Barbarisch!

 

Conan.

 

Zeitalter der Kriege

 

„Ja, mach nur einen Plan
Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch 'nen zweiten Plan
Geh'n tun sie beide nicht.“

 

Das Lied von der Unzulänglichkeit
des menschlichen Strebens

aus: Die Dreigroschenoper, von Bertolt Brecht,

 

Vielleicht sollte man sich doch einmal die Zeit nehmen, und ein paar Conan-Geschichten lesen. Der Schöpfer dieses barbarischen Kriegers, Robert Ervin Howard (1906 – 1936), hinterließ einundzwanzig kurze Erzählungen, vier davon erst posthum veröffentlicht, sowie zahlreiche Fragmente und Entwürfe zu weiteren Episoden. Seit seinem ersten Auftritt 1932 im Weird Tales Magazine, dem damals einflussreichsten Pulp Magazine (Groschenheft) der Vereinigten Staaten, fand der cimmerianische Held – manche nennen ihn auch aufgrund seiner fragwürdigen Moral einen Antihelden – viele Anhänger. Conans Abenteuer gelten als Ausgangspunkt des Fantasy-Subgenres von Sword-And-Sorcery, worin es weniger um die Rettung der Welt (vergleiche hierzu High Fantasy, etwa als klassisches Beispiel J. R. R. Tolkiens „Der Herr der Ringe“), als um Auseinandersetzungen im kleineren Rahmen in von Magie durchwaberten mythischen Reichen geht – Blutfehden, Raubzüge und ähnlichen Zeitvertreib mehr. Die Erlebnisse Conans stehen in der Tat prototypisch für diese Art der Unterhaltung. Bevor er König wird, befehligt er Räuberbanden, Piraten, Söldner, besteht alleine Abenteuer, tritt Dämonen, Monstern, Zauberern, Hexen, Riesen und Zwergen entgegen. Er bezwingt die meisten seiner Gegner und -rinnen brutal und blutig, mordet, brandschatzt und schändet was das Zeug hält. Die Krone Aquiloniens erringt er durch Erwürgen des vorherigen Herrschers – aber der war eh ein nichtswürdiger Despot.

Bisweilen wurden dem Texaner Howard faschistoide Tendenzen unterstellt. Rassistische, menschenverachtende Untertöne enthält sein Werk gewiss, doch sollte man hier die Entstehungszeit berücksichtigen und ebenso in Rechnung stellen, dass der Mann, der an Depressionen litt und schließlich tatsächlich seinem Leben selbst ein Ende setzte, nie plante, bedeutende Literatur zu verfassen. Er schrieb gegen Bezahlung, was Herausgeber und Publikum verlangten, und hatte das Glück, seine Marktlücke füllen zu können.

„Conan. Zeitalter der Kriege“ stellt ebenso wenig moralische Ansprüche. Das in Robert E. Howards halbmythischer Welt Hyborien angesiedelte Strategiespiel will den Kampf von vier mächtigen Reichen – Aquilonien im Westen, Hyperborea im Norden, Stygien im Süden und Turan im Osten – um die Vorherrschaft auf dem Kontinent nachstellen, und endet entweder nach einer zufälligen Rundenzahl im dritten (spielinternen) hyborischen Zeitalter, oder sobald eine Partei in ebendieser Ära versucht, Conan zum König zu krönen. Die Zeit verstreicht dabei auf eine recht eigentümliche Art. Obgleich das Spiel in Runden abläuft, dauern die ersten beiden Zeitalter jeweils so lange, wie Conan benötigt, um je vier zufällig (aus einem Kartensatz von 27) ausgewählte Abenteueraufgaben zu erfüllen. Das dritte Zeitalter dauert dann höchstens bis zum Ende von Conans vierter (insgesamt also zwölfter) Aufgabe. Die Spielzüge stehen in keinem vorher festzulegenden Verhältnis dazu. Es siegt, wer die meisten Imperiumspunkte hat.

Zu Beginn wird der Spielplan – er stellt Hyborien mit farblich unterschiedenen Gebieten, darunter die vier erwähnten Staaten, dar – ausgelegt. Man wählt seine Spielfarbe, erhält seinen Satz Königreichskarten und Gebotsmarker, und nimmt sich je nach Farbe 2 Strategiekarten 3 Goldmarker, 4 Gesandtenfiguren, 4 bis 5 Armeefiguren und keine oder zwei Magiemarker. Königreichskarten sind individuell auf die vier Reiche zugeschnitten, und geben zum Beispiel spezielle magische Fähigkeiten, Sondertruppen oder neue Eigenschaften für Gesandte. Ihr Einsatz kostet Spielgold. Entsprechend der Spieleranzahl werden Aufgabenkarten ausgelegt, für deren Erfüllung es bei der Endabrechnung Siegpunkte (Imperiumspunkte genannt) gibt – manche Bedingungen können dabei von mehr als einem Reich erfüllt werden, sie alle erhalten dann Punkte. Die Übersichtskarten (mit Kurzregeln und Symbolerklärungen) sollten leicht für alle einsehbar bereitgelegt werden. Die restlichen Strategiekarten werden gemischt und verdeckt auf den dafür vorgesehenen Platz des Spielbrettes gelegt, die Karten der drei Artefakte (Schwert, Herz-Amulett, Krone; vermutlich aus Conangeschichten, Comics oder Filmen den Eingeweihten vertraut) werden jetzt noch zufällig verteilt; später, bei jedem Zeitalterwechsel, müssen sie ersteigert werden. Das erste Conan-Abenteuer (vermutlich auch an veröffentlichte Erzählungen angelehnt) wird aufgedeckt, die passende Anzahl an Abenteuermarkern in drei möglichen Kategorien (Frauen, Monster, Schätze; zum Prahlen, wichtig bei Artefaktversteigerungen) auf die entsprechenden Felder gelegt, der Conan-Zielstein, ein mit Runen verzierter silbergrauer Obelisk, in die auf der Abenteuerkarte vermerkte Region, und schließlich die Conan-Spielfigur nach Cimmerien, Conans Heimat, gestellt. Nun darf man zum ersten Mal darauf bieten, Conanspieler zu werden. Nach jedem Abenteuer wird neuerlich eine Gebotsrunde eingelegt. Der Conanspieler, die Conanspielerin erlebt allerdings nicht wirklich Conans Abenteuer, sondern darf die Conanfigur in jeder Runde ein Feld auf den Conanzielstein hin bewegen, kassiert dafür eine Abenteuermarke, oder nützt eine von Conans speziellen Fähigkeiten (Unterstützung der eigenen Armee im Kampf, oder Plünderung einer Provinz, was bedeutet, eine gegnerische Armee zu schwächen). Nur die Conanspielerin, der Conanspieler darf im dritten Zeitalter versuchen, Conan zum König zu machen. Obwohl Abenteuermarken auch gegen Gold getauscht werden dürfen, sind sie nicht nur beim Bieten um Artefakte, sondern auch bei einem Krönungsversuch und in der Endabrechnung begehrt. Zuletzt werden noch die sieben blauen Schicksalswürfel geworfen. Die dann oben sichtbaren Symbole bestimmen die nächsten sieben Züge der Spieler. Sind sie verbraucht, wird wieder gewürfelt.

Die Symbole befähigen dazu, entweder Königreichs- und Strategiekarten nachzuziehen, Conan außertourlich zu bewegen oder eine Abenteuermarke einzustreifen, ein bis zwei Armeeeinheiten aufzustellen, zu ziehen, oder im Kampf einzusetzen, ein bis zwei Gesandte aufzustellen, zu ziehen, als Intriganten einzusetzen oder mit ihnen Gold zu kassieren. Es gibt auch Jokersymbole, die für alle diese Handlungen (außer Conanaktionen) benützt werden dürfen, wenn keine entsprechenden Symbole mehr ausliegen. Anzahl und Art der Zeichen ist freilich völlig vom Würfelwurf abhängig.

Man kann nun beginnen, das eigene Reich zu vergrößern, indem man neutrale oder gegnerische Provinzen erobert oder durch Gesandte an die eigene Heimatprovinz bindet, Festungen und Türme setzt. Kommt es zum Kampf, bedient man sich der roten Kampfwürfel, sowie dazu geeigneter Strategie-(und Königreichs-)karten, und sollte auf Geländeanforderungen (Ebene, Hügel, Wald, Stadt) achten. Magiemarker erlauben einen zweiten Versuch. Fairerweise kann keine Seite mehr als fünf Armeeeinheiten einsetzen – die einzige Verstärkung bringt gegebenenfalls Conan (ein Kampfwürfel mehr). Für Eroberungen erhält man Siegpunkte, für Verbündete Gold. Eingesetzte Strategiekarten werden abgeworfen (und können, wenn der Nachziehstapel aufgebraucht ist, erneut ins Spiel kommen), Königreichskarten müssen für einen neuerlichen Einsatz immer wieder neu bezahlt werden – auch hier gibt es Karten, welche die Kosten beeinflussen können. Zwischendurch erledigt Conan seine Abenteuer, sucht sich nach jeder überstandenen Aufgabe einen neuen Verbündeten, das heißt, um ihn wird heftig gesteigert, und nach der vierten und achten Queste beginnt ein neues Zeitalter mit Zwischenabrechnung, Goldeintreibung (sprich Ernte und Tribute), Städtebau (Festungsspielmarker werden zu Städten aufgerüstet, Städte bringen nämlich zusätzliche Siegpunkte; Festungen, Türme und Städte können auch für einzelne Aufgaben wichtig sein, um ebenfalls Punkte zu lukrieren), und Kampf um die Artefakte. Es muss ja zu keinem Wechsel kommen, auch wenn die Prahlerei mit Abenteuermarkern vorgeschrieben ist.

So schleppt sich das Spiel dahin, alle heftig bemüht, ihre eigenen Pläne in die Tat umzusetzen, und stetig bedroht vom Ergebnis der Schicksalswürfel und Conans Elan, seine Abenteuer auszuleben. Irgendwann wird es im dritten Zeitalter vielleicht dem Conanspieler, der Conanspielerin zu mühsam, und mit dem verzweifelten Versuch, Conan zum Herrscher über das eigene Reich zu machen, endet die hyborische Zeitrechnung.

Das Anleitungsheft bietet auf 32 Seiten leicht zu erlernende Spielregeln. Zwischendurch wiederholen kurze Zusammenfassungen die entscheidenden Punkte des jeweiligen Kapitels. Die Gliederung ist übersichtlich, die Anleitung fast durchwegs klar formuliert, und nach einem Überblick werden weitere Punkte, wie etwa verschiedene Arten des Kampfes (bekriegt man eine neutrale oder gegnerische Provinz, wie und wann greift Conan ein, etcetera) oder Kartenbeispiele ausführlicher erläutert. Ein Stichwortregister wäre dennoch hilfreich. Da die Spielregeln aber, wie nun schon zur liebgewonnenen Tradition beim Heidelberger Spieleverlag geworden, im weltumspannenden Datennetz abzurufen sind, muss man eben notfalls auf eine Wortsuche am Bildschirm zurückgreifen. Beim Lesen entsteht der Eindruck eines kurzweiligen Strategiespieles mit zahlreichen, teilweise überraschenden Fantasyelementen.

Die wunderschön ausgefertigten Spielelemente tragen einiges zur Steigerung der Erwartungshaltung bei. Die grafische Gestaltung hält die Balance zwischen nicht allzu kitschiger Fantasymalerei und Comics, eher schon Graphic Novels. Die Kunststoffmodelle für Armeen, Gesandte, Festungen und Türme – beide zusammengesteckt ergeben ein Stadtmodell – sind nicht nur in der passenden Farbe gegossen, die Figuren stellen auch noch unterschiedliche, vermutlich der in ihren Reichen vorherrschenden Kultur angepasste Miniaturen dar. Aquilonische Soldaten erinnern zum Beispiel an römische Krieger, stygische Gesandte werden durch Kamelreiter symbolisiert. Auch Karten und Marker sind zwar viele, aber keineswegs zu viele vorhanden.

Leider geht die Rechnung nie ganz auf. Für ein Strategiespiel ist die Planung zu glücksabhängig. Angemessen wäre dabei ja durchaus, wenn die Kampfrunden in Würfelduelle ausarten. Die Möglichkeit, die Treffersumme durch den – oft mit Kosten verbundenen – Einsatz von Karten oder Magiemarken zu beeinflussen, ist zwar in „Conan. Zeitalter der Kriege“ recht individuell, wenn auch in Grundzügen bekannt, gelöst, aber sollte der Kampf nicht binnen einer Runde abgeschlossen sein, kann er sich sehr lange hinziehen. Für nicht am Konflikt beteiligte Parteien eher langweilig, denn weder können sie das Geschehen beeinflussen (höchstens durch Bedrohen oder Anfeuern der Kombattanten), noch in der Zwischenzeit Anderes, Spielrelevantes tun.

Die Spielzüge sind im vorhinein nur sehr vage zu planen, da die möglichen Handlungen einzig vom Ergebnis der Schicksalswürfel abhängen. Wird ein Würfel ausgewählt, steht er anderen eben nicht mehr zur Verfügung, also plant man wenig, sondern überlässt die Aktionen dem Zufall. Findet sich kein Kampfsymbol mehr, zieht man halt weitere Strategiekarten, die irgendwann auch nützen können. Soll man deshalb auf die Schicksalswürfel ganz verzichten? Das wäre freilich eine sinnvolle Alternative.

Ohnehin gibt es neben den Würfeln noch genügend weitere Zufallselemente – Strategie- aber auch Königreichskarten werden ebenfalls verdeckt vom Stapel gezogen. Man mache sich besser nicht zuvor mit den Königreichskarten vertraut, zu groß wäre die Enttäuschung, wenn ersehnte Stücke nicht und nicht auftauchen wollen! Die Strategiekarten, deren Zählwert ja auch bei Conan-Versteigerungen eingesetzt wird, zeichnen sich in dieser Kategorie durch eine große Bandbreite (von einem Punkt bis zu sechs Punkten) aus. Die eigentliche Strategiefunktion schwankt dagegen schlimmstenfalls zwischen den Möglichkeiten, die Karten im Osten und im Norden, oder im Westen und im Süden verwenden zu dürfen. Aber auch hier stecken sehr viele Zufälle drin.

Die Abenteuermarker werden gleichfalls verdeckt gezogen, dann aber offen ausgelegt. Meist hat die Conanspielerin, der Conanspieler die erste Wahl, trotzdem fällt es auch hier eher schwer, eine bestimmte Taktik zu verfolgen (etwa nur Monsterabenteuer zu sammeln). Die Idee, Conans Wüten zum bestimmenden Zeitfaktor zu machen, ist einerseits witzig (und wenn man die entsprechenden Geschichten wie „Der rote Priester“ oder „Blutmond“ kennt, birgt das gewiss einen zusätzlichen Reiz), andererseits kann das Abenteuer aber sehr bald enden, und damit die nächste Auktionsrunde drohen. Mehr als vier Abenteuermarken liegen nur ein einziges Mal für eine Queste („Nergals Hand“, immerhin ein Howard-Original) aus.

Bei „Conan. Zeitalter der Kriege“ handelt es sich mithin um ein schön gestaltetes, aber eher mühsam und leider auch langweilig zu handhabendes Spiel. Um daraus ein interessantes Strategiespiel zu machen, müssten mindestens zwei Glücksfaktoren eliminiert werden.

 

Kid                       

Family                  

Adult           ein    

Expert                           

 

Alter                    

Spezial                 

 

Spieler         : 2 – 4 (vernünftig ab 3 Spielern)

Alter            : 12+

Dauer           : Verlagsangabe 90+, im Test eher 120 – 150 Minuten

 

Autor           : Roberto diMeglio, Marco Maggi, Francesco Nepitello

Grafik          : Fabio Maiorani

Vertrieb A.   : Heidelberger Spieleverlag

Preis            : ca. 58,00 Euro

Verlag          : Nexus/Heidelberger 2009

                     www.hds-fantasy.de

 

Genre                    : Fantasy Strategiespiel

Zielgruppe             : Für Jugendliche/Erwachsene

Mechanismen         : Würfeln, Karten nutzen, vielfältig Siegpunkte sammeln

 

Zufall                     : 7

Wissen                  :

Planung                 : 3

Kreativität              :

Kommunikation      : 2

Geschicklichkeit      :

Action                   : 4

 

Kommentar            :

Sehr schönes Spielmaterial

Für Kenner Conans etliche Reminiszenzen eingebaut

Durchdachter Ansatz, verpatzte Ausführung

Zu viele Zufallselemente behindern strategisches Spielen    

 

Atmosphäre           : 5

 

Vergleichbar:

Risiko (mit Einschränkungen), teilweise auch Marvel Heroes

 

Martina & Martin Lhotzky, Marcus Steinwender

Ein schnell zu erlernendes, liebevoll, aufwändig und schön gestaltetes Spiel, das leider wenig Neues bietet. Der zu hohe Zufallsfaktor zerstört strategische Überlegungen, das Spiel wird schnell langweilig. Für Leute, denen „Risiko“ zu ungerecht ist, eventuell eine Alternative.