Die Siedler von Catan Städte
& Ritter
Städte & Ritter
Erweiterung zu Die Siedler
von Catan
von Klaus Teuber
3 bis 6 Spieler
ab 12 Jahren
120 bis 180 Minuten
Meine Wertung:
*** Städte & Ritter W
SSS UUU II AA 3-4 hh
Vergleichbare Spiele:
Die Siedler von Catan (K,
M, T)
Kings & Things (M, T, K)
Minos (M)
Wir haben auf Catan
Straßen, Siedlungen und Städte gebaut. Nachdem wir uns gegen drei andere Völker
durchzusetzen vermochten, nahmen wir den Kampf um die Vorherrschaft auf der
Insel mit vier und fünf Gegnern auf. Wir haben etwas später die Vorzüge der
Schifffahrt kennen gelernt und konnten fremde Inseln besiedeln. Um diese Zeit
ungefähr lernten wir auch, uns mit mehr Errungenschaften gegen nur einen
einzigen Konkurrenten zur Wehr zu setzen. Die "Siedler von Catan"
haben uns damit bereits unzählige Stunden beste Unterhaltung geschenkt. Was
brauchen wir also da noch?
Für Klaus Teuber war das
alles noch etwas zu wenig. Speziell an zwei Dingen hat der Erfolgsautor noch
was auszusetzen gehabt. Der Name des Spiels verrät es uns: Es sind die Städte
und die Ritter.
1. Städte
Wenn einmal eine Stadt
gebaut worden ist, gibt es keine Weiterentwicklung mehr dafür. Im Gegensatz zur
Realität, wo einige Städte mit der Zeit zu regelrechten Handelsmetropolen,
politischen Zentren oder Wirtschaftsmittelpunkten heranwachsen, sind bei den
"Siedlern" alle Städte gleich. Auch ist nicht einzusehen, warum bei
einer Stadt nur die Rohstoffe verdoppelt werden. Bietet eine Stadt in
Wirklichkeit nicht mehr als lediglich verbesserte Produktivität? Hier setzt
Teuber den Hebel an, indem es für Städte, die an die Felder Gebirge, Wald und
Weideland grenzen, nun statt des zweiten Rohstoffes (Erz, Holz oder Wolle) eine
neue Handelsware gibt: Münzen, Buch und Tuch.
Was man damit machen kann?
Mit den neuen Handelswaren kann man zwar keine Einrichtungen direkt erwerben,
jedoch können damit die Städte ausgebaut werden. Jeder Spieler erhält zu diesem
Zwecke eine sogenannten "Städtekalender".
Auf diesem werden die Fortschritte auf drei verschiedenen Ebenen, entsprechend
den drei Handelswaren festgehalten. Münzen stehen für den politischen Ausbau,
Buch steht für wissenschaftlichen Fortschritt, während Tuch für den Ausbau im
Handel wichtig ist. Nehmen wir den Handel ein bisschen unter die Lupe. Mit
bereits einer Karte "Tuch" erhält man einen Markt, danach braucht man
schon zwei Tücher für eine Zunft, dann drei für eine Gilde, vier für eine Bank
und schlussendlich fünf "Tuch", um als Handelszentrum zu gelten.
Nun muss ein Spieler ja
noch etwas davon haben, wenn er schon seine redlich erworbenen Güter in den
Stadtausbau steckt. Da gibt es einmal zwei Siegpunkte, wenn ein Spieler zuerst
in einem Bereich den vierten Ausbau schafft. Er hat seine Stadt somit zu einer
Handels-, Wissenschafts- oder politischen Metropole erhoben, auf dem Spielplan
wird das dadurch ersichtlich gemacht, dass er eine seiner Städte mit einem
gelben Tor markieren darf. Diese Siegpunkte können ihm übrigens nur mehr
weggeschnappt werden, wenn einem anderen Spieler vor ihm der fünfte und letzte
Ausbau gelingt.
Doch noch wichtiger
erscheint mir, dass man nur mit Städteausbauten zu den neuen Fortschrittskarten
kommt. Ein eigener Sonderwürfel ist für die "Ausschüttung" der
Fortschrittskarten verantwortlich. Er zeigt auf drei Seiten je ein Tor für die
drei Bereiche. Wird nun so ein Tor erwürfelt, wird verglichen, wer mit seinen
Ausbauten bereits eine Fortschrittskarte ziehen darf. Es versteht sich von
selbst, dass die Chance umso größer ist, je besser die Stadt eines Spielers
dasteht. Die Fortschrittskarten sind sowohl graphisch als auch funktionell sehr
stark an das Siedler-Kartenspiel angelehnt und bieten viele Möglichkeiten, das
Geschehen zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Natürlich richten sich dabei die
verschiedenen Aktionsmöglichkeiten grundsätzlich nach den drei Bereichen Handel
(Vorteile bei den Rohstoffen), Wissenschaft (Vorteile im Stadtausbau) und
Politik (betrifft die Ritter).
2. Die Ritter
Ein normaler Würfel hat
bekanntlich sechs Seiten. Aufmerksamen Leser
wird aufgefallen sein, dass
ich vorhin beim Sonderwürfel nur von drei Seiten
sprach. Auf den anderen
drei Seiten ist ein schwarzes Schiff abgebildet. Jedes Mal, wenn dieses
auftaucht, nähert sich eine Horde Barbaren vom Meer her der Insel. Nach jeweils
acht Schritten haben die Barbaren die Küste erreicht und machen sich auf den
Raubzug durch Catan. Ihre Stärke ist abhängig von der Gesamtzahl an Städten auf
der Insel. Treffen sie auf keinen oder zuwenig Widerstand, verwüsten sie die am
schwächsten verteidigten Städte, welche daraufhin wieder zu gewöhnlichen
Siedlungen zurückfallen.
Doch die Bewohner der Insel
können sich ja wehren, indem sie Ritter anheuern. Aber nicht wie ursprünglich nur
mit Ritterkarten, dies war ein Punkt, der Klaus Teuber wahrscheinlich auch
nicht recht gefallen hat. Für 1 Erz und 1 Wolle kann ein Spieler einen
richtigen Ritter in Form eines Holzchips an einen freien Kreuzungspunkt an
einer seiner Straßen setzen. In Folge kann dieser Ritter sogar noch aufgerüstet
werden (Stärke 2), ein ganz mächtiger Ritter (Stärke 3) ist hingegen nur ab
einem bestimmten Stadtausbau erlaubt. Das ist aber noch nicht genug, denn damit
eine Rittermacht auch wirklich tätig wird, muss sie was zum Futtern bekommen.
Im Klartext: Mit 1 Getreide kann ein Ritter aktiviert werden (der Holzchip wird
auf die "aktive Seite gedreht), was ihm ab dem nächsten Zug erlaubt,
verschiedene Aktionen durchzuführen. Die wichtigste Aktion ist natürlich die
Abwehr des gemeinsamen Feindes: der Barbaren. Schaffen es alle Spieler
gemeinsam, die Eindringliche in die Flucht zu schlagen (dazu muß der Gesamtwert der Rittermacht mindestens gleich hoch
sein wie der Wert der Barbaren), erhält derjenige Spieler, der am meisten zur
Verteidigung beigetragen hat einen Extra-Siegpunkt ("Retter Catans"), dafür entfallen die aus dem Grundspiel
bekannten Siegpunkte für die größte Rittermacht. Ist das Barbarenheer hingegen
zu mächtig, kommt es zu oben erwähnten Zerstörungen. Da man bei "Städte
& Ritter" bereits mit einer Siedlung und einer Stadt beginnt, ist es
schon zu Beginn empfehlenswert, sich militärisch zu engagieren. Doch so ein
Ritter hat noch andere Vorzüge: Er kann den Räuber vertreiben, Kreuzungspunkte
blockieren, fremde Handelsstraßen unterbrechen, sich entlang der eigenen
Handelsstraße bewegen und auch schwächere, gegnerische Ritter vertreiben. Dies
alles macht das Aufstellen einer eigenen Hausmacht unverzichtbar.
Die Länge der Beschreibung lässt
erahnen, dass das Spiel um einiges komplexer geworden ist, noch dazu wenn man
bedenkt, dass ich in diesem Artikel die Kenntnis des Originals voraussetze. In
der Tat bringen die neuen Elemente eine Menge neue Entscheidungsmöglichkeiten,
mehr Abwechslung und eine längere Spieldauer (2 bis 3 Stunden). Letzteres
erscheint zu Beginn etwas unlogisch (man startet ja mit 3 Siegpunkten), aber
schnell wird klar, warum. Es sind nämlich weniger Rohstoffe im Umlauf. Man
erhält mit Städten bei Gebirge, Wald und Weideland nur mehr einen Rohstoff, und
mit den erhaltenen Handelswaren lässt sich nichts direkt bauen. Getreide
wiederum braucht man, um die Ritter ständig aktivieren zu können. Lehm wird
benötigt, um Stadtmauern bauen zu können. Diese sind hilfreich, um sich besser
vor dem Räuber schützen zu können, pro Stadtmauer erhöht sich die geschützte
Kartenhand um zwei Karten.
Durch die deutlich erhöhte
Auswahl an Möglichkeiten verringert sich gleichzeitig meiner Meinung nach der
Glücksfaktor. Dem mir bereits zugetragenen Vorwurf, die "Siedler von
Catan" seien eigentlich ein Glücksspiel, bei dem sich die Spieler ohnehin
nur nach den Würfelergebnissen richten könnten und im Grunde somit
,,gespielt" würden, habe ich zwar schon beim Original als etwas übertrieben
betrachtet. Natürlich kann Fortuna dem einen mehr, den anderen weniger gewogen
sein, trotzdem erachtete ich es bereits hier als wichtiger, die richtigen
Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt zu wählen. Bei "Städte &
Ritter" kann man mangelndes Würfelglück, aber auch kleinere Fehler noch
besser durch kluges Taktieren kompensieren. Das Spiel besitzt nun mehr Tiefe,
und auch durch die Fortschrittskarten und das Auftauchen der Barbaren ein
destruktives Potential, welches dem Spiel des Jahres 1995 bislang gefehlt hat.
Nur der Handel scheint mir nun eine Nuance weniger wichtig zu sein, weil man
nunmehr alle Rohstoffe auf die eine oder andere Weise irgendwie einsetzen kann.
Durch die neue Erweiterung
sind "Die Siedler von Catan" nun noch anspruchsvoller geworden. Ich
traue mich zu sagen, dass dem Spiel, wäre es in dieser Form bereits 1995
veröffentlicht worden, ein finanzieller Misserfolg beschieden wäre. Spielfreaks
hätten sich begeistert auf das Spiel gestürzt, aber die Verkaufszahlen wären
bei weitem nie in diese schwindelerregenden Höhen
geklettert. So aber wird sich sicher ein beachtlicher Teil der
Siedler-Fangemeinde die "Städte & Ritter"-Erweiterung
nicht entgehen lassen.
Zusammen mit der
Seefahrer-Erweiterung, die sich damit gut kombinieren lässt(bis auf wenige
Szenarien), ist nun für allerhand Abwechslung auf den Spieletischen
gesorgt. Ich zumindest kann mir die "Siedler von Catan" ohne die
neuen Spielelemente überhaupt nicht mehr vorstellen.