Unsere Rezension
Spirituelle Ermittlungen
Mysterium
Fall mit Geisterhilfe gelöst
Wir schreiben das Jahr 1922 im Herzogtum von Warwick, Schottland. Seit mehr als 25 Jahren lebt dort der Wahrsager Conrad MacDowell im Herrenhaus des ehemaligen Grafen von Warwick, wo sich einst eine furchtbare Tragödie ereignete. Es war die Nacht auf den 13. Dezember 1894, als dort ein Hausdiener unter bislang ungeklärten Umständen zu Tode kam. Jegliche polizeiliche Ermittlungen verliefen damals im Sand und der Fall wurde nach einer viermonatigen Untersuchung als ‚mysteriöser Unfall‘ zu den Akten gelegt. MacDowell, seines Zeichens ‚Wahrsager mittels Kristallkugel ‘, glaubt nicht an ein solches Unglück. Bereits seit seinem Einzug in das Haus berichtet er von übernatürlichen Vorkommnissen, für die ein Geist verantwortlich sei. Dieser könne jedoch nur mit den gebündelten Kräften weiterer Spiritisten lang genug manifestiert werden, um dessen Botschaft übermittelt zu bekommen. Genau hier kommen wir ins Spiel.
Bis zu sieben Spieler können sich der wagemutigen Herausforderung stellen, das Rätsel um den Mord – ja, es war Mord - am Hausdiener des Grafen zu lüften. Einer nimmt dabei die Rolle des ‚Geistes‘ ein, der uns anderen (Spiritisten) über sieben Runden nützliche Hinweise zu unseren persönlichen Eingebungen – jeweils ein Verdächtiger, ein Tatort und ein Mordgegenstand - geben muss, ohne dabei auch nur ein Wort mit uns sprechen zu dürfen. Stattdessen lässt er jedem Spiritist einmal pro Runde eine Vision in Form von Bilderkarten zukommen, die es richtig zu deuten gilt:
Bei Mysterium liegen je nach Spieleranzahl und Schwierigkeitsgrad unterschiedliche viele Verdächtigen-, Tatort- und Mordgegenstandskarten offen aus, von denen jedem Spiritist genau eine Karte pro Art zugeordnet wird. Nur der Geist weiß, welche Karten zu wem gehören und versucht uns das mit Hilfe von Visionskarten mitzuteilen. Er wählt dabei einen Spiritisten aus und gibt ihm eine oder mehrere Visionskarten, die am besten zu dessen Eingebung passen. Anschließend zieht der Geist wieder auf sieben Visionskarten auf. Er wiederholt das solange, bis alle von uns auf diese Weise mindestens eine Karte erhalten haben. Währenddessen überlegen und beraten wir Spiritisten gemeinsam, zu welcher ausliegenden Karte der Geist mit seinem Hinweis führen will. Obwohl wir hierbei kooperativ zusammenarbeiten, entscheidet jeder von uns für seine Hinweise selbst, auf welche Karte er im Endeffekt tippt. Alle anderen haben ab dem Zeitpunkt nur noch die Möglichkeit, seine Entscheidung mit sogenannten Hellsichtsmarkern zu bestärken oder anzuzweifeln. Haben alle Spiritisten ihre Tipps abgegeben, lässt uns der Geist wissen, wer richtig liegt und wo falsch geraten wurde. Für korrekt platzierte Hellsichtmarker gibt es jetzt Punkte auf der Hellsicht-Anzeige, die uns später bei der Entlarvung des Mörders hilft. Dazu kommt es allerdings nur, wenn jeder von uns Spiritisten bis spätestens Ende von Runde 7 alle drei seiner Eingebungen richtig identifiziert hat. Ansonsten verlieren wir und der Geist gemeinsam das Spiel und die Geschehnisse von 13. Dezember bleiben für immer ungeklärt.
Im Fall unseres Erfolgs werden alle Eingebungen der Spiritisten in Gruppen zusammengelegt, bevor der Geist ein letztes Mal in Erscheinung tritt. Im geheimen wählt er eine Gruppe aus, zu der er uns genau drei Hinweise geben darf. Einen zum Mörder, einen zum Tatort und einen zum Mordgegenstand. Danach folgt eine geheime Abstimmung, bei der jeder Spiritist genau eine der Gruppen als den Mörder bezichtigen muss. Jeder von uns sieht dabei nur so viele der Hinweise, wie sein Punktestand auf der Hellsicht-Anzeige angibt. Je mehr Punkte wir gesammelt haben, desto höher also die Chancen, gemeinsam den wahren Mörder zu überführen. Hat sich die Mehrheit für die gleiche Gruppe wie der Geist entschieden, kann dieser endlich zur Ruhe kommen und alle gewinnen.
Ein derartiges Happy End wünschen man sich bei jeder Mysterium Partie, und - obgleich es keine Formel für den Sieg gibt – lief es doch in meiner Spielegruppe meistens auf ein solches hinaus. Ich muss zugeben, es bislang noch nicht auf höchster Schwierigkeitsstufe gespielt zu haben, aber das wird baldigst nachgeholt. Mysterium ist für mich eines der wenigen kooperativen Spiele, die eine gute Gruppendynamik zulassen, ohne dabei die eigene Entscheidungsfreiheit zu nehmen. Man berät sich als Team und arbeitet auf ein gemeinsames Ziel hin, trägt dabei aber sein eigenes Stück Verantwortung. Häufig passiert es, dass Meinungen zu den Hinweisen auseinander gehen, wenn man versucht sich gegenseitig abzusprechen, doch geben die Hellsichtmarker eine Möglichkeit, das zu einem Vorteil für sich und die gesamte Gruppe zu drehen.
Weitere Punkte sind die überaus thematische Aufmachung der Spielkomponenten, sowie die wunderschöne Grafik des Spiels, durch die sämtliche Charaktere mit deren Hintergrundgeschichte erst zum Leben erweckt werden. Von den Spielermarkern in der Form von Kristallkugeln, über die aufstellbare Karton-Uhr, die als Rundenanzeiger fungiert, bis hin zum nützlichen Plastikeinsatz wirkt alles liebevoll gestaltet und beinahe ‚over the top‘, wenn man bedenkt, was für eine Art Spiel dahinter steckt.
Mit einer möglichen Spieleranzahl von 2-7 Leuten und einer durchschnittlichen Dauer von etwa 45 Minuten hat Mysterium nämlich mehr mit Partyspielen gemein, als es auf den ersten Schein wirkt. Den Grundgedanken, sich über Kommunikationsbarrieren hinweg verständigen zu müssen, findet man in Spielen früherer Zeiten wie ‚Tabu‘ oder ‚Activity‘, genauso wie bei Titeln der letzten Jahre – man denke ‚Aargh!Tect‘, ‚Sag’s mir!“ oder dem erst kürzlich erschienen Super-Hit ‚Codenames‘. Das was Mysterium von diesen Spielen abhebt, sind weniger die Spielmechaniken, sondern vielmehr seine fantasievolle Atmosphäre. Ähnlich einem Tim Burton Film versprüht es seinen ganz eigenen Charme, wodurch es für mich trotz bekannter Elemente innovativ und einzigartig wirkt.
Von meiner Seite gibt es eine klare Empfehlung für Familienspieler wie auch Experten, vor allem in größeren Runden von fünf oder mehr Leuten. Je mehr Mitspieler, desto besser. Nach einigen Partien und häufigem Durchlauf der Visionskarten kann sich natürlich bei gleichbleibender Gruppe eine Schema abzeichnen, umso wichtiger wird es den Geist stetig neu zu besetzen, oder Mysterium mit verschiedenen Leuten auszuprobieren. Für eine größere Vielfalt an Karten kann man sich beim Spiel ‚Dixit‘ bedienen, oder man wartet auf die angekündigte Erweiterung ‚Verborgene Zeichen‘, die noch in diesem Halbjahr erscheinen soll.
In jedem Fall freu ich mich sehr, schon bald mehr von diesem klasse Spiel sehen und spielen zu können, und hoffe, auch unter euch Lesern ein paar neue Geisterjäger gefunden zu haben. Viel Spaß beim Spielen!
Dennis Rappel
Spieler: 2-7
Alter: 10+
Dauer: 42
Autor: Oleksandr Nevskiy, Oleg Sidorenko
Grafik: Igor Burlakov, Xavier Collette
Preis: ca. 30 Euro
Verlag: Libellud 2015
Web: www.asmodee.de
Genre: Kooperation, Deduktion, Kartenmanagement
Zielgruppe: Mit Freunden
Spezial: Viele Spieler
Version: de
Regeln: bg cn de en es fi fr gr jp nl
Text im Spiel: nein
Kommentar:
Wunderschönes Grafikdesign
Hochwertiges Spielmaterial
Zu wenig Visionskarten
Vergleichbar:
Dixit
Andere Ausgaben:
Libellud für die meisten Ausgaben, Lautapelit für Skandinavien
Meine Einschätzung: 6
Dennis Rappel:
Ein überaus gelungenes Kooperationsspiel mit toller Gestaltung und thematischer Geschichte, das es trotz kurzer Spieldauer schafft, die Spieler mit seinen schönen Bildern in eine andere Welt zu entführen. Ähnlich wie bei Urlaubszielen, wäre doch auch hier nach einigen Partien etwas mehr Abwechslung gewünscht und neue Visionskarten sehr willkommen.
Zufall (rosa): 0
Taktik (türkis): 2
Strategie (blau): 0
Kreativität (dunkelblau): 2
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 1
Kommunikation (rot): 3
Interaktion (braun): 3
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0