Cannae
Am 2. August 216 v. Chr. standen sich bei dem Dorf
Cannae in Süditalien die römische Armee unter Konsul Paullus und das
karthagische Heer unter Hannibal gegenüber. Hannibal war mit
seinem Heer, für die Römer völlig überraschend, über
die Alpen nach Italien eingedrungen und stand nun tief im Herzen des römischen
Reiches. Zwischen dem Fluß Aufidius und einer Hügelkette erstreckten sich die
beiden Schlachtreihen.
Dies ist die Ausgangsposition für das strategische
Simulationsspiel " CANNAE" von Jean du Poel, der ja vielen von uns
bereits durch das gelungene Wagenrennspiel " Ben Hur" (eine
spielmäßige Umsetzung dieses Rennens aus dem bekannten gleichnamigen Film)
bekannt ist. Auch bei "CANNAE" ist er seinen ausstattunusmäßigen Qualitätsansprüchen
treu geblieben. Auch hier gibt es einen Kunstlederspielplan und schöne,
handcolorierte Spielsteine aus Holz. Von den römischen Velites (Speerwerfer)
über die keltische oder numidische Reiterei bis hin zu den Phalanciten
(schwerbewaffnete Infanterie) und den bekannten spanischen Steinschleuderern
ist jede, an der Schlacht teilhabende, historische Waffengattung vertreten. Da
auf beiden Seiten verbündete Armeen (z.B. Kelten und Spanier) teilnahmen und
diese auch bei den Spielsteinen farbmäßig unterschiedlich getrennt sind, können
bis zu vier Spieter an einer Partie teilnehmen.
Dieser Umstand stellt für eine strategische
Simulation eher eine Rarität dar, da solche Spiele zumeist nur für zwei
Personen ausgelegt sind. Zur schönen Ausstattung des Spieles
gehören neben dem Spielplan und den erwähnten
Figuren noch Sumpfelemente (ebenfalls aus Kunstleder), Schlachtprotokolle, eine
Sichtblende zwei verschiedene Würfelsätze und selbstverständlich eine
ausführliche und leicht verständliche
Spielanleitung.
"CANNAE" kann man am besten als
Schlachtsimulation unter Berücksichtigung aller teilnehmenden Kräfte
bezeichnen. Es wurde versucht, mit den teilnehmenden Figuren ein tatsächliches
Mengenverhältnis zu erreichen. So zählt z.B. jede Fußvolkfigur 2000 Mann und
jede Reiterfigur 1000. Die Figurenstärken
wurden lat. Autor aus Geschichtswerken übernommen.
Die Feldherren Hannibal Pulus, etc.) wurden als eigenständige kleinere Figuren
berücksichtigt, die ständig auf einer ihrer Einheiten stehen müssen. Die
Spieler schlüpfen in die Rollen der Feldherren und versuchen ständig, mit
taktisch klugen Befehlen die Pläne ihres Gegners zu erraten und zu
durchkreuzen, um Vorteile aus der Truppenstellung zu erlangen und den Gegner zu
schwächen.
Das Spiel selbst geht über 12 Spielzüge, die den 12
Stunden entsprechen, die eine Schlacht damals, bedingt durch das
Tageslicht, dauern konnte. Ein Stundenstein zeigt
auf einer Skala am Spielplanrand die jeweilige Stunde der Schlacht an. Nun
komme ich zu einem Umstand, der mir an "CANNAE" neben der Tatsache
der vier möglichen Spieler, am meisten zusagt. Durch den Einsatz von
Schlachprotokollen wurde erreicht, daß ALLE FIGUREN, GEGNERISCHE UND EIGENE,
GLEICHZEITIG BEWEGT WERDEN KÖNNEN. Dadurch ist ein Einstellen und Reagieren auf
die Züge
des Gegners nicht so leicht möglich wie bei
konventionellen Spielregeln..
Jeder Spielzug teilt sich daher in drei Phasen auf:
1. Befehle geben durch Notieren der
Figurenbewegungen auf dem Protokoll.
2. Marschieren der Figuren d.h. Ausführen der auf dem
Protokoll eingetragenen Bewegungsbefehle.
3. Kampfhandlungen: Kämpfe werden durch Würfeln
unter Berücksichtigung von Bonuspunkten aus der Stellung der Figuren (Flanken
oder Rückenangriffe, isolierte Stellung etc.) bzw. aus dem eventuellen
Vorhandensein einer Feldherrenfigur (+1) entschieden.
Durch Verwendung der Spezialwürfel mit den Werten
0,1,2,2,3,4 wird das Spiel mehr taktikbetont. Das Spiel endet, wenn eine Seite
beide Feldherren verIiert. Wenn nach Ablauf der 12 Züge jede Seite einen oder
keinen Feldherren verloren hat, ergibt dies ein Remis, wenn eine Seite einen
Feldherren verloren hat, einen sogenannten kleinen Sieg für den Gegner. Alle
Figuren haben vorgegebene maximal mögliche Zugwerte (Kavallerie natürlich mehr
als Infanterie), wobei Wendungen etc, ebenfalls Bewegungspunkte verbrauchen. Da
grundsätzlich kein Zugzwang besteht, können die Spieler frei entscheiden, mit
wie vielen
Figuren sie ziehen möchten, bzw. wie viele
Bewegungspunkte sie pro Figur verbrauchen möchten. Selbstverständlich kann nicht
jede Einheit immer wunschgemäß bewegt werden, da dies durch gegnerische bzw.
fallweise auch eigene Einheiten verhindert wird. Grundsätzlich muß aber jede
Einheit ihren schriftlichen
Befehl so weit als möglich ausführen, wobei der
Grundsatz gilt, daß, wenn zwei Einheiten dasselbe Feld besetzen wollen, die
schnellere Einheit (Kavallerie) den Vorrang hat. Bei gleichen Einheiten
entscheidet der Würfel. Wie in den Spielregeln extra vermerkt wurde, stellen
diese nur ein Regelgerüst dar und die
Spieler können diese Regeln in vielen Punkten ändern
oder ergänzen, so man sich das Spiel quasi individuell zuschneidern kann. Auch
diese Möglichkeit. Sie fällt mir an "CANNAE" recht gut.
Positiv fiel mir auch der relativ einfache und
rasche Kampfmodus auf, der es auch Einsteigern in den KOSIM-Bereich ermöglicht
"CANNAE" zu spielen. Es gibt keine Moral oder Ermüdungsfaktoren.
Nachdem für die einzelnen beteiligten Einheiten alle eventuellen Bonuspunkte
und Punkteabzüge berücksichtigt wurden, entscheidet ein einziger Würfelwurf.
Bei zwei Punkten Unterschied ist die geschlagene Einheit eliminiert, bei einem
Punkt Unterschied muß sie sich zurückziehen und der Sieger kann nachrücken. Für
jede Einheit wird nur einmal gewürfelt. Dieser Wurf gilt sowohl für den Angriff
wie auch für eine eventuelle Verteidigung. Dadurch reduziert sich die
Einheitenzahl relativ rasch, was sich positiv auf die Spieldauer auswirkt. Eine
durchschnittliche Spieldauer von ca. 3 Stunden ist für ein Kosim nicht viel.
Alles in allem gesehen gefällt mir "CANNAE"
gut, vor allem weil es sich durch einige Eigenheiten" wie z.B. vor allem
die simultanen Zugmöglichkeiten doch etwas vom Gros des strategisch-taktischen
Spieleangebotes (vor allem im Kosim-Bereich) abhebt. Der Spielgenuß hält im
wesentlichen auch das, was die schöne Aufmachung verspricht, was ja leider
nicht immer der Fall ist. Positiv zu erwähnen ist auch das Bemühen um
historische Genauigkeit. Man merkt dem Spiel das Quellenstudium des Autors an.
Engagierten Cosim-Freaks wird das Spiel vielleicht
zuwenig komplex sein aber ich z.B. schätze Durchaus zwischendurch einmal ein
Spiel, das nicht zumindest halbtagelang dauert. Was den positiven
Gesamteindruck des Spieles etwas schmälert ist die Ausführung der
Sumpfelemente, die ich schlichtweg als häßlich empfinde. Obwohl sie taktisch
durchaus eine Bereicherung darstellen würden, hat sich mein ästhetischen
Empfinden bisher gegen die Verwendung derselben gesträubt. Nachdem der Autor
soviel Mühe und Zeit für die Ausstattung des
Spieles verwendet hat z.B.. handcolorierte Figuren
aus Holz sollte hier doch eine gefälligere Variane möglich sein.
Zusammenfassend möchte ich bemerken: nur weiter so,
Jean du Poel. Ich jedenfalls bin schon sehr auf die nächsten
Neuerscheinungen von ihm in seinem Historien
Spieleverlag gespannt.
Das Spiel ist übrigens nicht im freien Handel
erhältlich, sondern kann nur bei Jean du Poel und dem Historien Spieleverlag
bestellt werden Bernhard Kramer Straße 13, D-4800 Bielefeld 1, Tel.
060521/322617 oder 31948. Etwas Geduld muß man in jedem Fall aufbringen, da die
Spiele wegen das großen Aufwandes erst nach Bestellung angefertigt werdem. Die
Kosten lagen zumindest nach letzten Informationen beim Spielefest, bei ca.
500.- öS