Die Sternenfahrer von Catan

 

Das Spiel:

Die Sternenfahrer von Catan

von Klaus Teuber

3 bis 4 Spieler

ab 12 Jahren

Kosmos Spiele 1999

120 bis 150 Minuten

 

Vergleichbare Spiele:

Die Siedler von Catan, alle Ausgaben

 

WIN-Wertung:

 (*) Die Sternenfahrer von Catan WWW S UU II AAA  3 - 4 hh

 

Das musste ja so kommen. Anfangs wurde nur eine kleine Insel - "Catan" genannt - besiedelt, urbar und fruchtbar gemacht. Dann wurden mit Hilfe der Schifffahrt andere Inseln, Länder und ganze Kontinente erobert. Und nun, im 3. Jahrtausend ist unser blauer Planet, die Erde, nicht mehr groß genug für die catanischen Siedler. Und so machen wir uns mit Raumschiffen auf in ferne Welten, "die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat".

 

Damit kein falscher Eindruck entsteht: "Die Sternenfahrer von Catan" ist ausnahmsweise keine Erweiterung zu "Die Siedler von Catan", sondern vielmehr ein eigenständiges Spiel, basierend aber auf den Grundmechanismen des Neoklassikers. Schauen wir also, wie es in der Zukunft weitergeht.

 

Die ersten Kolonien auf Planeten erdnaher Sonnensysteme sind errichtet, und wie wir es von der guten alten Zeit gewohnt sind, werfen die verschiedenen Landschaften der Planeten für deren Siedlungen Rohstoffe ab. Allerdings nicht  mehr nur Holz, Lehm, Wolle oder Getreide, wir befinden uns schließlich im 26. Jahrhundert nach Christus und derlei altertümliches Zeug ist längst nicht mehr in Mode. Statt dessen sind's fortan Treibstoff, Carbon, Handelsware, Nahrung und Erz, die erzeugt, getauscht  und gehandelt werden, und mit deren Hilfe wir auch expandieren können. Eine unserer drei Startkolonien verfügt über einen Raumhafen. Von dort aus machen wir uns mit einem Kolonieschiff bereit, in andere Sonnensysteme einzudringen.

 

Jahrhunderte mögen seit der sagenhaften Insel Catan vergangen sein, der Spielablauf ist hingegen nach wie vor der Gleiche: Zuerst werden in der Ertragsphase zwei Würfel geworfen. Jeder Planet mit dem entsprechenden Ertragsplättchen wirft für die darauf befindlichen Kolonien einen entsprechenden Rohstoff ab. Die bekannten Gesetze der Wahrscheinlichkeit haben auch im All ihre Gültigkeit nicht verloren: eine "8" kommt häufiger vor als eine "10" oder gar eine "12". Zusätzlich gibt's noch für den Spieler an der Reihe eine Zusatzversorgung von der Erde in Form einer Rohstoffkarte eines anfangs gebildeten Nachschubstapel. In der anschließenden Handels- und Bauphase darf der Spieler nach Belieben mit den Mitspielern Rohstoffe handeln und je nach seinem Rohstoffvorrat beliebig bauen. Wenn die Mitspieler wenig tauschbereit sind, hilft die "Galaktische Bank" beim Wechseln, gegen 3 gleiche Rohstoffe erhält man dort einen beliebigen Rohstoff. Die Handelswaren nehmen übrigens eine Sonderstellung ein, denn da gibt's bereits für 2 Stück einen Rohstoff nach Wahl.

 

Jetzt zum Bauen. Selbstverständlich gibt's auch da im Raumfahrtzeitalter Unterschiede, denn was könnten wir schon mit mickrigen Siedlungen oder Städten, mit unpraktischen Entwicklungskarten (Ritter!!!) oder gar mit Straßen anfangen? In der Ära intergalaktischer Reisen sind andere Bauprojekte gefragt, vor allem Raumschiffe! Je nachdem, ob wir mit so einem Raumtransporter eine Kolonie gründen wollen oder Handelsbeziehungen mit fremden Völkern aufbauen wollen, wird entweder ein Kolonieschiff oder ein Handelsschiff gebaut. Ich halte diesen Mechanismus überhaupt für die grundlegende Änderung zu den alten "Siedlern": diesmal wird nicht an irgendeinem Punkt einer eigenen Straße eine Siedlung errichtet, sondern man muss die Rohstoffe schon vorher investieren und fliegt dann mit ihnen durch den Weltraum auf der Suche nach einem geeigneten Plätzchen zum Kolonisieren. Kolonien können auch gegen die entsprechende Abgabe von Rohstoffen zu Raumhäfen ausgebaut werden. Das bringt zwar keine zusätzlichen Rohstoffe wie anno dazumal die Städte, doch kann man in Zukunft von den neuen Raumhäfen Raumschiffe ausschicken und somit lange Fahrtzeiten sparen.

 

Doch es gibt noch eine andere Möglichkeit, seine Rohstoffe zu verwenden: nämlich in den Ausbau seiner Raumflotte. Jeder Spieler hat dazu ein "Mutterschiff" genanntes Plastikungetüm von ganzen 17 cm (!) Höhe. Dieses birgt in seinem Innenraum vier verschiedenfarbige Kugeln, die der zufälligen Ermittlung seiner Geschwindigkeit (und noch vielem mehr, doch dazu später) dient. Daneben kann es noch mit verschiedenem technischen Krimskrams bestückt werden. Triebwerke, damit es schneller wird. Bordkanonen zum Erhöhen der Kampfkraft. Und Frachtringen, um die Ladekapazität zu erhöhen. Diese Ausbauten kosten je zwei bestimmte Rohstoffe. Nachdem man die erforderlichen Rohstoffkarten abgeliefert hat, kommt ein erhebender Moment für den stolzen Konstrukteur: Er nimmt den geplanten Ausbau, also beispielsweise einen Frachtring, und bringt ihn freudestrahlend an seinem Mutterschiff an. Welch Hochgefühl, wenn das Mutterschiff mit jedem Ausbau immer ansehnlicher wird. Die damit erwirkte Verbesserung der Leistung des Mutterschiffes gilt dann auch für alle eigenen Raumschiffe, maximal kann ein Spieler drei Schiffe zur selben Zeit unterwegs haben.

 

Da uns die schönsten und besten Raumschiffe nichts nützen, solange sie in den Häfen vor Anker liegen (ich weiß nicht, ob diese Terminologie auch für Raum-"Schiffe" angebracht ist), gibt es als letzte Aktion eines Spieler in seinem Zug noch die Bewegung seiner Raumschiffe. Man schüttelt sein Mutterschiff kopfstehend und stellt es aufrecht wieder hin. Dadurch fallen zwei farbige Kugeln in den durchsichtigen Zylinder am Heck des Mutterschiffes. Jeder farbigen Kugel ist eine Zahl für die Grundgeschwindigkeit zugeordnet. Wurden zum Beispiel eine rote und eine blaue Kugel "erwürfelt", ist die Grundgeschwindigkeit 3+1 = 4. Dazu werden noch die Anzahl der Antriebe addiert. Alle eigenen Raumschiffe kann man nun um die so ermittelte Anzahl von Raumpunkten (das sind die Kreuzungspunkte der Hexfelder)  bewegt werden. Etwas anderes verhält es sich, wenn sich unter den Kugeln eine schwarze Kugel befindet, dann kommt es nämlich zu einer "Begegnung" im Weltraum, aber darauf komme ich später zurück.

 

Kolonieschiffe steuern die Galaxien mit jeweils drei Planeten an, die sich eher in der Mitte des großen Spielplanes befinden. Gelangt ein Raumschiff in den Orbit, kann der Spieler erkunden, ob sich eine Kolonisierung lohnt. Der Spieler schaut sich geheim das Ertragsplättchen an. Dabei kann es auch vorkommen, dass man auf einen Eisplaneten oder ein Piratennest stößt. Auf solchen Planeten ist das Kolonisieren grundsätzlich nicht möglich, es sei denn, man verfügt über genügend Frachtraum, um der Eiswüste zu trotzen beziehungsweise über ausreichend Bordkanonen, um die Piraten zu vertreiben. In beiden Fällen erhält man das entsprechende Plättchen als Trophäe, und ein Ersatzplättchen kommt an dessen Stelle.

 

Handelsschiffe hingegen dürfen nur auf den Heimatplaneten der vier fremden Völker landen. Man gründet sozusagen dort eine Handelsstation. Jedes Volk bietet Platz für 5 Handelsstationen, wobei es immer mit fortlaufender Zahl immer schwieriger wird, eine Station zu bauen. Voraussetzung ist nämlich, dass das Mutterschiff mit der entsprechenden Anzahl von Frachtringen ausgestattet ist. Für die frische gegründete Handelsstation gibt's als Dank noch eine Freundschaftskarte dieses Volkes. Ab sofort kann der Spieler die Vorteile für sich nutzen, die auf der Karte angegeben sind. Ich möchte nicht näher darauf eingehen, welche Freundschaftskarten es überhaupt gibt, nur soviel sei verraten: Die "Händler" bieten besser Tauschkurse als die "Galaktische Bank", das "Grüne Volk" bringt eine effizientere Produktion von Rohstoffen und  das "Wissende Volk" mit seiner fortgeschrittenen Raumfahrttechnologie hilft, die Leistung der Bordkanonen und der Antriebe zu steigern. Handelsbeziehungen mit den "Diplomaten" wiederum können verschiedene Vorteile bringen, wie Steigerung des Ruhmes, niedrigere Tributzahlungen, etc. Ach ja, wer die meisten Handelsniederlassungen bei einem Volk hat, erhält noch deren "Scheibe der Freundschaft".

 

Auf der Reise durch das Universum kommt es immer wieder zu Begegnungen, nämlich immer dann, wenn eine der beiden farbigen Kugeln beim "Würfeln" mit dem Mutterschiff schwarz ist. Die Chance dazu ist ziemlich groß, statistisch gesehen bei jedem 2. Mal. Dann zieht der linke Nachbar die oberste "Begegnungskarte" und liest sie vor. Der Spieler kann zwischen mehreren Optionen wählen, woraufhin auf der Karte die entsprechende Konsequenz vermerkt ist. Da greift beispielsweise unversehens ein Raumpirat an, mit dem man kämpft oder auch nicht.  Oder ein Händler taucht auf, dem man Rohstoffe schenken kann, oder auch nicht. Oder ein Notruf eines antriebslosen Raumschiffes wird aufgefangen, und man hilft oder auch nicht. In einigen Fällen müssen Kampfkraft oder Geschwindigkeit erst ermittelt werden, wobei hier gegen einen Mitspieler mit dem Mutterschiff "gewürfelt" wird. Die Ergebnisse sind nicht unbedingt berechenbar, aber zumeist bringt eine erfolgreiche Mission Ruhmesringe ein, die man an die Spitze seines Mutterschiffes heftet. Misslungene Aktionen hingegen ziehen oft den Verlust von Ruhmesringen nach sich.

 

Wie schon damals, im 2. Jahrtausend auf der Erde, wird der Sieger durch Siegpunkte ermittelt. Einen Siegpunkt bringen Kolonien, eroberte Eis- und Piratennesterplättchen und je zwei Ruhmesringe. Zwei Siegpunkte gibt's für einen Raumhafen und für eine Freundschaftsscheibe eines fremden Volkes. Die Siegpunkte werden auf einer separaten Leiste auf dem Spielplan vermerkt, somit ist der Spielstand für alle Spieler jederzeit ersichtlich. Wer zuerst 15 Siegpunkte erreicht - was ungefähr zwei Stunden in Anspruch nimmt -, gewinnt das Spiel.

 

Trotz der Überlänge dieses Artikels ist "Die Sternenfahrer von Catan" kein kompliziertes Spiel, besonders wenn einem die Grundmechanismen von den "Siedlern" vertraut sind. Die Grafik, das reichhaltige Material (zwar überwiegend aus Plastik, dafür wunderschön und funktionell) sorgen für eine recht dichte Atmosphäre. Außerdem stecken in dem Spiel jede Menge gute, wenn nicht sogar ausgezeichnete Ideen. Dass ich trotz alledem enttäuscht bin, liegt zum Einen daran, dass es einfach weniger planbar ist als das Original, da ja potentiell einträgliche Felder erst entdeckt werden müssen. Dies bezeichne ich aber noch nicht als entscheidendes Manko, taucht dieser Effekt doch auch bereits in einigen Seefahrer-Szenarien auf. Der eigentliche Schwachpunkt jedoch - und da waren wir uns in allen Partien einig - sind die Begegnungskarten, welche bei uns einstimmig auf Ablehnung stießen. Ihre absolute Unberechenbarkeit möchte ich mit einem Beispiel demonstrieren: Man begegnet einem Händler und schenkt ihm drei Rohstoffe. Dieser kann so zufrieden sein, dass er einen beliebigen Ausbau oder sogar ein komplettes neues Schiff spendiert, oder aber er kann sich als Raumpirat entpuppen und mit den Rohstoffen abhauen, dabei sogar das Schiff manövrierunfähig machen. Als besonders unausgewogen haben wir die Begegnungskarten mit Möglichkeit zum Raumsprung empfunden. Der glückliche Spieler kann dadurch einen derart entscheidenden Vorteil erlangen, dass er nie und nimmer eingeholt werden kann. Durch diese große Zufallskomponente wird der ansonsten positive Eindruck zerstört. In der vorliegenden Form kann es meiner Meinung nach nur Jugendliche ansprechen, die große "Siedler"-Fangemeinde jedoch nicht zufriedenstellen. Von einer Empfehlung muss ich - auch wegen des hohen Ladenpreises - daher absehen. Wenn es jedoch gelingt, den übermächtigen Glücksfaktor bei den Begegnungskarten durch entsprechende Änderungen abzuschwächen, könnte ich mir vorstellen, dass daraus ein wirklich gutes Spiel wird.....