BLINDE JUSTIZ
BLINDE JUSTIZ
KLEE Edition, 3-10 Spieler
In einem Anfall von Selbstzerstörung habe ich mir
nach GUINESS Spiel der Rekorde gleich noch ein Ratespiel zur Besprechung
ausgesucht. Irgendwie schienen sie mir beide etwas verwandt, und deshalb hat
mich die direkte Gegenüberstellung gereizt. Schon beim Öffnen der Schachtel
schien sich mein Verdacht zu bestätigen. Wenn diese zwar etwas kleiner
ausgefallen ist (man hat sich an das übliche
Aber zuerst zum Ablauf
Spielziel ist nicht, wie rnan zuerst vielleicht
fälschlicherweise annehmen könnte die Gerechtigkeit sondern der schnöde Mammon.
Wer zuerst 80.000 DM auf der hohen Kante hat, ist Sieger. Man sieht also
deutlich dem wahren Leben abgeguckt.
Auf dem Spielplan sind zwei Rundläufe abgedruckt.
Auf dem größeren geht es in erster Linie um eher einfache Fälle aus dem
Amtsgericht oder Landesgericht, also eher mn dem österr. Bezirksgericht
gleichzusetzen. In den kleineren Rundlauf, wo es um Bundesgerichtsfälle geht
und auch um dementsprechend höhere
Geldforderungen - darf man erst, wenn man bereits
20.000 DM zusammengekratzt hat. Ja, ja wo Tauben sind, fliegen Tauben zu. Wie
gesagt sehr lebensnah.
Man startet also mit 3000'DM vom Kanzleifeld des
ersten Rundlaufes, und erhält auch beim jeweiligen erneuten Passieren dieses
Feldes immer DM 3000. (DKT läßt grüßen) Positiv aufgefallen sind mir die Spielfiguren,
denen wurde nämlich trotz zusätzlicher Kosten ein schwarzes Barrett aufgesetzt,
damit sie besser die Anwälte darstellen, die sie ja verkörpern sollen. Zieht
man nun auf eines der 12 folgenden Paragraphenfelder, wird eine entsprechende
Karte gezogen (insgesamt stehen 195 Fälle zur Verfügung) und der entsprechende
Prozeß vorgelesen. Es handelt sich durch die Bank um realistische und
praxisbezogene Fälle. So stehen Bisse von Tieren, Verletzungen bei dienstlichen
Tätigkeiten, Ehrabschneidungen usw. zur Diskussion. Jeder Fall beruht auf einer
tatsächlichen Begebenheit.
Derjenige Spieler, der gerade an der Reihe ist, hat
nun die Möglichkeit seine Schmerzensgeld bzw. Schadenersatzforderungen zu
stellen. Als Hinweis dienen ihm auf der jeweiligen Karte Richtzahlen (z.B. DM
9000.-- bis DM 12.000.--), wobei er sich nicht daran halten muß und einfach
bluffen kann, indem er DM 18.000.-- beantragt. Die restlichen Spieler(innen)
stellen nun das Gericht dar und haben 2 Minuten Zeit zu beraten, ob und in
welcher Höhe sie die Fordenung anerkennen. Falls keine Einigung eintrat wird
das geringste Gebot (auch eine evenduelle Zurückweisung) als gegeben erachtet.
Ist der Kläger mit dem Betrag einverstanden, erhält er diesen aus der
Gerichtskasse, und es geht ohne nachzusehen weiter. Und da verlangt das Spiel
Unmögliches.
Man muß sich vorstellen: Da sagt ein Bauer zu einem
Studenten, der verboten erweise seine Wiese betreten hat, "kleiner
Scheißer", worauf dieser angibt, seitdem an Schlafstörungen,
Potenzschwäche und eklatanter Prüfungsangst zu leiden. Sie sprechen also ein
Urteil und die Neugier frißt sie auf, wie nun tatsächlich der Prozeß
ausgegangen ist. Spieler sind nun mal neugierige Menschen sonst würden sie sich
nicht mit neuen Spielen befassen, sondern immer noch Domino, Halma oder Mikado
spielen. Also wir haben immer nachgesehen, obwohl das nur vorgesehen wäre, wenn
man in die Berufung geht. Das heißt falls man mit dem einem zugesprochenen
Betrag nicht zufrieden oder einverstanden Ist kann man in die Berufung gehen.
Man zahlt einen auf der Karte vermerkten Betrag und erhält dann erst das Recht
im "Buch der gezahlten Beträge" nachzusehen ob einem Unrecht
widerfahren ist. Ist der dort angeführte Betrag höher als einem die Spielrunde
zugebilligt hat erhält man sowohl die Differenz als auch die Berufungskosten
erstattet und darf auch gleich nochmals würfeln.
Die Regel wonach man nur bei Berufungszahlung
nachsehen kann, hat allerdings schon eine gewisse Berechtigung, denn am Laufe
des Spieles stellt sich doch ein gewisser Zusammenhang zwischen den
vorgeschlagenen und tatsachlich gezahlten Entschädigungen heraus. Dadurch kann
der Kläger doch einen Vorteil ableiten. In diesem Zusammenhang wäre auch
wünschenswert gewesen wenn man im "Buch der gezahlten Beträge eine kurze Begründung
des professionellen Urteils finden würde, anstatt der unkommentierten nackten
Zahl. I
Relativ unnötig sind noch die Vergleichsfelder -
Felder mit verschieden hohen Beträgen, auf denen man von einem beliebigen
Mitspieler diese Summe einfordern kann. Dieser hat nun die Möglichkeit entweder
freiwillig das Doppelte der angeführten Summe zu bezahlen oder sein Würfelglück
zu versuchen. Bei 1, 3 oder 5 kommt er ungeschoren davon, bei 2 4 oder 6 wird
der Betrag allerdinge multipliziert. Hier wurde künstlich versucht zusätzlich
und meiner Meinung nach auch unnötig Interaktion zu schaffen.
Abschließend wäre zu sagen, daß im Vergleich zu
GUINESS wo nur geraten werden kann hier sehr wohl ein gewisser Einfluß auf den Ausgang
genommen werden kann. Allerdings sind redegewandte Mitspieler zweifellos im
Vorteil ggenüber Partnern, denen eher das Sprichwort vom ''Schweigen ist Gold-
naheliegt. Leute die von Natur aus immer glauben, die Klappe offen zu haben
müssen, kommen erfahrungsgemäß zu höheren Beträgen (wie im richtigen Leben).
Damit wird das Spiel unter Umständen einsenig. Auch
verfliegt der Reiz des Spiels sehr schnell. Ich würde es also nur dann
empfehlen wenn sie sich selbst der anfangs erwähnten Zielgruppe zuordnen oder
sich unbedingt einmal überzeugen wollen daß Madame Justitia fallweise nicht nur
blind sondern auch taub und zusätzlich geistesgestört ist.
WIN-WERTUNG
Blinde Justiz D I U