Rheinländer
Rheinländer
von
für 3 bis 5 Spieler
ab 12 Jahren
Parker Spiele 1999
ca. 45 Minuten
Das Rheinland war im Laufe der
Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende, schon immer stark umkämpft. Das Elsaß
wechselte unzählige Male seinen Besitzer, und auch das übrige Rheintal war
lange in viele kleine Herzogtümer unterteilt, die sich immer wieder bekriegten.
Doch nicht nur die Historiker wissen dies, auch wir Spieler haben bereits die
Machtkämpfe im Mittelalter um die Burgen nacherleben können, und zwar mit dem
Spiel "Rheingold" von Herbert Reinhard, erschienen 1992 bei
Ein Blick auf das Material
des frisch erschienenen "Rheinländer" zeigt uns, daß es auch hier um
Ritter und Burgen am Rhein geht. Der Rhein wird auf dem Spielplan als ein sich
schlängelnder Flußlauf präsentiert, was wohl kaum der geographischen Realität
entspricht. Spielerisch von Bedeutung ist jedoch seine Einteilung in über 50
Gebiete. Diese wiederum sind in drei Felder unterteilt, je eines am linken und
am rechten Ufer, eines in der Mitte des Stromes. Und dann liefern einige
Burgen, Kirchen und Städte die Antwort auf die berühmte Frage "Warum ist
es am Rhein so schön?". Die Lage dieser Reichsgüter ist aber keineswegs
vorgegeben. Vielmehr werden auf einigen markierten Stellen nach Zufallsprinzip
(verdeckt) Reichsgut-Plättchen aufgelegt. Dadurch ist die Ausgangssituation bei
jedem Spiel neu gegeben. Die Spieler werden mit kleinen Wappenplättchen in
ihrer Farbe ausgestattet, welche ihre Ritter darstellen. Wieviel jeder Spieler
erhält, hängt von der Spielerzahl ab: 25 Wappen bei 3 Spielern, 20 bei vier und
lediglich 17 Wappen pro Spieler bei voller Spieleranzahl. Zusätzlich bekommen
sie noch schon modellierte Spielfiguren in derselben Farbe - das sind ihre
Herzöge - sowie drei Basteien.
Das Um und Auf aber für die
Spieler, um ihre Ritter entsenden zu können und Gebiete am Rhein in Besitz
nehmen zu können, sind die Karten. 54 durchnumerierte Karten sind es, jede
Karte bezeichnet eben ein bestimmtes Gebiet. Fünf Karten werden den Spielern zu
Spielbeginn ausgeteilt. Danach funktioniert der Spielablauf ganz einfach: Wer
an der Reihe ist, wählt eine seiner Karten aus, setzt entsprechend einen seiner
Ritter ein und zieht wieder eine Karte nach. Auf welches Ufer eines Gebietes
man den Ritter einsetzt, bleibt einem selbst überlassen, nur bereits besetzte
Felder können nicht noch einmal gewählt werden (zwar kommt jede Karte nur
einmal vor, aber sobald der "Joker" gezogen wird, werden alle Karten
des Ablage- und des Nachziehstapels neu durchgemischt, wodurch manche Karten
öfter als andere auftauchen). Außerdem kann man die Flußmitte erst dann in
Besitz nehmen, wenn bereits beide Ufer besetzt sind. Jetzt könnte man ja
argwöhnen, daß das Spiel ja dann reine Glückssache sei, daß man zu sehr von den
Karten abhängig sei. Das stimmt aber nur bedingt, denn eine hervorragende
Regelung - Stichwort: Verstärkung - sorgt dafür, daß man nicht hilflos dem
Kartenglück ausgeliefert ist. Will man nämlich eine seiner Rittermächte auf dem
Plan "verstärken", ist die Zahl auf der abgegebenen Karte völlig
belanglos und man setzt einen Ritter auf ein Feld direkt neben einem eigenen
Ritter. Einzige Bedingung dazu: Das Feld darf an kein Feld grenzen, welches von
einem gegnerischen Ritter besetzt wird.
Auf diese Weise werden
Ländereien in Besitz genommen. Sinn und Zweck dessen ist das Bilden von
möglichst wertvollen Herzogtümern. Sobald mehrere benachbarte Felder von
Rittern belegt sind, spricht man von einem Herzogtum. Damit man ein Herzogtum
auch wirklich besitzt, muß man über mehr Ritter verfügen als jeder andere
Spieler, mindestens aber zwei eigene Ritter. Als Markierung seines Besitzes wird
dann eine Herzogfigur der eigenen Farbe für alle ersichtlich aufgestellt. So
richtig interessant wird ein Herzogtum aber erst durch die Reichsgüter, die man
darin einbinden konnte. Während die Städte jeweils den aufgedruckten Wert
bringen, sind Burgen und Kirchen nur einen Punkt wert. Dafür haben diese andere
Vorteile: Burgen werden vom herrschenden Herzog mit einem zusätzlichen Ritter
besetzt und bringen dadurch einen kleinen Verteidigungsvorteil. Herzogtümer mit
Kirchen erhalten einen Bischof. Dies allein bringt noch keinen Nutzen mit sich,
aber wer über mehr Bischöfe verfügt als jeder andere Spieler, bekommt die
"Erzbischof"-Karte ausgehändigt, und damit läßt sich einiges
anstellen, aber dazu etwas später.
Auf ein Herzogtum gibt es
jedoch kein Dauerabonnement. Sollte im Lauf des Spieles ein anderer Spieler
mehr Ritter in einem Herzogtum haben, kommt es zu einer Übernahme. Der frühere
Herzog wird an seinen Besitzer zurückgegeben, der als Entschädigung den Wert
des Herzogtums ausbezahlt bekommt. Und schließlich kann es auch durchaus
passieren - in ihrem grenzenlosen expansionistischen Eifer nehmen da einige
Spieler keine Rücksicht auf ihre Nachbarn -, daß Herzogtümer zusammenwachsen.
Auch in diesem Fall muß ein Herzog sein Amt zurücklegen, denn - wie heißt es so
schön? Es kann nur einen geben! Auch hier wird der vorherige Herrscher mit
einer schönen Abfertigung entsprechend dem Wert vor dem Zusammenschluß
entlohnt.
Schutz gegen solche fast
schon kriegerischen Übergriffe bieten da die Basteien. Zusätzlich zu einem
Ritter kann man in seinem Spielzug eine Bastei auf ein beliebiges freies Feld
setzen. Auf so ein Feld kann kein Ritter mehr gesetzt werden, da ja jedes Feld
nur einmal besetzt werden kann.
Die einzige Ausnahme dieser
Grundregel erlaubt der "Erzbischof". Wir erinnern uns: Wer über die
alleinige relative Mehrheit an Bischöfen verfügt, erhält die Kontrolle über den
Erzbischof. Und dieser kann Ritter "bekehren". Im Klartext heißt das:
Mit der entsprechenden Karte kann man aus einem Feld einen fremden Ritter
entfernen und durch einen eigenen Ritter ersetzen. Das kann die
Mehrheitsverhältnisse zum Teil gehörig durcheinanderwirbeln!
Das Spiel ist zu Ende, wenn
ein Spieler seinen letzten Ritter gesetzt hat, wobei natürlich eventuelle
Konsequenzen (Übernahmen, Herzöge, und ähnliches) noch abgehandelt werden. Es
erfolgt eine letzte Abrechnung der Herzogtümer, wobei nun jede Herzogfigur
allerdings stolze fünf Punkte bringt. Aus diesem Grunde kann es manchmal
vorteilhafter sein, viele kleinere Herzogtümer zu besitzen als wenige, dafür
riesige. Ebenfalls wird zum Spielende noch der Spieler belohnt, der den
Erzbischof kontrolliert. Es gewinnt klarerweise der Spieler, der insgesamt die
meisten Punkte erobern konnte.
Man kann nicht behaupten,
daß sich das Spiel in die Länge zieht. Die Anfangsphase ist geprägt von der
Bildung der ersten Herzogtümer, danach kommt es zu den ersten
Gebietsrangeleien. Und bevor es zu einem unübersichtlichen Hickhack ausartet,
ist das Spielende schon da. Daraus läßt sich bereits ablesen, daß es sich bei
"Rheinländer" nicht um ein hochstrategisches Spiel handelt. Die
Anforderungen für ein interessantes, taktisches Spiel mit angenehm kurzer
Spieldauer sind aber gegeben. Das Regelwerk klingt zwar kompliziert, ist aber
im Prinzip relativ einfach. Vielleicht kommt einem der Spielmechanismus ein
bißchen vertraut vor: Kartenausspielen und das betreffende Feld besetzen, um
Besitztümer zu erhalten oder zu vergrößern, welche später durch
"Fusionen" wieder verloren gehen können - das erinnert an den Klassiker
"Acquire" von Sid Sackson. Einige Details sind beim neuesten Spiel
von Reiner Knizia jedoch besser gelöst worden. Vor allem die
"Verstärkungsregel" finde ich äußerst gelungen, da man dadurch immer
mehrere Entscheidungsmöglichkeiten in seinem Spielzug hat. Aber auch der
unsymmetrische Aufbau der Landschaft mit Inseln, Doppelfeldern und sich
berührenden Ufern, sowie die wechselnde Anfangsaufstellung der Reichsgüter
lassen keine Langeweile aufkommen. Ich selber finde überhaupt Gefallen an
solchen Spielen, die mit einfachen Grundregeln eine große Vielfalt von
Entscheidungen erlauben.
Während bei
"Rheinländer" der Autor (Reiner Knizia) und der Grafiker (Franz
Vohwinkel) nicht verwundern, überrascht hingegen der Verlag, bei dem dieses
gute Spiel erschienen ist. Parker/MB/Hasbro hat uns Vielspieler in den letzten
Jahren ja recht stiefmütterlich behandelt, weshalb ich im Februar 1999 auf
einen Besuch des Messestandes in Nürnberg verzichtete. Zu Unrecht, wie sich
herausstellte, denn es scheint, daß nun der Verlag erkannt hat, daß man im
deutschsprachigen Raum auch mit anspruchsvolleren Spielen als letztens
"Lionheart" gute Geschäfte machen kann. "Rheinländer" wurde
daher extra für diesen Spielekulturkreis produziert. Wir Spieler können diese Entwicklung
nur begrüßen und hoffen, daß noch weitere gute Spiele folgen werden.
Meine Wertung:
** Rheinländer W SSS I UU
AAA 3 - 5 h
w