Crosss-City oder Rauchende Socken

 

Cross City

Uwe Wibben/Rudolf Ehm

Taktisches Wirtschaftsspiel

Ab 12 Jahren

3-6 Spieler

 

Wer von uns wäre in den Pionierzeiten des Wilden Westens nicht gerne mit dabei gewesen. Das Glück beim Schopfe packen und am Ufer des Gold Rivers Gold waschen. Dann - hoffentlich mit Packtaschen voll Nuggets, in die nächste Stadt zurückkehren, die Pferde versorgen und erst einmal gemütlich ein heißes Bad beim Barbier nehmen, natürlich mit Zigarre, Hut und Stiefel. Mit einem dicken Finanzpolster würde man ins Geschäftsleben einsteigen und ein paar Geschäfte eröffnen. Schließlich durch die Straßen der Stadt schlendern und in den Saloons so manche Pokerrunde bestreiten. Vorbei! Geschichte! Läßt sich alles nur noch in Büchern oder auf dem Bildschirm erleben! Nein, den da gibt es noch Cross City. Die wildeste der Städte im Wilden Westen, wo auch heute noch jeder sein Glück machen kann. Reiten wir gemeinsam durch diese letzte Wildwest Idylle voller Pioniergeist und Abenteuer! Doch Vorsicht! Dies ist kein Spiel für Hasenherzen. Hier werden Sattel und bohnenfeste Spieler mit schnellen Händen gebraucht!

 

Nun, solch eine Einleitung verstärkt natürlich, daß, durch die schöne Verpackung und die, auf den ersten Blick zu sehende reichhaltige Ausstattung geweckte Interesse an dem Spiel. Was vorerst wie eine Wild-West Monopoly Variante wirkte, bekommt nun doch eine andere Dimension. Die liebevolle Ausstattung mit viel Holz, vielen Würfeln und den schön gemalten Karten, erweckt zusammmen, mit dem prächtigen Spielplan sofort nicht nur Interesse sondern auch Atmosphäre. Man fühlt sich gleich in die Zeit des Wilden Westens versetzt.

 

Wollen wir nun einmal Cross- City betreten. Vor uns sehen wir eine typische Westernstadt mit zwei Straßen, die genau in der Mitte der Stadt eine rechtwinkelige Straßenkreuzung bilden. Bis An die Kreuzung heran befinden sich auf beiden Seiten der Straßen Häuserzeilen. Von wenigen Steinhäusern wie Poststation und Sheriff-Office abgesehen wirken diese Bretterbuden am Straßenrand einander alle sehr ähnlich und unterscheiden sich im Wesentlichen nur durch verschiedene Fenster, Türen und Hausschilder.

 

Laut krachende Revolverschüsse sind in Cross City nicht etwa Anzeichen chaotischer Zustände. Sondern eher Hinweis auf ein reges Wirtschaftsleben. Die treffsicheren Einwohner sind so gute Schützen, daß sie mit ihren Revolvern Nägel ins Holz schießen können, sozusagen die ersten Tacker.

Nun, wenn es doch einmal Streit zwischen den Bewohnern der Stadt gibt, wird dieser natürlich, von einigen Saloonschlägereien abgesehen, um der eigenen Meinung etwas mehr

Gewicht (Blei) zu geben, ebenfalls mit dem Colt ausgefochten. Weil aber bekanntlich alle sehr gut treffen, entscheidet allein die Schnelligkeit des Revolverziehens. Flinke Händchen (ausnahmsweise einmal niedriges Würfeln mit dem Coltwürfel) sind also gefragt. Ehrliche Duelle werden nur im Zentrum der Stadt ausgetragen. Schließlich sollen alle Bewohner etwas

davon haben. Gefährliche und wilde Schießereien kann es auch bei Bank Post oder Überfällen auf offener Straße geben, oder wenn geschäftliche Interessen gefährdet erscheinen. Kurzum die Stadt ist immer ebenso friedlich, wie es die ihren Geschäften nachgehenden Einwohner sind.

 

Neben dem Erwerb als Geschäftsleute verdienen die Einwohner von Cross City ihren Lebensunterhalt notfalls auch mit Arbeit auf der Ranch, der Farm oder beim Goldwaschen. Mitunter kann man seine Einnahmen auch lukrativ aus Post- Bank und Straßenraub bestreiten. Wird man nicht zuvor von den Gesetzeshütern erwischt oder von gierigen kopfgeldjagenden Mitbewohnern (Mitspielern) werden einem bei einer Bankhausgründung ja ohnehin alle Sünden vergeben, denn Bankiers sind ja bekannterweise grundehrliche Menschen.

 

Das Stadtbild ändert sich überhaupt sehr rasch. Wo gestern noch ein rechtschaffener Schmied sein Geschäft hatte, steht heute ein Bankhaus, und wo ein lebensfroher Barbier mit der Schere klapperte oder Zähne zog, bietet nun ein Sargtischler seine Leistungen an, in Cross-City sicherlich ebenso ein Zukunftsberuf wie der Gemischtwarenladen (General Store). Die Stadt hat selbstverständlich einen Bürgermeister, einen Sheriff und einen Deputy oder Hilfssheriff. Sie werden natürlich für ihre Bemühungen aus der Stadtkasse zusätzlich entlohnt. Wer die

meisten Geschäfte zu Beginn einer neuen Spielrunde hat, ist der gewählte Bürgermeister und bezieht für sein Amt ein fettes Gehalt. (Der Bürgermeister sieht den letzten Punkt natürlich

immer etwas anders). Natürlich kann man auch Sheriff werden. Die Gesetzeshüter werden allerdings in diesen rauhen Zeiten nur pro Einsatz bezahlt. Über deren Gehalt wollen wir aber nicht reden Finden Sie es selbst heraus. Cross City steht jedem offen- aber Vorsicht - Betreten auf eigene Gefahr.

 

Nun, somit wäre auch schon das meiste über den Spielablauf, sprich das Leben in Cross- City erzählt. Einiges von Interesse gibt es aber doch noch zu berichten. Das Spiel verläuft eher in zwei Phasen. Vorerst versucht jeder einmal möglichst viele Geschäfte zu ergattern. Man kann wenn man auf ein freies Hausfeld gelangt, frei entscheiden, welche Art von Geschäft man

errichten möchte. Behindert wird man in dieser Entscheidungsfreiheit lediglich von seinem Bargeldvorrat und von eventuell bereits in einer Häuserzeile vorhandenen Geschäften. Es darf nämlich jedes nur einmal pro Häuserzeile vorkommen. Aus diesem Grund sind Eckbauplätze an der Straßenkreuzung besonders begehrt und kosten das Doppelte. Leider verdient man danach nicht das Doppelte. Dafür liegt man aber schließlich auch im Stadtzentrum, wo mehr potentielle Kunden vorbeikommen,. Doppelte Einnahmen gibt es nur bei einem eventuellen Monopol, sprich wenn man als einziger eine Geschäftssparte betreibt. Dieser Zustand hält aber zumeist nicht lange an. Gebaute Geschäfte können jederzeit in ein anderes umgebaut werden, allerdings erhält man keine Refundierung für das alte Geschäft. Wenn einmal Cross City voll ausgebaut ist, wird die Bewegungsfreiheit durch einen zusätzlichen Richtungswürfel eingeschränkt. Alle Geschäfte haben unterschiedliche Vorteile und Einnahmen, kosten natürlich auch unterschiedlich viel. So behebt der Bankier Zinsen auf die Bankeinlagen, der General Store Besitzer kann sich günstig eine Goldgräberausrüstung besorgen, Salon und Tischlereibesitzer verdienen an den Schießereien in der Stadt usw. Der rasche Stadtausbau wird auch durch den Umstand beschleunigt, daß man bei einem Pasch oder EINEM Sechser gleich noch einmal würfeln darf. Geschäftsgründungen in Serie sind daher anfangs gar nicht

so selten.

 

In später Folge geht es dann ums Geldverdienen und notfalls auch beseitigen unliebsamer Konkurrenten und zwar mit allen Mitteln und Tricks. Aber keine Angst! Stirbt ein Geschäftsführer (Spielerfigur), tritt sofort ein neuer an seine Stelle. Allerdings geht dabei leider, leider das beste Geschäft verloren.

 

Finessen wie maskierte Überfälle, betrunkene Sheriffs und Kopfgeldjagd auf zur Fahndung ausgeschriebene Mitspieler verleihen dem Spiel zusätzlichen Pepp. Alles kann sich sehr rasch ändern. Scheinbar aussichtslos abgeschlagenen Konkurrenten werden durch einen gelungenen großen Coup an die Spitze katapultiert; man stirbt bei einem Duell, wobei einem leider nicht einmal die angeheuerten schnellen Revolvermänner helfen dürfen da dies eine Sache der Ehre ist usw...

Das Leben in Cross-City ist eben sehr abwechslungsreich.

 

Das Spiel endet entweder nach einer vereinbarten Zeit, natürlich gewinnt in diesem Fall der Spieler mit dem größten Kapital, oder falls ein Spieler einen bestimmten Betrag erwirtschaftet hat. Unsere Testrunde hatte jedenfalls mächtig viel Spaß mit Cross-City, welches keinesfalls nur eine Monopoly Variante des Wilden Westens darstellt.

 

Der einzige größere Kritikpunkt ist die ziemlich unübersichtliche, verwirrende und sich teilweise sogar widersprechenden Spielanleitung, welche bei uns leider immer wieder Regel- und Auslegungsdiskussionen hervorrief. Erschwerend war dabei auch der Umstand, daß bestimmte Situationen in diversen Kapiteln verteilt beschrieben wurden und dabei teilweise widersprüchlich interpretiert wurden, so daß es viel Gesuche und anschließend rege Diskussionen gab. Mitunter hatten laut Regel mehrere recht, so daß immer wieder

Kompromisse gefunden werden mußten. Dies trübte leider doch ziemlich das Spielvergnügen. Wenn es dem Verlag gelänge, die Regeln neu zu überarbeiten und dabei auch für Klarheit zu sorgen, wäre Cross City ein Kandidat für die Hall of Fame. In jedem Fall ist es ein ausgefallenes Produkt, welches für viel Spielspaß in einem Nischenthema sorgt.

 

WIN-Wertung

Cross City AAA UUU WWWW SS 3-5 2-3 Stunden