Tal der Könige
Spiele des Franckh
Und genau das dachte ich
mir vor einigen Monaten, als ich in einem Spielegeschäft
das Tal der Könige betrachtete. 1000.- Schilling waren ein stolzer Preis für
ein Spiel, von dem man nur wußte, daß
ein gewisser Christian Beierer der Autor sei, und
genau das war auch der Grund, warum ich es ernsthaft erwog, das Spiel zu
kaufen.
Bevor nun der eine oder
andere zu grübeln beginnt, wer dies wohl sei und ob man Christian kennen müßte - vielleicht ein Pseudonym, wenngleich auf der Rückseite
ein Bild von ihm zu finden ist - kurz die Erklärung: Als ich vor einigen Jahren
Spiele zu sammeln begann, war Christian der erste Sammler, mit dem ich in
Kontakt trat und außer ein paar Telefonaten und einigen Briefen hatte sich nie
die Möglichkeit eines persönlichen Kontaktes ergeben. Also dachte ich mir, daß dies vielleicht eine Möglichkeit wäre, ihn näher kennen
zu lernen.
Doch da war noch immer der
hohe Preis! Und irgendwie dürfte der Verkäufer etwas von meiner Seelenpein
mitbekommen haben, denn er bot mir einen Nachlaß von
10% an und das war genau der Grund, nach dem ich gesucht hatte: 100 Schilling
gespart! - daß ich dafür aber 900 löhnen mußte, vergaß ich im Moment der Euphorie ganz.
Wie dem auch sei, seit
damals war ich stolzer Besitzer eines Franckh
Wie die Schachtel, so ist
auch der Spielplan dreieckig - aufgebaut aus vier gleichseitigen Dreiecken -
ein wahres Meisterwerk moderner Spielplantechnologie. Das Betrachten des
Spielplanes, der neben ägyptischem Schnick-Schnack
eine Menge verschieden großer Quadrate zeige, motivierte mich sofort, den
Lehrsatz des Pythagoras zu beweisen, aber weil es mir nicht ad hoch gelingen
wollte, wandte ich mich eben den Spielregeln zu.
Pyramiden sollen gebaut
werden, aus Holzsteinen, wobei 3 verschiedene Pyramidentypen möglich sind.
Einfärbige, wo alle Steine dieselbe Farbe besitzen, Schichtenpyramiden, wo dies
wenigstens für die einzelnen Schichten zutrifft, und Chameleons,
die wie der Name schon sagt, eben bunt sind. Klar, daß
die ersteren die wertvollsten sind und je nach Energie des Bauherrn gibt es
zwei Ausführungen - kleine Einfamilien-Pyramiden und große Wohnsilos.
Literarisch gebildete Leser
wissen nun sofort, worauf es ankommt, denn seit dem Besuch von Asterix bei
Kleopatra ist bekannt, daß man zum Bauen von
Pyramiden etwas benötigt, nämlich Bausteine. Also woher nehmen, wenn nicht
stehlen? Behandeln wir zuerst das Nehmen.
In jeder Runde werden
nämlich am freien „zum Pyramiden bauen Steine Markt“ bunt gemische
Fünferpakete von Steinen - es gibt sie in 4 Farben - zum Kauf angeboten und
zwar immer ein Paket mehr als Spieler vorhanden sind. Reihum gibt nun jeder
Kaufwillige mit seinen Biettafeln ein Gebot ab, in dem er diese verdeckt zu
jenen Paketen legt, die ihn zu interessieren scheinen. Scheinen deshalb, weil
man neben 4 Biettafeln, die ein bis vier Punkte tragen, die abstrakte Währung
dieser Zeit, auch vier Blankotafeln, besitzt, die ein
Bluffen beim Bieten erlauben.
Nach dem Aufdecken erhält
natürlich immer der Meistbietende das Paket, wobei bei Gleichstand jener, der
früher geboten hat, den Vorzug erhält. Da der Startspieler aber jede Runde
wechselt, ist dies kein allzu großer Nachteil und man wird seine Bietstrategie
als Letzter eben danach ausrichten.
Hat man so einige Bausteine
erstanden, geht's endlich ans Bauen, aber wo nur? Und nun betreten die
Spielfiguren den Platz des Geschehens. Da sind zunächst die beiden Aufseher,
die nicht so sehr die 6 Arbeiter beaufsichtigen sollen, sondern eher dazu
dienen, Bauplätze in Besitz zu nehmen bzw. diese im Laufe des Spieles gegen
fremde Übergriffe zu verteidigen.
In jeder Runde dürfen die
beiden Figuren zu diesem Zweck zusammen bis zu 6 Felder ziehen, wobei dies ab
der 2. Runde verdeckt geschieht. Dabei darf man auch durchaus fremde Bauplätze
betreten, aber die Absichten eines solchen Zuges können wohl keine redlichen
sein.
Nachdem alle Aufseher
gezogen haben, sind nun die 6 Arbeiter an der Reihe und diese ziehen im
Gegensatz zu den Aufsehern immer offen. Grundsätzlich wird man mit Arbeitern
immer auf eigene Baustellen ziehen - wozu hat man sie denn schließlich angeeworben - denn dort verbaut jeder bis zu 2
Pyramidensteine.
Aber, und nun sind wir beim
Stehlen, sie können auch dunkleren Geschäften nachgehen. Ist es einem Spieler
nämlich gelungen, auf einem fremden Bauplatz mehr Aufseher zu postieren als der
Besitzer dieses Bauplatzes, so darf er für jeden seiner Arbeiter, der dorthin
gezogen wird, 2 Steine aus der Pyramide rauben. Gelingt es ihm sogar, mehr
Arbeiter als der Besitzer zu versammeln, so begnügt er sich nit
mehr mit dem Stehlen von irgendwelchen Steinen, sondern übernimmt gleich das
ganze Baugelände.
Sind schließlich alle
Besitzverhältnisse geklärt und so manches Gesicht um einiges länger geworden,
geht's endlich ans Bauen. Wie bereits erwähnt, darf jeder Arbeiter bis zu 2
Steine verbauen. Pyramiden, die dadurch fertiggestellt
werden, sind ab nun tabu und dürfen nicht mehr be(ge)raubt werden.
Bevor es nun wieder ans
Versteigern von Steinen geht, muß ich noch kurz
erwähnen, daß mit jenen Bausteinen, die in dieser
Runde nicht verbaut wurden, weil sie aus irgendeinem Grund nicht ins Konzept gepaßt haben, eine große, 30 Steine umfassende Pyramide
errichtet wird, mit deren Fertigstellung das Spiel augenblicklich endet - Rudi
Hoffmann läßt grüßen!
Soweit also der
Spielverlauf, der einem einiges an Überlegung abfordert. Das beginnt schon beim
Ersteigern der Bausteine: Welche Pyramide will ich überhaupt bauen, welche
Gruppe ist für mich dabei die interessanteste, oder will ich vielleicht einem
anderen eine für ihn wichtige wegschnappen? Oder versuche ich möglichst viele
Steine zu erhalten, um diese dann alle in die große Pyramide zu verbauen und so
das Spielende schneller herbeizuführen?
Beim Setzen der Aufseher muß man sich nicht nur darüber klar werden, ob man neue
Bauplätze errichten will oder fremde angreift, sondern man muß
auch immer damit rechnen, daß andere versuchen
werden, eigene Bauplätze zu übernehmen, vor allem dann, wenn die Pyramide kurz
vor Fertigstellung ist. Ein Blick auf die von den Gegnern ersteigerten Steine
gibt so manchen Hinweis.
Das Setzen der Arbeiter
vervollständigt meist nur die mit den Aufsehern verfolgte Strategie, aber durch
Eroberungszüge der Gegner wird man des öfteren gewzungen, Baupläne kurzer Hand fallen zu lasssen, um den Verlust einer Baustelle zu verhindern. Dies
alles unter einem Hut zu bringen, ist aber wegen der großen Unbeweglichkeit der
6 Arbeiter - sie dürfen zusammen nur 6 Felder weit ziehen - gar nicht so
einfach.
Und zu guter Letzt ist man
in der Bauphase natürlich keineswegs gezwungen, Steine in Pyramiden zu
verbauen, sondern man kann alle Steine in die große Pyramide geben, was vor
allem dann sinnvoll ist, wenn man in Führung liegt.
Das Tal der Könige hat mir,
das dürfte wohl klar geworden sein, sehr gut gefallen. Neben dar Spielmechanik,
die so ziemlich alles erhält, was ein gutes Spiel ausmacht, begeisterte mich
vor allem die Tatsache, daß hier wieder ein schönes
Dreipersonen-Spiel vorliegt. Es läßt sich aber auch
zu zweit und zu viert sehr gut spielen, wobei in beiden Fällen der Schwerpunkt
anders gelagert ist. Während zu zweit mehr gebaut und weniger geraubt wird,
auch wenn es weniger Bauplätze gibt, stehlen die Spieler beim Vierpersonenspiel
bereits nach kurzer Zeit wie die Raben.
Noch eine kurze Anmerkung
zum Spiel mit 4 Personen. Vor einiger Zeit war in der
Also alles okay im Tal der
Könige! Alles? Nein, denn, und das ist bei Franckh
Würde das Spiel nun nicht
knapp 1000 Schillinge kosten, könnte man vielleicht noch darüber hinwegsehen,
aber wer mit der Exklusivität des Materials diesen hohen Preis zu rechtfertigen
versucht, der sollte auf solche Dinge wirklich peinlichst genau achten. Klar, daß man bei Franckh
Ist dieser Lapsus behoben,
so kann man den Besuch im Tal der Könige - wo es übrigens überhauot
keine Pyramiden gibt, aber wen stört das schon - absolut empfehlen, auch wenn
es ein sehr teures Vergnügen ist.
WIN-Wertung:
** und 1/2* Tal der Könige
W SS 1.5P II UUU 2.5A 2-4 (3-4) m