Man hat stets eine Handwerkerkarte vor sich liegen, die es ermöglicht, eine bestimmte Landschaftsart sehr günstig zu verbauen. So braucht man mit einem "Elfen" für eine Strecke in den Wäldern nur 1 statt 2 Goldstücke zahlen, ein Zwerg wiederum verringert die Baukosten in den Bergen von 2 auf 1 Goldstück. Will man nun seinen Handwerker tauschen, da beispielssveise der Zwerg jetzt nichts mehr bringt, kann man nun für 1 Goldstück verdeckt eine Karte vom gemischten Stapel ziehen. Um eine bestimmte Karte aus dem Stapel heraussuchen zu können, muß man schon 5 Goldstücke bezahlen. Damit wird die ohnehin schon sehr interessante Planung von Eisenbahnlinien noch um eine Nuance kniffliger.

 

Doch auch im Warentransport hat sich etwas geändert. Zwar werden wie bisher Waren mit Zügen, die man aufrüsten kann, von A nach B transportiert, wobei die Waren natürlich ans Thema angepaßt wurden (Pfeiffenkraut, Drachen, Zauberstäbe,...). Aber hinzu kommt noch die Schiffahrt. In Hafenstädten kann man ein Schiff anheuern. Man zieht eine Schiffskarte, bezahlt einmalig den aufgedruckten Wert und kann sich damit bis zu irgendeinem anderen Hafen auf dem Meer bewegen. Je teurer ein Schiff ist (1 bis 3 Goldstücke), desto mehr Bewegungspunkte (8 bis 14) kann es pro Runde fahren.

 

In den ersten Partien, die wir gespielt haben, wurde die Schiffahrt viel zu wenig genützt. Das liegt vor allem daran, daß in einem Hafen laut Originalregel bereits eine Strecke gebaut sein muß, damit man überhaupt anlanden darf. Wir haben daraufhin beschlossen, eine kleine Regeländerung vorzunehmen: Man darf in jedem Hafen anlanden und sogar von dort aus weiterbauen!!! Durch diesen Kunstgriff konnten wir dieses neue Element der Schiffahrt auch erst wirklich ausnützen, das Streckennetz wächst dadurch auch etwas rascher.

 

Alles in allem hat mir "Iron Dragon" wirklich sehr gut gefallen. Durch die neuen Ideen kommt mehr Abwechslung ins Spiel, und die Planung der "wirtschaftlich besten" Eisenbahnstrecke ist sehr reizvoll. Ich betrachte "Iron Dragon" als eine Bereicherung des Eisenbahnspielsektors und bin gespannt, welche neue Ideen Darwin Bromley noch auf den Markt bringt.

 

Meine Wertung:

*** Iron Dragon W SSS UU AAA 3-5 (2- 6)