Polterdice

 

Das Spiel:

Polterdice

Würfelspiel

Für 2-5 Spieler ab 10 Jahren

Von Spartaco Albertarelli

Kidult Games, Italien, 2003

 

Die Besprechung:

Dagmar de Cassa

office@spielen.at

 

WIN-Wertung:

* WWW II UU AA 3-5 (2-5) h

 

2002 in Nürnberg, Halle 12 – ein neuer Stand, ein neuer Name, ein bekanntes Gesicht – Spartaco Albertarelli mit dem Label Kidult Games, Wein, Käse und zwei gelungenen und interessanten Würfelspielen.

 

2003 in Nürnberg, Halle 12 – wir suchen gezielt den Stand von Kidult, schließlich haben wir gehört, es gibt ein neues Spiel, und dann hoffen wir natürlich wieder auf den herzlichen Empfang durch Andrea und Spartaco mit Parmeggiano und Chianti!

 

Und in allen Erwartungen werden wir nicht enttäuscht – wir finden alles was wir suchen. Da es uns in erster Linie um Spiele geht, sei dieses hier bevorzugt erwähnt.

 

Polterdice ist, wie schon der Name verrät, ein Würfelspiel um Geister. Der Sage nach ist die Familie McDice ein altes Geschlecht von Glücksspielern gewesen, die vier Brüder lebten in einem mysteriösen Haus, in dem ihre Geister noch heute gefangen sind. Gebannt wurden sie durch einen Fluch ihrer schlimmsten Gegnerin, Madame Roulette.

 

Die Spieler wagen sich nun ins verwunschene Haus und versuchen die Geister der McDice, eben die Polterdice, zu befreien.

 

Das Haus hat 16 Räume, 4 Räume sind immer zu einem Quadrat zusammengelegt, jeder Raum hat einen Gemeinschaftsbereich am Fuße der Treppe, die Treppe mit 8 Stufen und das Geheimzimmer mit dem Schatz am oberen Ende der Treppe. Jedes Zimmer sieht also im Prinzip gleich aus, obwohl sie alle sehr liebevoll und detailliert grafisch unterschiedlich gestaltet wurden. Unterschiedlich ist lediglich die Nummer jedes Zimmers, es gibt je 2 mit den Nummern 3, 4, 5, 6, 8, 9, 10 und 11. Die Verteilung der Zimmern in den einzelnen Quadraten ist absolut egal.

 

Die Zimmer sind also ausgelegt, danach wird jedes Zimmer noch mit einem beliebigen Poltergeist bestückt, der am Ausgang des Geheimzimmers lauert. Jeder Spieler hat seine 10 Männchen und schon kann es losgehen.

 

Wir würfeln uns einen Startspieler aus und der darf dann wieder würfeln, mit allen 8 Würfeln auf einmal und nur einmal. Dann kombiniert er nach Belieben oder mit raffinierter Taktik immer 2 Würfel zu einem Paar und summiert die Augenzahlen beider Würfel. Dann setzt man ein Männchen neu in ein Zimmer mit einer der vier Nummern ein oder zieht ein schon in einem der Zimmer befindliches Männchen um eine Stufe weiter, ganz wie man will, kann man zwei gleiche Zahlen bilden, setzt man ein Männchen zwei Stufen weiter oder zwei Männchen in den entsprechenden Zimmern um eine Stufe. Ist die nächste Stufe schon besetzt, wird sie übersprungen, außer im Gemeinschaftsraum am Fuße der Treppe darf immer nur ein Männchen auf einer Stufe stehen. Wenn man ein Männchen neu einsetzt, setzt man es gleich auf die erste Stufe der Treppe.

 

Scharfsinnigen Beobachtern wird sofort aufgefallen sein, dass man mehr Zahlen mit 2 Würfeln bilden kann als es Nummern in den Zimmern gibt! Richtig – die 2, gebildet aus 1-1, und die 12, gebildet aus 6-6, haben eine spezielle Bedeutung: Die 1-1 bedeutet „Mut“, man darf sich damit in jedes beliebige Zimmer trauen, ist also schlicht und einfach ein Joker. Und die 6-6 bedeutet „Angst“, man kann damit ein beliebiges Männchen eines Spielers erschrecken sprich eine Stufe nach unten verjagen. Müsste es dabei auf eine besetzte Stufe zurück, wird diese nach unten übersprungen, beim Verjagen gehen die Männchen auch zurück bis in den Gemeinschaftsraum.

 

Und weil’s so schön ist, sei hier noch die Regel zitiert: „Achtung, nicht vergessen Aaaaaaaaaaangst“ zu schreien, wenn ihr einen Gegner erschreckt. Das hat zwar keinen praktischen Nährwert, macht aber mehr Spaß!“

 

Wer trotz dieser unaussprechlichen Schrecken als erster die oberste Stufe einer Treppe überschreitet, hat mit dem 9. Schritt das Geheimzimmer des betreffenden Raumes erreicht und damit den Schatz gefunden, aber auch den Polterdice des Raumes freigesetzt. Der Spieler bekommt die im Zimmer ersichtliche Anzahl an Silbermünzen und hat seine Schuldigkeit in diesem Raum getan, er kann mit seiner Beute gehen. Nicht so die anderen Schatzjäger auf den diversen Treppenstufen – sie werden nun nacheinander, beginnend mit dem am weitesten oben stehenden Spieler - vom Polterdice zu einem Würfelduell herausgefordert. Wer will kann die Herausforderung annehmen und alle 8 Würfel werfen. Gelingt ihm ein 1-1, hat er den Geist besiegt und bekommt den Geist und zwei Silbermünzen. Schafft er es einen Geist derselben Familie zu besiegen, bekommt er pro schon in seinem Besitz befindlichem Familienmitglied eine Silbermünze dazu. Wer es nicht schafft, 1-1 zu würfeln, hat das Duell verloren und muss eine Silbermünze bezahlen. Aber nicht den Mut verlieren – man muss die Herausforderung nicht annehmen, sondern kann sie dankend ablehnen, dann ist der Spieler auf der nächstniedrigen Stufe dran. Will sich niemand duellieren oder verlieren alle ihr Duell, dann geht der Geist aus dem Spiel.

 

Und was ist mit der 7, wollte grade jemand fragen? Nun, die ist einfach sozusagen ein negativer Joker, da man immer 4 Zahlen bilden muss, und wenn es nicht anders geht, weil man die anderen Zahlen unbedingt so braucht, dann zieht man halt den 7er nicht.

 

Wer als erster 25 Silbermünzen (die Goldmünzen haben den Wert 5 und dienen quasi zum Wechseln) beisammen hat, gewinnt das Spiel sofort. Sind aber alle Geheimzimmer in drei von den vier Quadraten geplündert, dann gewinnt das Spiel der Spieler mit den meisten Münzen, bei Gleichstand der mit den meisten Polterdice.

 

 

Ein sehr nett gemachtes Spiel, einfache Regeln, viel Spielspaß. Ein kleiner Kritikpunkt ist die sehr liebevolle Grafik, sie macht das Spiel in der Mittelphase, wenn alle Zimmer mit mehreren Figuren besetzt sind, eher unübersichtlich, aber das ist wirklich nur eine Kleinigkeit. Zu Beginn geht es auch eher langsam vorwärts, weil man ja in allen Zimmern setzen kann und daher nicht so schnell weiterkommt, und auch eher gegrübelt wird, wo gehe ich jetzt hin - aber das Problem erledigt sich ganz von selbst, denn mit jedem geplünderten Schatz erledigt sich auch eine mögliche Wahl einer Zahl. Ein bisschen hängt Polterdice auch von der Stimmung der Spieler ab, wer nur mathematisch möglichst optimale Kombinationen sucht und herumtüftelt, wird wahrscheinlich den Spielspaß eher minimieren, aber wenn man sich von der Atmosphäre einfangen lässt und bereit ist sich amüsieren zu lassen, so wie ich zum Beispiel von den köstlichen Hundegeistern, die in jeder Polterdice-Familie vorkommen, der kann sich trotz gelegentlicher Längen in der Anfangsphase gut unterhalten. Ein absolut gelungener Nachfolger von Dicerun und Diceland, ich bin schon gespannt auf das angekündigte erste Nicht-Würfelspiel von Kidult Games.

 

Und wer meint, er könne Spuren von Sid Sacksons Can’t Stop finden – Spartaco erwähnt ausdrücklich, dass das in Polterdice verwendete Prinzip der Kombination von 2 Würfeln zu einer Zahl auf dieses Spiel zurückgeht und widmet Polterdice dem Andenken des kürzlich verstorbenen Autors Sid Sackson.