Der Herr der Ringe Die Zwei Türme

 

Der Herr der Ringe Die Zwei Türme

für 2-4 Spieler ab 10 Jahren

Kosmos, 2002

ca. 45 min

 

Die Besprechung:

Dagmar de Cassan

 

WIN-Wertung:

* AA III UU GG T 3-4 (2-4) m

 

Der Herr der Ringe Die Zwei Türme – lang haben alle auf den Film gewartet und viele haben sich sicher auch auf die vielen Spiele gefreut, die wieder zum Film erscheinen würden – eines davon ist „Der Herr der Ringe Die Zwei Türme Das Spiel zum Film“ vom fiktiven Autor J.R.R.Hering in der Bearbeitung durch das Redaktionsteam von TM-Spiele.

 

Zentrales Thema des Films sind die monumentalen Schlachten gegen die Angriffe der Orks, die von den Türmen Isengard und Barad-Dûr  ihren Ausgang nehmen, und dies ist auch das Thema dieses Spiels, es geht nur darum, die Orks zu besiegen und die Schlacht gegen sie zu gewinnen. Damit haben wir auch schon den Großteil des Spielmaterial aufgezählt, Orks, Orks, Orks und noch einmal Orks, insgesamt 150 Stück, die auf der Rückseite die Werte 1, 2 oder 3 tragen oder eine 1+Ent. Dazu kommen noch eine Ent-Figur, die Türme Isengard und Barad-Dûr und die vier Figuren für die Spieler. Die Ereigniskarten werden nach Rückseiten getrennt gemischt und verdeckt aufgelegt, die mit 3 zuunterst, dann die mit 2 und dann die mit 1 markierten Karten obendrauf. Die Heldenkarten haben unterschiedliche Werte von 5 bis 9 und dazu eine Markierung für die mögliche Zugrichtung, orthogonal, diagonal oder in alle Richtungen, jeder bekommt 3 Karten, der Rest ist verdeckter Nachziehstapel. Und dann haben wir noch 9 Ork-Karten, die verdeckt bereitgelegt werden.

 

Die Türme stellen wir in die entsprechenden Felder, die Figuren beginnen in der Mitte und die 5 Felder rings um Isengard und Mordor werden mit Orks bestückt.

 

Das Spielziel ist sehr einfach – zu verhindern, dass die von den beiden Türmen ausgehenden Ork-Armeen orthogonal lückenlos zusammenwachsen! Der Spielmechanismus ist auch sehr einfach – Ork-Karte aufdecken, den Anweisungen entsprechend Orks nachlegen. Dann Heldenkarte ausspielen und die eigene Figur entsprechend ziehen, dabei geschlagene Orks vom Brett nehmen und verdeckt bei sich ablegen. Vorher aber kontrollieren, ob sie mit „Ent“ markiert sind – wenn ja, zieht man eine Ereigniskarte und rückt die Entfigur um ein Feld weiter. Dann zieht man noch eine Heldenkarte nach und der nächste ist dran.

 

So weit so einfach – die Faszination dieses Spiels steckt im Detail. Das geht schon mit den Ork-Karten los, sie bringen neue Orks ins Spiel und geben genau an, in welche Reihe ausgehend von welchem Turm die Orks zu legen sind, dabei werden vom Turm ausgehend eventuelle Lücken in der Reihe ausgefüllt und nicht einfach nur die neuen Orks am Ende der Reihe angelegt. Ich finde es toll, wie durch diesen simplen Vorgang das unaufhaltsame Vorrücken dieser durch Sauron ferngesteuerten Horden simuliert wird, unerbittlich füllen sich die Reihen und man hat manchmal das Gefühl, die kleinen bunten Spielfiguren können nicht wirklich was gegen sie ausrichten.

 

Können sie aber doch, denn die Orks haben keine Kampfkraft, zieht eine Spielfigur auf ein Feld mit einem Ork, ist dieser automatisch besiegt und wird vom Brett genommen. Die Spielfigur wird mit den Heldenkarten bewegt und die Punkte auf den Heldenkarten bezahlen die Bewegung der Spielfigur, einen Punkt pro leerem Feld und zwei Punkte pro Feld mit einem Ork, einmal im Zug darf man die Richtung ändern, aber nur entsprechend den Bewegungsmöglichkeiten der Heldenkarte, also nur im 90-Grad-Winkel abbiegen, aber kein Feld zweimal betreten. Über andere Spielfiguren darf man ziehen, das Feld kostet einen Punkt so wie ein leeres Feld. So einfach sind die Orks aber nicht zu besiegen! Entsprechend der Angst und dem Schrecken, den sie verbreiten, schwächen sie die Helden schon durch ihre Anwesenheit auf dem Nachbarfeld – pro benachbartem Ork zu Beginn des Zuges verliert der Held einen Bewegungspunkt, da ist es gut wenn man einen Aragorn mit 9 Bewegungspunkten gespielt hat.

 

Gandalf wird seinen Zauberkräften gerecht und hat auch in diesem Spiel die Möglichkeit für einen Sonderzug. Man nutzt dabei das Pferd Schattenfell und darf mit seiner Figur auf ein beliebiges Feld des Plans, egal ob leer oder mit Ork besetzt. Der Ork ist damit besiegt und wird vom Brett genommen. Dieser Zug ist ganz besonders interessant, um damit „die Zange“ auszunutzen. Schafft es ein Spieler, seine Figur so zu platzieren, dass sie in der gleichen Reihe steht wie eine andere Spielfigur und zwischen den beiden Figuren liegt eine ununterbrochene Reihe Ork-Plättchen, dann sind diese Orks durch die Zange geschlagen und die beteiligten Spieler nehmen abwechselnd ein Orkplättchen vom Brett, es beginnt der Spieler, der die Zange geschlossen hat. Da dies ein sehr mächtiger Zug ist, ist er nur in der Schmalrichtung des Brettes erlaubt, nicht in der Längsrichtung!

 

Findet man unter seinen in einem Zug geschlagenen Orks einen, der mit „Ent“ markiert ist, kommt die oberste Ereigniskarte zum Einsatz und die Entfigur wird um ein Feld weiterbewegt. Auf den Ereigniskarten wird immer ein Bereich des Spielplans angesprochen und dort werden entweder Orks nachgelegt oder Orks weggenommen oder auch die Heldenkarten weitergegeben. Leider aber werden Orks, die durch Ereigniskarten entfernt werden, nicht endgültig aus dem Spiel genommen, sondern gehen in den allgemeinen Vorrat zurück, die Bedrohung wird also nur aufgeschoben. Daher ist auch eine eventuelle Ent-Markierung wirkungslos und wird nicht ausgeführt. Ist der Ork- oder Heldenstapel aufgebraucht, wird neu gemischt. Die Ereigniskarten kommen nach Ausführung aus dem Spiel.

 

Und so kämpft man sich tapfer durch die Orkhorden und versucht zu verhindern, dass die Armeen zusammenwachsen. Die Armeen sind zusammengewachsen, wenn die beiden Türme durch eine ununterbrochene Reihe von Orks über die Kanten miteinander verbunden sind. Stehen Spielfiguren in der Reihe, gilt die Reihe als nicht geschlossen! Wachsen die Armeen zusammen, endet das Spiel sofort und die Spieler haben gemeinsam verloren, wer will kann sich damit trösten, dass wer die meisten Punkte unter seinen Orks zählen kann, am meisten zum vergeblichen Kampf beigetragen hat.

 

Erreicht aber die Entfigur das braune Feld, ohne dass die Armeen zusammengewachsen sind, haben die Spieler gewonnen, es wird keine Ereigniskarte mehr aufgedeckt und die Spieler haben die dunkle Macht besiegt. Nun gewinnt, wer die meisten Punkte unter seinen Orks zählt.

 

Und diese Dualität der Siegbedingung ist wohl das Interessanteste an diesem Spiel, die Spieler haben hier immer die Qual der Wahl, wie sie ihre Spielfigur einsetzen – zum Wohl der Gemeinschaft, also mitten hinein ins Geschehen und dort Orks beseitigen, wo die Gefahr des Zusammenschlusses am größten ist, auch wenn man dadurch mehr Heldenpunkte für die Bewegung verbraucht als einem lieb ist – oder die Figur einsetzen um mehr Heldenpunkte mit Orks zu sammeln, egal ob das nun gerade eine gefährliche Stelle ist oder nicht.

 

Wobei natürlich das Spiel zu zweit eine Besonderheit bietet, jeder führt zwei Figuren und kann in jedem Zug entscheiden welche er zieht, dies muss nicht abwechselnd geschehen.

 

Gut gelungen ist auch die Umsetzung der unwägbaren Elemente der Handlung durch die Ereigniskarten, die Ents sind unberechenbar und erst am Ende wird ihr positives Wirken wirklich spürbar.

 

Mich hat fasziniert, dass in den Partien die ich gespielt habe – mit einer Ausnahme – das Spiel immer zum eher kooperativen Ork-Vernichten geriet, jeder wollte nur das unaufhaltsame Vorrücken der düsteren Gesellen aufhalten und hat sich nur für die Menge der geschlagenen Orks und deren Standort interessiert und nicht dafür, wie viele Heldenpunkte er jetzt für sich mit den besiegten Orks eingesammelt hat. Das Spielmaterial trägt so fantastisch zum Feeling des Spiels bei, das grüne Land wird von den schwarzen Horden überschwemmt, also tun wir schnell was dagegen, hast Du einen Gandalf, kannst du Schattenfell nutzen, oder wenigsten einen Aragorn im Wert 9 einsetzen – diese beiden sind die wichtigsten Helfer, denn sie können sich in alle Richtungen bewegen!

 

Der Mechanismus funktioniert einwandfrei, die Regeln lassen keine Frage offen, die Karten sind mit Szenen aus dem Film illustriert und das Ganze ist ein sehr gut gelungenes Spiel, das einiges an taktischen Möglichkeiten bietet, obwohl natürlich auch der Zufall der Heldenkartenverteilung eine gewisse Rolle spielt, aber nicht dominant ist. Für mich das beste Spiel in der Reihe der ausdrücklich am Film orientierten Spiele, auch für Spieler eine Herausforderung und interessant, nicht nur für Fans von Hobbits und Mittelerde.