Targui

 

"Targui",

von Dijekstra und Van Dijk,

2-4 Spieler

Jumbo, 1988

 

Das einzig Dumme an diesem Spiel ist der Titel. Zugegeben, es geht um wilde Horden von Nomaden, die sich irgendwo in der Sahara mehr als wilde Schlachten liefern. Warum man allerdings nicht gleich "Tuareg" schreibt, anstatt der weitgehenden Einzahl "Targui" zu frönen, ist unverständlich. Heißts nun ausgesprochen "Targii", "Targui" oder, wie Fachleute glaubhaft zu machen versuchen, "Tarwii" mit geschlucktem "w" als "ch", oder ....

 

Ach was. Tatsache ist, dass eine erkleckliche Anzahl von - einigen wir uns darauf Singular-Tuareg aus den Stämmen der Kel Ress, Kel Ilbakan, Kel Allaggar und Kel Agier jene Salinen haben wollen, die sich in mitten des überdimensionierten Sandkastens befinden. Einigen wir uns ferner darauf, daß Kriegsspiele in der Bundesrepublik verpönt sind und deshalb keine Panzer (wie etwa in den französischen und italienischen Ausgaben von "Risiko") am Spielbrett anwesend sein dürfen. Also nehmen wir Kamele, die bei "Targui" noch dazu sehr stilisiert sind: die braunen Steine erinnern an Dromedarbuckel. Man fragt sich, ob das Tier mit dem Rest seiner Fülle im wahrsten Sinne des Wortes im Sand zu verlaufen gedenkt.

 

Genug des Schmähs. Gleich vorweg: "Targui" ist ein sehr gutes Spiel. Es könnte eine sinnvolle Ergänzung zu 'Stratego" sein, das ebenfalls aus dem Hause Jumbo stammt. Es wird jene begeistern, denen "Risiko" zu einfach und "Diplomacy" zu schwierig ist. Es wird nur Fans von Wirtschaftsspielen nicht gefallen - denn die könnten mit den beigelegten Münzen nicht viel anfangen.

 

Alles der Reihe nach: Der Spielplan wechselt von Spiel ZU Spiel. Viereckige Plättchen werden auf der Fläche zu Beginn kreisförmig ausgelegt. Dadurch ergibt sich die Wüstengeographie. Oasen, Gebirge, Dünen, Hügel, Salinen und vieles mehr ergehen die Hürden und Ziele, die es zu überwinden und zu erobern gilt. Die vier Stämme beginnen jeweils an einem Eck des Planes. Und jeder Teil des Planes weist zwei Werte auf: einen strategischen und ehren wirtschaftlichen Wert. Richtige Spieler haben jetzt schon erraten: Der strategische Wert gibt an, wie gut die Verteidigung an diesem Ort ist. Der wirtschaftliche Wert sagt, wie viel Zaster man hier am Ende einer Runde kassieren kann, sofern man den Landstrich besitzt.

Gespielt wird - bei einer normalen Partie mit vier Spielern - 16 Runden lang. Wer am Ende der letzten Runde am meisten abkassieren kann, ist Sieger. Andere Siegbedingung: Man eliminiert die drei Gegner - was schon etwas schwieriger ist.

 

Interessant ist die Lösung der Zugfolge, die an "Blue Stones" und "Landsknecht" von International Team erinnert: Man kommt nicht regelmäßig dran. Es werden vielmehr Stammeskarten gezogen. So kann theoretisch ein Spieler öfters hintereinander am Zug sein, was sowohl - das hängt von der jeweiligen Situation ab - von Vor- oder Nachteil sein kann. Interessant ist die bei jedem Spiel stets neu entstehende Spielfläche. Interessant ist ferner die Verlagerung der Spielidee in den Bereich der Sahara (Jumbo ist der erste Verlag, der eine Neuerscheinung in die Wüste schickt. Vorbildhaft!) Kamele statt Panzer, schreien die Singular-Einwohner. Nett ist die Spielregel, bei der man sich einigermaßen Mühe gemacht hat. Kindlich und kaum befolgt bleiben jene Bestimmungen, wonach jeder Spieler bestimmte Aufgaben hat. Der blaue Spieler legt die Fläche, der rote Spieler verwaltet die Bank, der gelbe liest die Ereigniskarten vor etc. Manchmal denkt sich der Rezensent, er sei in die Welt der Herder- Kooperationsspiele versetzt worden ... Beachtenswert auch die Sorgfalt. Das bereits erwähnte "Targui" ist am Cover sogar korrekt auf arabisch übersetzt (für Eingeweihte des Spielerkreis' Wien: gell, Peter Schmitt, da schaust...)

 

Der Wirtschaftsfaktor im Spiel bleibt unklar. Wozu die Münzen? Mit dem Geld können Kamele - und nur Kamele - gekauft werden. Eine Münze, ein Kamel. Bei den Testrunden zeigt sich, dass man aufs Geld verzichtet und gleich die Kampftierchen aus der Schachtel holt. Offenbar wollte man ein bisserl "aufmotzen", wie die Deutschen sagen. Was dem Spiel dennoch keinen Abbruch tut. Es macht Spaß trotz mancher Würfelorgien bei Massenschlachten bleibt immer noch das Gefühl, etwas Strategie einbringen zu können. Nach schwächeren Jumbo-Jahren sicher wieder etwas besonders, das noch dazu sehr schön ausschaut.

 

Ceterum Censeo: und ein Kriegsspiel ist es trotzdem nicht.