PERLEN DER SPIELKUNST   ◄ AUS DEM MUSeuM

 

HUGO KASTNER EMPFIEHLT

TARGUI

Nomadenzüge mit Kamelherden    

Liebe Leserin, lieber Leser! „Targui“ ist „Risiko in der Wüste“ – mit dieser prägnanten Kurzformel kommentiert Bruno Faidutti den strategischen Kampf der Tuaregs um Dörfer, Oasen, Sanddünen, Gebirgsfelder, Hügel und Salinen. Allein das Salzmeer bleibt eine Tabuzone, höchstens hinderlich bei den ausgedehnten, gierigen Beutezügen. Und „Targui“ kommt in einer politisch korrekten Verkleidung daher, werden doch nicht Soldaten getötet, sondern Kamele, nicht Staaten erobert, pardon: befreit, sondern Geländefelder. In den Achtzigerjahren waren die meisten deutschen Spielverlage aus Publicity-Interesse gezwungen, eine zu offensichtliche Kriegsthematik zu meiden. Eines der Ergebnisse der in der Folge notwendigen, cleveren, dem pazifistischen Gedanken entsprechenden Verkaufsstrategie, ist heute das Objekt unserer Betrachtung: „Targui“. Und trotz der Thematik und der dem „Risiko“ ähnlichen Konfliktsimulation hat dieses Spiel eine Aufnahme in die „Hall of Fame“ mehr als verdient, weist es doch unbestritten einige gewaltige Vorzüge gegenüber dem berühmten Vorläufer auf, wie Sie beim Lesen dieser „Spielperle“ bald erfahren werden. Auf den Geschmack gekommen? Dann auf ins Österreichische Spielemuseum nach Leopoldsdorf, wo Sie die stimmige „Wüstenatmosphäre“ garantiert nachempfinden werden. www.spielen.at.

Der obligate Lichtkegel fällt dieses Mal auf eine ausgeprägte Wüstenlandschaft, mit allen Landschaftseinheiten, die den Zauber des nordafrikanischen Lebensraums ausmachen. Ben van Dijk und Wil Dijkstra haben dem vom Risiko gewohnten und auch bewährten Würfelkampf-Prinzip also noch ein stimmiges Thema unterlegt, das viel Atmosphäre und Ambiente auf den Spieltisch bringt. Ein weiterer Bonus: Die Ausgangslage variiert auf dem 7x7-Raster von Spiel zu Spiel – keine Partieanlage gleicht daher der anderen. Schicksalskarten, von den Autoren ausgewogen konzipiert, sowie ein trickreicher Mechanismus, der Mehrfachzüge eines Wüstenstreiters (Faidutti spricht vom „Management-Element“) erlaubt, bringen Dynamik ins Geschehen, obwohl die „Wanderung der Kamelherden“ (diese stellen die Ressourcen der Beduinenstämme dar) im eigentlichen Spiel überraschend schnell und locker vor sich geht. Lähmende Denkzeiten kommen kaum vor, dafür ein umso entschlosseneres Würfeln um Schlüsselpunkte des Landschaftsplans. Diese Angriffshandlungen werden notwendig, wenn ein Zielgebiet vom Gegner besetzt ist. Je nach topografischer Beschaffenheit sind die Chancen auf Erfolg wegen der spezifischen strategischen Bonuswerte  (von etwa Oase oder Sanddüne) ganz unterschiedlich einzuschätzen. Daneben sichern einzelne Landschaftstypen die letztlich gewinnbringenden wirtschaftlichen Erträge. Auch hier spürt man sofort die ausgeklügelte Idee des Autorenteams, eine Balance zwischen Kampfesstärke und Ertrag herzustellen. Was vielleicht auch noch zur Spiellust beiträgt ist die Möglichkeit, Kamele nachzukaufen. Falls Sie dennoch als Verliererstamm von dannen ziehen, dürfen Sie sich bei Targui getrost auf das Schicksal berufen. Gerade diese Sonderkarten – eine pro Runde – zerstören manchmal den genialsten Plan, spiegeln aber gleichzeitig die Ungewissheit unseres Spiel-Lebens wider. So manches stellt sich eben als Fata Morgana heraus!

Rückmeldungen an: hugo.kastner@chello.at                Homepage: www.hugo-kastner.at


EMPFEHLUNG # 61

Autor: Ben van Dijk / Wil Dijkstra

Preis: 30 € / vergriffen

Jahr: 1988 (Erstauflage)

www.jumbo.eu

Spieler: 2-4    

Alter: ab 12   

Dauer: ab  120 Min.  

OOOOOOOOO

Strategie/Taktik    Info±    Glück

Wenn auch alle Aktionen ganz offen ausgeführt werden, so kommen vor allem durch die Schicksalskarten – aber auch durch die Würfel und den eleganten wie unberechenbaren Zugmechanismus – doch einige Zufallselemente in die Beduinenkämpfe. Und das ist gut so, denn dadurch werden lange Nachdenkphasen und schwerblütige Entscheidungen weitgehend vermieden.  

Hugos EXPERTENTIPP

Für vier Spieler darf ich Ihnen eine in unserem Spielkreis erprobte Teamvariante absolut empfehlen. Alle Regeln dieses taktisch-strategischen Wüstenkampfes gelten uneingeschränkt, was dazukommt ist eine kleine Ergänzung: Sollte das Dorf eines Spielers vom Gegner erobert und dann vom Partner rückerobert werden, kommen 10 Kamele des ehemaligen Besitzers als Basiskampftruppe auf das betreffende Dorf-Feld. Durch diesen kleinen Kniff müssen die Partner noch mehr strategische Überlegungen ins Kalkül ziehen als ohnehin erfordert, und zudem gibt es auch kein frustrierendes „Königsmachersyndrom“.     

Hugos BLITZLICHT

Die Würfelphasen werden manchen Spieler an „Risiko-Begegnungen“ erinnern, doch kommen bei Targui deutlich mehr strategische Überlegungen ins Spiel. Dafür sorgen schon die unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten und Rastfelder wie Dorf, Oase, Sanddüne, Gebirge, Hügel, Salzmeer und Saline, sowie ein Spezialmechanismus, der einem Spieler bisweilen Serienzüge erlaubt. Targui ist dennoch keinesfalls kopflastig, trotz der sehr variablen Startaufstellungen! Fazit der „Jury des Jahres“ bei der Aufnahme auf die Auswahlliste 1988: „Ungemein spannend für Liebhaber von Strategie und Taktik.“

VORANKÜNDIGUNG

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