Das Spiel:

 

Tyros

Entwicklungsspiel

von Martin Wallace

für 3-4 Spieler ab 10 Jahren.

erschienen bei Kosmos

70 – 90 Minuten

 

Die Besprechung:

Kurt Schellenbauer

 

WIN Wertung:

W S I U AA 3-4 (3-4) h

 

Wie viele von euch wissen, betreibe ich immer ein wenig Recherche im Internet  wenn ich eine Rezession beginne. Und so habe ich auch für diese Ausgabe des WIN gerne wieder die Aufgabe übernommen, für euch ein Spiel zu testen, nämlich Tyros, und habe mich in den diversesten Suchmaschinen umgesehen, was man da wohl so finde. Gleich die erste Seite ein Treffer, aber was sehe ich da, wer verunstaltet unsere österreichische Fahne? Ein grüner Nadelbaum im sonst so weissen Feld. Ja dürfen die denn das? Ja natürlich, denn Tyros lag damals im Gebiet des heutigen Libanon und die haben auch rot-weiß-rot aber mit dem besagten Baum in der Mitte. Nach der ersten Aufregung bin ich dann doch der Ansicht das der Baum gut passt, .......... aber unser Adler ist schöner.

 

Tyros war um 1200 v.Chr. einer der wichtigsten Städte im damaligen Phönizien und das Zentrum der Purpurgewinnung, was dieses Volk so reich und mächtig machte. Purpur wurde aus einer Schneckenart, der Purpurschnecke gewonnen, einer im Meer lebenden Art. Purpur war die Farbe des Königtums, der Kardinäle und überhaupt der gekrönten Herrschaft und da man um ein Gramm Purpur zu gewinnen 10.000 Schnecken benötigte, war der Preis für dieses Färbemittel dementsprechend hoch. Für die Tierschützer unter uns sei erwähnt, dass die Farbe aus der Drüse der Schnecke gewonnen wurde, vergleichbar mit der Drüse des Tintenfischs. Die Phönizier sind uns allen aus dem Geschichtsunterricht als große Seefahrer, Händler und auch Krieger bekannt, die weit über die Meerenge von Gibraltar hinaus ihre Geschäfte tätigten und ein wichtiger Verbündeter des persischen Reiches war und diesem immer wieder große Kriegsflotten zur Verfügung stellte.

 

Martin Wallace hat jene antike Stadt und die damaligen Verhältnisse im Mittelmeerraum für sein, wie er und der Verlag es bezeichnet, lockeres Handels- und Besiedlungsspiel herangezogen. Der Spielplan zeigt den Mittelmeerraum und den Atlantik von Potugal und Madagskar im Westen bis in die Türkei und Syrien im Osten. Der Plan ist in Rechtecke unterteilt und von 1 bis 32 durchnummeriert, wobei das Verhältnis 7x5 beträgt. Scharfe Rechner werden sich natürlich sofort fragen wo sind die restlichen 3 Felder. Eines ist ein Wüstenfeld und nicht betretbar (Sahara), das zweite ist ein Meerfeld mit Seeschlange, auch nicht betretbar oder besser gesagt schiffbar und das dritte ist Tyros, der Ausgangspunkt zu Beginn des Spieles.

 

Jeder Spieler bekommt zu Beginn des Spieles 10 Schiffe - zwei werden sofort in Tyros platziert - und 10 Städtemarker seiner Farbe. Es werden im Laufe des Spieles vier neutrale Reiche gegründet und für dieses Vorhaben gibt es 4 x 20 Chips in den entsprechenden Farben die sich natürlich von den Spielerfarben unterscheiden. Für diejenigen, die das Spiel zum erstenmal spielen wird eine Grundaufstellung angeboten, die es möglich macht, dass sich alle vier Reiche gleichmäßig erweitern. Für fortgeschrittene und geübte Spieler werden alle 32 Landschaftsplättchen gemischt und nacheinander 4 Stück gezogen. Auf den Kärtchen befindet sich die gleiche Zahl wie auf dem dazugehörigen Feld auf dem Spielplan, was den Verlag aber bewogen hat die Zahlen weiß zu schreiben, kann ich nicht beantworten. Sie sind teilweise nur schlecht lesbar. Auf das erste Feld kommt ein orangerner Marker, auf das zweite ein gelber, auf das dritte ein grüner und auf das vierte ein violetter Chip. Die Chips sollte man nicht direkt auf die Zahlen legen, das vereinfacht das Suchen später ungemein. Eines ist auf jedenfall zu beachten: Es dürfen sich keine zwei Reiche auf waagrecht oder senkrecht benachbarten Feldern befinden, für diesen Fall wird einfach ein neues Plättchen gezogen. Aus den 28 verbleibenden werden 4 Stück an jeden Spieler ausgeteilt und der Rest kommt als verdeckter Nachziehstapel an den Spielrand. Die 60 Handelskarten, je 14 Stück für Kupfer, Zedernholz, Öl und Purpur, und 4 Joker, werden gemischt. Zu Beginn einer Phase werden davon bei 4 Spielern 10 Stück und bei 3 Spielern 12 Stück an jeden Spieler ausgeteilt. Die Produkte auf den Handelskarten haben für das Spiel keine Bewandtnis, aber die Farben sind ident mit denen der 4 Reiche.

 

Beginnend beim Startspieler muss jeder Spieler ein Reich erweitern. Er legt ein Landschaftsplättchen offen aus und zwar nur so eines, das an ein bestehendes Reich waagrecht oder senkrecht anschliesst. So werden Reiche vergrößert. Wenn sich mehrere Positionen anbieten, dann darf sich der Spieler frei entscheiden. Nach dem Legen zieht der Spieler ein Plättchen nach, so welche vorrätig sind. Sollte keines passen, zeigt er alle vier den anderen Spielern, passt er beim Setzen, legt eines unter den Stapel und zieht ein neues. Wenn das Plättchen 31 oder 32 gelegt wird - dazwischen befindet sich Tyros - so wird dort sofort ein Chip in der gleichen Farbe gelegt. Zu Beginn des Spieles gibt es zwei Legerunden, in weiterer Folge nur noch eine.

 

Der dritte Punkt einer Phase sind die Kartenaktionen, damit findet das eigentliche Spielgeschehen statt. Angefangen beim Startspieler macht jeder Spieler eine von fünf Aktionen oder passt. Erst wenn alle Spieler reihum gepasst haben ist dieser Spielabschnitt beendet. Die erste Möglichkeit ist, ein Schiff zu bewegen. Man darf es allerdings nur auf ein Feld bewegen, das bereits an ein Reich angeschlossen ist und man muss soviele Karten in der Farbe des Reiches, auf das man zieht, ablegen wie Felder waagrecht oder senkrecht betreten werden. Das Ausgangsfeld zählt nicht dazu. Beim Ziehen ist zu beachten, dass die Felder die bereist werden, auch durch Wasser miteinander verbunden sein müssen, das trifft im besonderen bei Algerien, Griechenland, Italien und der Iberischen Halbinsel zu. Um nach Portugal zu kommen muss man schon durch die Strasse von Gibraltar, denn der Weg durch die Sierra Nevada wäre doch zu beschwerlich.

 

Wenn ein Spieler seinen Zug auf einem Feld beendet, wo die Stadt eines anderen Spielers gebaut wurde, dann muss er diesen Spieler eine beliebige seiner Karten geben. Durch ein Feld wo sich 1 oder 2 Schiffe befinden darf gezogen werden, am Ende der Bewegung dürfen sich aber in einem Feld nie mehr als 2 Schiffe befinden. Solange es in Tyros keinen Städtemarker gibt, dürfen sich dort je zwei Schiffe pro Spieler befinden.

 

Die zweite Aktionsmöglichkeit ist es ein Stadt zu bauen, dazu muss man aber die alleinige Kontrolle über das jeweilige Feld besitzen (ein oder zwei Schiffe der eigenen Farbe sind dort stationiert). Dann legt der Spieler fünf Karten in der Farbe des jeweiligen Reiches ab und legt einen seiner Städtemarker auf das Feld. Um es übersichtlicher zu gestalten haben alle Felder für die Städte bereits braune Punkte und man sollte die Marker auch dorthin legen. Das Spielfeld ist unübersichtlich genug und deshalb ist dies eine wertvolle Hilfe. Sollte ein Spieler auf diesem Feld zwei Schiffe haben, muss er nur 4 Karten abgeben. Danach legt er auf jeden Fall ein Schiff, das auf diesem Feld steht, in seinen Vorrat zurück. Das pro Feld nur eine Stadt gebaut wird, sei nur am Rand erwähnt.

 

Die dritte Aktionsmöglichkeit ist ein Schiff zu bauen. Nur in Tyros dürfen alle Spieler Schiffe bauen, solange bis jemand dort eine Stadt baut. Ansonsten darf jeder in seinen Städten Schiffe bauen und legt dafür eine Karte in der Farbe des Reiches ab. Liegt dort bereits ein Schiff, muss man eine zusätzliche Karte abgeben, wobei diese eine beliebige Farbe haben darf. Sollte man in Tyros ein Schiff bauen, so dort noch keine Stadt errichtet wurde, muss man soviele Karten abgeben wie dort Schiffe liegen, plus eine für das neu zu bauende. Die Farben dieser Karten dürfen beliebig sein. Das neue Schiff wird an die Küste gestellt, wo sich die Stadt befindet, vor allem bei Italien zu beachten.

 

Die vierte Möglichkeit ist der Handel mit der Bank. Davon gibt es zwei Arten. Man legt drei beliebige Karten auf den Ablagestapel und nimmt sich drei verdeckte nach oder man legt drei Karten ab und sucht sich eine aus dem Ablagestapel aus. Wenn der Nachziehstapel aufgebraucht ist, dann kann man auf die erste Art nicht mehr handeln, denn der Ablagestapel wird nicht gemischt. Als fünfte und letzte Möglichkeit gibt es den Handel zwischen den Spielern. Fragen darf man alle Spieler, tauschen aber nur mit einen. Der Tausch darf sich nur auf die Karten beziehen. Solte kein Tausch zustande kommen, dann darf der Spieler eine der anderen Aktionen ausführen.

 

Sollte ein Spieler passen, so hat er sehr wohl das Recht später wieder einzusteigen. Erst wenn alle reihum gepasst habe, endet die Kartenaktion. Sollte man mehr als 3 Karten auf der Hand halten, so müssen die überzähligen abgegeben werden. Der Startspieler wechselt und jeder bekommt wieder 10 Karten (oder 12 bei 3 Spielern).

 

Das Spiel endet nach der Runde, in der ein oder mehrere Spieler ihr letztes Landschaftskärtchen ausgespielt haben. Die Runde wird noch zu Ende gespielt. Es kann passieren, dass noch Plättchen übrigbleiben.

 

Zur Wertung werden zuerst Schiffe auf Feldern entfernt, wo sich bereits eine Stadt befindet oder wo zwei verschiedenfarbige Schiffe stehen. Danach werden die Bonuspunkte an die Spieler vergeben, die alleine die meisten Städte in den einzelnen Reichen haben. Dafür erhält man 7 Punkte pro Reich. Danach eruiert man die Stadtkontrolle, Mehrheit von Städten in den Reichen, und erhält für das größte Reich 12, für das zweitgrößte 10, für das drittgrößte 9 und für das kleinste 8 Punkte. Wenn es einen Gleichstand gibt, dann erhalten beide gleichviel Punkte. Das steht allerdings nicht in der Regel, aber ich denke das ist das logischte. Bei Gleichstand unter den Reichen gilt die Reihenfolge orange vor gelb vor grün vor violett. Danach überprüft man auf die gleiche Art und Weise die Schiffskontrolle und vergibt nach der Größe der Reiche 6, 5, 4 und 3 Punkte. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt. Sollte hier ein Gleichstand vorherrschen, dann gewinnt derjenige der im größten Reich die meisten Punkte erreicht hat. Es gibt während des Spieles noch Bonuspunkte für den Spieler der als erster in allen vier Reichen eine Stadt gegründet hat. Es sind auch dort 7 Punkte.

 

Ein freundliches na ja - ich denke mehr hat sich dieses Spiel nicht verdient. Ich möchte nicht behaupten, dass es ein schlechtes Spiel ist, ich habe Mensche kennengelernt die es gerne spielen, ja solche gibt es auch, aber einen Stern zu vergeben, wäre vermessen. Ich wurde das Gefühl bis zuletzt nicht los, dass man hier ein Spiel auf den Markt brachte um der Jury „Spiel des Jahres“ zu gefallen. Einfache Mechanismen und einfache Spielregel, durch das zeichnet sich dieses Spiel aus, aber das ist auch schon alles. Man hat dabei bloss auf die Freude vergessen, die man haben sollte wenn man ein Spiel spielt. Hier ist grosse Langeweile angesagt, denn die Möglichkeiten die man hat sind nicht wirklich aufregend. Eines sei auf jeden Fall empfohlen, wenn man schon auf eine bestimmte Zielgruppe ein Spiel ausrichtet, und meiner Meinung nach hat man es auf den Normalspieler abgesehen, dann sollte man für jeden Spieler eine Kurzspielregel beilegen. Ungeübte haben nun mal Probleme sich 5 Möglichkeiten mit allen Facetten zu merken. Ich bin mir auch im klaren, dass das Thema in der Antike angesiedelt ist und man da mit den Farben vorsichtig sein muss. Ich für meinen Teil habe genug von Erdtönen, wo doch die Schachtel mit so schönen Farben versehen ist. Eines ist auf jedenfall sicher, einen Vielspieler befriedigt es sicher nicht. Bei einer unserer Testpartien hatte ich sogar ungeübte Mitspieler und auch die stellten am Ende die berechtigte Frage, „Was soll das?“. Ich habe mich damals sehr gefreut, dass Kosmos die neue Linie „Spiele für viele“ anbietet und es sind schon sehr schöne Spiele dort erschienen, wie „Alles im Eimer“ oder „Gnadenlos“. Für Spiele der Qualität von Tyros ist dort kein Platz und es wäre eher unter „Spiele die die Welt nicht spielt“ oder „Spiele für keinen“ zu finden.