Rezension

 

Märchenwesen als Plage

 

Hexenhaus

 

Lebkuchen gegen Wolf und Basilisk

 

Von den Abenteuern in fantastischen Landen ist es nicht weit zu den Märchenwesen der Märchenwelten, die häufig und zumeist bei Kinder-Spielen für die Background-Story sorgen. 2018 ist das nicht anders, wobei wir hier mit Beispielen aufwarten, die keineswegs als Kinderspiele einzustufen sind und in durchaus anspruchsvollerem Kontext genannt werden dürfen. Ein besonders originelles Element bietet uns eine ungewöhnliche Schatzsuche rund um die nordländischen Trolle, ehe wir einem geheimnisvollen Baum seine winterlichen Früchte entlocken wollen. Doch zu Beginn wenden wir uns einem neuen Blickwinkel der klassischen Hänsel & Gretel Sage zu.

 

Ganz ehrlich: Ist Ihnen nicht schon immer etwas komisch vorgekommen, dass alte, im Wald lebende Damen, sogenannte Hexen, Kinder verspeisen sollen, nur wegen ein paar Lebkuchen? Sind die einfach irre oder könnte man doch – zumindest in Ansätzen – diesen Wahnsinn nachvollziehen? Schlüpfen Sie mal in die Rolle einer solchen Hexe und sehen Sie selbst:

 

Lebkuchen und Märchenwesen? Das ist wie Honig und Bienen!

„Langsam werden die Märchenwesen zur Plage“ moniert eine der Hexen in der Walpurgisnacht. „Was heißt langsam?“ kontert eine andere. „Lasst uns doch einen Plan schmieden, wie wir dem Einhalt gebieten können!“ Aber wie? Mit einer Lock-Falle ?!

Ganz einfach: Wir locken sie mit ihren Lieblings-Lebkuchen und fangen sie! Schließlich kennen wir alle bereits die Vorlieben von Schneewittchen, Froschkönig, Rübezahl und Co. Ja sogar was die sieben Geißlein, der Basilisk und das Rumpelstilzchen am liebsten von unseren ach so süßen Lebkuchen-Häuschen naschen, ist kein Geheimnis!

 

Dementsprechend bauen wir Runde für Runde mit Lebkuchen-Ziegeln an unserem Lebkuchenhaus weiter, um durch das Überbauen mehr und mehr unwiderstehliche Lebkuchen zu erhalten. Vier Arten davon stehen bei den Märchenwesen in jeweils unterschiedlicher Kombination hoch im Kurs: Der böse Wolf beispielsweise bevorzugt grüne, und zwar viele, der Wolpertinger will einen von jeder Sorte, während der kleine Däumling mit nur zwei, einem blauen und einem Herz, zufrieden ist. Sobald man die passenden Stücke hat, gibt man sie dem Märchenwesen – die Falle schnappt zu! Dafür wird man unmittelbar mit einen Joker-Lebkuchen-Ziegel für den Häuschen-Bau bzw. am Ende mit Siegpunkten belohnt, wobei gilt: je gieriger das Märchenwesen, desto lukrativer!

 

Wird ein Stockwerk komplettiert, winkt eine der oft Spiel-entscheidenden Belohnungskarten: Extra Boni für abgeschlossene Stockwerke oder je ertappter Märchenwesen-Kategorie (z.B.: fröhliche oder übellaunige gute Wesen, Menschen oder hungrige Kreaturen) – das sollte Hexe sich nicht entgehen lassen. Spiel-mechanisch abgerundet wird das Märchenwesen-Fangen durch Spezial-Ziegel-Plättchen, deren Überbauung den Hexen Lebkuchen-Sorten tauschen, Stiegen-Plättchen (zum Stockwerk-Komplettieren) erwerben oder sogar Märchenwesen „reservieren“ erlaubt. Letzteres erleichtert das Planen, wobei generell gilt: Ein Blick auf die Nachbar-Hexen-Häuschen – nicht nur in Zusammenhang mit den verfügbaren Märchenwesen – ist ebenso empfehlenswert wie ein zügiger Stockwerksbau. Das gut vorhersehbare, mitunter dennoch rasch bzw. unerwartet kommende Ende offenbart nur selten einen reinen Glücksritter als erfolgreichste Hexe - das Aktivieren der kleinen grauen Zellen lohnt!

 

Hexenhaus ist ein ausgezeichnet abgestimmtes, in jeder Besetzung gut spielbares, leicht strategisches Sammelspiel für Freunde, aber auch Familien, mit unkompliziertem Einstieg. Mit Liebe zum Detail umgesetzt, gefällt die originelle Story ebenso wie der gelungene Sammel-Mechanismus. Ein echter Leckerbissen!

 

… und was lernen wir aus der Geschicht'?

Hexen reizen lohnt sich nicht!

Übrigens: Die nie veröffentlichte Aussage DER Hexe in der oben angesprochenen Walpurgisnacht:

„Hänsel & Gretel? Klein, aber gierig. Besonders gierig – futtern mehr als ein Drache! Weiß nicht, wozu ich da noch fähig bin!“

 

Thomas Bareder

 

Spieler: 2-4

Alter: 8+

Dauer: 30

Autor: Phil Walker-Harding

Gestaltung: Andy Elkerton, atelier198

Preis: ca. 25 Euro

Verlag: Lookout Spiele 2018

Web: www.lokout-spiele.de

Genre: Fläche füllen, Sammeln

Zielgruppe: Mit Freunden

Version: de

Regeln: de en es jp nl pl

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Ungewöhnliches Thema

Guter Mechanismen-Mix

Etwas Strategie nötig

Sehr attraktives Design

 

Vergleichbar:

Flächenfüll- und Sammelspiele

 

Andere Ausgaben:

999 Games (nl), Asmodee (es), Hobby Japan (jp), Lookout Spiele (en), Rebel (pl)

 

Meine Einschätzung: 7

 

Thomas Bareder:

Ein attraktives Spiel mit Freunden, durchaus auch als Familienspiel geeignet,  mit originellem Thema und Anspruch an Strategie

 

Zufall (rosa): 2

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 0

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 2

Geschicklichkeit (grün): 1

Action (dunkelgrün): 0