Mr. Jack
The Return of Jack the
Ripper
In
düsteren Gassen, beim Schein flackernder Gaslampen, schleicht Jack the Ripper
durch das schmutzige Londoner Stadtviertel Whitechapel. Die Crème de la Crème der
Detektive seiner Zeit macht Jagd auf den grausamsten Frauenmörder des
ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts. Schon scheint sich das Netz endgültig
zuzuziehen … doch wieder schlüpft der Mörder durch Polizeisperren, wieder
bietet ihm ein verborgener Kanaldeckel einen letzten Ausweg vom Weg zum Galgen.
Sherlock Holmes, John Watson, Inspektor Lestrade, Sir William Gull und wie sie
alle heißen, die großen Detektive der alten Zeit, verzweifelt drohen sie auch
diesmal an der Schläue und Verschlagenheit des Mordbuben zu scheitern. Wird es
Ihnen besser ergehen? Nun, Ihr Gegenüber ist schon bereit, die Rolle von Jack
the Ripper zu mimen. Lassen Sie ihn in dieser Nacht nicht nochmals entkommen!
Vorbereitung
& Spielziel: „Wanted!“
– Die Ergreifung Mr. Jacks ist das erklärte Spielziel. Und dafür stehen acht
Meisterdetektive in Form von Figurenscheiben bereit, die vorweg nach einem
Grundschema auf dem Plan Whitechapels platziert werden. Vier davon befinden
sich im Schatten, vier im Lichtkegel der acht Gaslaternen-Plättchen. Ein paar Kanaldeckel
sowie zwei Polizeisperren, die das düstere Stadtviertel abriegeln, ergänzen das
Bild. Acht Figurenkarten und acht Alibikarten liegen gemischt neben dem
Stadtplan bereit. Zuletzt liegt eine Doppelkarte „Zeuge/Kein Zeuge“ auf. Einer
der beiden Spieler übernimmt die Rolle Mr. Jacks, der andere schlüpft in die
Haut des „Inspektors“. Mr. Jack darf durch Ziehen einer Alibikarte seine
Identität – er verbirgt sich hinter einer der acht Figuren – geheim festlegen.
Der Rundenzähler steht auf „1“ … die Jagd beginnt!
Spielablauf
& Spieltipps: In exakt
acht Runden versucht der Inspektor den Mörder dingfest zu machen. Dabei stehen
jeweils zweimal vier Figuren offen zur Wahl: Pro ungerader Runde (1-3-5-7) mit
der Zugfolge Inspektor-Jack-Jack-Inspektor, pro gerader Runde (2-3-6-8) mit der
Folge Jack-Inspektor-Inspektor-Jack. Piktogramme in der auf den Plan gedruckten
Rundenzählerleiste zeigen diesen Ablauf deutlich an. Nach jeder Runde (also
nach jeweils vier Karten) gibt es eine – kriminaltechnisch logisch begründete –
Phase der Zeugenaussagen. Darunter darf man sich keine langen Befragungen
vorstellen, sondern vielmehr eine schnelle Rückmeldung zur Position der acht
Figurenkarten auf dem Plan. Die Zeugenkarte bleibt offen liegen, wenn sich nach
der vollen Runde die vorweg geheim gewählte Figurenscheibe des Mr. Jack unter
jenen Figuren befindet, die vom Lichtkegel einer Gaslaterne beschienen werden.
Hierzu eine kurze Erläuterung: Im Lichtkegel steht jede Figur, die sich direkt
neben einer Gaslaterne befindet, wie auch jede weitere Figur, die an eine im
Licht befindliche angrenzt. Eine weitere Möglichkeit ist noch der Lichtkegel
von Watsons Taschenlampe (dazu aber später). Hat sich dagegen Mr. Jack ins
Dunkel der Gassen zurückgezogen, wird die Zeugenkarte auf die Seite „Kein
Zeuge“ gedreht. Nur in diesen glücklichen Momenten hat Mr. Jack eine Chance,
den Londoner Stadtteil Whitechapel durch einen der vier Ausgänge endgültig zu
verlassen und damit das Spiel zu gewinnen. Nach jeder der ersten vier Nächte
erlöscht zudem eine der durchnummerierten Gaslaternen. Der Rundenzähler rückt
weiter … die Jagd beginnt aufs Neue … Das Spiel kann auf drei Arten enden: (1)
Mr. Jack entflieht aus dem Stadtteil, (2) der Inspektor ergreift den Mörder
(dies geschieht dadurch, dass eine der Figurenscheiben auf das Feld Mr. Jacks
zieht und ihn korrekt anklagt) und (3) Mr. Jack kann bis zum Ende der achten
Nacht nicht verhaftet werden. So viel zur Rohfassung des Ablaufs. Die Tücke
liegt jedoch vielmehr in den unterschiedlichen Fähigkeiten der acht Figuren,
die noch dazu nach bestimmten Vorgaben eingesetzt werden. Hier haben wir eine
Palette klingender Namen: Sherlock Holmes, Privatdetektiv (darf sich die
oberste Alibikarte ansehen), John H. Watson, Assistent von Holmes (mit
Taschenlampe ausgestattet), John Smith, Gaslaternenmann (kann Gaslaternen
verschieben), Inspektor Lestrade, Scotland Yard (versetzt Polizeisperren), Miss
Stealthy, Frauenrechtlerin (kann jeden Teil Whitechapels überqueren, selbst die
sonst gesperrten Gaslaternen- und Gebäudefelder), Sergeant Goodley, Polizist
(holt Hilfe mit seiner Trillerpfeife), Sir William Gull, Leibarzt Ihrer
Majestät (tauscht mit anderen Figuren den Platz) und zuletzt Jeremy Bert,
Journalist (versetzt Kanaldeckel). Ständig ändert sich durch die Bewegung
dieser Detektive das Stellungsbild: logische Rückschlüsse, ungewollte
Kurzschlüsse, trickreiche Bluffs und bis zuletzt ein Gefühl der Hoffnung sind
die Folge. Wird es reichen …?
Kritik
& Anmerkungen: Kaum zu
glauben, dass ein Deduktionsspiel für Zwei so locker und spannungsgeladen rüber
kommen kann. Bruno Cathala und Ludovic Maublanc ist es gelungen, die
Nachdenkphasen in überschaubarem Rahmen zu halten und gleichzeitig das Gefühl
zu vermitteln, alles unter Kontrolle zu haben. Wie der statistische Bewertungsblock ausdrückt, ist Mr. Jack ein Deduktionsspiel mit hohem
Glücksfaktor. Ein Widerspruch? Ja und nein, denn letztlich kommt es auf die
subjektive Wahrnehmung an – und diese war bei meinen Spielpartnern schon wegen
der elegant abgestimmten Spezialfähigkeiten der Figuren vom Gefühl der Logik
bestimmt. Wurde man dann doch gefasst, blieb eben das „Pech“ ein willkommener
Entschuldigungsgrund. Mr. Jack
ist auch kurzweilig genug, um sofort eine Revanche mit getauschten Rollen zu
erlauben. Und glauben Sie ja nicht, dass immer nur eine Seite gewinnt. Jede
Partie läuft anders ab, dafür sorgt schon die gewaltige Zahl an Kombinationen
beim Aufdecken der Figurenkarten. Ein Lob auch für die optische Umsetzung des
Geschehens: Der Plan ist stimmungsvoll, die Figuren- und Alibikarten sind aus
dickem Karton, griffig und außerdem schön gezeichnet, die Spielregel (auch in
Englisch, Französisch und Holländisch) ist locker und leicht verständlich
geschrieben, mit einer Extraseite für FAQ. Einziger Wermutstropfen: Der Farbrand
der Alibikarten lässt ungewollte Rückschlüsse zu. Der Verlag hat allerdings mit
einem Beiblatt eine Lösung aus dieser Misere anzubieten. Abschließend sei noch
angemerkt, dass Mr. Jack auch als
„Familienspiel“ (über die Generationen hinweg) überaus tauglich ist. Die
Fähigkeit, Spannungserlebnisse zu verarbeiten, ist ja glücklicherweise nicht
altersabhängig.
Mein persönliches Fazit: Mr.
Jack ist ein immens stimmiges Deduktionsspiel mit einer spannungsvollen nächtlichen
Jagd durch die Straßen Whitechapels. Alle Spielelemente greifen elegant
ineinander, der Spannungsbogen nimmt bis zum Ergreifen Jacks bzw. bis zur
Flucht des Mörders ständig zu. Der geschickt konzipierte, abwechselnde Einsatz
der Detektive (sprich: Figurenkarten) lässt kaum Langatmigkeit aufkommen, das
langsame Erlöschen der Gaslaternen engt die Zahl der Verdächtigen mehr und mehr
ein, und doch gelingt es Jack immer wieder, sich dem Arm der Gerechtigkeit zu
entziehen. Vielleicht mag das Sujet einer Mörderjagd für ein Spiel ungewöhnlich
erscheinen – hier wurde dieses Thema jedenfalls in geradezu unnachahmlicher Art
aufs Spielbrett gezaubert.
Hugo
Kastner
Eine dramatische, nächtliche
Jagd auf Jack the Ripper scheint die Schlinge eng und enger um den Hals des
Frauenmörders zu ziehen. … Doch Stunde um Stunde verrinnt, die Lampen werfen
spärliches, schwächer werdendes Licht auf die engen Gassen, und Jack the Ripper
läuft noch immer frei herum. Verzweifelt greifen die acht Meisterdetektive nach
dem Rock des Mörders … Noch aber öffnet sich ein allerletzter Kanaldeckel …
ÜBERBLICK
Autor: Bruno
Cathala/Ludovic Maublanc
Vertrieb: Fachhandel
Preis: ca.
30 Euro
Verlag: Hurrican
2006
Spieler: 2
Alter: 9+
Dauer:
30
BEWERTUNG
Genre: Detektivspiel
Zielgruppe: Zweierspiel
Mechanismus: Deduktion
Strategie: ●●○○○○○
Taktik: ●●●●●○○
Glück: ●●●●○○○
Interaktion: ●●●●●●●
Kommunikation: ●●●○○○
Atmosphäre: ●●●●●●○
Kommentar:
Exquisite Ausstattung
Stimmige Atmosphäre
Knisternde Spannung
Unterschiedliche Charaktere
Die fünf grässlichen Morde eines Jack the
Ripper im Londoner Stadtteil Whitechapel haben nicht nur in der Kriminalgeschichte
sondern auch im Bewusstsein der Massen seit mehr als einhundert Jahren einen
tiefen psychologischen Nachhall bewirkt. Heute können Sie mit einem wohligen
Prickeln die Jagd nach dem Mörder am Wohnzimmertisch nachvollziehen. Mr. Jack mag nur für zwei Spieler
konzipiert sein, dennoch tummelt sich ein weites Feld an charakterstarken
Detektiven in den düsteren Gassen Whitechapels. Wenn Sie Spielen wie Incognito oder Cluedo etwas
abgewinnen können, dann sofort auf ins London des Jahres 1888!