Thurn und Taxis
Im Jahr 1490 erhält Franz von Taxis den
Auftrag, einen Kurierdienst zwischen den Residenzen von Kaiser Maximilian I. zu
errichten.
Endlich liegt es vor mir am Tisch und kann gespielt werden: Das neue Spiel
aus dem Hans im Glück-Verlag, welches ich schon in Nürnberg mit ganz
verträumten Augen angesehen habe. Zwar ist es kein Eisenbahnspiel, es geht um
Postkutschen, aber Transportspiele faszinieren mich immer.
Nun habe ich mein Vorurteil durch oftmaliges Spielen gefestigt, besser
gesagt, ich habe mir durchs Spielen ein Urteil gebildet! Das Spiel hat mich
auch beim Spielen überzeugt. Aber beginnen wir am Anfang:
Die Autoren sind Karen und Andreas Seyfarth und das lässt ein gut
ausgearbeites Spielsystem erwarten. Und wirklich, dieses neue Spiel kommt mit
nur 4 Seiten Regeln aus und ist wirklich einfach zu erklären, aber das Spielen
erfordert geschickte Aktionen. Es fügt sich damit in die Reihe der Spiele ein,
die in den letzten Jahren so erfolgreich im Verkauf waren.
Schaut man sich die Regeln an, gibt es keine neuen überraschenden
Mechanismen, alles ist bekannt, aber die Zusammenstellung macht es sehr
interessant.
Der Plan ist grafisch entsprechend dem Zeitalter gestaltet, jener Zeit in
der die Familie Thurn & Taxis im deutschen Reich das Postwesen aufgebaut
hat. Daher ist Bayern ganz wichtig, mit 8 Städten und dazu kommen die
umliegenden Regionen. Alle Städte sind miteinander verbunden. Manche wie Lodz
nur mit 1 anderen, München sogar mit 6 anderen Städten.
Als Spielmaterial hat jeder Spieler 20 Holzhäuser, die er als Poststationen
in die Städte stellen möchte. Und der Mechanismus wird von den Städtekarten
getragen, von denen immer sechs offen am Spielplan liegen.
Der Zug jedes Spielers besteht aus drei Aktionen, wobei nur auf die dritte
verzichtet werden kann
1. Aktion: Karte nehmen. Dafür liegen sechs Karten aus, unter den man
wählen kann. Es gibt 22 verschiedene Städte auf dem Plan, jede Karte kommt 3x
vor, daher kommt im Laufe des Spieles jede Stadt für jeden Spieler mehrfach zum
Aufnehmen.
2. Aktion: Karte vor sich ablegen, um eine Strecke zu bilden. Sobald eine
Karte dort liegt, müssen alle weiteren links oder rechts davon angelegt werden,
wobei zu beachten ist: Keine Stadt darf in einer Strecke zweimal vorkommen, von
nebeneinder liegenden Karten muss auch eine Verbindung auf dem Plan existieren,
liegende Karten dürfen nicht mehr umgelegt werden. Kann man keine seiner
Handkarten anlegen, werden die Karten seiner Strecke auf den Ablagestapel
gelegt und man beginnt eine neue Strecke mit einer Karte.
3. Aktion: Hat seine Strecke die Länge von mindestens 3 Karten erreicht,
kann man diese Strecke abschließen. Oft ist es aber wichtig vor dem Abschließen
längere Strecken zu bilden, damit es Bonuspunkte gibt und man auch mehr
Holzhäuser auf den Spielplan stellen kann.
Hier wird jetzt das Abschließen genau erklärt, denn es ist jener
Mechanismus, der über Verlust oder Gewinn des Spieles entscheidet! Das
Abschließen besteht aus Setzen der Holzhäuser und Erwerb einer Postkutschenkarte.
Ich habe schon erklärt, das Bayern mit 8 Städten der größte Bereich auf der
Karte ist, es gibt aber noch acht andere „Länder“ mit Städten. Wer alle Städte
eines Landes mit Holzhäusern belegt hat, bekommt ein Bonusplättchen. Wer zuerst
kommt, kriegt mehr Punkte, und je nach Land geht es sich nicht für alle Spieler
aus, dass sie auch ein Plättchen bekommen.
Daher muss man beim Abschließen seiner Strecke überlegen, welche der zwei
Möglichkeiten man wählt:
entweder in jedes Land meiner Strecke nur je ein Haus
oder je ein Haus in alle Städte nur eines Landes meiner Strecke.
Aber in jeder Stadt darf nur ein Haus von jedem Spieler stehen, steht
bereits ein Haus dort, darf nicht mehr gesetzt werden.
Und das sind die Entscheidungen, die das Spiel so interessant machen und
die Interaktion verstärken: Ich darf nie meine Mitspieler aus den Augen lassen,
wo sie gerade aktiv sind.
Die Postkutschenkarte gibt es für eine Streckenlänge von 3, 4, 5, 6 oder 7
Städtekarten. Ich muss diese in aufsteigender Reihenfolge, ohne einen Wert
auszulassen, erwerben. Erst die 3 Postkutschenkarte, dann die 4 und so weiter.
Da die Werte der Postkutschenkarten nicht summiert werden, sondern nur die
letzte Karte zählt, für diese gibt es aber nur maximal 10 Siegpunkte. Nur mit
diesen Karten kann man nicht gewinnen, die verschiedenen Boni sind
lebensnotwenig.
Welche zusätzliche Bonuskärtchen zu den Länderplättchen gibt es noch?
Zuerst einmal wird man belohnt, wenn man lange Strecken bildet, mit 5, 6 oder 7
Städtekarten. Aber auch hier gilt, wer zuerst kommt, erhält mehr Punkte und es
sind nicht für alle Spieler ausreichend Bonuskärtchen vorhanden. Noch zu
erwähnen sind die Bonuskärtchen, wenn man außerhalb Bayern mindestens je eine
Stadt in jedem der acht Länder hat, und das Bonusplättchen für das Spielende,
aber das bringt nur einen Siegpunkt!
Bevor der Nächste an der Reihe ist und ich gerade eine Strecke
abgeschlossen habe, muss ich meine Handkartenzahl auf 3 reduzieren, sonst gibt
es kein Handkartenlimit.
Nun kommt das Besondere des Spieles: Die Ausnahmen von den Regeln oder auch
die Rollen, die jeder Spieler zusätzlich, aber nur einmal in seinem Zug nützen
kann, also nur eine der vier Amtspersonen verwenden! Der Spieler darf nur den
Postmeister oder den Postillon oder den Amtmann oder den Wagner zu Hilfe rufen!
Hat er keine Karten auf seiner Hand, dann muss er den Postmeister zu Hilfe
rufen und muss dann zwei Stadtkarten aufnehmen.
Der Postillon erlaubt im Gegensatz, zwei Städtekarten gleichzeitig
auszulegen.
Der Amtmann erlaubt vor der Aufnahme seiner Karte alle 6 ausliegenden
Städtekarten auf den Ablagestapel zu legen und durch neue zu ersetzen.
Der Wagner erlaubt es, eine Kutsche mit bis zu 2 Karten weniger zu
erwerben. Das bedeutet, dass ich mit 3 Karten (Mindestanzahl) auch eine 5-er
Kutsche erhalten kann, aber ich bekomme dann kein Bonusplättchen und für das
Setzen der Holzhäuser werden nur die 3 ausliegenden Karten der Strecke
berücksichtig.
Jede der vier Amtspersonen bringt Vorteile, welche Eigenschaft gerade im
aktuellen Zug genützt werden soll, macht mit das Spannungselement des Spieles
aus.
Und nun zum Spielende: Es tritt ein, wenn ein Spieler eine 7-er Kutsche
erworben hat, oder alle seine Häuser gesetzt hat. Dabei wird die Runde noch zu
Ende gespielt, alle Spieler sind gleich oft dran, de Spieler rechts vom
Startspieler macht den letzten Zug.
Bei der Abrechnung werden für jeden Spieler die höchste Kutsche und alle
Bonusplättchen als Siegpunkte gerechnet, von diesen werden aber alle nicht
einsetzten Holzhäuser (je 1 Punkt) abgezogen. Gibt’s einen Gleichstand, gewinnt
der Spieler mit dem Plättchen Spielende, bzw. der Spieler der im Uhrzeigersinn
diesem Spieler am nächsten sitzt.
Wirklich einfache Regeln erzeugen ein interessantes Spiel. Leicht zu
erklären und gleich anspielbar. Wunderschön gestaltete Ausstattung, und kein
überflüssiges Spielmaterial.
Auch wenn die Postkutschen zuerst an Lokomotiven in Eisenbahnspielen
erinnern, das Spielsystem ist aber ganz anders! Und eine 7-er Kutsche ist eben
keine 7-er Lokomotive, sie bringt keinen Vorteil im Spielgeschehen und sicher
nicht den Sieg.
Und nun ein paar Gedanken zur Strategie, meinen versuchten Strategien. Wenn
man nur schnell fertig werden möchte und immer mit dem Wagner die nächste
Postkutsche einfährt, hat man schon verloren, denn alle anderen haben zwar
kleinere Postkutschen, aber nur 4, 3, 2 Siepunkte dadurch weniger,. Inzwischen
haben sie die Bonuskärtchen erobert . Und auch alle Holzhäuser gestellt, denn
jedes das übrig ist, bringt einen Minuspunkt.
Daher ist die wichtigste strategische Entscheidung, wo man am Brett
versucht der schnellste zu sein. Da gilt es die Mitspieler und ihre Strecken zu beobachten und selbst
andere Karten zu nehmen. Zwar bringt der Zufallsmechanismus Städtekarten- der
einzige in diesem Spiel - es mit sich, dass nicht immer die optimale
Städtekarte unter den sechs möglichen aufliegt, aber es findet sich immer eine
Lösung.
Mein Streben war immer zu erreichen, in Bayern „alles“ zu machen, richtig
bayrisch zu bleiben. Es gibt zwar auch ein Bonusplättchen, wenn man je eine
Stadt in den anderen 8 Ländern besetzt hat, aber in Polen ist Lodz das einzige
Plättchen, und auch die anderen Länder ziehen sich ohne viele Verbindungen am
Rand dahin, da bedarf es schon einer Glücksträhne, um das so hinzubekommen. Erinnere
mich noch, wie Dagmar eine ganze Strecke wegwerfen musste, da sie diese nicht
verlängern konnte. Das ist dann fast nicht mehr aufzuholen und der Gewinn
dahin.
Wenn ich nach dieser Erklärung nochmals in Gedanken das Spiel durchgehe, es
ist kompakt, leicht verständlich, keine versteckten Regeln, kein tricksen durch
versteckte Regelkombinationen, einfach ein gutes Spiel.
Ob der Markt nach „Zug um Zug“ und „Trans Europa“ noch ein weiteres
Transportspiel dieser Leichtigkeit verträgt, traue ich mir nicht zu entscheiden.
Aber für uns Spieler wird es sicher ein Dauerbrenner werden, wenn wir nach
Caylus etwas Entspanndes spielen wollen. Ich kann allen nur empfehlen:
Ausprobieren, spielen und liebgewinnen, es ist derzeit mein Liebling aus dem
Nürnberg 2006 Jahrgang. (Es kommen aber laufend die weiteren, neuen Spiele und
als neugieriger Mensch möchte ich in jede Schachtel schauen und rufen: ist da
jemand – sorry etwas?).
Ferdinand.de.Cassan@spielen.at
Spieler: 2-4
Alter 10+
Dauer: 60
Autor: K. und A. Seyfarth
Grafik: Michael Menzel
Vertrieb: Schmidt
Preis: ca. 20,00 Euro
Verlag: Hans im Glück 2006
Bewertung
Transport-
und Entwicklungsspiel
Familie
und Freunde
Strecken
zu einem Transportnetz ausbauen
Strategie
Taktik
Glück
Interaktion
Kommunikation
Atmosphäre
Kommentar
Einfache Regeln
Stimmungsvolle Hintergrundgeschichte
Konkurrenzsituation verlangt Planung
Schönes Spielmaterial
Wenn sie gerne Transportspiele und
Eisenbahnspiele spielen, wird Ihnen
auch Thurn und Taxis gefallen.
Ferdinand de Cassan: Ich kann allen nur empfehlen:
Ausprobieren, spielen und liebgewinnen, es ist derzeit mein Liebling aus
Nürnberg 2006.