Athos

 

Von Wolfgang Kramer und Sven Kübler

2-4 Spieler

(Spiele-Galerie) Franckh-Kosmos, Stuttgart 1993

 

(1) ATHOS ist ein Laufspiel: Gewonnen hat, wem es als erstem gelingt seine drei Spielfiguren ("Mönche") vom Startfeld ins Zielfeld ("Berg Athos") zu bringen.

Dabei besteht die Möglichkeit, die Konkurrenten durch das Setzen von Sperren (Geländekärtchen, "Geröllfelder") zu behindern.

 

Das Spielbrett - ein Hex-Raster - zeigt auf einer (der breiten) Seite fünf Startfelder, die je nach der Teilnehmerzahl zu besetzen sind, auf der anderen (der schmalen) Seite das Zielfeld, zu dem man von 7 Feldern aus gelangen kann. Zusätzlich zu seinen drei Spielfiguren erhält jeder Spieler zwei Markierungssteine ("Athos-Steine").

 

(2) Gezogen wird reihum, wobei jeder Zug aus zwei Aktionen besteht: (a) zuerst wird gezogen, (b) dann werden Sperren gelegt.

 

ad (a) Für jeden Zug stehen 6 Bewegungspunkte zur Verfügung, die beliebig auf die drei Spielfiguren verteilt werden (oder auch unbenutzt bleiben) können. Die Figuren können in beliebige Richtung ziehen (1 Feld = 1 Punkt), dürfen andere Figuren überholen, müssen ihre Züge aber auf freien Feldern beenden. Gesperrte Felder ("Geröllfelder") dürfen nicht benützt werden.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, vier der sechs Bewegungspunkte in das Umdrehen einer Sperre (siehe (b)) zu investieren, d.h., eine Sperre passierbar zu machen, oder eine bereits geräumte Sperre wieder in Kraft zu setzen.

 

(a1) Wer als erster oder zweiter eine Figur ins Ziel bringt, darf (nur) im selben Zug 3 Bewegungspunkte zusätzlich verbrauchen. Der dritte und der vierte Platz bringen noch jeweils zwei Bewegungspunkte, und der fünfte Platz noch einen Punkt.

 

ad (b) Nach dem Ziehen können freie Felder gesperrt werden.

 

(b1) Zu Beginn der zweiten Aktion besteht die Möglichkeit, einen der zwei Athos-Steine einzusetzen: Dazu wird zunächst eine Sperre (oder eine geräumte Sperre) von einem freien Feld (d.h., ohne Figur) auf ein beliebiges freies Feld (d.h., ohne Figur oder Sperre) versetzt (ohne ihren Status zu ändern, d.h., ohne sie umzudrehen). Dann wird der Athos-Stein auf eine beliebige Sperre, bzw. umgedrehte Sperre [Variante: auf ein beliebiges (freies oder besetztes) Feld], gestellt: Der Status dieses Feldes darf in der Folge nicht mehr verändert werden.

 

(b2) Danach können neue Sperren gesetzt werden. Zu diesem Zweck ist das Spielfeld in fünf Bahnen (von jedem der fünf Startfelder zum Zielfeld) mit jeweils 28-31 Feldern unterteilt. Für jede dieser Bahnen gibt es 16 Sperren. Sperren dürfen nur auf Felder der entsprechenden Bahn gelegt werden. Pro Zug sind dabei folgende (obere) Grenzen gesetzt: Bei zwei Spielern dürfen bis zu 8 Sperren, davon bis zu 2 je Bahn, gelegt werden; bei drei Spielern 5 Sperren (ebenfalls bis zu 2 je Bahn); und bei vier Spielern dürfen bis zu 4 Sperren (aber nur auf verschiedene Bahnen) verteilt werden.

 

Als Grundprinzip für alle die Sperren betreffenden Aktionen gilt dabei, daß beim Legen und Verlegen von Sperren keine Figur völlig "eingesperrt" werden darf, d.h., daß stets für jede Figur ein Weg zum Zielfeld frei bleiben muß.

(3) Das Spiel ist zu Ende, sobald ein Spieler alle drei Figuren ins Ziel gebracht hat. Allerdings wird eine begonne Runde zu Ende gespielt. Bringt dabei noch ein Spieler aller Figuren ins Ziel, so entscheidet die Zahl der verbrauchten Bewegungspunkte.

 

(4) Als Varianten werden noch das Spiel zweier Teams, sowie das Plazieren von zwei Sperren vor Beginn (als Handikap zugunsten des "schwächeren" Spielers) vorgeschlagen.

 

--- Soweit die Spielregeln.

 

ATHOS ist - wie aus den Regeln ersichtlich - eine Variante eines alten und bewährten Spielprinzips: Wettlauf mit Behinderungsmöglichkeiten. Aber leider ist es nicht gelungen, dieser Idee neue interessante Facetten abzugewinnen.

Das Spiel plätschert spannungslos vor sich hin, bis es (mehr oder weniger plötzlich) endlich zu Ende ist. Obwohl die Regel kein Zufallselement enthält, kommt das taktische Moment kaum zum Tragen: Die Spielstruktur ist dazu zu diffus - nur die unmittelbare Wirkung von Zügen ist erkennbar (insbesondere bei drei und vier Spielern), die Fernwirkung ist hingegen nicht abschätzbar. Ein echtes Vorausplanen ist daher kaum möglich. Beim Spiel zu dritt oder viert hat man (wie leider bei vielen Mehrpersonenspielen) nur die recht unattraktive Wahl, entweder vor allem auf die eigene Position zu schauen, oder möglichst die Mitspieler zu behindern, oder aber eine Koalition gegen einen Spieler zu bilden, wobei jede dieser Möglichkeiten in der Regel zu einem Zufallssieger führen wird.

 

Zu zweit ist ATHOS spielbar und bietet auch gewisse Möglichkeiten für strategisches Denken, ohne jedoch wirklich zu überzeugen.

 

Die Spielregeln sind ordentlich und übersichtlich gestaltet, enthalten aber den üblichen, offensichtlich unvermeidlichen Unfug: "Der jüngste Spieler beginnt ..." (warum soll eigentlich in einer Spielrunde immer derselbe Spieler beginnen?)

"Beim Spiel zu viert können jeweils 2 Spieler ein Team bilden." (No na - aber was soll das für einen Sinn haben?)

Und auch der Hinweis auf die angeblich uralte Tradition des Spiels fehlt nicht: "Die Geschichte der Mönchsrepublik Athos ... begann um das Jahr 700 ... Um in der Abgeschiedenheit der Bergklöster das Denken zu trainieren, wurde ein Spiel entwickelt ..." (Die Autoren Kramer und Kübler waren also griechische Mönche des Mittelalters?)

 

Die Ausstattung von ATHOS ist ordentlich, aber nicht optimal. Die - von außen elegante - braune Schachtel ist viel zu groß. Der Spielplan ist zweckmäßig, aber völlig schmucklos und (ungewöhnlich bei Franckh, und unpassend für die "Spiele-Galerie") graphisch uninteressant und langweilig. Die Mönche sind handliche Holzfiguren. Aber die Farbgebung der Geländekärtchen (Sechsecke) zum Sperren von Feldern ist mißlungen: Die Farben dieser Kärtchen variieren, und zwar so, daß (vor allem an der Rückseite) nicht immer leicht zu erkennen ist, welcher der fünf Farben das Kärtchen zuzuordnen ist. Der Fehler ist bei ATHOS unwesentlich - er stört nur bei der Spielvorbereitung, nicht aber bei der Durchführung - aber trotzdem überflüssig und sollte bei erfahrenen Spielefirmen eigentlich routinemäßig vermieden werden.

 

WIN-Wertung:

Athos S II 2(2-4) bzw. SS II 2