UNSERE REZENSION

 

Noch einmal mit Gefühl!


RIVER DRAGONS

Liebevolle Neuauflage eines Familienspiel-Klassikers

 

Süß sind sie ja schon irgendwie, die kleinen bauchigen Holzfigürchen, die uns bei River Dragons als Spielfiguren dienen. Mit ihnen stehen wir zu Beginn an den Ufern des Mekong und haben vor, die andere Seite des Stroms zu erreichen. Eine wacklige Angelegenheit, wenn man bedenkt, dass uns dazu lediglich ein paar Steine zur Verfügung stehen, die wir ins Wasser plumpsen lassen können, um dann einige schmale Holzplanken darüber zu drapieren. Und als sei das noch nicht genug, kann jederzeit einer der bösen Flussdrachen auftauchen, die dem Spiel seinen Namen geben und verhindern, dass ich überhaupt vom Fleck komme. Die größte Gefahr aber stellen die lieben (?) Mitspieler dar, die genau dasselbe Ziel verfolgen und nichts lieber sehen, als wenn meine Figur im Wasser landet und gedemütigt und pitschnass wieder an Land trottet, um noch einmal ganz von vorn zu beginnen…

 

Das ist ja wie Roborally

Naja, dieser Vergleich mag sich vielleicht auf das verdeckte Auslegen von fünf Aktionskarten beziehen, die vorgeben, was die Spieler zu tun haben, das Spielgefühl ist aber ein ganz anderes, darin begründet, dass trotz der fixen Vorgabe der Aktionen in der festgelegten Reihenfolge dennoch der Eindruck entsteht, man könne deren Ausführung frei wählen. Während nämlich bei Roborally das einmal gesetzte Programm stumpf abläuft und man keinerlei Einfluss mehr auf die tatsächliche Bewegung des Roboters hat, entscheidet der Spieler bei River Dragons durchaus selbst, wo genau er einen Stein platziert oder in welche Richtung er laufen will. Indes: Dieser Eindruck trügt, denn häufig sind die möglichen Optionen gar nicht so vielfältig wie gedacht und das macht einen Großteil des Spaßes aus. Aber beginnen wir von vorn, dann, wenn der liebevoll illustrierte Spielplan auf dem Tisch liegt, jeder seine handbemalte Spielfigur in sein Dorf gesetzt und die sechs Stege (aus echtem Holz!) und den eigenen Aktionskartensatz vor sich liegen hat.

Eine großzügig bebilderte Doppelseite reicht aus, um sämtliche Regeln inklusive mehrerer Beispiele verständlich darzustellen, sodass der Einstieg leicht fällt und hier kurz und knapp wiedergegeben werden kann.

 

Ziel ist es, das jeweils gegenüber liegende Dorf zu erreichen. Der Weg dahin erinnert in der Planungsphase dann tatsächlich ein wenig an Roborally. In voller Besetzung (erfreulich: River Dragons lässt sich mit bis zu sechs Teilnehmern spielen) verfügt jeder über 13 Aktionskarten, die es z.B. erlauben, einen oder zwei Steine auf den Spielplan zu setzen, die für den Rest des Spiels nicht mehr versetzt werden dürfen. Andere Karten lassen uns einen oder zwei Stege auf die positionierten Steine legen oder, was schön fies ist, einen beliebigen unbesetzten Steg oder Stein entfernen.

Der Clou dabei: Der Spieler am Zug muss per Augenmaß abschätzen, welchen Steg er wo platzieren möchte. Ist dieser zu kurz und gibt es keine andere Möglichkeit, ihn abzulegen, kommt er kurzerhand aus dem Spiel!

Neben diesen „Bauaktionen“ muss es natürlich auch vorwärts gehen und das geschieht ebenfalls mit Hilfe der Karten, die uns einen oder zwei Schritte auf den wackeligen Stegen setzen oder über eine andere Spielfigur springen lassen.

Verdeckt legt jeder zu Beginn einer Runde fünf dieser Karten aus, die dann, beginnend beim Startspieler, nacheinander aufgedeckt und abgehandelt werden. Gerade in voller Besetzung kommt man sich dabei gerne mal in die Quere. Da will man über einen Steg balancieren, den aber gerade zuvor jemand grinsend entfernt hat. Die Folge: Die eigene Figur landet im Wasser und darf vom Heimatdorf aus ihr Glück erneut versuchen. Da will man mit einem Satz über eine gegnerische Figur hinwegspringen, die aber gar nicht mehr dort steht. Die Folge: Die eigene Figur landet im Wasser und darf vom Heimatdorf aus ihr Glück erneut versuchen.

 

Drachenalarm!

Die namensgebenden Flussdrachen indes kommen leider nicht in dreidimensionaler Form aufs Spielbrett, sondern ebenfalls nur aus Pappkarton. Wer einen Drachen einer gegnerischen Farbe auslegt, blockiert dessen an dieser Position geplante Aktion. Da kann es dann schon einmal sein, dass man mutig einen großen Schritt macht – und im Wasser landet, weil das Legen des dafür dringend benötigten Steges schlichtweg ausfallen musste. Die Folge: Die eigene Figur landet im Wasser und darf vom Heimatdorf aus … na, Sie wissen schon…

Gegen den Führenden verbündet man sich gerne einmal, aber da River Dragons dennoch einen nicht zu verachtenden Glücksanteil enthält, schafft es nach gar nicht einmal allzu langer Zeit doch jemand, das Zieldorf zu erreichen. Die Mechanik trägt dabei über die gesamte Dauer des Spiels und mindestens eine Revanche ist immer drin. Auch das spricht für die Neuauflage, wie vor allem die frische, liebevolle Gestaltung.

 

Noch einmal mit Gefühl!

Bei der Gestaltung hat sich Matagot wieder einmal selbst übertroffen. Die Spielfiguren aus echtem Holz mit bemalten Gesichtern sind ein Traum, kein Vergleich zu den Pöppeln der alten Eurogames-Version, die einst unter dem Titel „Drachendelta“ erschien. Auch die Grafik des Spielplans unterstützt den Ablauf. Die abgebildeten Dörfer und ihre Umgebung entsprechen der Spielerfarbe, sodass man jederzeit weiß, wo man herkommt und vor allem, wo man hin soll – eines der großen Mankos der ursprünglichen Fassung. Sogar die Stege bestehen nicht aus einfacher Pappe, sondern echten, farbigen Holzleisten – optisch und haptisch ist River Dragons rundum gelungen. Der beidseitig bedruckte Spielplan hält auf der Rückseite zudem ein zweites Szenario bereit, das ganz ohne bereits aufgedruckte Steine auskommt, die in der Grundversion vorgeben, wo die Holzsteine zu platzieren sind. Nun kommt es wirklich auf Augenmaß an, denn der komplette Fluss kann völlig frei mit Steinen und Stegen belegt werden. Eine schöne Idee, die auch nach vielen Partien noch eine nette Herausforderung bietet.

 

Fazit

War das Original schon damals zu Recht auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres 2001, hat die Neuauflage kein bisschen Spielreiz eingebüßt. River Dragons gefällt auch heute noch von der Mechanik her ausgesprochen gut und wirkt in der neuen Verpackung sogar noch frischer als vor zwölf Jahren. Und das können beileibe nicht viele Spiele von sich behaupten. Schön, dass Matagot und im deutschen Vertrieb Pegasus es uns ermöglichen, diesen Klassiker wieder auf den Spieltisch zu bringen.

 

Spieler: 2 bis 6

Alter: 8 +

Dauer: 15-45 Minuten

Autor: Roberto Fraga

Grafik: Pierô

Preis: ca. 30 Euro

Verlag: Matagot 2013

Web: www.pegasus.de

Genre: Taktikspiel

Zielgruppe: Für Familien

Version: multi

Regeln: de en fr it nl

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Liebevolle Gestaltung

Hochwertiges Holzmaterial

Zunehmender Spaß bei mehr Teilnehmern

Rundum gelungen

 

Vergleichbar:

Drachendelta

 

Meine Einschätzung: 6

 

Stefan Olschewski:

Man merkt dem Mechanismus nicht an, dass er schon über zehn Jahre auf dem Buckel hat. Ein herrliches Taktikspiel mit einem gehörigen Glückselement, das den Ausgang immer wieder spannend macht. In der neuen Version nicht nur spielerisch, sondern auch optisch und haptisch ein Genuss.

 

Zufall (rosa): 2

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 0

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 3

Interaktion (braun): 3

Geschicklichkeit (grün): 1

Action (dunkelgrün): 1