Prinz gegen Drache
Beowulf – Das Spiel zum
Film
Oder: Auf Heller und
Pfennig einmal anders
Beowulf war ein getischer
Prinz, der in seiner Jugend den Hof Heorod des Dänenkönigs Hrothgar vor dem
Ungeheuer Grendel und vor dessen Mutter (an sich nur verbiesterte Nachbarn, die
das ständige Saufen und Grölen der Dänen nicht mehr ertragen konnten) rettete. Danach
und auch deswegen wurde er in seiner Heimat Getland (Südschweden) König, und
die folgenden vierzig Winter passierte offenbar gar nix. Durch den Diebstahl
eines Goldpokals verärgert, fiel dann ein Drache über Getland her, und der alte
Beowulf trat ihm, nur unterstützt von einem Schildhalter, im Zweikampf
entgegen. Drache und Herrscher sterben, doch der Knappe berichtet vom Heldentod
und sorgt für ein anständiges Begräbnis des Königs zusammen mit dem
(verfluchten) Drachenschatz.
Das System von „Beowulf:
Das Spiel zum Film“ gleicht dem von „Auf Heller und Pfennig“ (
Das Spielprinzip ist
dasselbe geblieben. Die Mitspieler verfügen über verschiedenwertige
Spielfiguren (4 zum Wert 1, 3 mit dem Wert 2, 2 zu 3 und 1 mit dem Wert 4), die
Partie geht über drei Runden, und die Spielerinnen und Spieler ziehen entweder
eine Spielmarke (bei einem Handvorrat von 2 Marken) und setzen diese, oder
stellen eine Spielfigur auf das gerasterte Spielfeld. Nur wer Figuren
platziert, kann am Ende der Runde Siegpunkte verdienen (oder verlieren), die
Figuren mit dem Wert 1 erhält man nach der Abrechnung zurück, die höherwertigen
werden aus dem laufenden Spiel genommen. Es gibt Marken, die Punkte bringen,
Marken die Punkte kosten, und Sondermarken mit verschiedenen Funktionen wie
Teilung des Spielfeldes, Vervielfachung der Werte (positiv wie negativ), oder
ähnliches. Eine Runde endet jeweils, wenn kein freier Platz mehr auf dem
Spielplan zur Verfügung steht, dann folgt die Wertung (Multiplizieren,
Subtrahieren und Addieren der Reihen und Spalten). Nach der dritten Runde ist
Sieger, wer die meisten Punkte gemacht hat, bei Gleichstand gewinnt, wer die
höherwertigen Figuren zurückbehalten hat, oder man feiert einen
gemeinschaftlichen Sieg bei einem Humpen Met oder Honigmilch, ganz nach
Disposition.
Es gibt durchaus Änderungen
gegenüber den Vorgängerspielen. Der Spielplan teilt sich nun auf drei
Rasterfelder in unterschiedlicher Form (quadratisch, eingedellt quadratisch und
zick-zack), und für jede Runde werden andere Spielmarken ausgegeben, wobei man
die beiden Marken aus dem eigenen Vorrat in die folgenden Runden mitnehmen
kann, sollten strategische Überlegungen dies günstig erscheinen lassen. Diese
hinterher wieder richtig einzuordnen fällt nicht schwer, jede
Rundenmarkengruppe verfügt über eine andersfarbige Rückseite und Rahmung. Die
Sondermarken haben teilweise andere Funktionen, die mit hochtrabenden Titeln
versehen durchaus mehr Abwechslung ins Spiel bringen. Marken können nun
getauscht, Spielfiguren verschoben werden. Eine Erweiterung der taktischen
Varianten ist nicht zu leugnen und in der Tat zu begrüßen, da auch in jeder
Runde eine unterschiedliche Zusammensetzung der Marken geplant ist.
Die Ausstattung des Spieles
wirkt, man kann es nicht anders nennen, düster. Selbst die Spielerfarben
bewegen sich im Spektrum dunkelgrün, ocker, violett und mittelgrau, die Figuren
stellen (in aufsteigender Wertigkeit) Drachenboote, finstere Festungen,
speerbewehrte Krieger und schwertschwingende Anführer dar. Der Spielplan zeigt,
in der Reihenfolge der „Kapitel“ genannten Runden, die spärlich beleuchtete
Festhalle Hrothgars, die Schatzhöhle der Familie Grendel (und einen goldenen
Grottenolm, warum auch immer – das muss etwas mit dem Film zu tun haben) sowie
eine brennende Felsenfestung auf sturmumtoster Klippe. Die Spielmarken bilden
neben Zahlenwerten und Funktionssymbolen (Metkrug, Berge, Drachenkopf und
dergleichen) Szenen und Wesen aus dem computeranimierten Spielfilm „Beowulf“
(2007, Regie Robert Zemeckis, nach der graphischen Romanvorlage von Neil
Gaiman, die mit der frühmittelalterlichen Beowulfsaga nur mehr am Rande zu tun
hat) ab – eben das Spiel zum Film!
Das achtseitige Regelheft
ist klar und übersichtlich aufgebaut, wie man es vom Doktor der Mathematik
Knizia schon eher erwarten darf, die Regeln sind widerspruchsfrei und nicht
schwer zu erlernen (vor allem, wenn der Spielmechanismus ohnedies seit Jahren
bekannt ist), enthalten tendenziell zu viele gut gemeinte Beispiele aus dem
Spielgeschehen (macht nix) und allerlei Brimborium über Bänkelsänger und
Drachentöter.
Ziemlich ärgerlich ruft
dies so die Themenverfehlung in Erinnerung. Weder mit dem Film, noch gar mit
dem alten Heldenlied hat das Spielprinzip auch nur das geringste zu tun. So
drängt sich der Gedanke auf, dass von den amerikanischen Lizenzgebern eilig ein
Spiel zum Film in Auftrag gegeben wurde, und zwar eines, das als deutsches
Spiel durchgeht – in Übersee verweist dies mittlerweile weniger auf die
geographische Herkunft als auf den Mechanismus eines Spieles, die
ausgearbeiteten Regeln und so weiter –, und Fantasy Flight Games sich
möglicherweise die Chance auf das Aufspringen auf einen Zug mit bekannten Namen
(Beowulf & Knizia) nicht entgehen lassen wollten.
Martina & Martin
Lhotzky
Marcus Steinwender
Spieler : 2 bis 4
Alter : ab 10 Jahren
Dauer : ca. 60 Minuten
Autor : Jeff Tidball,
Grafik : Kevin Childress
Vertrieb : Heidelberger Spieleverlag
Preis : ca. € 25 ,00
Verlag : Heidelberger Spieleverlag
www.heidelberger-spieleverlag.de
Genre : Fantasyspiel
Zielgruppe : Freunde
Mechanismus: Plättchen legen, Multiplikatoren setzen, Rundenwertung
Strategie: *****
Taktik: ******
Glück: ****
Interaktion: *****
Kommunikation: ****
Atmosphäre: **
Kommentar:
Thema aufgesetzt
Gute klar strukturierte
Regeln
Viel Taktik
Eher weniger Atmosphäre
Vergleichbar:
Auf Heller und Pfennig,
Kingdoms
Martina, Martin und Marcus:
Obwohl eindeutig
Etikettenschwindel betrieben wird, ist „Beowulf – das Spiel zum Film“
wenigstens ein funktionierendes taktisches Legespiel und durchaus eine
spannende Variation von „Kingdoms“. Die aufgepfropfte Thematik verärgert
dennoch.