Rosenkönig
Rosenkönig
von Dirk Henn
für 2 Spieler
ab 10 Jahren
30 bis 40 Minuten
Nicht immer hat man eine Handvoll
Spieler bei der Hand, nicht jeder Abend ist Spieleabend. Und wenn man dann mit
seinem Partner nicht vor der Glotze hocken möchte, sondern zu zweit ein kleines
Spielchen (nicht das, was Sie vielleicht jetzt denken mögen...) bevorzugt, dann
war man früher wirklich etwas arm dran. Damals hatte man fast nur die
Möglichkeit, ein abstraktes Taktikspiel hervorzukramen. Soll jetzt nicht
heißen, daß Abalone, Schach oder TwixT schlechte Spiele sind, ganz im
Gegenteil. Aber bei den meisten Spielen dieser Art artet das Ganze zu einem
intellektuellen Denkspiel aus, bei dem in den wenigsten Fällen intellektuelle
Chancengleichheit gegeben ist.
Aber in den letzten Jahren
entwickelten mehrere Spielehersteller auch anspruchsvolle Zweipersonenspiele
mit einem konkreten Spielethema. Vor allem
Genug der Einleitung, kommen wir ohne
weitere Umschweife direkt zum Objekt dieses Artikels, nämlich zu
"Rosenkönig", einem Vertreter der oben erwähnten neuen
Zweipersonenspiele. Das Thema dieses Spiels ist der Krieg um die
Vormachtstellung in England, der zwischen den Häusern Lancaster und York in den
Jahren 1455 bis 1485 tobte und unter dem Namen "Rosenkrieg" berühmt
wurde. Unschwer zu erraten, daß die beiden Spieler die Herrscherrolle der
beiden Häuser übernehmen. Ihr Ziel ist es, möglichst große Flächen unter ihre
Kontrolle zu bringen.
Der Teil Englands, um den gekämpft
wird erstreckt sich von Manchester im Süden bis Durham im Norden, sowie von
Lancaster im Westen bis York im Westen. Aber für die Spieler weitaus wichtiger
ist das Raster von 9 mal 9 Feldern, welches über das Land gezogen ist. Ganz im
Zentrum - auf einem Feld mit einer Windrose - steht zu Spielbeginn ein
Spielstein in Form einer Krone. Diese wird von den Spielern nun mit Hilfe von
Machtkarten bewegt. Das Feld, auf dem die Krone landet, wird dann von dem
Spieler, der sie gezogen hat, mit einem Machtstein in seiner Farbe - also
entweder einer weißen oder einer roten Rose - markiert.
Die Machtkarten sind das Um und Auf
des Spiels. Auf ihnen sind Zugrichtung (die vier Himmelsrichtungen und die vier
Diagonalen) sowie Zugweite (1 bis 3 Felder) angegeben, zusammen ergibt das also
24 verschiedene Machtkarten. Jeder Spieler erhält vom gemischten Stapel fünf
Karten, die er offen auf seiner Seite des Spielplans auflegt. Wichtig ist
dabei, daß alle Karten gleich ausgerichtet sind, eine sowohl auf dem Spielplan
als auch auf den Karten aufgedruckte Krone erleichtert dies.
Und dann geht's schon los. Wer an der
Reihe ist, hat drei Möglichkeiten. Die erste mögliche Aktion kennen wir schon:
eine Machtkarte ausspielen und die Krone entsprechend bewegen, auf das Zielfeld
einen eigenen Machtstein legen. Einige Regeln gibt es schon zu beachten, diese
sind aber leicht verständlich und logisch, wie etwa, daß man nicht über den
Spielfeldrand ziehen darf, daß man nur auf freie Felder ziehen darf oder daß
die Zugweite vollständig genutzt werden muß. Nachziehen darf man nach dem
Ausspielen einer Machtkarte jedoch nicht automatisch, was uns unweigerlich zur
zweiten Aktionsmöglichkeit bringt: Ziehen einer Machtkarte. Man darf aber nur
dann eine Karte vom verdeckten Stapel ziehen, solange man noch keine fünf
Karten besitzt. Die dritte Aktionsmöglichkeit können die beiden Widersacher
allerdings nur viermal in einem Spiel nutzen: Das Ausspielen einer Heldenkarte
zusammen mit einer Machtkarte. Dies erlaubt nämlich, die Krone auf ein vom
Gegner besetztes Feld zu ziehen und den dort liegenden Machtstein auszutauschen
(Da die Machtsteine auf der einen Seite eine rote, auf der anderen Seite eine
weiße Rose tragen, wird der Machtstein in diesem Fall einfach umgedreht).
Eine dieser drei Zugmöglichkeiten muß
man auf jeden Fall machen, selbst wenn dieser Zugzwang für einen von Nachteil
ist. Nur wenn man überhaupt keine Möglichkeit findet, muß man aussetzen. Können
beide Spieler weder ziehen noch Karten nachziehen, endet das Spiel, ebenso wenn
alle 52 Machtsteine verbraucht sind.
Dann folgt die Abrechnung. Anders wie
beim historischen Vorbild, als der Rosenkrieg durch die Machtübernahme von
Heinrich VII. aus dem Hause Tudor ein unerwartetes Ende fand, gewinnt hier
einer der beiden Kontrahenten das Spiel. "Lancaster" und
"York" ermitteln beide den Wert ihrer Ländereien, das sind Gebiete
mit ein oder mehreren Feldern, die mindestens über eine Seite miteinander
verbunden sind. Ein Gebiet zählt dabei soviele Punkte, wie die Anzahl der
Felder multipliziert mit sich selber. Ein Gebiet aus 6 zusammenhängenden
Feldern etwa ist somit 36 Punkte wert (6 x 6). Für Nicht-Rechenkünstler ist
eine Tabelle in der Spielregel sehr hilfreich. Es ist wohl nicht nötig zu
erwähnen, daß der Spieler mit den meisten Punkten das Spiel gewinnt.
"Rosenkönig" ist ein Spiel
mit einfachsten Regeln und einem mathematischen Grundgerüst. Man könnte also
meinen, ein typischer Knizia. Falsch gedacht: Der Autor des Spiels ist Dirk
Henn, der das Spiel unter dem Namen "Texas" (Thema: Kampf um Weide-
und Farmland zwischen Ranchern und Farmern im Wilden Westen) bereits in seinem
Kleinverlag "db Spiele" herausgebracht hat. Und es verwundert nicht,
daß sich dieses Spiel sofort ein Großverlag geschnappt hat, denn trotz der
minimalen Regeln spielt es sich ausgesprochen taktisch. Alle Informationen
liegen offen aus, und man kann demnach wie beim Schach auch einige Züge
vorausdenken und planen. Das zufällige Nachziehen der Machtkarten sorgt
hingegen dafür, daß es kein reines Denkspiel ist. Diese gelungene Mischung aus
langfristiger Planung und dem kurzfristigen Reagieren auf Züge des Gegners bzw.
nachgezogene Machtkarten, weiß auf Anhieb zu gefallen. Es stecken jede Menge
taktische Raffinessen drin, die ich jeden Spieler selbst entdecken lasse. Die
Spieldauer mit knapp mehr als eine halbe Stunde (Grübler können das Spiel auf
gut eine Stunde ausdehnen), ist zudem recht angenehm, um das Spiel mehrmals zu
spielen. Wer übrigens ein noch lockereres Spielchen bevorzugt, kann auch mit
verdeckten Karten spielen, das funktioniert auch ganz gut.
Freunde guter Zweipersonenspiele
kommen um "Rosenkönig" nicht umhin. Und Dirk Henn gelingt es, sich
immer mehr als ausgezeichneter Spieleautor zu etablieren.
Meine Wertung:
** Rosenkönig W SS I U AA
2 m
c franky
1/00