Anno 1503

 

Das Spiel:

Anno 1503

Entwicklungsspiel

für 2-4 Spieler ab 10 Jahren ab 10 Jahren

Kosmos, 2003

Spieldauer 60 Minuten

 

Die Besprechung:

Kurt Schellenbauer

kurt.schellenbauer@holzmann.at

 

WIN Wertung:

* WW S M UU AA 2-4 (2-4) 90 bis 120 Minuten

 

Der Name des Spiels entlockt vielen PC Spielern ein freudiges „JUHU“, denn Anno 1503 ist ein sehr bekanntes und auch gutes Spiel für den Computer. Der Vorgänger Anno 1602, hat mir persönlich besser gefallen, war eines der meist verkauften Spiele für den PC und selbst Anno 1503 ist bis jetzt 450.000-mal über den Ladentisch gegangen. Die Firma Sunflowers, sie vertreiben das PC Spiel, ist an Klaus Teuber herangetreten und hat ihn gebeten er möge doch darüber nachdenken, ob er eine Möglichkeit sieht, das Thema und die Mechanismen auf ein Brettspiel umzulegen. Er machte sich prompt daran und hat mit Kosmos ein Wirtschaftsaufbauspiel auf den Markt gebracht.

 

Es sei zuerst erklärt worum es sich im PC Spiel handelt. Sowohl 1602 als auch 1503 handelt von einem Seefahrer der mit seinem Schiff, beladen mit Holz, Essen und Werkzeug, auf einer Insel landet. Dort errichtet er ein Handelskontor wo das Schiff anlegen kann und baut die ersten Hütten für seine Pioniere. Seine Holzfäller schaffen den Baustoff für weitere Hütten heran und es kommen noch mehr Pioniere ins Land. Wenn alle Einwohner mit Nahrung versorgt sind und auch Zugang zum Rohstoff Wolle haben - man baut eine Schaffarm und eine Webstube - werden die Pionierhäuser in Siedlerhäuser umgebaut und es ziehen Siedler ins Land. Diese versorgen sich an Verkaufsständen mit Nahrung und den notwendigen Rohstoffen um in weiterer Folge zu Bürgern, danach zu Kaufleuten und zu Adeligen aufsteigen. Für die eine Ausbaustufe benötigt man Gewürze oder Tabak, für die andere Kleidung, Schmuck usw. Man baut Bergwerke um Erz zu gewinnen, das man dann wiederum in Schmieden zu Eisen verarbeitet um daraus Werkzeug oder Waffen zu schmieden. Es ist ein komplexes Aufbauspiel und hat einen großen Suchtfaktor. Wie ich bereits erwähnte war ich von 1602 mehr angetan, da die Kriegskomponente bei 1503 mir persönlich zu groß war. Aber ich verfehle gerade mein Thema, ich möchte ja über das Brettspiel schreiben.

 

Als ich das erste Mal davon gehört habe, dachte ich unwillkürlich, oh nein nicht schon wieder ein Siedler-Klon. Vor der Messe in Essen gab es nur Gerüchte, und man konnte erfahren, das die Rohstoffe erwürfelt werden und man mit diesen bauen muss. Das bestätigte meine Befürchtungen, dass es nur eine weitere unnötige Siedlervariante ist. Ich greife an dieser Stelle ein wenig vor, es ist kein Klon, auch wenn man einige Mechanismen übernommen hat. Aber das muss ja nicht unbedingt schlecht sein.

 

Die Schachtel hat die Größe der Spiele aus der Spielegalerie von Kosmos (Siedler, Löwenherz, Die neuen Entdecker) und zeigt, so wie das PC Spiel auch, ein Schiff, das aus einem mittelalterlichen Hafen ausläuft und neuen Abenteuern entgegen segelt. Das Motiv ist sehr stimmig und wird viel zu den verkauften Stückzahlen beitragen, man hofft doch in die Nähe der Stückzahlen des PC Spiels zu kommen. Am Innenleben der Schachtel erkennt man, dass hier Profis am Werk waren. Es ist für alle Teile die richtige Vertiefung vorhanden und wenn man die Schachtel vollkommen einräumt ist auch zum Deckel kein Spielraum. Damit können keine Teile herausfallen.

 

Jeder Spieler erhält einen Spielplan, seine Insel, auf der im oberen Teil fünf Gebäude abgebildet sind und darunter findet man Würfel, von 1-5. Daneben ist eine Ware vermerkt, Stein, Werkzeug, Wolle, Holz oder ein Fragezeichen. Die ersten vier haben noch zusätzlich eine graue Schiffsanlegestelle, die bis zum Rand reicht.

 

Darunter befinden sich 7 grüne Felder, 2 davon rot umrandet und unterhalb der letzten 4 auch noch braune. Rechts davon 3 braune Schiffsanlegestellen und das Verzeichnis der Kosten für das Bauen und das Entwickeln. In die Mitte des Tisches wird die Seekarte gelegt. Sie zeigt einen Raster 12 x 5 die entweder Wasser oder Inseln darstellen. Am unteren Rand ist die Geldleiste und am linken Rand die zu erreichenden Siegbedingungen. Es sind insgesamt 5 und wenn man 3 erreicht hat man das Spiel gewonnen.

 

Jeder Spieler beginnt mit einem Schiff auf der Seekarte, 7 Gold, die mit einem Marker auf der Geldleiste markiert werden, je einem Pionier (Bewohner mit der Zahl 1) und einem Siedler (Zahl 2). Diese beiden legt man in die rot umrandeten Felder auf der eigenen Insel. Von den 7 Rohstoffen, Stein, Holz, Werkzeug, Tuch, Gewürze und Tabak, bekommt man zu Beginn des Spieles 1 Holz und 1 Stein. Der Startspieler, der durch würfeln ermittelt wird, wirft den Würfel und alle Spieler erhalten den Rohstoff der bei der jeweiligen Zahl abgebildet ist. Sollte dort ein Fragezeichen stehen kann der Spieler einen beliebigen Rohstoff wählen. Jeder Spieler besitzt insgesamt 4 Pioniere und auf der Rückseite somit 4 Siedler und 3 Bürger und auf deren Rückseite 3 Kaufleute.

 

Mit den Rohstoffen auf der Hand kann der Spieler entweder neue Pioniere oder Schiffe bauen oder er entwickelt seine Pioniere zu Siedlern, danach zu Bürgern und zu guter Letzt zu Kaufleuten. Auch das Verkaufen und das Kaufen sind erlaubt. Beim Verkaufen ist darauf zu achten, dass man jedem Bewohner seiner Insel nur eine Ware pro Zug verkaufen kann und man erhält dafür Gold in der Höhe der Zahl die der Bewohner hat. Der Pionier trägt die Zahl 1 und man kann an ihn Holz, Stein oder Werkzeug verkaufen. Der Siedler hat die Zahl 2 und kauft nur noch Tuch, der Bürger trägt die 3 und benötigt Gewürze und der Kaufmann nimmt nur noch Tabak und bezahlt dafür 4 Gold. Die jeweiligen Guthaben werden auf der Geldleiste vermerkt. Wenn man kaufen möchte, dann darf man das nur 2-mal pro Zug und jede Ware kostet 6 Gold. Hier auch gleich der erste Tipp. Der Startspieler und auch eventuell sein Nachfolger sollten in der ersten Runde keine Waren kaufen, denn sie laufen dann Gefahr ihre eventuell anfallenden Strafengebühren nicht bezahlen zu können. Besser eine Runde warten und erst dann mit mehr Waren auf der Hand sein Spiel beginnen. Das bringt den Startspieler nicht ins Hintertreffen. Ich war einige Male schon Startspieler und ich konnte trotzdem gewinnen oder vielleicht gerade deshalb.

 

Bauen, entwickeln, kaufen und verkaufen kann in beliebiger Reihenfolge gemacht werden und auch mehrere Male die gleiche Aktion hintereinander. Wichtig ist, dass der Spieler am Ende seines Zuges maximal 5 Handkarten hat. Zum Abschluss des Zuges bewegt der Spieler sein/e Schiff/e. Man kann 2 Schiffe besitzen. Pro Schiff hat man 4 Aktionspunkte zur Verfügung. Diese investiert man in fahren, pro Feld einen Punkt oder in entdecken, man sieht sich die verdeckten Inselplättchen an. Dazu stellt man sein Schiff auf ein benachbartes Feld und sieht sich verdeckt das Plättchen an. Wenn es dem Spieler gefällt nimmt er es an sich und das Schiff kommt in den Vorrat des Spielers zurück und muss dann wieder neu gebaut werden. Sollte der Spieler meinen, das Plättchen wäre nicht interessant, dann legt er es zurück und führte allfällige übrige Aktionspunkte aus.

 

Welche Plättchen gibt es nun zu entdecken? Einerseits findet man Inseln mit Rohstoffen, so genannte Kontore. Interessant sind natürlich die Gewürz oder der die Tabakkontore, denn dadurch kommen die beiden Rohstoffe ins Spiel für die es keine Würfelzahl gibt. Wenn man so ein Plättchen an sich nimmt, platziert man es am oberen Rand seiner Insel, bei den 4 grauen Stegen. Entschließt man sich zum Beispiel es zur Zahl 3 zu legen, dann hat man die Wahl, wenn eine 3 gewürfelt wird ob man sich den Grundrohstoff nimmt oder den des Kontors. Sollte das entdeckte Plättchen einen Handelsvertrag zeigen, dann legt man es rechts an den rechten Rand der eigenen Insel, dort befinden sich 3 braune Stege. Handelsverträge verringern den Einkaufpreis einer Ware um ein Gold. Wenn man es schafft alle drei Stege zu belegen, dann kostet eine Ware nur noch 3 Gold und das ist, geschickt eingesetzt, der halbe Sieg. Zu guter Letzt findet man natürlich Schatzkisten die entweder 12 Gold enthalten oder der Spieler erhält die Möglichkeit einen Bewohner kostenlos zu entwickeln.

 

Guten Beobachtern wird aufgefallen sein, dass ich immer nur von den Würfelzahlen 1 – 5 sprechen. Was passiert denn wenn man eine 6 würfelt? Dann tritt ein Ereignis ein. Der Spieler würfelt nochmals und wenn er 1 oder 2 wirft dann werden alle Spieler von Piraten überfallen, bei 3 und 4 wütet bei allen ein Feuer und bei 5 und 6 gibt es ein ertragreiches Jahr und jeder bekommt eine beliebige Ware.

 

Der Piratenüberfall bewirkt, dass der Spieler für jedes Inselplättchen (Kontor und Handelsvertrag, max. 7) ein Gold bezahlen muss. Sollte das Feuer ausbrechen bezahlt jeder ein Gold pro Bewohner (max. 5) der außerhalb des roten Bereichs ist. Sollte der Spieler nicht bezahlen können, dann muss er bei den Piraten eines seiner Inselplättchen entfernen und beim Feuer den zuletzt gebauten Bewohner. Das dazugehörende öffentliche Gebäude steht somit wieder allen zur Verfügung.

 

Wie ich oben bereits erwähnt habe, hat man 7 grüne Felder auf denen man Bewohner hinsetzt. Ab dem 4. Feld befindet sich darunter ein braunes Feld. Diese wird automatisch mit einem öffentlichen Gebäude besetzt, wenn man dort einen Pionier baut. Folgende Gebäude mit Funktionen gibt es, sie gelten immer für die gesamte eigene Insel: Die Feuerwehr schützt vor dem Ereignis Feuer, die Schmiede vor den Piraten, die Kirche bewirkt das der Spieler beim ertragreichen Jahr statt einer Ware 2 bekommt. Die Schule bewirkt, dass beim Verkauf von Waren an die Pioniere, diese den doppelten Preis bezahlen, also 2 Gold. Das Wirtshaus erhöht den Preis für Siedler von 2 auf 4 Gold und für Bürger von 3 auf 4 Gold. Dieses Gebäude ist mein persönlicher Favorit. Das Badehaus bewirkt, dass die Kaufleute beim Verkaufen von Tabak statt 4, 6 Gold erhalten. Mit der Werft hat jedes Schiff des Spielers statt 4, 8 Aktionspunkte und mit dem großen Kontor kann man pro Zug einen Mitspieler eine Karte aus der Hand ziehen, muss dafür aber 2 Gold an ihn bezahlen.

 

Die Siegbedingungen sind entweder 3 Handelsverträge (braune Stege) oder 4 Kontore (graue Stege) oder 4 öffentliche Gebäude oder 3 Kaufleute oder 30 Gold. Bei jedem Spiel, egal ob für 2, 3 oder 4 Spieler, gibt es immer um einen Vertrag, ein Kontor oder ein öffentliches Gebäude weniger als Plätze dafür vorhanden sind. Das heißt bei vier Spielern, 11 Handelsverträge bei 12 braunen Stegen etc. Wenn man 3 der 5 Siegbedingungen erfüllt hat gewinnt man Anno 1503 und das Spiel endet sofort.

 

Damit es aber nicht ganz so einfach ist, werden nie alle Plättchen auf die Seekarte gelegt. Es bleiben immer 6 übrig die den Reservestapel bilden. Sollte nach dem Ereignis Piraten ein Spieler ein Inselplättchen entfernen müssen, dann wird dieses unter die 6 vom Reservestapel gemischt und man legt das oberste verdeckt auf den am weitesten entfernten freien markierten Platz auf der Seekarte.

 

Ich war auf der einen Seite ein wenig reserviert, da ich dachte es würde sich um einen weiteren Siedler-Klon handeln. Auf der anderen Seite wurde ein so großes Geheimnis aus diesem Spiel gemacht. Es war bis kurz vor der Messe in Essen nicht möglich eine Spielbeschreibung zu finden und die Testspieler hüllten sich in kryptischem Schweigen, ich will damit sagen, dass die Aussagen 08/15 waren. Die Kombination aus Klaus Teuber, Anno 1503 als PC Spiel und die damit verbundenen Mechanismen trugen in uns eine große Hoffnungshaltung. Diese wurde leider ein wenig enttäuscht. Es ist sicherlich machbar, die komplexen Mechanismen in ein Spiel einzubinden, nur am PC verwaltet der Computer die Vorgänge, am Spielbrett müssen das die Spieler tun. Damit scheiden 99 % aller Spieler als potentielle Kunden aus.

 

Klaus Teuber hat den richtigen Mix gefunden um dem PC-Spiel gerecht zu werden aber nicht zu komplex zu sein, damit es Familien und Kinder ab 10 Jahren spielen können. In unseren Runden hat es genau diesem Zielpublikum am besten gefallen. Auch wenn ich mit „Vielspielern  eine Runde gespielt habe, dann fanden diese wenigstens keine negativen Worte, allerdings hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Zu wenig anspruchsvoll, das war deren Fazit. Aber man muss neidlos anerkennen, es funktioniert hervorragend, sowohl für 3 als auch für 4 Spieler. Für 2 konnte ich keine Testrunden organisieren. Jeder Spieler baut für sich und man muss nicht befürchten, dass ein Kontrahent garstige Gedanken und Aktionen gegen die eigene Spielerperson plant, dass ist übrigens meiner Erfahrung nach einer der wichtigsten Dinge wenn man mit ungeübten Spielern am Tisch sitzt. Diese können es nun mal nicht ausstehen, dass geübte auf Grund ihrer Erfahrung immer um einen Schritt voraus sind und so haben es auch mein 12 jähriger Neffe und meine Frau mühelos geschafft mich zu schlagen.

 

Der Würfel und die verdeckten Inselplättchen sind ein gewisser Glücksfaktor. Trotzdem gibt es einige Strategien die man verfolgen kann. Die 30 Gold (habe ich noch nie geschafft) und die 3 Kaufleute sind für alle erreichbar, den oder die restlichen Siegpunkte muss man aber mit der richtigen Strategie erhalten. Diese heraus zu finden überlasse ich jeden von euch selbst. Bei den Würfelzahlen hat Klaus Teuber gegengesteuert, indem bei ein und derselben Zahl jeder Spieler eine andere Ware erhält. Sollten somit immer die gleichen Zahlen kommen, haben wenigstens alle das gleiche Problem.

 

Es ist auch gelungen ein wenig das Flair des PC-Spiels einzufangen. Die Entwicklung der Bewohner mit Tuch, Gewürz und Tabak und auch das Entdecken der Inseln hat Ähnlichkeit mit dem PC-Spiel. Die Grafik ist zur Gänze übernommen worden und schön anzusehen.

 

Anno 1503 das Brettspiel wird sich sicherlich unter einigen Weihnachtsbäumen wieder finden und ich kann es auch nur wärmstens empfehlen. Ich war sogar versucht einen zweiten Stern zu vergeben, aber auf Grund der Tatsache, dass ein Großteil des Spiels Komponenten aus Entdecker und Siedler hat, habe ich mir das verkniffen. Aber gute Ideen nochmals in anderer Kombination zu verwenden ist nicht verwerflich und zeigt an Hand des Beispiels Anno 1503, dass daraus ein schönes Spiel entstehen kann ohne das man das Gefühl hat es schon einmal gespielt zu haben.