UNSERE REZENSION

 

Wildwest am Bahngeleise

 

Colt Express

 

Ein Zug wird überfallen

 

Was haben Robo Rally und Colt Express gemeinsam? Auf den ersten Blick gar nichts, doch weit gefehlt, der Zugplanungsmechanismus weist schon große Ähnlichkeiten auf. Doch zuerst einen Schritt zurück. Nach dem Öffnen der Schachtel und dem nachfolgenden dreißigminütigem Zusammenbau der sehr hübschen 3D- Züge und der Lokomotive haben wir ein astreines Wildwestspiel, das einen Zugüberfall zum Thema hat, vor uns. Jeder der zwei bis sechs Spieler (empfehlen würde ich aber mindestens vier) sucht sich einen Banditen-Charakter (alle haben unterschiedliche Spezialfähigkeiten) aus, nimmt sich die zehn Aktionskarten seiner Farbe, sechs Patronenkarten und auch bereits ein Beuteplättchen mit Wert von 250$. Die Banditenfigur jedes Spielers wird auf dem Zug platziert. Die Lokomotive und so viele Waggons wie Spieler werden mit den jeweiligen darauf abgebildeten Beuteplättchen (Geldbeutel von 250 bis 500$ und einigen Edelsteine im Wert von 500$) bestückt. Der Marshal kommt mit einer 1000$ Geldkassette in die Lokomotive. Eine der drei Bahnhofskarten (für die letzte Runde) und vier der sieben Rundenkarten werden zufällig gezogen und bereit gelegt. Das Spiel geht somit über fünf Runden.

 

Rundenablauf: Jeder Spieler zieht sechs seiner zehn Aktionskarten von seinem verdeckten Kartendeck, diese geben ihm u.a. die Bewegungs- und Aktionsmöglichkeiten seines Banditen für diese Runde vor. Ziel der Banditen ist es natürlich möglichst viele hochwertige Beuteplättchen einzusammeln und zusätzlich auf die anderen Spieler zu schießen und sie so in ihren Aktionsmöglichkeiten einzuschränken. Die Karten bieten diverse Bewegungsmöglichkeiten im Zug, z.B. im Zug ein Feld vor oder zurück, auf dem Dach des Zuges kann man sich sogar ein bis drei Waggons bewegen. Man kann vom Inneren des Waggons auf das Dach oder umgekehrt klettern. Mit der Hieb-Karte wird einem auf demselben Feld stehenden Banditen ein Faustschlag verpasst, sodass dieser gleich einen Waggon weiter zum Stehen kommt, außerdem verliert er gleich ein Beuteplättchen an der Stelle, an der er den Schlag bekam. Dadurch kommt natürlich die Planung des betroffenen Spielers gehörig durcheinander. Mit der Feuer-Karte (Pistolen-Schuss) wird im Zuginneren einen Waggon weit (auf dem Dach beliebig weit) auf einen der am nähest stehenden Banditen geschossen. Der Getroffene kassiert sofort eine Patronenkarte auf sein Deck, die ihn in den nachfolgenden Runden einschränken können, da sie völlig nutzlos sind. Derjenige Spieler, der bei Spielende die meisten Patronen verschossen hat, bekommt übrigens 1000$ Extra-Bonus. Ich würde jedoch mit Nachdruck empfehlen, als Hausregel den Betrag auf 500$ zu reduzieren, da sonst alle nur mehr blöd durch die Gegend schießen. Mit der Karte Raub kann eines der begehrten Beuteplättchen (sofern vorhanden) an der Stelle, an der man sich befindet, aufgenommen werden. Mit der Marshal-Karte bewegt sich die Marshal-Figur nach Wahl des Spielers ein Feld vor oder zurück und gibt somit den wertvollen Geldkoffer frei (die Marshals gehörten damals wohl nicht zu den „Hellsten“, wenn sie das was sie beschützen sollen, aus den Augen lassen, aber das ist wohl dem Spielmechanismus geschuldet). Sollte man sich mit seinem Banditen übrigens zufällig auf das Feld des Marshals bewegen oder sich dieser auf ein Feld mit Banditen bewegen, flüchten alle Banditen schlagartig auf das Dach. Außerdem bekommen sie noch eine neutrale Patronenkarte. Diese hat dieselbe Wirkung wie eine Patronenkarte eines anderen Spielers.

 

Zum Unterschied vom eingangs erwähnten Robo Rally werden allerdings nicht alle der drei bis fünf Aktionen pro Runde verdeckt gespielt, sondern meist nur ein oder zwei (symbolisiert durch ein Tunnel-Symbol auf der Rundenkarte). Alle Karten werden der Reihe nach entweder offen oder verdeckt auf einen gemeinsamen Stapel gelegt. Dieser wird dann am Ende der Runde umgedreht und Karte für Karte abgearbeitet. Wobei sich der Spieler beim Aufdecken einer Vorwärts-/Rückwärts-Bewegungskarte erst zu diesem Zeitpunkt entscheiden muss, in welche Richtung und wie weit er geht. Das heißt, die Aktionen der Mitspieler sind nur teilweise berechenbar und man kann sich nicht immer darauf einstellen, dass z.B. bei nur mehr einem Beuteplättchen, das Spielen der Raubkarte als Zweiter auf diesem Feld keinen Sinn mehr hat. Da ist es wohl doch besser dem Gegner zuerst einen Faustschlag zu verpassen und erst danach mit der Raubkarte die fallengelassene Beute aufzuheben. Ja, hier gilt besonders der Spruch „Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt“. Je mehr Spieler dabei sind, desto chaotischer wird das Ganze natürlich, zumal ja mehr Aktionen gespielt werden und sich das Merken der zahlreichen offen gespielten Karten zunehmend schwieriger gestaltet. Wer nach fünf Runden das meiste Geld in Form von Beuteplättchen, dem Bonus für die meisten verschossenen Patronen und evtl. einigen anderen Boni sammeln konnte, gewinnt das Spiel.

 

Erwähnen möchte ich noch, dass man anstatt eine Aktionskarte zu spielen, bis zu drei seiner Karten von seinem Stapel nachziehen kann. Das macht man gerne, wenn bei seinen sechs Karten z.B. viele nutzlose Patronenkarten zieht, oder eine der gerade benötigten Aktionen wie z.B. Raub oder Marshal nicht ums „Verrecken“ in seinen zufällig gezogenen Karten auftaucht.

 

Die sechs Banditen-Charakterkarten verfügen alle über unterschiedliche Fähigkeiten, sind jedoch zum Teil etwas unausgewogen, insbesondere Cheyenne, die nach einem erfolgreichen Faustschlag die fallen gelassene Beute des Gegners gleich auffängt, erscheint mir zu stark. Die unterschiedlichen Bahnhofs- und Rundenkarten bringen genug Abwechslung ins Spiel, sodass auch nach mehreren Partien der Spaß nicht zu kurz kommt.

 

Fazit: Ein sehr schön ausgestattetes Spiel mit Westernthema, hauptsächlich für größere Runden (4-6) mit Freunden mit einem sehr guten Zugplanungsmechanismus mit zufällig gezogenen Aktionskarten.

 

Gert Stöckl

 

Spieler: 2-6

Alter: 10+

Dauer: 40+

Autor: Christophe Raimbault

Grafiker: Jordi Valbuena

Preis: ca. 30 Euro

Verlag: Ludonaute 2014

Web: www.ludonaute.fr

Genre: Western, Eisenbahn

User: Mit Freunden

Version: de

Regeln: de en fr

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Attraktive Ausstattung

Hoher Zufallsfaktor, daher wenig planbar

Am besten für 4 oder mehr Spieler

 

Vergleichbar:

Robo Rally für Zugmechanismus

 

Andere Ausgaben:

Hobby Japan, Kaissa, Rebel.ol (angekündigt)

 

Meine Einschätzung: 5

 

Gert Stöckl:

Ein sehr schön mit dreidimensionaler Lokomotive und Waggons ausgestattetes Spiel für Freunde, Familien und Vielspieler gleichermaßen

 

Zufall (rosa): 2

Taktik (türkis): 1

Strategie (blau): 1

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 1

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 1

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0