REZENSION
Freundliche Nachbarn, ehrgeizige Konkurrenten
Clans of Caledonia
Geld verdienen, Produzieren, Exportieren auf Schottisch
Karma Games hat auf der Spiel 17 in Essen ein neues Spiel herausgebracht, das in den Internet-Foren sehr unterschiedliche Meinungen hervorgerufen hat. Die einen zählen es zu den besten Neuerscheinungen, die anderen sehen es im Vergleich zu Terra Mystica oder Gaia Project als zu einfach. Ein Grund mehr, das Spiel einem Test zu unterziehen um sich ein eigenes Urteil zu bilden.
Clans of Caledonia lässt sich ab 1 Spieler und bis maximal 4 Spielern spielen. Da man exakt 5 Runden spielt, ist die Spieldauer gut abschätzbar, laut Verlagsangabe ca. 30 Minuten pro Spieler. In diesen fünf Runden, die alle gleich ablaufen, führen die Spieler nach einer kurzen Vorbereitungsphase ihre Aktionen in der Aktionsphase durch, pro Zug eine Aktion, so lange bis alle Spieler gepasst haben. Danach folgt eine Produktionsphase, in der die Spieler Waren und Geld (Pfund) erhalten. Die Runde schließt dann mit einer Wertungsphase ab. Die Spielerreihenfolge der nächsten Runde ergibt sich aus der Reihenfolge des Passens der einzelnen Spieler. Das frühe Passen hat insgesamt zwei Vorteile, da nicht nur die Spielerreihenfolge, sondern auch das Starteinkommen für die nächste Runde daraus abgeleitet wird.
Trotz der relativ kleinen Spieleschachtel steht den Spielern viel Spielmaterial in guter Qualität zur Verfügung. Das Belegen des eigenen Spieletableaus während der Spielvorbereitung kann schon ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen. Da finden sich unter anderem Arbeiter, Rinder und Schafe oder Bäckereien und Käsereien. Sie alle dienen allein dem Zweck, den eigenen Clan am Spielplan zu expandieren und zu mehr Einkommen bzw. Produktion von Waren zu kommen, die hauptsächlich zum Export von Gütern genutzt werden. Wie bei derartigen Spielen üblich, hat der Spieler den meisten Erfolg, der zur richtigen Zeit die richtigen Waren zur Verfügung hat.
Das Hauptgeschehen des Spiels findet am zentralen Spielplan statt. Dieser besteht aus vier rechteckigen Einzelteilen, die sich regelkonform in 16 verschiedenen Anordnungen aufbauen lassen und als Ganzes eine schottische Landschaft darstellen. Sie ist in Sechseckfelder unterteilt, mit den typisch schottischen Geländearten: viel Grasland, ein paar Gebirge, ein paar Wälder und natürlich dürfen auch die Flüsse und Seen – die Lochs – nicht fehlen!
Diese Sechseckfelder werden im Laufe des Spiels von den Clans (Spielern) besiedelt, wobei die Geländeart den Clans vorgibt, womit sie sich auf diesem Feld ausbreiten dürfen. Schließlich kann man schwer einen Acker ins Gebirge bauen oder Rinder und Schafe im Wald halten. Hat ein Clan ein Sechseckfeld besetzt, so kann dieses nicht weiter besiedelt werden, weder durch den eigenen Clan noch durch andere. Es gibt hier keine Konflikte zwischen Clans auszukämpfen – wer zuerst kommt, mahlt zuerst! Diese Besiedelung bleibt in der Regel bis zum Ende des Spiels aufrecht, nur bei Rindern und Schafen kann es für den Spieler notwendig werden, diese wieder zurückzunehmen.
Zum bereits variabel auslegbaren Spielplan kommen noch variable Häfen hinzu. Vier von neun Hafenplättchen werden zufällig gewählt und an den Spielplanecken angelegt. Spieler können diese erreichen, um deren Bonus einmalig im Spiel zu nutzen.
Die Spieler repräsentieren also schottische Clans und bauen sich am Spielplan unterschiedliche Produktionsstätten auf. Nach der Spielvorbereitung hat jeder Spieler zwei Arbeiter am Spielplan verteilt. Auch diese dienen der Produktion. Arbeiter sind entweder Holzfäller im Wald oder Bergarbeiter im Gebirge. Sie bringen dem Spieler in der Einkommensphase einen fixen Geldbetrag, die Höhe ist abhängig von Gebirge oder Wald und vorhandener verbesserter Ausrüstung. Auch bei den Arbeitern gilt, so wie für alle anderen Produktionsmöglichkeiten: es gibt pro Spieler immer nur vier von jeder Art, z.B. hat jeder Spieler nur vier Bergarbeiter und vier Holzfäller. Arbeiter sind im Grasland nicht einsetzbar, hier bieten sich für den Clan die Möglichkeiten zur Schafzucht, zur Rinderzucht oder zum Ackerbau, mit diesen werden Basis-Rohstoffe produziert: Wolle, Milch oder Getreide. Nachteil dieser Stoffe ist allerdings, dass sie nur billig verkauft und teilweise nicht exportiert werden können. Daher sollte der Clan sich auch noch Käsereien, Bäckereien und/oder Destillerien auf den Grasland-Feldern bauen, damit sie die Basis-Rohstoffe in ihrem Besitz zu hochwertigeren Waren verarbeiten können, die dann eben teurer verkauft bzw. exportiert werden können.
Jede dieser Anschaffungen hat natürlich ihren Preis, der sich aus dem fixen Preis der Anschaffung laut Angabe auf dem Spielertableau zusammensetzt und dem „Grundstückspreis“ auf dem Spielplan, denn jedes Sechseck-Feld hat seinen eigenen Preis, der bei Besiedelung zu zahlen ist. Sind die Kosten bezahlt und hat das gewählte Sechseckfeld die richtige Geländeart, sei es auch nur teilweise, darf der Spieler benachbart zu seinen bestehenden, besetzten Sechseckfeldern bauen. Leider wird diese Nachbarschaftsregel bereits von Flüssen und auf jeden Fall auch von Seenfeldern unterbrochen. Damit können billige Felder plötzlich in unerreichbaren Weiten liegen. Glücklicherweise kann jeder Clan sich in der Kunst der Schifffahrt ausbilden. Je nach Stufe auf der Schifffahrtsskala am eigenen Spielertableau gelten dann Sechseckfelder jenseits des Flusses oder bei Überquerung einer oder mehrerer Loch-Felder als benachbart und können besiedelt werden.
Nachbarschaft spielt bei dieser Aktion auch noch eine weitere Rolle. Bebaut ein Clan nämlich ein Sechseckfeld neben dem eines anderen Clans, darf er im Zuge der Bebauung auch gleich beim Nachbarn günstig einkaufen, vorausgesetzt er hat genug Geld dafür. Schließlich will man es sich ja mit seinen Nachbarn gut stellen! Und ein wenig Nachbarschaftshilfe schadet niemandem.
Die Expansion des Clans im schottischen Hochland hat zur Folge, dass sich seine Produktivität steigert. In der Produktionsphase liefert jeder Acker zwei Getreide, jedes Rind eine Milch, jedes Schaf eine Wolle. Besitzt der Clan Käsereien, kann er in dieser Phase pro Käserei eine Milch aus der aktuellen oder früheren Runden in einen Käse umwandeln. Genauso verhält es sich bei der Weiterverarbeitung von Getreide in Brot über die Bäckereien oder in Whisky über die Destillerien.
Diese höherwertigen Waren lassen sich nun in Geld umwandeln oder zur Erfüllung von Exportaufträgen nutzen.
Für den Handel mit Waren steht ein Markttableau zur Verfügung. Um es zu nutzen muss der Spieler seine Händler einsetzen. Jeder Spieler besitzt zu Beginn zwei Händler und kann sich noch bis zu fünf weitere von seinem Spielertableau als Aktion kaufen. Jeder Händler darf genau eine Ware kaufen oder verkaufen. Grundsätzlich lassen sich alle produzierten Waren zu ihrem individuellen Preis kaufen und verkaufen. Wie üblich sinkt der Kaufpreis nach dem Verkauf von Waren und umgekehrt. Pro Aktion dürfen mehrere Händler eingesetzt werden, aber nur bei einer Warensorte, und eine Warensorte darf von einem Spieler innerhalb einer Runde nicht gekauft und verkauft werden. Der Markt wird oft genutzt, um noch notwendiges Geld zu erhalten oder eigene Waren zu verkaufen um in einem nächsten Zug Waren zu kaufen, die man nicht besitzt, die man aber z.B. für Exportaufträge benötigt.
Exportaufträge sind die bei weitem wichtigere Aktion um seine produzierten Waren zu veräußern. Zwischen fünf und sechs Exportaufträge liegen pro Runde am Exporttableau offen aus. Diese können von den Spielern als Aktion zu sich genommen werden. Allerdings darf jeder Spieler immer nur einen offenen Auftrag besitzen. Erst wenn er diesen erfüllt hat, darf er einen neuen erwerben. Für die Übernahme eines Exportauftrags müssen Kosten bezahlt werden, die pro Runde um fünf Pfund steigen. Interessantes Detail: in der ersten Runde sind dies keine Kosten, sondern man erhält fünf Pfund beim Nehmen eines Exportauftrags.
Exportaufträge sind immer zweigeteilt: links sind die benötigten Waren zur Erfüllung und rechts der Gewinn des Exportauftrags. Der Gewinn ist entweder ein sofortiger Bonus oder es sind Siegpunkte am Ende, d.h. normalerweise eine Kombination aus beidem. Zu ersterem zählt zum Beispiel Geld, eine Expansion ohne Bezahlung der Kosten des Sechseckfeldes oder eine Technologie aufwerten, d.h. alle Bergarbeiter oder Holzfäller günstiger mit Ausrüstung versehen, oder einen Händler gratis vom Spielertableau nehmen oder gratis seine Schifffahrt verbessern.
Die Siegpunkte am Ende erhält man auf Basis der Güter am erfüllten Exportauftrag. Ist es eine bestimmte Anzahl an Hopfen so zählt jeder einen Siegpunkt am Spielende. Ist eine bestimmte Menge von den Importgütern Baumwolle, Tabak oder Zuckerrohr am Exportauftrag abgebildet, so wird diese Menge auf einer eigenen Leiste je Importgut abgefahren. Dasjenige Importgut, das am Spielende durch das Erfüllen von Exportaufträgen am wenigsten importiert wurde, also auf der Zählleiste am weitesten hinten liegt, ist je Gut fünf Siegpunkte wert, die anderen beiden nach ihrer Position vier oder drei Siegpunkte. Um einen Exportauftrag zu erfüllen muss man die darauf abgebildete Kombination aus Fleisch, Wolle oder aufgewerteten Waren abgeben. Fleisch abzugeben heißt allerdings, ein Sechseckfeld zu räumen! Je nach Fleischsorte ein Schaf oder ein Rind auf einem Grasland-Feld.
Neben diesen am Spielende gewerteten Siegpunkten werden Siegpunkte auch während des Spiels erworben: Dies erfolgt in der Wertungsphase am Rundenende. Fünf von neun Wertungsplättchen werden zu Spielbeginn offen ausgelegt, am Ende jeder Runde wird eines gewertet. Der Erhalt von Siegpunkten ist dabei immer mit einer Bedingung verknüpft, so, zum Beispiel, erhält man zwei Siegpunkte für jeden eingesetzten Arbeiter am Spielplan.
Noch eine andere Möglichkeit für Siegpunkte während des Spiels sind die Clanplättchen. Zu Beginn werden Clanplättchen abhängig von der Spieleranzahl aufgelegt und in umgekehrter Spielerreihenfolge wählt sich jeder Spieler einen Clan aus, den er im weiteren Spiel repräsentiert. Jeder Clan hat seine eigene Fähigkeit, die teilweise sogar die Spielstrategie vorgibt. So gibt es zum Beispiel einen Clan, der bei jeder Whisky-Produktion drei Geld liefert, ein anderer kann Milch verkaufen. Wieder ein anderer hat eine weitere Kiste, d.h. Platz für einen zweiten unerfüllten Exportauftrag. Interessant ist auch der Clan, der neben Bergarbeitern und Holzfällern auch Fischer zu seinem Clan zählt, diese können auf Loch-Feldern eingesetzt werden und können sich am Loch fortbewegen.
Am Ende der fünften Runde folgt noch eine Schlusswertung, in der noch zu den während des Spiels erhaltenen Siegpunkten Siegpunkte für Waren und Geld sowie für Hopfen und Importgüter auf seinen erfüllten Exportaufträgen hinzugezählt werden. Danach kommt es noch zu Mehrheiten-Siegpunkten für die meisten bzw. zweitmeisten erfüllten Exportaufträge, 12 und 6 Punkte, und die meisten benachbarten Siedlungen. Als eine Siedlung werden hier alle eigenen besiedelten benachbarten Sechseckfelder, ohne Fluss oder Loch dazwischen, verstanden. Nun zählt man alle eigenen Siedlungen die untereinander mittels erreichtem Schifffahrts-Level erreicht werden können. Wer hier die meisten hat, bekommt 18 Punkte, gefolgt von 12 und 6 Punkten. Dies ist insofern eine interessante Punkteberechnung, da hier nicht die Anzahl der besiedelten Felder entscheidend ist!
Clans of Caledonia ist ein anspruchsvolles Wirtschaftsspiel mit überschaubarem Regelwerk und hat auch den Vorteil, dass die Spieldauer nicht übermäßig lang ist. Die Mechanismen sind geradlinig und nicht allzu komplex verzahnt. Deshalb eignet es sich auch als Spiel für kürzere Spieleabende: Man findet schnell wieder hinein und spielt auch nicht zu lange.
Spieltechnisch darf man keine neuen Mechanismen erwarten, allerdings ist es schon ungewöhnlich, wenn man für das Nehmen von Exportaufträgen Geld bekommt oder man bei Aufbauspielen gezwungen ist, für teures Geld erworbene Produktionsstätten wieder abbauen zu müssen, um einen Exportauftrag erfüllen zu können.
Das Spiel ist auch kein extremes Mangelspiel, man hat immer relativ viel Geld zur Verfügung, um einiges von seinen Plänen umzusetzen, aber natürlich nie genug, um alles zu realisieren. Hier ist ein gutes Verhältnis zwischen Mangel und Verfügbarkeit gelungen.
Etwas zwiespältig sehe ich die Clanplättchen. Sie bieten zwar einerseits jedem Spieler seinen individuellen Vorteil fürs Spiel und sorgen damit für Abwechslung, allerdings zwingen sie den Spieler auch in eine Spielstrategie hinein. Gegen die Fähigkeiten des Clans zu spielen, wird wahrscheinlich nicht zum Sieg führen. Vielleicht auch deshalb wird als optionale Regel die Möglichkeit angeboten, ohne Clanplättchen zu spielen. Weiters wird die Strategie ähnlich wie in Terra Mystica durch die Rundenwertung beeinflusst, durch die bestimmte Aktionen in den einzelnen Runden bevorteilt werden.
Clans of Caledonia könnte man auch als „Solospiel“ bezeichnen. Die Interaktion zwischen den Spielern ist eher gering, besonders bei drei Spielern kommt man sich am Spielplan eher selten in die Quere, wohl deshalb, weil der Spielplan gleich groß ist wie bei vier Spielern. Lediglich die Konkurrenz am Exporttableau muss beachtet werden. Daher spielt sich Clans of Caledonia am besten zu viert.
Am Schluss noch ein Wort zum Glücksfaktor: Grundsätzlich ist Clans of Caledonia gut planbar. Die einzige Unwägbarkeit ist das Exporttableau. Pro Runde stehen ja nur wenige Exportaufträge zur Verfügung. Wenn da nichts der eigenen Produktion entsprechendes dabei ist, kann man nur auf das Glück der nächsten Runde hoffen, das allerdings mit einer Verteuerung dieser Aktion gleichbedeutend ist. Auf keinen Fall sollte man einen nur schwer erfüllbaren Auftrag zu sich nehmen, da dieser ja erfüllt werden muss und nicht abgeworfen werden darf. Es gibt auch keinen Mechanismus zum Auftragswechsel am Rundenende. Sollte in einer Runde kein Auftrag genommen worden sein, bleiben alle Aufträge am Exporttableau für die nächste Runde liegen.
Bernhard Czermak
Spieler: 1-4
Alter: 12
Dauer: 30 Min/Spieler
Autor: Juma Al-JouJou
Grafik: Klemens Franz
Preis: ca. 50 Euro
Verlag: Karma Games 2017
Web: www.karma-games.com
Genre: Wirtschaftsspiel
Zielgruppe: Für Experten
Spezial: 1 Spieler
Version: de
Regeln: de en + es fr it
Text im Spiel: nein
Kommentar:
Variabler Aufbau
Wenig Interaktion
Viele Optionen zur Zugplanung
Vergleichbar:
Terra Mystica
Andere Ausgaben: -
Derzeit keine
Meine Einschätzung: 5
Bernhard Czermak:
Clans of Caledonia ist ein Wirtschaftsspiel, das schnell zu spielen ist und durch seinen variablen Aufbau viele unterschiedliche Szenarien bietet. Die Zugplanung macht durch das Vorhandensein vieler Möglichkeiten Spaß, ist aber nicht so komplex, dass sie zu einer Tüftelei wird. Meines Erachtens hätte das Spiel ein wenig mehr Interaktion vertragen.
Zufall (rosa): 1
Taktik (türkis): 2
Strategie (blau): 2
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 2
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0