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Schiffe bauen für Ruhm und Ehre
Die Werft
Vom Segelschiff zum Dampfantrieb
2009 war für den kleinen tschechischen Verlag Czech Games Edition (CGE) ein erfolgreiches Jahr. Mit Dungeon Lords von Vlaada Chvátil ist eines der Highlights des Jahrgangs gelungen, das mittlerweile auch mehrfach ausgezeichnet (Spiele Hit für Experten) und nominiert wurde. Etwas im Schatten steht mit Die Werft ein zweites großes Spiel, das CGE ebenfalls 2009 veröffentlicht hat. Zu Unrecht wie ich finde, denn das zweite Spiel von Vladimír Suchý, nach Sechsstädtebund 2007 (ebenfalls CGE), ist mehr als einen Blick wert. Höchste Zeit also Die Werft gründlich zu begutachten, bevor der nächste Jahrgang veröffentlicht wird.
Die Spieler begeben sich in das Jahr 1870 und schlüpfen in die Rolle von Werftbetreibern, wie der Titel schon vermuten lässt. Die industrielle Revolution ist voll im Gange und die Schifffahrtsindustrie ist im Wandel. Stahl und Kohle ersetzen Holz und Segel. Eine interessante Zeit für einen Werftbetreiber. Neue Schiffsdesigns müssen her. Regierungsbeauftragte bewerten diese und locken mit lukrativen Aufträgen.
Das klingt jetzt vielleicht nach einem Wirtschaftsspiel, ist es aber nicht. Vielmehr geht es darum, Schiffsteile und Personal zu sammeln. Sobald ein Schiff fertig ist wird es zu Wasser gelassen und bewertet. Dafür gibt es Siegpunkte. Zusätzlich erhält jeder Spieler 6 Regierungsaufträge, von denen er 2 behalten darf und die am Ende hoffentlich viele Siegpunkte für die gebauten Schiffe bringen. Wer dann am Ende die meisten Punkte hat, gewinnt.
Beim Öffnen der Schachtel fallen gleich einmal die zahlreichen Kartonplättchen auf. Die Spielvorbereitung artet in Arbeit aus, denn mehrere hundert Plättchen müssen sortiert, gestapelt und auf ihre entsprechenden Positionen am Spielplan positioniert werden. Ansonsten befinden sich die üblichen Holzspielsteine und Spielpläne in der Schachtel. Alles hübsch gestaltet und funktional.
Die Spieler kommen immer reihum nacheinander zum Zug. Unabhängig von der Anzahl der Mitspieler hat jeder Spieler 23 normale Züge. Die Spieldauer steigt daher linear mit der Spieleranzahl (2-4). Funktionieren tut Die Werft für jede Besetzung und verliert auch zu beim Spiel zu zweit nicht an Reiz, was auch dadurch bedingt ist dass die Interaktion mit den Mitspielern eher beschränkt ist.
Wer am Zug ist, wählt eine Aktion aus. Der Mechanismus des Aktion auswählens ist sehr interessant und mir in dieser Form auch noch nicht untergekommen. Für jede mögliche Aktion gibt es ein Aktionsplättchen. Diese Aktionsplättchen liegen hintereinander auf einer geschlossenen Zeitleiste. Wer am Zug ist nimmt zuerst seine Figur von dem Aktionsplättchen der letzten Runde und legt das alte Aktionsplättchen vorne an die Leiste. Das Feld auf dem das Plättchen vorher lag wird dadurch frei. Auf diese Weise werden die Züge mitgezählt und das Spielende ist jederzeit absehbar. Die Figur wird dann auf ein anderes freies Aktionsplättchen gestellt und die entsprechende Aktion ausgeführt. Die Figuren der Spieler blockieren die Aktionsplättchen auf denen sie stehen. Für jedes besetzte Aktionsplättchen das in der Zeitleiste vor dem gerade gewählten Aktionsplättchen liegt, bekommt der aktive Spieler einen Gulden ausbezahlt. Dadurch werden tendenziell unbeliebte Aktionen aufgewertet. Sollte ein Aktionsplättchen besonders weit zurückfallen kann noch zusätzliches Geld fällig werden.
Für 6 Gulden können die Spieler Zusatzaktionen kaufen. Dies kann eine beliebige Aktion außer der normal gewählten sein. Die Zusatzaktion hat aber keinerlei Einfluss auf die Zeitleiste und es gibt auch kein Geld für andere Figuren. Dafür können aber auch Aktionen gewählt werden, die von anderen Spielern blockiert wurden.
Auf die unterschiedlichen Aktionen werde ich in dieser Regelzusammenfassung nicht im Detail eingehen. Sie bringen alle auf die eine oder andere Weise Schiffsrumpfteile, Ausrüstung, Besatzung, Geld oder Kanäle, welche für die Jungfernfahrt benötigt werden.
Im Wesentlichen gibt es bei den Aktionen 2 Mechanismen.
Für Schiffsbau, Rohstoffe kaufen und Kanal mieten liegen in einer Auslage mit fünf Zeilen verschiedene Plättchen. Die Plättchen der untersten Zeile sind gratis, die der zweiten und dritten kosten einen Gulden, die der dritten und vierten sogar zwei Gulden. Die Plättchen rücken dann von oben nach unten nach und werden so mit der Zeit billiger.
Für die Aktionen Crew anheuern, Ausrüstung herstellen und Arbeitskraft einstellen wird eine Figur im Uhrzeigersinn auf einem Kreis mit 4, bzw. 8 Feldern bewegt. Auf jedem Feld sind bestimmte Plättchen erhältlich. Die Figur wird um ein Feld weiterbewegt. Will der Spieler lieber ein anderes Plättchen, kann er Geld bezahlen um weiter zuziehen, ein Feld kostet einen Gulden.
Auch der Rohstoffhandel funktioniert ähnlich, erlaubt aber nicht ,für Geld weiter zu ziehen.
Ein Schiff ist fertig sobald der Rumpf fertiggestellt wurde. Ein Rumpf muss aus einem Bug, einem Heck und ein bis sieben Mittelteilen bestehen. Ein fertiges Schiff muss sofort mit Ausrüstung und Mannschaft bestückt werden und zur Jungfernfahrt auslaufen. Dabei ist zu beachten dass auf den unterschiedlichen Rumpfteilen unterschiedliche Sicherheitsausrüstung und Plätze für Aufbauten und Crew aufgezeichnet sind. Man kann also nicht beliebig ausrüsten, sonder muss überlegen was man kauft. Für Crew, Aufbauten und Geschwindigkeit erhält der Spieler dann Punkte gutgeschrieben. Dann zieht das Schiff durch die vorher hoffentlich angemieteten Kanäle. Sollte nicht genug Kanal da sein um die Geschwindigkeit voll auszufahren wird das Schiff ohne jede Wertung weggeschmissen. Was übrigens auch passiert, wenn kein Kapitän vorhanden sein sollte. In den Kanälen sind noch einige Beobachter aufgezeichnet, die z.B. diverse Sicherheitsausrüstungen oder Kriegsausrüstung bewerten, sollte das Schiff das entsprechende Feld befahren. Bei kluger Planung können da wichtige Punkte heraus schauen.
Generell gibt es sehr unterschiedliche Ansätze wie man zu Punkten kommt. Große, gut ausgerüstete Schiffe bringen oft mehr Punkte als mehrere kleine, aber das kann durch lukrative Regierungsaufträge ausgeglichen werden. Die Regierungsaufträge sind sehr wichtig und können gut ein Drittel oder die Hälfte des Gesamtscores ausmachen. Es ist daher ratsam schon früh auf diese hin zu spielen. Vor allem das Einstellen der Arbeiter, die permanente Boni bringen, sollte gut überlegt werden und auf die Strategie ausgerichtet sein.
In den ersten Partien sind die vielen Möglichkeiten noch unüberschaubar und man spielt gemütlich vor sich hin. Das Ganze kann schon fast langweilig werden, bis man irgendwann bemerkt wie wenige Züge noch bleiben und wie viel man noch machen möchte.
Mit mehr Spielerfahrung versucht man daher schon früher unnötige Aktionen zu meiden und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Für mich persönlich wurde Die Werft mit gestiegener Erfahrung immer interessanter und bedingt durch die vielen, durch die unterschiedlichen Regierungsaufträge ermöglichten Strategien bleibt es abwechslungsreich.
Vom Spiel zu viert würde ich aufgrund der deutlich längeren Spieldauer eher abraten, ansonsten ist Die Werft aber ein heißer Geheimtipp für all jene, die sich von den zahlreichen Möglichkeiten nicht abschrecken lassen, sondern darin eine Herausforderung sehen.
Markus Wawra
Spieler : 2-4
Alter : ab 10 Jahren
Dauer : ca. 120 min
Autor : Vladimír Suchý
Grafik : Milan Vavron
Titel englisch : Shipyard
Preis : ca. 35 Euro
Verlag : Czech Games Edition (2009)
www.czechgames.com
Genre : Sammel- und Aufbauspiel
Zielgruppe : Für Experten
Mechanismus : Aktion auswählen, Schiffe bauen
Kommentar:
umfangreiches, hübsch gestaltetes Spielmaterial
gut verständliche Regeln
viele strategische Möglichkeiten
auch zu zweit empfehlenswert
Vergleichbar mit:
Le Havre, Loyang, Puerto Rico
Gesamt: 6
Markus Wawra:
Die Werft ist ein Spiel dass ich erst nach mehrmaligen spielen zu schätzen gelernt habe. Anfangs erschien es mir unübersichtlich und relativ langwierig. Nachdem diese Hürde genommen ist, machen es die vielen strategischen Möglichkeiten aber auch langfristig interessant.
Zufall 1
Taktik 2
Strategie__ 3
Kreativität
Wissen_
Gedächtnis
Kommunikation
Interaktion 1
Geschicklichkeit
Action