Don Pepe

 

Das Spiel:

DON PEPE

von Dominique Ehrhard

PARKER; HASBRO 1999

3 - 6 Spieler ab 8 Jahren

unter 1 Stunde

 

Die vergleichbaren Spiele:

Family Business, Mayfair Games (T)

Capone, Amigo (T)

Challenge, Lion Rampant (K)

 

Die Win-Wertung:

** W SS III UU AA 3-6 m

 

„Aha, heute bin ich einmal der Erste!“ Vorsichtig öffne ich die Tür zum Hinterzimmer des kleinen Vorstadt-Cafés, in das uns Don Pepe (Was für ein seltsamer ‘nom de guerre’ für den Chef der Wiener Unterwelt?) heute gebeten hat, und wer würde eine solche Bitte ohne triftigen Grund ignorieren? Sehr schön, der ‘ohzwickte Koberer’ (ugs. für kleinwüchsiger Wirt) hat schon den großen ovalen Tisch gedeckt, für, einmal abzählen, ...1, 2, 3, ..., 30 Gäste. Und er hat sich auch wieder etwas Besonderes einfallen lassen: auf sieben der Gedecke liegt mattschwarz schimmernd je ein Gastgeschenk: ‘a Kaundl’ (=Kanne vulgo Revolver, beachte aber: ‘ka Giaßkaundl’, das wäre eine Maschinenpistole, und so splendid ist Don Pepe auch wieder nicht). Hoffentlich sind die Nummern nicht registriert, man kann da in ganz schöne Schwierigkeiten kommen, ich verlasse mich doch lieber auf meine Hände, obwohl, auf fünf Plätzen hat jemand ‘an Fisch’ (ein Messer) gelegt, der kann bei Meinungsverschiedenheiten mit den Nachbarn sehr nützlich sein. Auf neun anderen Plätzen stehen schon eisgekühlte Getränke, der Koberer will auch was verdienen, aber ich beschließe, heute nichts zu trinken, wie leicht schüttet einem jemand etwas ins Glas und mancher wacht dann nicht mehr auf...

Doch nun zu den wirklich interessanten Plätzen: auf zweien davon liegen aufgeschlagene Getränkekarten und stehen einige Flaschen Schnaps zum Zeichen der Kontrolle über die Bars der Stadt (Schutzgeld, wir wollen ja auch leben); wer hier sitzt, bezieht pro Runde, die er überlebt, 1.000.-- Euro, sollte einer seiner Freunde - das sind die mit den Anzügen in der selben Farbe wie er - den korrespondierenden anderen Platz einnehmen, werden die Einnahmen der beiden verdoppelt, also 4.000.-- für die Runde. Gleiches gilt für zwei Plätze, die die Restaurantketten (Chinesische und Italienische Geldwäschereien) repräsentieren,  eingezeichnet auf  Wiens Stadtplänen und zusätzlich verdeutlicht durch vergammelte Pizza-Stücke (da hätte sich der Wirt ruhig etwas Appetitlicheres einfallen lassen können, ob Don Pepe das goutiert, na wir werden sehen). Ebenso ist durch das Einnehmen der beiden Plätze, welche die Kontrolle über Wiens Spielhallen und illegales Glücksspiel symbolisieren, in jeder Runde Geld zu machen. Ach ja, beinahe hätte ich es vergessen: der Platz an der Stirnseite des Tisches gebührt dem Buchhalter, dort, wo die alte Messingkassa steht. Er verdoppelt alle Einnahmen der Kollegen seiner Farbe. Vielleicht sollte ich diesen Platz für unsere Gruppe (Farbe) annektieren, zwar schimmert auf dem Platz gegenüber etwas blauschwarz Metallisches aggressiv zu mir herüber, aber vielleicht besetzt den Platz ja einer meiner Freunde oder der Gegner hat keine passende Munition (Karte), um mich zu eliminieren.

Vorsichtig stelle ich die Überraschungstorte, die meine Lotte für diesen Abend präpariert hat, auf einen Nebentisch, daß sie nicht vorzeitig hochgeht...

Mein Blick geht zur Ecke hinüber, wo das alte Klavier steht, ein Stutzflügel aus der Zeit vor den Juke-Boxen, als hier noch täglich Musik gemacht wurde. Der Ohzwickte hat es mir um 200.-- (öS, nicht Euro) angeboten, weil es fast keinen Ton mehr von sich gibt. Wahrscheinlich nehme ich sein Angebot an, er weiß ja nicht, daß irgendwer den Deckel des Klaviers geöffnet und in seiner Langeweile ein Paket Jolly-Karten über die Saiten verteilt und es dadurch völlig verstimmt hat (wahre Begebenheit, oh selige Jugendsünden). Jetzt noch schnell kontrollieren, ob die Tür in den Hinterhof nicht versperrt ist, .. ist offen, sehr gut, zwar hat der Koberer ein Abkommen mit den hiesigen Bütteln, sie kommen jeden Abend auf ihrer Runde herein, aber nie bis ins Hinterzimmer, er füllt sie schon vorne an der Theke ab (wahre Begebenheit, siehe oben), wenn aber eine Razzia (Karte) von außerhalb des Grätzls angesagt ist, hilft nur der Hinterausgang. Kaum habe ich meinen gelben Panama-Hut an den Haken gehängt und den Platz des Buchhalters eingenommen, da kommt auch schon ‘da Gschnecklate’ (einer der Roten Partei), ja der, der beim Zensern immer ruft ‘Grea wirds, de Heeh kummt!’ (ugs. für ‘Es wird ungemütlich, die Ordnungshüter sind im Anmarsch’), worauf sich alle argwöhnisch, aber doch ungläubig umdrehen, schließlich kennt man ihn ja lange genug, eigentlich will er aber damit nur sagen, daß er in dieser Runde der Alleinspieler ist und Grün (also Blatt in den Doppeldeutschen Karten) die Trumpf-Farbe sein soll. Aber ich schwiff ab. Er glurrt also giftig zu mir herüber, als er sieht, daß ich mir den besten Platz unter den Nagel gerissen habe und setzt sich, natürlich, auf einen der Plätze des illegalen Glücksspiels. Da werden wir ihn aber auch noch vertreiben, trotz des Fischs, den er immer in seinem Socken stecken hat. Gleich darauf kommt der Big Boss aus der Leopoldstadt (Blaue Partei), schaut den Gschnecklaten und mich böse an und setzt sich auf den zweiten Glücksspiel-Platz, wohl um zu verhindern, daß die Roten die absolute Oberhand im Glücksspiel erhalten, schließlich sind die Prater-Spielhallen Blau durch und durch. Da fällt mir auf, daß keiner der vier Wiener Unterwelt-Chefs die derzeitige Mode der Panama-Hüte mitmacht wie wir alle, dafür tragen sie aber Brillen und gepunktete Krawatten zu den gestreiften Anzügen, auch nicht so echt chic. Schließlich trudelt noch ‘da Wiaffe’ (sprich Würfel, wie er wirklich heißt, weiß niemand; auch eine Erinnerung,...) ein in seinem grüngestreiften Anzug mit der unguten Ausbeulung unter der linken Achsel, läßt seine unsteten Augen ein paarmal zu uns herüberrollen, daß man glauben könnte, sein Blick macht einen Fleck, und setzt sich schließlich auf einen der beiden Geldwäscher-Plätze, seine ureigenste Domäne. So füllen sich nach und nach die Sitze, bis von jeder der vier Parteien sieben Kollegen anwesend sind: je ein Boss mit wie gesagt unmöglicher Krawatte, der für sein bloßes Anwesend-und-nicht-tot-sein in jeder Runde 1.000.-- Euro kassiert, ein Gärtner mit seiner Kanne, zwei Fischhändler, sowie drei so große und schwere Burschen wie ich, die wir kein Werkzeug brauchen, außer es liegt gerade zufällig auf dem Tisch und die anderen sind böse zu uns.

Die letzten zwei Plätze bleiben frei zum Andenken an die beiden Kollegen, die letztes Jahr versuchten, den Tresor im Büro der Steinbruch-Firma zu sprengen, weil sie nicht wußten, daß in dem Tresor kein Geld war, sondern Dynamit...

Als schließlich Don Pepe erscheint und 90.000.-- Euro in Scheinen auf den Tisch legt, beginnen die Augen der Anwesenden zu glitzern, jeder Spieler bekommt 5 Karten und die  gelbe Partei führt nacheinander die vier Punkte ihrer Runde aus:

 

1) Die Torte der eigenen Partei explodiert und terminiert den davor sitzenden Gangster und die beiden auf den  Plätzen direkt neben ihm, so vorhanden (aber nur, wenn sie in der Runde davor auf den Tisch gestellt wurde, in der ersten Runde natürlich noch nicht).

 

2) Geld vom Tisch nehmen:

a) Für noch lebenden Boss 1.000.--

b) Für jedes kontrollierte Geschäft 1.000.-- bzw. das Doppelte, wenn man in der         Branche die Oberhand hat (siehe oben).

c) Verdopple das Einkommen, wenn einer deiner Leute der Buchhalter ist.

 

3) Spiele eine deiner 5 Aktionskarten, so da sind:

a) Messer: Ein Mitglied der Partei eliminiert einen direkt neben ihm sitzenden Andersfärbigen, natürlich nur, wenn vor ihm ein Messer liegt, oder er sein eigenes mitgebracht hat.

b) Pistole (die in Wirklichkeit noch immer ein Revolver ist): Man erschießt den genau gegenübersitzenden Ganoven, wenn man einen Revolver hat (sinngemäß 3a). Die vier Kollegen in der Rundung des ovalen Tisches haben kein direktes Gegenüber (Tough luck!), der Buchhalter am Haupt des Tisches jedoch sehr wohl!

c) Torte: Plaziere deine eigene Torte auf irgendein Gedeck am Tisch; sie wird am Beginn deines nächsten Zuges explodieren, egal wo sie dann stehen wird. Pro Gedeck hat nur eine Torte Platz.

d) Torte weiterreichen: Schiebe eine gegnerische Torte, die sich bereits auf dem Tisch befindet, um einen Platz nach links oder rechts.

e) Ka-Boum!: Läßt gegnerische Torte auf dem Tisch explodieren und eliminiert davor sowie unmittelbar daneben Sitzende (Freund wie Feind, wie soll die Torte das wissen?)

f) Schlummer-Cocktail: In das Glas von bis zu drei Kollegen wird ein Schlummertrunk gemischt und ihre vorübergehende Abwesenheit mit einer Schlaftablette markiert. Sie können, bis sie wieder aufgeweckt werden, keine Aktionen durchführen, sich nicht an der Auszahlung beteiligen (Boss), und sich nicht bewegen, wohl aber Opfer anderer Aktionen werden. Werden sie vor Ende der eigenen nächsten Runde von einer zweiten Schlaf-Attacke heimgesucht, so fallen sie ins Koma und werden aus dem Spiel genommen.

g) Die Bullen (ugs. Kiwara) kommen! Haut sofort ab (i.e. ‘Vazupfts eich duach de Hintadia!’)!: Jetzt ist es doch passiert! Der Koberer kann die Kiwara nicht länger aufhalten und alle sind gezwungen, über den Hinterhof das allerdings nicht allzu Weite zu suchen. Sobald die Luft wieder rein ist, kommt man zurück und nimmt nun (möglicherweise andere) Plätze ein, beginnend mit dem Spieler der Kiwara-Karte und dann gegen den Uhrzeigersinn. Sobald alle wieder sitzen, kann der Spieler der Bullen-Karte sich entscheiden, seinen Spielzug zu beenden, oder noch eine Weiterrücken-Karte zu spielen (siehe 3h). Die Bullen-Kiwara-Karte kommt nicht, wie alle anderen Karten, auf den Ablagestapel, sondern ganz aus dem Spiel.

h) Weiterrücken: Setze einen deiner Leute auf irgend einen freien Platz am Tisch. Wenn du zuvor eine Aktionskarte oder eine Weiterrücken-Karte gespielt hast, darfst du eine weitere Weiterrücken-Karte spielen, so du noch eine hast.

 

         Wenn du keine Aktions-Karte spielen kannst oder willst, darfst du eine abwerfen und   danach wie in jedem Fall wieder auf fünf Karten ergänzen. Geht der Kartenstapel zu Ende, wird der gemischte Ablagestapel zum neuen Kartenstapel.

 

4) Wecke deine Leute, die eventuell eingeschläfert wurden, wieder auf  (siehe oben, 3f)

 

Der Spieler links neben dem gelben, also der blaue, beginnt seine Runde mit Punkt eins.

 

Das Spiel endet sofort, wenn

A) nur noch Freunde einer Farbe am Tisch sitzen. Der Spieler dieser Farbe erhält das restliche, noch am Tisch liegende Geld.

B) kein Geld mehr auf dem Tisch liegt. Man hat nicht Anspruch auf mehr Geld, als Don Pepe zur Verfügung gestellt hat.

C) alle Gangster von einer einzigen Explosion ausgelöscht werden. Niemand bekommt          das Restgeld vom Tisch.

 

Sobald dein letzter Gangster das Zeitliche segnet, legst du schmollend deine Aktionskarten auf den Ablagestapel und zählst heimlich in einer Ecke deine ‘Marie’ (recte Geld). Vielleicht hast du ja trotzdem gewonnen, wenn das Spiel aus ist (A, B oder C), denn am Schluß zählt nur das Geld. Bei Gleichstand gewinnt der Spieler, dessen Ganoven länger am Tisch saßen. Ist auch das Unentschieden (Fall C), so gewinnt der Spieler, der zuletzt die meisten Gangster am Tisch hatte.

 

Das Spiel erinnert in weiten Bereichen an Family Business, nur das Ende zögerte sich bei unseren Partien etwas hinaus, vielleicht weil wir als Profis die Regeln nicht glaubten, genau lesen zu müssen und zum Beispiel nur eine Schlaftablette pro gespielter Schlummer-Cocktail-Karte vergaben, etc. Don Pepe ist ein nicht zu langes aggressives Spiel für den Abschluß eines sonst vielleicht zu friedlich verlaufenen Abends.

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