Der kleine Prinz

 

Der kleine Prinz

Kommunikationsspiel

für 3-6 Spieler ab 10 Jahren

von Kai Haferkamp

Kosmos, 2002

ca. 90 min

 

Die Besprechung:

Dagmar de Cassan

 

Win-Wertung:

** III UU AA 3-6 h

 

„Man sieht nur mit dem Herzen gut!“ Wohl der bekannteste Satz aus Saint-Exupéry’s Meisterwerk und ein Motto, das sehr leicht zu verstehen und sehr sehr schwer nachzuvollziehen ist.

 

Kai Haferkamp und der Verlag Kosmos haben sich dennoch an diese Aufgabe gewagt und versucht, den Grundgedanken des Buches und vor allem sein einzigartiges Flair in ein Spiel umzusetzen, das die Spieler mitnehmen soll in die Welt des kleinen Prinzen und auch ins eigene Innerste.

 

„Zähmen bedeutet sich vertraut machen“ sagt der Fuchs zum kleinen Prinzen und so sollen sich auch die Spieler einander vertraut machen und die Phantasie bemühen um hinter die offensichtlichen Dinge zu sehen und auch mal die stillen und unausgesprochenen Wünsche der Mitspieler erraten. Wer mit diesen Aufgaben am besten zurechtkommt, hilft dem kleinen Prinzen bei seiner Reise von Planet zu Planet und darf als Belohnung Sterne an den Himmel setzen.

 

Der kleine Prinz reist von Planet zu Planet bis zur Erde und der Fuchs macht sich auf den Weg in seinem Bau – treffen einander Fuchs und kleiner Prinz auf der Erde, haben die Spieler ihr Ziel erreicht und es gewinnt, wer die meisten Sterne an den Himmel bringen konnte. Verschwindet aber der Fuchs in seinem Bau, haben alle verloren, weil sie den Fuchs nicht zähmen konnten und einander nicht vertraut genug waren.

 

Der kleine Prinz beginnt auf seinem hellblauen Heimatplaneten, genannt Asteroid B612 und der Fuchs beginnt auf seinem Startfeld auf der Erde, direkt unterhalb dem Planeten des Geographen, dem Asteroiden 330, jeder Spieler bekommt noch Bewertungskärtchen, und zwar um eins weniger als Spieler mitmachen, bei vier Spielern also drei Kärtchen. Dann werden die Aufgabenkarten nach Rückseiten getrennt gemischt und jeder Spieler bekommt pro Stapel zwei Karten, hat also acht Aufgabenkarten auf der Hand.

 

Wer dran ist sucht sich aus seinen Handkarten eine Karte aus, die er spielen möchte, und alle Spieler versuchen nun gemeinsam diese Aufgabe zu lösen. Die Aufgaben sind vier grundsätzlichen Kategorien zugeordnet:

 

„Erkläre mir“ verlangt von allen Spielern eine möglichst originelle und phantasievolle Erklärung einer einfachen Strichzeichnung, die sie auf ihren Zettel malen oder schreiben, man kann die Zeichnung weiterführen, eine Überschrift oder einen Untertitel dazumalen, was immer einem die Kreativität eingibt. Vorbild für diese Aufgabe ist natürlich der berühmte Elefant, den der kleine Prinz gezeichnet haben wollte, und heraus dabei kam eine art schlampiger Westernhut, weil der Pilot keinen Elefanten zeichnen konnte und ihn daher in der Schlange verschwinden ließ, die ihn grade verschluckt hatte! Was mir an dieser Aufgabe so gut gefällt ist, dass auch absolute Antitalente wie ich durch das Erfinden einer witzigen Überschrift oder eines Kommentars die Zeichnung erklären können, ohne den Zeichenstift bemühen zu müssen.

 

Sind alle fertig, werden die Zettel aufgedeckt und die Mitspieler bewerten einander, indem sie ihre Wertungskärtchen verdeckt auf die Zeichnung legen, der sie die entsprechende Sternzahl geben möchten. Wer die meisten Sterne kassiert, darf 3 Sterne an den Himmel setzen, der Zweitplatzierte 2 Sterne und der Drittplatzierte noch 1 Stern, bei Gleichstand dürfen beide Spieler gleich viele Sterne an den Himmel legen.

 

„Zeichne mir“ verlangt vom Spieler am Zug, dass er einen Gegenstand aus seinem Kinderzimmer zeichnen soll, an den er sich besonders gut erinnert, parallel dazu rufen die Mitspieler ihre Ideen laut aus, der Zeichner, darf mit Ja, nein, Nicken, Kopfschütteln, Schweigen oder auch Bemerkungen wie „nahe dran“, „ganz falsch“ oder so reagieren, darf aber auch helfen wie mit „Bild ist okay, aber was war drauf?“. Wer richtig rät, darf 3 Sterne legen, und der erfolgreiche Zeichner 2 Sterne. Aufgrund meines erwähnten Antitalents nicht unbedingt meine Lieblingsaufgabe, aber zum Glück stellt der Inhalt eines Kinderzimmers aus den 50er-Jahren keine unlösbaren Ansprüche an das Zeichentalent.

 

„Erinnere dich“ verlangt vom Spieler am Zug die Erinnerung an etwas, das ihn besonders stark beeindruckt hat oder ihm in einer vorgegebenen Situation besonders gut gefallen hat, oder was er besonders gerne mochte und die anderen Spieler müssen durch geschicktes Fragen die richtige Lösung finden. Der Spieler darf nur mit ja oder nein antworten, die Spieler haben die doppelte Sanduhrlaufzeit zur Verfügung. Wer es errät, darf 3 Sterne legen, der Spieler am Zug 2 Sterne.

 

„Entscheide dich“ stellt die Spieler vor die Aufgabe, ein Zitat aus dem Buch „Der kleine Prinz“ richtig fortzusetzen. Der Spieler am Zug liest den Zitatanfang vor und dann die vier verschiedenen Vorschläge für die Antwort, die Spieler geben reihum einen Tipp ab und der Spieler am Zug darf wetten, wie viele Spieler die richtige Lösung finden – er legt sein entsprechendes Bewertungskärtchen verdeckt aus. Wer die richtige Antwort gegeben hat, darf 2 Sterne anlegen, hat der Spieler am Zug richtig gewettet darf er ebenfalls 2 Sterne anlegen.

 

Und bei diesen Karten hat Kai Haferkamp wirklich ein wahres Meisterwerk geliefert – nicht nur dass er für die Zitate ganz im Stil und Geiste Saint-Exupery’s Fortsetzungen anbietet, er hat es auch noch geschafft, dass jemand, der das Buch nicht kennt, mit ein bisschen Einfühlungsvermögen die richtige Antwort finden kann.

 

Bei allen vier Aufgabenarten passiert das gleiche, wenn sie nicht gelöst werden – der Fuchs ist enttäuscht und läuft ein Feld Richtung Fuchsbau.

 

Wurden hingegen Sterne gelegt, ist die Aufgabe gelöst, der Fuchs bleibt sitzen und wenn ein Planet seine erforderliche Anzahl Sterne erhalten hat, reist der kleine Prinz zum nächsten Planeten weiter, bis er die Erde erreicht. Das Spiel endet aber auch, wenn es einem Spieler gelingt, alle seine Sterne abzulegen und damit zu gewinnen.

 

Wie man unschwer erkennen kann, hat mir das Spiel ausgesprochen gut gefallen. Aus anderen Kreativ- und Kommunikationsspielen an sich bekannte Elemente wurden hier mit Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl auf das Sujet des kleinen Prinzen umgemünzt, die Zeichnungen bei den Aufgaben „erkläre mir“ sind einfach entzückend, einfach einfach und trotzdem hintergründig, denn wer würde sich schon trauen einen „Eierbecher“ einfach mit „Eierbecher“ zu erklären – wo bliebe da die vom kleinen Prinzen geforderte Phantasie?

 

Die Ausstattung lässt keine Wünsche offen, so weit wie möglich wurden Originalgraphiken aus dem Buch verwendet, die Farben sind zurückhaltend und trotzdem irgendwie fröhlich und es macht einfach Spaß herauszufinden, was das staubwedelähnliche Ding im Kinderzimmer wohl gewesen sein könnte oder welch schreckliche Geheimnisse sich in der Erinnerung verbergen, wenn Fragen gestellt werden wie „erinnere dich an etwas, das du immer dann getan hast, wenn du sturmfreie Bude hattest“.

 

Nach „Sofie’s Welt“ hat das Verlag Kosmos hier das zweite Spiel zu einem literarischen Thema vorgelegt und mit Bravour gemeistert, es bleibt uns nur zu wünschen, dass noch weitere Spiele in diesem Genre folgen werden. Sie sind sicher nicht jedermanns Geschmack, aber Freunde des jeweiligen Themas werden ihre helle Freude daran haben.