Durch die
Wüste
Das Spiel:
Durch die
Wüste
Taktikspiel
für 2-5 Personen ab 10 Jahren
Von
WIN-Wertung:
**(*) Durch
die Wüste AAA TT UUU II 3-5 (2-5) h
Vergleichbare
Spiele:
Acquire (M)
Löwenherz
(M)
Sizimizi
(M)
Topologik
(M)
Der erste
Blick auf das Spielmaterial schockt ein wenig - lauter kleine Kamele in den
verschiedensten Pastelltönen (genauer gesagt in fünf Farben) und das sieht
schon ein wenig kitschig aus, aber ist, wie man sehr bald merkt, absolut
notwendig, um die Übersichtlichkeit zu gewährleisten. Quasi als Ausgleich dafür
ist der Spielplan absolut farblos, ein schmutziges Gelb, richtig lebensfeindlich,
Wüste eben. Und auch das ist notwendig.
Doch seit
Walt Disney wissen wir, dass die Wüste lebt und so auch hier, denn schon nach
dem Verteilen der 45 Wasserstellen und der fünf Palmen – sie symbolisieren
Oasen - wirkt der Spielplan sehr lebendig. Damit hat man auch bereits fast alle
Vorbereitungen getroffen, um die Wüste tatsächlich mit "Leben" zu
füllen. Jeder Spieler nimmt sich nun noch, nein nicht alle Kamele einer Farbe,
denn die Kamele gehören allen Spielern, er nimmt sich von den Kamelen mit
Reitern jene sechs, auf denen ein Reiter derselben Farbe sitzt.
Damit hat
jeder Spieler nun von jeder Kamelfarbe ein Kamel mit einem farbgleichen Reitern
drauf, wobei die Farben der Reiter nichts mit denen der Kamele zu tun haben.
Das sechste Kamel, ein graues, dient übrigens nur dazu, um auch während des
Spiels schnell feststellen zu können, welche Reiterfarbe welchem Spieler
zugeordnet wurde. Ein kleiner aber feiner Service des TM-Teams, das
redaktionell für dieses Spiel verantwortlich zeichnet.
In Abhängigkeit
von der Spielezahl sind noch einige kleine Vorbereitungen zu treffen (so gibt
etwa bei fünf Spieler jeder eines seiner Kamele mit Reitern zurück) und dann
kann es losgehen.
In fünf
Einsetzrunden werden nun reihum die Kamelreiter auf den mit einem Hexmuster
überzogenen Spielplan gestellt. Dabei dürfen diese nicht nebeneinander, nicht
neben eine Oase und nicht auf Wasserlöcher, die übrigens Werte zwischen 1 und 3
tragen, gestellt werden. Da man bereits in dieser Phase das Spiel durchaus
verlieren kann, sollte man Neulingen mit ein paar Tipps hilfreich zur Seite
stehen.
Sind alle
Reiter am Plan, beginnt die Eroberung der Wüste. Wer am Zug ist, darf 2 Kamele
beliebiger Farbe auf den Spielplan setzen und zwar so, dass diese immer mit dem
eigenen Kamelreiter, der ein Kamel dieser Farbe reitet, verbunden sind. So
bildet jeder Spieler in jeder Kamelfarbe eine eigene Karawane, die durch seinen
Reiter identifizierbar ist. Daraus folgt auch sofort und das ist die einzige
Einschränkung, dass ein Kamel niemals so gesetzt werden darf, dass zwei
farbgleiche Karawanen verschiedener Spieler verschmelzen.
Wer nun ein
Kamel auf eine Wasserstelle setzt, erhält den entsprechenden Chip und darf sich
die Punkte am Ende gutschreiben. Punkte und zwar 5 erhält man auch, wenn man
eine der fünf Oasen erreicht. Dabei kann eine Karawane an ein- und derselben
Oase nicht mehrmals punkten, wohl aber können verschiedene Karawanen eines
Spielers an der selben Oase sich die fünf Punkte holen.
Noch
bequemer kommt man zu Wasserstellen- und Oasenpunkten, wenn es einem gelingt,
ein Gebiet ganz einzuschließen, wobei aber keine anderen Kamele, weder fremde
noch eigene miteingeschlossenen werden dürfen. Dabei kann auch der
Spielfeldrand und das Gebirge in der Mitte des Spielplans mitbenützt werden und
man kassiert dann sofort alle eingeschlossenen Wasserstellen, ohne sie
tatsächlich besetzen zu müssen und auch die Oasenpunkte für eine
eingeschlossene Oase erhält man, ohne dieselbe erreichen zu müssen. Und damit
noch nicht genug, gibt es am Ende für jedes Feld des eingeschlossenen Bereichs
einen weiteren Punkt.
Das Ende
ist übrigens da, sobald von einer Farbe das letzte Kamel gesetzt wurde und dann
beginnt das Zählen der Punkte. Eine Möglichkeiten zum Punktesammeln habe ich
allerdings noch nicht erwähnt: Für jede Farbe wird nämlich nun geprüft, welcher
Spieler die längste Karawane gebildet hat, wofür es nochmals 10 Punkte gibt,
bzw. fünf, wenn es mehrere Spieler mit den meisten Kamelen in einer Farbe
gibt.
Und wenn
man jetzt den Spielplan betrachtet, voll von Kamelen, dann versteht man, warum
die Kamelfarben derartig pastell-kitschig gewählt worden sind, denn
erstaunlicher Weise verliert man trotz des Getümmels kaum den Überblick über
die vielen verschiedenen Herden. Und dass das sehr wichtig für das Spiel ist,
sollte nach obiger Beschreibung klar sein. Wer das spielerische Werk Reiner
Knizias kennt, der findet in "Durch die Wüste" an allen Ecken und
Enden seine Handschrift und diese ist nicht immer unbedingt leicht lesbar, will
heißen, seine Spiele können (aus meiner Sicht) nicht immer das halten, was man
sich davon verspricht.
In
"Durch die Wüste" aber ist er wieder zu Bestform aufgelaufen. Für
mich ist dies sein Spiel in diesem Jahr. Wenige Regeln, sehr schnell zu lernen,
auch für 10jährige Kinder kein großes Problem. Natürlich handelt es sich um ein
im Grunde abstraktes Spiel, aber das Thema passt sehr gut zum Spielgeschehen
und auch die verschiedenen Regeln fügen sich harmonisch ein. Trotz dieser
Schlichtheit an Regeln entwickelt sich sehr schnell ein Spiel mit erstaunlich
vielen Möglichkeiten und taktischen Finessen, die man erst im Laufe einiger
Partien auszuloten beginnt.
Wie bei
vielen Knizia-Spielen steht man immer vor dem Dilemma, dass es so vieles zu tun
gibt - da sind noch einige 3er-Wasserstellen, die man besetzen will, bevor
einem jemand zuvorkommt, von der Oase da drüben droht man abgeschnitten zu
werden, ein unfreundlicher Mitspieler will ein Gebiet einkreisen, was natürlich
nicht passieren darf und die Mehrheit in Gelb schwindet auch dahin; und zu
allem Überfluss sind nur noch zwei blaue Kamele verfügbar, das Ende naht also
unnaufhaltsam - aber man nur zwei Kamele setzen darf.
Das
Schönste an diesem Spiel ist aber, und das unterscheidet es von "Euphrat
& Tigris", das formal durchaus gewisse Ähnlichkeiten mit "Durch
die Wüste" besitzt, dass der Faktor Glück keine Rolle spielt. Alles liegt
in den Händen der Spieler.
Schon beim
Einsetzen der Reiter kann sich vieles entscheiden. Es lohnt durchaus, in einen
Bereich mit weniger punktebringenden Wasserstellen zu setzen, da hier die
Chancen, ein Gebiet einschließen zu können, viel größer sind. Auch sollte man
tunlichst darauf achten, nicht in die Nähe von farbgleichen Kamelen anderer
Mitspieler zu setzen, da es zu massiven Ausbreitungsproblemen kommen kann. Und
später dann, kein Ziehen der zu setzenden Kamele, man wählt frei aus, man tut
das, was einem zu tun notwendig erscheint, aber es ist verdammt schwer, unter
den vielen Möglichkeiten die richtige Entscheidung zu treffen.
"Durch
die Wüste" gehört im Moment zu meinen Lieblingsspielen, das ich immer
wieder gerne auf den Tisch bringe, denn es ist auch in seiner Spieldauer mit
knapp 45 Minuten sehr moderat und eignet sich als Abschluss eines Spieleabends
ausgezeichnet. Es kommt auch sehr gut bei Spielern an, die nicht unbedingt
Taktikspiele favorisieren, was sicherlich auch dem schönen Spielmaterial
zuzuschreiben ist.
Sicherlich,
innovativ ist "Durch die Wüste" nicht gerade, wie einer meiner
Mitspieler ein wenig ätzend bemerkte, aber das stört mich überhaupt nicht, denn
hier werden bekannte Spielelemente in geschickter Weise zu einem hervorragenden
Spiel verwoben, das uns noch lange Freude bereiten wird.