Tycoon

 

Das Spiel:

Tycoon

Wirtschaftsspiel

von Wolfgang Kramer und Horst-Rainer Rösner

für 2-4 Spieler ab 2 Jahren

Jumbo, 1998

 

WIN-Wertung:

** Tycoon A UUU I S TT W 4 (2-4) h(h)

 

Vergleichbare Spiele:

Manhattan (T)

Auf Achse (M)

 

Teamarbeit scheint in zu sein, zumindest bei Wolfgang Kramer, denn in letzter Zeit häufen sich Gemeinschaftsproduktionen. Warum? Ich weiß es nicht und letztendlich ist es mir auch egal, solange dabei ein gutes Spiel herauskommt. Die heutige Teamproduktion ist das Wirtschaftsspiel "Tycoon", mit dem übrigens Jumbo wieder in das Segment der anspruchsvollen Erwachsenenspiele einsteigen will. Partner von Kramer ist Horst-Rainer Rösner, der mir bisher als Autor noch nicht bekannt war.

 

Der erste Blick auf das riesige Spielfeld erinnerte mich gleich an "Manhattan", denn da wie dort gibt es 9 Weltstädte, in denen Hotels gebaut werden sollen und ein wenig "Big Boss" schimmerte auch durch, aber das waren nur erste Assoziationen.

Nachdem jeder Spieler sein Startkapital, magere 15 Mille, die bald weg sein werden, alle Hotels und Fabriken und das Flugzeug seiner Farbe erhalten hat, kann das Spiel auch schon beginnen.

 

Wer am Zug ist, hat zwei Möglichkeiten: Entweder er setzt aus und nimmt einen Kredit auf, oder er baut in einer Stadt ein Hotel oder eine Fabrik. Befindet man sich bereits in einer Stadt, so darf man dort bleiben und ein weiteres Hotel oder eine

Fabrik bauen, so ferne für letztere noch Platz ist, denn mehr als zwei dürfen in keiner errichtet werden, oder er fliegt zunächst in eine andere Stadt und baut dann dort.

Um fliegen zu können, muss man allerdings ein passendes Ticket besitzen. Mit einem Linienflugticket hat man zwar eine größere Flexibilität, was die Streckenwahl anbelangt, dafür ist es aber auch wesentlich teuerer als ein Charterflug, der aber Start- und Zieldestination vorgibt. 2 Linientickets und 6 Chartertickets liegen immer offen aus und man kann in seinem Zug davon kaufen, soviel man will und bezahlen kann.

 

Will man also in eine andere Stadt, so muss man ein passendes Ticket vorweisen und überprüfen, ob einer der beiden Landeplätze frei ist. Dieser bestimmt dann auch den Preis, den man für das Hotel, das man bauen wird, bezahlen muss. Er liegt je nach Stadt zwischen 2 und 5 Millionen. Fabriken, von denen, wie schon erwähnt, je Stadt nur zwei gebaut werden dürfen, kosten unabhängig vom jeweiligen Landeplatz zwischen 4 und 10 Millionen. Hat man gebaut und alle Tickets gekauft, die man erwerben wollte, so werden diese wieder aufgefüllt und der nächste ist dran.

 

Wer sich die obigen Preise in Erinnerung ruft, dem wird sofort klar, dass man sehr bald einen Kredit aufnehmen wird müssen und inzwischen spielen wir eigentlich nur mehr so, dass man damit bereits zu Spielbeginn anfängt – ein oder gar zwei Kredite zu 16 Millionen. Wer bescheidener bleiben will, kann auch nur 10 Millionen aufnehmen, doch das sollte man ganz genau durchkalkulieren, denn die richtige Kreditwahl (Zeitpunkt und Höhe) kann ein Spiel entscheiden. Wer einen Kredit aufgenommen hat, nimmt übrigens sein Flugzeug vom Spielplan und muss dann in der nächsten Runde mittels eines Linienfluges den Ort des Geschehens wieder betreten.

 

Sobald der erste Spieler sechs Hotels verbaut hat, wird die Runde noch fertiggespielt, sodass jeder gleich oft drangekommen ist und dann findet eine Zwischenwertung statt. In jeder Stadt wird dazu überprüft, wer die meisten und wer die zweitmeisten Hotels gebaut hat. In Abhängigkeit von der Anzahl der Hotels und der Stadt gibt es für diese Spieler entsprechend viel Geld. Dabei gilt allerdings nicht die Faustregel, je mehr Hotels, desto mehr Geld, denn sobald 9 Hotels in einer Stadt gebaut sind, was aber meist erst in der dritten Phase eintritt, nehmen dort die ausgeschütteten Beträge wieder ab. Gibt es in der Anzahl einen Gleichstand, dann gewinnt übrigens

jener Spieler, der als erster ein Hotel gebaut hat. Dies hat aber auch Nachteile, doch darauf komme ich später noch zu sprechen.

 

Sind die einzelnen Städte abgerechnet, werden die Besitzer der Fabriken ausbezahlt und zwar erhält man soviel, wie der Spieler mit den zweitmeisten Hotels in der entsprechenden Stadt erhalten hat. Schon das ist sehr lukrativ, aber so richtig freuen dürfen sich jene Fabrikanten, deren Fabriken in der Stadt mit den meisten Hotels stehen, denn sie erhalten soviel, wie der Spieler mit den meisten Hotels und das ist das doppelte von dem, was man ansonsten erhalten würde. Schließlich wird noch geprüft, in wie vielen Städten jeder Spieler mit Hotels vertreten ist und entsprechend der Anzahl erhält er auch eine Prämie, die um so höher ist, je mehr Städte er besiedelt hat. Bevor es nun weitergeht, muss allerdings noch der unangenehme Teil der finanziellen Transaktionen erledigt werden, das Rückzahlen der Kredite.

 

Für einen 10 Millionen Dollar Kredit hat man 12 und für einen 20 Millionen Dollar Kredit 26 Millionen an die Bank zurückzuzahlen. Das ist aber noch gar nichts zu dem, was einem blüht, wenn man den Kredit verlängert, denn dann erhöht sich die Summe auf 16 bzw. 30 Millionen. Die zweite Runde geht in der selben Art und Weise - allerdings wird man viel weniger häufig die Bank aufsuchen müssen und in der dritten Runde sollte das eigentlich überhaupt nicht mehr nötig sein und sobald der erste Spieler insgesamt 12 Hotels gebaut hat, findet die zweite Wertung nach obigem Schema statt. Und hat schließlich jemand 18 Hotels errichtet, wird ein letztes Mal abgerechnet und natürlich darf sich nur der Reichste "Tycoon" nennen.

"Tycoon" wirkt nicht gerade innovativ, es ist wie viele Kramerspiele eine Mischung aus bekannten Ideen, aber es funktioniert erstaunlich gut und macht auch großen Spaß. Es erinnert nicht nur vom Spielplan, sondern ein auch vom Spielgefühl und vor allem von der Spannungskurve her sehr an "Manhattan". Während die erste Phase noch relativ ruhig, ja fast langweilig abläuft, geht dann die Post ab und am Ende sitzt man auf glühenden Kohlen. Ein Knackpunkt bei "Tycoon" ist klarerweise das Geld, nicht nur, weil es über den Sieg entscheidet, sondern auch, weil es der Motor in diesem Spiel ist. Ohne Geld keine Tickets, ohne Tickets keine Flüge und damit auch keine Hotels in verschiedenen Städten. Wer hier zur richtigen Zeit die richtigen Tickets auf Vorrat kauft, manche sind mit 1 Million richtige Okassionen, hat schon den halben Sieg in der Tasche.

 

Ein weiteres Kriterium ist die richtige Kreditwahl, sowohl vom Betrag wie auch vom Zeitpunkt her. Denn wer gezwungen ist, knapp vor einer Wertung einen Kredit aufzunehmen und wer nicht bauen kann, weil er über zu wenig Geld verfügt, der muss die Bank aufsuchen, der zahlt im Grunde nur Zinsen, ohne mit dem Geld zu arbeiten. Und außerdem verliert man durch einen Kredit eine Runde.

 

Wichtig sind auch Fabriken, denn sie bringen auf jeden Fall Geld und in der Regel auch mehr als Hotels. Und wenn man dann sogar in der Stadt mit den meisten Hotels ist, sahnt mit so richtig ab. Doch Vorsicht, wie schon erwähnt sinkt ab einer gewissen Hotelanzahl das Einkommen wieder. Und mit den Hotels gibt es noch ein zweites Problem. Sobald in einer Stadt das sechste bzw. in manchen das siebente Hotel gebaut wird, ist der Ausstattungsstandard so hoch, dass das als erstes gebaute

Hotel renovierungsbedürftig und damit von der Wertungsleiste genommen wird. Es ist dadurch zwar nicht unbedingt verloren, aber man muss in die Stadt fliegen und so eine Runde verschenken, um es zu renovieren. Und es wird dann auch nicht wieder an die erste Stelle zurückgestellt, wodurch man bei Gleichständen unter Umständen nicht mehr gewinnt, sondern ans Ende anbaut. Und das tritt dann noch zweimal und zwar beim neunten und beim elften Hotel auf, falls überhaupt so viele gebaut werden.

 

Man sieht, es gibt schon einiges zu beachten bei diesem Spiel und das macht auch seinen Reiz aus. Es ist seit langem wieder einmal ein gut funktionierendes und spannendes Wirtschaftsspiel, das auch zurecht in die Nominierungsliste zum "Spiel des Jahres" aufgenommen wurde. Es bleibt nur zu hoffen, dass uns Jumbo auch in Zukunft mit solcher Qualität verwöhnt.