PERLEN DER SPIELKUNST

 

DIXIT

 

EIN AUGENSCHMAUS

 

Liebe Leserin, lieber Leser! Ein Häschen mit Schlüsselbund, ein Zauberer auf einer Weltkugel, ein Häusermeer in Eierformung, ein Anker in der Wüste – schier endlos reich an Bildern ist die Phantasie, mit der uns der Franzose Jean-Louis Roubira mit seiner Illustratorin Marie Carduat in diesem Spiel des Jahres 2009 sowie seiner Zweitausgabe „Dixit – Odyssey“ und diversen Erweiterungen bezaubert. Ein Bildermeer eben, ein Augenschmaus für Liebhaber kreativer, fast surrealer Bildkarten. Manches hätte von Meistern wie Salvador Dali, René Magritte oder Giorgio de Chirico geschaffen worden sein können, so vielschichtig sind die Interpretationen, die uns während eines Spiels durch den Kopf gehen. Der Spielekenner Christwart Conrad  sieht im betagten „Lexikonspiel“ oder Urs Hostettlers „Der wahre Walter“ Vorläufer des hier so erfolgreich angewandten Prinzips. Dennoch dürfen die Auszeichnungen als durchaus verdient bezeichnet werden, was auch Conrad mit eleganten Worten bestätigt: „Weniger die originelle Idee oder das besondere Spielprinzip, sondern ausschließlich die Bildgestaltung macht Dixit (lat. er hat gesagt) zu einem besonderen Spiel, dessen bezauberndem Charme alle diejenigen erliegen werden, die auf jeder Karte ein traumhaftes Kunstwerk erkennen.“ Sollten Sie Dixit noch nicht kennen, kommen Sie einfach zu einem Augenschmaus ins Österreichische Spielemuseum nach Leopoldsdorf im Marchfeld. www.spielen.at

 

Bildhafteres als Dixit-Kärtchen wird der Lichtkegel des Betrachters kaum je auf einem Spieltisch vorgefunden haben. Und in der Tat hat die Graphikerin Marie Carduat mit ihrer Phantasie ungeahnte Grenzwelten eröffnet, die jeden, der zum ersten Mal mit Dixit in Berührung kommt, zu einem Kommentar des Staunens veranlasst. Dabei ist der Ablauf dieses Ratespiels im Grunde genommen ganz einfach: Aus sechs großen Bildkarten auf der Hand wählt einer der Spieler, der Erzähler, geheim eine aus, die er mit Worten, Begriffen, Gestik, Geräuschen oder einer Geschichte umschreibt. Danach sind die Mitspieler gefordert, aus ihren (ebenfalls sechs) Bildkarten eine auszufiltern, die ihrer Meinung nach zu der eben gemachten Beschreibung des Erzählers passt. Anschließend werden alle dieserart gewählten Karten verdeckt gemischt und anschließend offen ausgelegt. Alle Mitspieler versuchen nun, die Karte des Erzählers zu markieren, und zwar mit farbigen Nummernchips. Gelingt dies, gibt es Punkte, wird eine andere Karte als die des Erzählers belegt, bekommt der betreffende Spieler für die „irreführende“ Beschreibung ebenfalls Punkte. In diesem Stil geht es reihum weiter, bis eines der Häschen auf der Zählleiste (jeder Spieler hat seine eigene Farbe) einen bestimmten Punktewert überschritten hat. Gerade diese Häschen haben viel dazu beigetragen, Dixit als Kinderspiel erscheinen zu lassen. Dem ist keineswegs so, denn das Herz des Spiels, die kreativen Beschreibungen und die assoziativen Zuordnungen, verlangen ein gewisses Fingerspitzengefühl, manchmal sogar Menschenkenntnis. In der richtigen Spielrunde, wo nicht das harte Tüfteln sondern das lockere Raten im Blickpunkt steht, kann Dixit durchaus große Begeisterung auslösen. Wer will denn nicht wissen, was „er gesagt hat“ – Dixit!

 

Rückmeldungen an: hugo.kastner@chello.at               

Homepage: www.hugo-kastner.at

 

EMPFEHLUNG # 93

Spieler: 3-6

Alter: 8+

Dauer: 30+

Autor: Jean-Louis Roubira

Gestaltung: Marie Carduat

Preis: ca. 30 Euro

Verlag: Libellud

Jahr: 2008

 

Kompetenz: 2 von 9

Info±: 3 von 9

Glück: 4 von 9

 

Was an Kompetenz verlangt wird, ist hohe Assoziationskraft und eine gewisse Kommunikationsfähigkeit. Viel ist vom Zufall abhängig, bei diesem wunderschönen „Bilderbewertungsspiel“. Doch tut dies nichts zur Sache, denn auch dieses Mal gilt: Der Weg ist das Ziel. Am Ende werden alle offenen Zuordnungsfragen beantwortet, doch freuen sich die Spieler zu diesem Zeitpunkt meist bereits auf die nächste Runde.

 

Hugos EXPERTENTIPP

 

Sie können alle Originalregeln beiseitelassen und Dixit einfach als pures Assoziationsspiel genießen. Zum Beispiel mit der Frage: „Was assoziiert XY mit dem Begriff ‚Liebe‘?“ Legen Sie etwa vier Karten auf und lassen Sie alle Mitspieler geheim raten. Der betreffende XY schreibt seine eigene Wahl (ebenfalls geheim) auf. Wer richtig tippt, bekommt einen Punkt. Dies ist nur eine von vielen Ideen, die mit diesem exzellenten Kommunikationsmaterial möglich sind. Bitte lassen Sie ganz ungeniert Ihre kreativen Gedanken fließen. 

 

Hugos BLITZLICHT

 

Selten habe ich ein schöneres Spiel in Händen gehalten. Doch wie so oft kann der Zauber des Visuellen schnell verfliegen, wenn man die Assoziationsmöglichkeiten zu starr nach Schema ablaufen lässt. Daher bitte unbedingt die Empfehlung beachten, diverse Freizügigkeit in der Regelauslegung zuzulassen und mit dem wunderbaren Spielmaterial nach Lust und Laune zu experimentieren. Dixit – Odyssey, die Zweitausgabe, zeigt ja bereits Ansätze zu einer gewissen Regelkreativität vor. 

 

VORANKÜNDIGUNG

LA CITTÀ

Unter italienischen Fürsten