Origo

Aufbruch in neue Länder

 

Auf dieses zweite Spiel der Serie Autorenspiele bei Parker / Hasbro habe ich mich besonders gefreut, durfte ich doch in Essen den Prototyp spielen, Autor ist wieder ein „Großer“ unter den Spieleautoren, Wolfgang Kramer. Thema ist Europa zur Zeit der Völkerwanderung – fünf mutige Stämme wollen neue Länder erobern, die Hunnen, Langobarden, Goten, Angelsachsen und Wandalen.

 

Und wer jetzt fragt, ob es die Kramer-Leiste gibt, ja es gibt sie, von 1 bis 100, mit dem ersten 5 Feldern als Startfelder für die Zählsteine, genannt Stammesführer, diese Startfelder werden beginnend mit dem jüngsten Spieler im Uhrzeigersinn besetzt. Bleiben wir gleich beim Spielplan, er ist im Prinzip ein Raster aus 10 x 10 Feldern, die in verschieden große Länder und Wassergebiete eingeteilt sind, die Namen entsprechen denen europäischer Gebiete, daran, dass dabei Helvetien an Polen grenzt und der Balkan Dakien heißt, daran wird sich wohl niemand stoßen. Zu diesen 100 Feldern gibt es Buchstabenreihen an zwei gegenüberliegenden Seiten und Ziffernreihen an den beiden anderen Seiten, sodass jedes Feld durch eine eindeutige Koordinate festgelegt ist.

 

Dann haben wir noch Marker für die fünf Stämme, genannt Schilde, jeder Spieler nimmt sich die Sorte passend zu seinem Zählstein, dabei muss man darauf achten, dass man für 2 Spieler rot und blau nimmt, denn nur für diese Farben sind genügend Schilde im Spiel. Dann gibt es noch Karten, diese werden gemischt, jeder Spieler bekommt 10 Karten zugeteilt, der Rest ist Nachziehstapel. Schaut man sich die Karten an und hat von jeder Sorte eine erwischt, dann hat man fünf verschiedene Arten von Karten auf der Hand: Reihenkarten mit Buchstabenbezeichnung, sie gelten für jedes freie Feld der entsprechenden Reihe. Spaltenkarten tragen eine Ziffer und gelten dementsprechend für jedes freie Feld der genannten Spalte. Schiffskarten gelten für ein beliebiges Meeresfeld, Bevölkerungskarten gelten für jedes freie Feld, das neben einem Schild des Spielers liegt, der die Karte spielt, und Länderkarten für ein beliebiges freies Feld des genannten Landes.

Und hier muss ich gleich eine ziemlich heftige Kritik loswerden, es war keine gute Idee, oben auf die Karte „LAND“ hinzuschreiben und den Ländernamen unten auf die Karte, denn bei einer Kartenhand von 10 Karten ist es ziemlich unmöglich, die Ländernamen zu lesen, man hat also die Wahl die Karten verkehrt auf die Hand zu nehmen oder sich zu merken, was man hat – da fiel praktischer Spielwert der grafischen Einheitlichkeit zum Opfer. Dafür steht aber auch auf jeder Karte noch einmal deren Gültigkeit.

 

Ein wenig näher erklärt werden muss der Wertungsplan, er hat ein Feld für jedes Land, in dem 3 verschiedene Werte angegeben sind. Dann gibt es noch eine Ziffernreihe für die Clans und die Seemacht im Rahmen der Stammeswertung, ein Feld für den Rundenstart und den Aktionsstein und eine Leiste mit 12 Feldern als Gründungsleiste für die Länder, jedes vierte Feld ist rot unterlegt und löst bei Aufdecken eine Stammeswertung aus, zu Spielbeginn wird diese Leiste mit den weißen Gründungssteinen besetzt.

 

Und jetzt können wir losspielen, und das funktioniert denkbar einfach: Zuerst wird eine je nach Spieleranzahl verschiedene Anzahl Schilde reihum in den Plan gelegt, 2 Spieler legen abwechselnd insgesamt 12 Schilde, 3 legen 8, 4 je 5 und 5 Spieler je 4 Startschilde, wobei man beachten muss dass die 8 Felder großen Länder in dieser Phase höchstens 4 Schilde aufnehmen können, die kleinen Länder 2 Schilde.

 

Danach nutzen die Spieler die Karten auf ihrer Hand, der Startspieler der ersten Runde ist der jüngste Spieler, er legt einen seiner Schilde auf das Feld Rundenstart am Wertungsplan und beginnt die Runde. In seinem Zug kann ein Spieler sich ausbreiten, angreifen, wandern und segeln, in beliebiger Reihenfolge, wobei man sich zweimal ausbreiten kann oder zweimal angreifen oder einmal ausbreiten plus einmal angreifen. Um sich auszubreiten, spielt man eine Karte für das Feld, das man nutzen möchte und legt seinen Schild auf das durch die Karte angegebene Feld.

Angreifen ist nur bei gegründeten Ländern und völlig besetzten Meeresregionen möglich, man muss für das angegriffene Feld die entsprechende Karte spielen.

Und hier laufe ich ins gleiche Dilemma wie die Regel, egal wie ich es versuche, ich muss immer zur Erklärung einer Spielphase Begriffe verwenden, die eigentlich erst später ins Spiel kommen, also lasse ich hier mal gegründetes Land so stehen und komme später darauf zurück.

Wandern bedeutet, man zieht einen seiner Schilde auf ein benachbartes freies Feld, man darf aber auch eine gerade Reihe eigener Schilde überspringen, um ein freies Feld zu erreichen. Anstatt zu wandern, darf man aber 2 Karten aus der Hand abwerfen und 2 neue Karten nachziehen. Segeln entspricht dem Wandern, man darf allerdings jedes eigene Schild im Wasser bewegen, wenn man möchte, aber eben nur einmal. Auch dabei darf man eigene Schilde überspringen.

Wer gar nichts tun möchte, kann auch aussetzen.

Am Ende des Zuges zieht man auf 10 Karten nach.

 

Jetzt kommen wir zum Ausbreiten zurück – zwangsläufig wird irgendwann einmal ein Land völlig mit Schilden belegt, sei es von einem oder von mehreren Spielern. Gruppen von drei oder mehr benachbarten eigenen Schilden heißen Clans, ein Spieler kann mehrere Clans am Spielbrett haben, diese Clans können sich über mehrere Länder erstrecken. Wer den letzten Schild in ein Land legt, hat dieses Land damit gegründet, der aktuell erste Stein der Gründungsleiste wird auf das Land gestellt und der Spieler bekommt die dadurch aufgedeckte Anzahl Punkte gutgeschrieben. Er zieht seinen Stammesführer dementsprechend weiter. Ist das Feld, das der Stammesführer dadurch erreichen würde, besetzt, zieht er auf das nächste freie Feld. Wird ein rotes Feld aufgedeckt, kommt es zur so genannten Stammeswertung, es wird für jeden Spieler am Ende der Runde gewertet, es wird also die aktuelle Runde noch zu Ende gespielt. Sollten dabei so viele Länder gegründet werden, dass in dieser Runde noch zweites rotes Feld aufgedeckt wird, wird diese zweite Wertung am Ende der nächsten Runde durchgeführt.

Gewertet werden Clans, Seemacht und Länder. Für die Clanswertung zählt jeder Spieler sie Anzahl der Schilde in seinen Clans, in der Reihenfolge der Größe bekommen die Besitzer der fünf größten Clans 8, 6, 4, 2 und 1 Punkt gutgeschrieben. Haben mehrere Spieler gleich große Clans, bekommt jeder die Punkte des nächst niedrigen Platzes, hat ein Spieler mehrere gleich große Clans, bekommt er die Punkte des entsprechenden Platzes mehrfach. Man zieht immer sofort seinen Stammesführer weiter, da man ja durch besetzte Plätze unter Umständen weiter vorankommen kann als man Punkte gemacht hat.

Bei der Wertung der Seemacht bekommt man einen Punkt für jeden Schild in Wassergebieten und die Spieler mit der größten und zweitgrößten Seemacht bekommen 2 bzw. 1 Bonuspunkt zusätzlich.

 

Dann wird jedes Land einzeln gewertet. Wer die meisten Schilde im gewerteten Land hat, bekommt die erste Punktezahl gutgeschrieben, der mit den zweitmeisten Schilden die zweite und der Spieler mit den drittmeisten Schilden die dritte Zahl. Wer allein Schilde in einem Land hat, bekommt die erste Zahl plus 2 Bonuspunkte gutgeschrieben. Bei einem unentschieden bekommen alle Spieler die nächst niedrige Punktezahl.

 

Womit eigentlich nur noch eine Sache zu erklären ist, der Angriff. Angreifen kann man einen Schild in einem gegründeten Land oder einem voll belegten Meeresgebiet, der Angreifer stellt den Aktionsstein auf das Feld, das er angreifen möchte und legt auch einen Schild hinein. Dann spielt eine Karte aus, die das Feld betrifft. Für den Angreifer zählen alle Schilde, die er in Feldern benachbart zum angegriffenen Feld liegen hat, je einen Kampfpunkt. Für den Verteidiger gilt dasselbe. Beide Spieler können zur Erhöhung ihres Kampfwertes weitere Karten spielen, die das umkämpfte Feld betreffen, dabei zählt jede Karte 2 Punkte. Hat der Angreifer den höheren Wert, bekommt er das Feld und legt einen Schild darauf, der geschlagene Schild des Verteidigers geht aus dem Spiel. Ist der Wert des Verteidigers gleich hoch oder höher als der des Angreifers, gewinnt der Verteidiger und der Angreifer nimmt den Schild im Feld aus dem Spiel.

 

Wird der letzte Gründungsstein gesetzt oder hat ein Spieler seinen letzten Schild auf den Plan gelegt oder haben alle Spieler nacheinander ausgesetzt, wird die Runde zu Ende gespielt, danach wird die letzte Stammeswertung durchgeführt, dann gewinnt, wer auf dem Pfad am weitesten vorne steht.

 

Wir hatten mit diesem Spiel einige Probleme in den Proberunden, die aber teilweise wie schon oben erwähnt im Spiel selbst liegen und nicht nur leichthin mit „blöde Regel“ abgetan werden können, die Regel versucht sehr gezielt, in immer genaueren Erklärungen jeden einzelnen Schritt zu vertiefen, was dazu führt, dass man sich teilweise eben die Antworten zu Fragen an drei Stellen zusammensuchen muss, vor allem wenn man Mitspieler hat, die einen Begriff nicht im Raum stehen lassen können bis man wieder darauf zurückkommt, sondern sofort alles genau wissen wollen. Alle Fragen haben wir durch die guten und ausführlichen Beispiele lösen können, nur nicht die Frage ob für den Angreifer auch die erste Karte, die er ausspielen muss um das Feld zu bestimmen, auch 2 Punkte zählt.

Sie tut es, denn eigentlich bezeichnet er ja das Feld mit dem Aktionsstein, er kann aber nur angreifen, wenn er mindestens eine Karte hat, die ihm Kampfpunkte bringt, die Kampfpunkte aus benachbarten Feldern allein berechtigen nicht zum Angriff. Dies ist der einzige Punkt, der wirklich in der Regel nicht eindeutig geklärt wird, alles andere ist zu finden und am Ende hat man dann ein solides Spiel, das in jeder Phase gut funktioniert und keinerlei Lücken aufweist.

 

Die Materie selbst allerdings ist ein bisserl trocken, daran ändert die ganze Geschichte von der Völkerwanderung und auch die Ländergrafik nichts, wir haben ein rein abstraktes Setzspiel um Mehrheiten vor uns, und letztendlich hängt sehr viel davon ab, welche Karten man nachzieht – Länderkarten für ein kleines gegründetes Land, das andere mit Reihen- und Spalten-Karten belegt haben, können einem wie Blei auf der Hand liegen, und man muss unter Umständen eine Wanderung opfern, um sie loszuwerden.

 

Ob Origo ein Spiel für Familien ist, wird sich herausstellen, Freunde von trotz Glücksfaktor anspruchsvollen Positionsspielen werden sich eher angesprochen fühlen, Wolfgang Kramer hat auf jeden Fall ein gelungenes Spiel geschaffen.

 

Spieler         : 2-5

Alter            : ab 10 Jahren

Dauer          : ca. 45 Minuten

 

Autor           : Wolfgang Kramer

Grafik          : nicht genannt

Vertrieb        : Hasbro

Preis            : ca. € 29,00

Verlag          : Parker 2007

  www.hasbro.at

 

Genre                    : Positionsspiel

Zielgruppe             : Familie, Freunde

Mechanismen         : Felder für Mehrheiten belegen

 

Strategie                : ***

Taktik                    : ****

Glück                    : ******

Interaktion             : ****

Kommunikation      : ***

Atmosphäre           : ****

 

Kommentar            :

Serie: Autorenspiele

Trotz Thema abstrakt

Regel nicht optimal

Gute Grafik

 

Vergleichbar:

Yellowstone, Amigo

Acquire, Avalon Hill

 

Dagmar de Cassan:

Ein trotz Thema eher abstraktes Setzspiel, mit einem gewissen Glücksfaktor durch die Karten.