Ronda Magica

 

Ronda Magica.

Tom Schoeps.

Franckh Kosmos, 1988

2-6 Spieler.

 

In uralten Zeiten ging das geheimnisvolle Buch des Zauberers Merlin verloren, und es tauchten später nur vereinzelte Seiten davon wieder auf, deren Bedeutung aber verborgen blieb. Um den Schleier des Vergessens zu lüften, treffen sich alle 7 Jahre die 21 größten Magier der Welt, um den Ronda Magica, den rituellen Zauberreigen, zu tanzen.

 

So zauberhaft beginnt der Einstieg in eine der 88er Neuheiten der Reihe Franckh/Edition Perlhuhn, mit dem der Hamburger Tom Schoeps sein Debüt als Spieleautor gibt. Fällt der Karton sofort durch die Lila-Farbe auf, nimmt man die gewohnt gute Ausstattung schon fast als selbstverständlich hin: dunkler Skai-Spielplan mit 24 goldenen Feldern, davon 3 mittlere Felder besonders gekennzeichnet. Alle zusammen ergeben ein Sechseck. Als nächstes 42 verschiedene Karten (die Seiten aus Merlins Zauberbuch) sowie l8 Zaubersteinc (diese werden "Wabanti"-Spielern vielleicht bekannt vorkommen!), nicht zu vergessen jedoch die anlangs erwähnten 21 Zauberer. Waren es beim Prototyp noch riesige Holzpöppel, hat man sich seitens des Herstellers für durchsichtige Plastikkegel entschieden, deren innerer Boden verschiedenfarbig gekennzeichnet ist, was durch die Kegelform gut zu unterscheiden ist.

 

Vom Spielprinzip her erinnert RONDA MAGICA am ehesten an "Tantalus", das in den 70ern in der Casino-Serie des Otto Maier Verlages erschien. Dort mußte man den veränderlichen Spielplan anhand von erhaltenen Aufgabenkarten so drehen, daß die entstandene Form der auf der Karte abgebildeten Figur entsprach. Je nach Schwierigkeitsgrad bekam man Punkte gutgeschrieben und nahm sich eine neue Karte, um den Plan erneut nach seinen Wünschen zu ändern. Von der Ravensburgern war "Tantalus" als reines 2-Personen-Spiel konzipiert, während die englische Original-Version "Amoeba" zwei bis vier Personen zuließ. Bei vier Personen begann allerdings der Frust bevor man wieder eingreifen konnte, halte sich alles derartig verändert daß man wieder von vorne anfangen konnte!

 

Bei RONDA MAGICA ist vieles anders. Es gehl bei den Aufgaben nicht um Formen, sondern um Farbkombinationen, konkret um sechs Farben in einer festgelegten Anordnung zueinander. Jeder Spieler erhält drei dieser Aufgabenkarten, die er verdeckt halten sollte. Der Rest der Karten bleibt als verdeckter Vorratsstapel im Spiel. Als nächstes werden die 21 Zauberer von den Spielern auf den Spielplan gebracht. Beim Einsetzen wechseln sich die Spieler ab. Tabu sind allerdings die besonders gekennzeichneten Mittelfelder. Diese dürfen erst betreten werden, wenn der 21. Magier den Plan betreten hat. Damit ist sichergestellt, daß niemand in der Aufstellphase bereits eine Aufgabe erfüllen kann, denn es fehlt in allen in Frage kommenden 7 Sechsecken (6 außen, 1 in der Mitte) der 6. Magier. Der erste Spieler, der keinen Magier mehr einsetzen kann, darf jetzt anfangen, die Zauberer zu verschieben. Sind Start- und Zielfeld des Magiers frei und mit den Seitenlinien oder der Feldspitze miteinander verbunden, geschieht der Zug völlig Problemlos und kostenfrei. Ist jedoch das Zielfeld besetzt, sodaß zwei Kegel die Plätze tauschen müssen, oder sind die Felder nicht miteinander verbunden, sodaß der Magier zum Ziel springen muß, so muß der Spieler zahlen. Hierfür hat jeder zu Beginn drei Zaubersteine bekommen. Ist man regulär am Zug und will man tauschen oder springen, so ist ein Stein zur Zahlung fällig. Man kann aber Steine zurückbekommen, indem man eine Runde aussetzt. Für jede Ausselzrunde gibt es einen Stein zurück (maximal darf man 3 Steine besitzen). Ist es dem Spieler gelungen, eine Farbkombination zu erreichen, legt er die entsprechende Karte aus der Hand und zieht eine neue. Dann ist der Nächste an der Reihe. Ist man jedoch noch nicht mit der Aufgabe fertiggeworden, sondern hat vielleicht erst die entscheidenden Vorarbeiten geleistet, so heißt es aufpassen: bevor der übernächste Spieler beginnt, meldet man einen Extrazug an, d.h. man spielt außerhalb der Reihe. Ein solcher Extrazug kostet allerdings 2 Zaubersteine! Da man nur 3 Steine bekommt und zur Wiedererlangung eines Steines jedesmal 1 Runde aussetzen muß, muß man sich seine Handlungen und speziell die Extrazüge wohl überlegen!

 

Es gelten Einschränkungen für Extrazüge: man darf niemals zweimal hintereinander ziehen, also unmittelbar vor oder nach seinem Normalzug. Außerdem dürfen nicht zwei Extrazüge hintereinandcr ausgeführt werden. Die Runde wird somit nach einem Extrazug bei demjenigen fortgeführt, der eigentlich an der Reihe gewesen wäre. Nach einer allgemeinen Regel, daß ein Zug nicht vom unmittelbar folgenden Spieler zurückgenommen werden darf, war's dann schon an Regeln. Einfach, oder nicht?

 

In der Praxis sieht es allerdings anders aus. Es erfordert schon eine Menge an Konzentration, seine drei Karten und die ineinander verschachtelten 7 Sechsecke ständig im Auge zu behalten, was nötig ist, weil z.B. auch eine Karte abgelegt werden darf in dem Moment, wo ein Mitspieler die richtige Konstellation aufbaut. Das Spiel kann sehr frustrierend sein, weil die lieben Mitmenschen immer wieder das zerstören, was man mühsam aufzubauen versucht. Ohne Zaubersteine wäre RONDA MAGICA definitiv nicht als Mehrpersonen-Spiel (2-6) einsetzbar.

 

Allerdings seien speziell Anfänger an dieser Stelle gewarnt: am Anfang sollte man möglichst nur zu Dritt oder zu Viert spielen - bei 5 oder 6 Personen kann der Frust schon übermächtig werden, wenn die Kombinationen immer und immer wieder zerstört werden. Hier empfiehlt sich vielleicht eine Regelvariante: anstelle eines Zuges oder dcs Aufnehmens eines Zaubersteines ist der Tausch von 1-3 Karten crlaubl, in der Hoffnung" einfachere Aufgaben zu erhalten. An dieser Stellc kann ich mir eine Kritik nicht verkneifen: Mich stört, daß es keine unterschiedliche Bewertung für erfüllte Aufgaben gibt. Dazu muß man wissen, daß die Farben der Magier nicht gleichmäßig vertreten sind: Es gibt 6 rote, 5 grüne, 4 blaue, 3 gelbe, 2 lila und nur 1 weiße Figur. Auf den 42 Karten sind zwar jeweils 6 Farbpunkte abgebildet, aber auf 14 Karten werden nur 2 verschiedene Farben verlangt, auf 10 Karicn 3 Farben, auf 12 Karten 4 Farben und 6 Kalten alle 6 Farben. Weiß, von dem es nur eine Figur gibt, taucht immerhin auf 18 Karten auf. Man kann sich das Gerangel um Weiß oder auch um Lila vorstellen! Hier wäre eine abgestufte Bewertung der Karten sinnvoller gewesen. Der Autor hatte ursprünglich auch eine Punktwertung auf Grund der Wahrscheinlichkeitsrechnung der Kombinationen vorgesehen. So sollte man zumindest das Kartenumtauschrecht einführen, denn wer z.B. auf allen 3 Karten einen weißen Punkt hat, der kann ganz schön alt aussehen!

 

Fazit. RONDA MAG1CA macht besonders 3 oder 4 Personen viel Spaß. Das Spielziel, 5 Aufgaben zu erfüllen, wird nach etwa 30 Minuten erreicht. Es wäre zu wünschen, daß trotz des gewohnt hohen Franckh-Preises möglichst viele Spieler demnächst RONDA MAGICA tanzen können.

 

Abdruck aus "Würfel & Co", #49, März 1988, mit freundlicher (ienehmigung des Herausgebers, Helge Andersen, Zur Quelle 9, D- 2390 Jarplund, Tel. 060461/93916.