Rezension

 

Arbeit und Wohnen für Siedler

 

Die Kolonisten

 

Möge die beste Gemeinde gewinnen

 

Im Auftrag des Kaisers versuchen 1 bis 4 Spieler eine neue Gemeinde zu gründen und diese mit möglichst vielen Kolonisten zu besiedeln. Diese wollen jedoch nicht nur Wohnstätten, sondern auch Arbeitsplätze, Bildung, et cetera. Über bis zu 4 Epochen (Start- und Endepoche sind frei wählbar und bestimmen die Spieldauer) entsenden die Spieler ihre Verwalter, um möglichst viel Wohlstand für ihre Gemeinde anzuhäufen.

 

Zu Beginn des Spieles werden 4 der 9 Kolonien zufällig ausgewählt, diese beeinflussen die unterschiedlichen Aspekte des Spiels und können daher großen Einfluss auf die Spieltaktik haben. Zu Beginn der Epoche III wird eine 5. Kolonie ausgewählt, falls so weit gespielt wird.

 

Zu Beginn jeder Epoche werden die Anweisungen der Epochenkarte ausgeführt (Plättchen auslegen, Kartenstapel vorbereiten, etc.). Eine Epoche selbst verläuft über 5 Jahre, wobei jedes Jahr aus einem Sommer- und einem Winterhalbjahr besteht. Pro Halbjahr macht jeder Spieler 3 Züge (also 30 Züge pro Epoche).

 

Ein Spielzug besteht darin seinen Verwalter um ein Feld zu einem der ausliegenden Orte zu bewegen und dort eine Aktion auszuführen. Zu Beginn gibt es noch sehr wenig Möglichkeiten (siehe Bild 1 – Startauslage), pro Jahr kommen aber drei neue Ortsplättchen dazu. Zur Verfügung stehen 6 verschiedene Ortstypen: 1. Märkte: Waren verkaufen, Waren erhalten oder Sonderaktion. Preise, Waren und Sonderaktionen wechseln jedes Jahr, also 5x pro Epoche. 2. Baustofforte: neue Waren erhalten. 3. Versorger: Versorgungsgüter, also Nahrung und Kleider, können hier erworben oder verkauft werden. 4. Baumeister: sie erlauben es Gebäude in der eigenen Gemeinde zu bauen (also Gebäudeplättchen am Spielertableau zu platzieren). 5. Veredler: Werten Waren auf (Holz wird zu Brettern, aus Lehm werden Ziegel, etc.) und 6. Sonstige die in keine vorangegangene Kategorie passen. Hierbei ist zu beachten, dass falls ein Spieler ein besetztes Feld aktvieren möchte er eine Abgabe an den Mitspieler zahlen muss. Das ist soweit aber auch die einzige Interaktion zwischen den Spielern. Des Weiteren dürfen nur Felder betreten werden die man auch aktivieren kann. Ist keine Aktion in Zugweite möglich, so muss der Verwalter zu einem Marktfeld springen und dort eine der drei Aktionsmöglichkeiten wählen (Waren erhalten ist immer möglich, selbst wenn sie abgeworfen werden müssen weil kein Platz im eigenen Lager vorhanden ist).

 

Als besondere Herausforderung zeigt sich in diesem Spiel die Lagerhaltung. Werkzeuge und Taler können unbegrenzt gelagert werden, für Baustoffe und Versorgungsgüter steht nur begrenzt Platz zur Verfügung. Jeder Spieler startet mit 3 vorgedruckten Lagerflächen, sowie einem Speicherplatz. Zusätzliche Lagerstätten und Speichererweiterungen können im Laufe des Spiels erworben werden. Weiters können Produktions- und Versorgungsgebäude die von ihnen hergestellten Waren zwischenspeichern. Achtung, nur die Waren in den Lagerstätten stehen den Spielern für Aktionen zur Verfügung. Die Spieler dürfen jederzeit, außer während einer Aktion, ihre Waren zwischen Speicher, Zwischenspeicher und Lagerstätte umlagern.

 

Den Kern des Spiels bildet der Ausbau der eigenen Gemeinde. Hauptziel ist es möglichst viele Gebäude zu errichten und diese mit Kolonisten zu besetzen.  Wohnstätten bringen neue Kolonisten, Lagerstätten und Produktionsstätten benötigen Kolonisten der entsprechenden Farbe, um betrieben werden zu können und Waren herzustellen: Grüne Bauern werden aus Höfen generiert und zum Einsetzen in der Försterei oder der Jagdhütte benötigt, wo dann Holz bzw. Nahrung erzeugt werden. Gelbe Bürger, die in Wohnungen leben, betreiben zum Beispiel das Theater. Zusätzlich gibt es auch Gebäude, die Geld generieren, und solche, die Sonderfähigkeiten freischalten. Nicht alle Gebäude werden direkt gebaut, viele stellen Aufwertungen dar und müssen auf den jeweiligen Grundgebäuden gebaut werden.

 

Eine zweite Möglichkeit die eigene Gemeinde auszubauen bieten die Anschaffungen. Diese Handkarten bringen einmalig oder permanent Waren. Um Anschaffungen zu erhalten, müssen die Spieler ihren Verwalter auf den Ort „Bibliothekar“ ziehen. Um Anschaffungen auszuspielen, muss der Verwalter zu dem Ort „Entwickler“ gezogen werden.

 

Die dritte Möglichkeit die eigene Gemeinde auszubauen nennt sich Diplomatie. Über die Ortsaktion „Diplomat“ kann zu einer der 4 (bzw. ab Epoche III sogar 5) Kolonien eine diplomatische Beziehung aufgebaut und später auch ausgebaut werden.  Diese bieten dem Spieler verschiedenste Vorteile, zum Beispiel den Tausch von Waren, weitere Lagermöglichkeiten, Erhalt von Anschaffungen, höhere Zugreichweite für den Verwalter, etc.

 

 

Nachdem jeder Spieler seine drei Aktionen durchgeführt hat, endet ein Halbjahr, nach einer zweiten Runde endet ein Jahr. Neue Ortsplättchen für die Verwalter werden ausgelegt, jeder Spieler darf seine Kolonisten beliebig verteilen: Bürger (gelb) und Kaufmänner (rot), welche Gebäude aktivieren werden (also arbeiten), müssen nun mit Nahrung und Kleidung versorgt werden. Bauern (grün) sind Selbstversorger. Alle Produktionsgebäude produzieren jetzt noch Waren und das nächste Jahr startet.

 

Nach 5 Jahren endet eine Epoche, falls das die letzte war die man spielen wollte, folgt nun die Endabrechnung. Dazu wird der Geldwert aller Gebäude und Anschaffungen mit dem Bargeld und dem Talerwert der arbeitenden Kolonisten addiert. Die wertvollste Gemeinde gewinnt.

 

Das Erste was bei „die Kolonisten“ ins Auge fällt ist die riesige Menge an Spielmaterial. Satte 1,9 kg bringen die 381 Plättchen, 139 Holzfiguren, 45 Marker, 180 Spielkarten und 4 Playerboards auf die Waage. Wenn die Möglichkeit besteht, würde ich daher dazu raten zumindest einen Spieler dabei zu haben der das Spiel bereits kennt oder zumindest die Anleitung schon vorab gelesen hat.

 

Dickes Plus für die handliche Schachtelgröße, die beinahe bis zum Rand mit Material gefüllt ist. Ein kleines Minus gibt es aber für das Innenleben. Ganze 19 Plastikbeutel waren notwendig, um ansatzweise Ordnung in das Chaos zu bringen. Ein Inlay hätte hier nicht geschadet.

 

Ich muss gestehen ich habe noch kein vollständiges Spiel über alle vier Epochen gesehen.  Ein Spiel mit 4 Kennern über drei Epochen ging bei uns über etwa 5 Stunden. Das ist für mich persönlich schon zu lange. Ich finde es daher sehr gelungen, dass „die Kolonisten“ die Möglichkeit für ein kürzeres Spiel bietet. Obwohl dann die Grundidee von Aufbau und Weiterentwicklung der eigenen Gemeinde gegebenenfalls zu kurz kommen. Selbst im Solospiel über nur eine Epoche sind 30 Minuten jedoch eine sportliche Angabe und man sollte definitiv mehr Zeit einplanen. Auch von einem Spiel mit 4 Spielern würde ich abraten, da die Wartezeit zwischen den Spielzügen (Fachjargon „Downtime“) einfach zu groß wird. Für mich ein sehr gutes Spiel zu zweit. An diesem Punkt möchte ich auch die Solovariante noch lobend erwähnen. Diese wird vollkommen ident aufgebaut und spielt sich ohne eine einzige Regeländerung, Ziel hierbei ist den eigenen Highscore zu schlagen.

 

Carina Katinger

 

Spieler:  1-4

Alter: 12 +

Dauer: 30-240+

Autor: Tim Puls

Grafiker: Klemens Franz

Preis: ca. 70 EUR

Verlag: Lookout Spiele 2016

Web: www.lookout-spiele.de

Genre: Entwicklung/Aufbau

Zielgruppe: Für Experten

Spezial: 1 Spieler

Version: de

Regeln: de en it

Text im Spiel: ja

 

Kommentar:

Etwas langatmig

Viel Material

Gute Solitär-Variante        

Variable Spieldauer

 

Vergleichbar:

Caverna, Agricola

 

Andere Ausgaben:

Mayfair Games (en), Cranio Creations (it)

 

Meine Einschätzung:  5

 

Carina Katinger:     

Hat man sich durch die Berge an Material durchgearbeitet und den Aufbau bewältigt findet man ein schnell verstandenes gutes Spiel von variabler Länge, das auch gut als Solo-Spiel funktioniert.

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 3

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 1

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0