Störtebeker
Das Spiel:
Störtebeker
Ein Spiel von Hans im Glück
Von Thorsten Löpmann &
Andreas Wetter
Ab 10 Jahren, 60 Minuten für
2 - 4 Spieler
WIN Wertung:
* WWW II UUU AA S 2 - 4
Spieler h
„Klar Schiff zum Gefecht!“ Ein
Ausruf der mir unwillkürlich einfiel als ich das neue Spiel von Hans im Glück,
auf der Spiel 2000 in Essen das erste Mal in den Händen hielt. Einmal Pirat
sein, war das nicht der Wunsch von vielen von uns in unserer Kindheit. Heute
sind einige von uns Piraten geworden, nur wissen sie es nicht. Vielleicht
nehmen sich diese die Losung des Piraten zu sehr zu Herzen „Gottes Freund und
aller Welt Feind“.
Klaus Störtebeker hatte es
zumindest zum Volkshelden gebracht, da er nach den Geschichten eine Art Robin
Hood der Nordsee war. Er nahm es den Reichen und gab es den Armen. Gemeinsam
mit Godeke Michels, dieser bildete ihn zum Piraten aus, und einigen anderen,
gemeinsam nannten sie sich die Vitalienbrüder, gehörten sie von 1393 bis 1401
zu den gefürchtetsten Seeräubern. Das Ausrauben der Hamburger Pfeffersäcke war
ein lukratives Unternehmen, da Hamburg das Zentrum des europäischen Handels zu
dieser Zeit war. Von einer Armada von Schiffen gejagt wurde Klaus Störtebeker
1401 gefangen und in Hamburg geköpft. In der Zeit, in der dieses Spiel
stattfindet, war sein Kopf noch am Hals befestigt.
Die Größe der Schachtel ist
für das Spiel richtig und zeigt eine Zeichnung des Freibeuters. Auf dem
Innenteil lachen uns mehrere Totenköpfe mit schwarzer Augenklappe entgegen, das
Markenzeichen der Piraten. Das Spielziel ist es mit seinen Piratenkollegen so
viele Handelsschiffe zu entern und damit die meisten Punkte zu machen. Der
Inhalt der Schachtel besteht aus 30 Tafeln welche die Handelsschiffe
repräsentieren, 10 Piratenkarten mit dem Werten 2, 3 und 4, 56 Proviantkarten
in 6 Farben, davon 10 mit einem zusätzlichen Piratensymbol und den Abbildungen
von Wasserfässern, Bohnen, Zwieback, Fleisch, Rum und Bananen, 2 Farbwürfel, 2
Augenwürfel, 1 Wertungstafel von 1 - 44 und 8 verschiedene Markierungsscheiben
in 2 Größen.
Die 30 Handelsschifftafeln
werden gemischt und vier von ihnen werden offen in die Mitte des Tisches
gelegt. Der Rest bildet die Nachhut, dies sind bei 2 Spielern 12 Schiffe, bei 3
Spielern 15 Schiffe und bei 4 Spielern 18 Schiffe. Der Stapel bleibt verdeckt
mit Ausnahme der obersten Karte die für alle Mitspieler sichtbar bleiben soll.
Die vier Schiffe sollten so platziert werden, das an allen 4 Seiten der Tafeln
angelegt werden kann. Jeder Spieler erhält die Seite, welche von seinem
Sitzplatz am leichtesten zu erreichen ist.
Weiters bekommt man 6 Karten auf
die Hand und zwei Markierungsscheiben unterschiedlicher Größe. Die größere ist für das allgemeine
Verständnis, welcher Spieler welche Farbe hat, die kleinere kommt auf die
Wertungstafel. Startspieler ist die- oder derjenige, welcher auf der
Wertungstafel das am weitesten oben liegende Schiff hat. Die normale
Reihenfolge ist gelb, rot, grün, blau.
Wer an die Reihe kommt, muss
genau 3 Karten ausspielen, die Möglichkeiten des Einsatzes sind allerdings
verschieden.
Man kann bis zu 3 Karten an
die ausgelegten 4 Schiffe anlegen, jedoch nur an seiner Seite des Schiffes. Es
dürfen sowohl Proviant- als auch Piratenkarten sein. Proviantkarten legt man
offen an, Piratenkarten verdeckt. Sollte eine Proviantkarte ein Piratensymbol
tragen, so ist bereits ein Pirat mit dem Wert 1 im Spiel, diese Karte wird
jedoch offen ausgelegt. An jedes Schiff darf nur der angegebene Proviant,
sowohl in Art als auch Stückzahl, angelegt werden, und es dürfen nie mehr
Piraten- als Proviantkarten an einem Schiff, liegen.
Man hat allerdings auch die
Möglichkeit, Karten zu tauschen. Dazu wirft man 2 oder 3 Karten ab und nimmt
sich stattdessen 1 oder 2 vom Ablagestapel, und das führte zu einigen
Missverständnissen: nicht vom Nachziehstapel, welche man offen vor sich
auslegt. Karten können auch ersatzlos abgeworfen werden.
Das Abfeuern einer
Breitseite kostet eine beliebige Handkarte, welche abgeworfen wird. Dies darf
pro Runde nur einmal geschehen. Durch das Abfeuern einer Breitseite wird
Proviant vernichtet oder umgeladen. Man wählt ein Schiff aus, an dem bereits
eigener Proviant anliegt, und würfelt mit den beiden Farbwürfel. Zeigen die
Würfel die Farben des Proviants, welchen einer oder mehrere Spieler an diesem
Schiff ausliegen haben, so darf man sich pro Würfel und übereinstimmender Farbe
eine Karte aussuchen und sie in seine eigene Auslage legen oder vernichten.
Alle anderen Schüsse gehen somit ins Leere und es passiert nichts.
Da es in vielen Spielen, die
ich beobachtet habe zu Fehlinterpretationen kam, nochmals: Die 3 oben
angeführten Möglichkeiten, Karten anlegen, tauschen oder Breitseite, können
miteinander kombiniert werden, allerdings dürfen nur genau 3 Karten gespielt
werden.
Danach hat man die
Möglichkeit ein Schiff zu entern. Nur in der ersten Runde des Spiels ist dies
nicht erlaubt. Es dürfen alle Schiffe
angegriffen werden, an denen alle notwendigen Proviantkarten anliegen, sowohl
in Art als auch in Stückzahl. Die angelegten Piratenkarten werden aufgedeckt
und man würfelt mit beiden Augenwürfel. Das Ergebnis des Wurfs zählt man zu den
Werten seiner Piraten. Wenn der Wert niedriger ist als der Enterwert des
Schiffes (diese Zahl steht im Zentrum der Schiffskarten), ist der Versuch
fehlgeschlagen und der Spieler muss Proviant abgeben. Man würfelt mit beiden
Farbwürfel und entfernt pro gewürfelter Farbe einen passenden Proviant.
Beachten sollte man an dieser Stelle, dass nie mehr Piraten- als Proviantkarten
anliegen dürfen. Ist allerdings das Ergebnis höher oder gleich dem Enterwert,
wird das Schiff geentert und man könnte die Wertung durchführen, wenn kein
Spieler einer Gegenschlag durchführt und diesen erfolgreich abschließt.
Beim linken Spieler
beginnend, kann man seine Proviantkarten an dem soeben geenterten Schiff auf
das Maximum ergänzen - es dürfen nicht mehr als 3 Karten und keine weiteren
Piratenkarten angelegt werden - und einen Gegenschlag durchführen. Danach
würfelt man und addiert die ausliegenden Piraten zum Ergebnis und vergleicht
mit dem Gegner. Ist der Wert höher erhält man das Schiff zugesprochen. Die beim
Gegenschlag gespielten Proviantkarten dürfen erst im nächsten Zug ergänzt
werden. Die ausliegenden Karten werden abgelegt.
Der erfolgreiche Spieler
wertet den Punktewert (ACHTUNG: In der Regel hat sich ein Druckfehler
eingeschlichen, dort steht Enterwert, Punktewert ist korrekt!) und zieht auf
der Wertungstafel. Wenn alle Enterversuche abgeschlossen sind, wird ein neues
Schiff ausgelegt und das oberste des Nachziehstapels aufgedeckt. Nun darf man die offen ausliegenden Karten,
welche bei Phase 1 getauscht wurden auf die Hand nehmen und danach auf 6 Karten
ergänzen.
Wenn auf dem Tisch nur noch
3 Schiffe liegen und die Nachhut aufgebraucht ist, endet das Spiel, nachdem der
rechte Spieler neben dem Startspieler seinen Zug beendet hat. Wer die meisten
Punkte erreicht hat gewinnt das Spiel, bei Gleichstand die- oder derjenige mit
den meisten geenterten Schiffen. Für das Profispiel gibt es einige interessante
Varianten. Man erhält Bonuspunkte für 3 oder mehr gleichfarbige Schiffe, die
Nachhut kann aus drei offen ausliegenden Karten bestehen, dadurch ist das
Planen etwas einfacher, mit einem fehlgeschlagenen Enterversuch ist in diesem
Zug für den aktiven Spieler jeder weitere Enterversuch untersagt.
Den Druckfehler habe ich
oben bereits erwähnt, es kann allerdings noch Exemplare am Markt geben, die
Farbfehler bei den Würfeln haben. Diesen fehlt die Farbe weiß und sie haben
stattdessen orange.
Die Regel lässt zwei Fragen
offen:
- Bei der Breitseite ist von
Auslage die Rede, ist damit die gesamte Auslage des Spielers, also alle 4
Schiffe, gemeint, oder nur das Schiff, worauf man die Breitseite abfeuert?
- In Phase 1 können Karten
getauscht werden. Diese legt man offen vor sich aus. Können sie im gleichen Zug
eingesetzt werden oder nicht? Die Frage stellt sich deswegen, da man sie erst
am Ende des Zuges auf die Hand nehmen darf.
Auch Hans im Glück konnte
diese Fragen nicht beantworten, als ich sie damit konfrontierte, und ich kann
allen nur empfehlen: Vor einer Partie dies mit seinen Mitspielern zu klären.
Trotz der oben angeführten
Schlampigkeitsfehler und der beiden Ungereimtheiten kann ich nur ein Wort zu
diesem Spiel sagen: „GELUNGEN“
Das Thema Pirat zu nehmen
ist wie ich bereits am Anfang gemeint habe, ein gutes, da viele damit
Kindheitsträume verbinden. Das Erbeuten fremden Eigentums, als Pirat, ohne
dabei büßen zu müssen, kann man sicherlich auch unter Freiheitstraum einreihen.
Der Spielmechanismus ist gut, allerdings sehr von den Würfeln abhängig und
somit sind Spieler wie ich immer benachteiligt, da mein Würfelpech allgemein
bekannt ist. Hätte man die Würfel weggelassen und die Regel eindeutiger
verfasst hätte ich diesem Spiel jederzeit einen zweiten Stern gegeben. Trotz
allen spiele ich es immer wieder gerne und man hat eine Stunde gute
Spielunterhaltung. Auf jeden Fall eine brauchbare Alternative zu den zu häufig
erscheinenden „Strategie-Mischmaschs“. An dieser Stelle möchte ich Hans im
Glück mein Kompliment für ihre Spielauswahl in diesem Jahr aussprechen. Mit
Attila, Carcassonne und Störtebeker haben sie dieses Jahr drei Spiele auf den
Markt gebracht, welche alle auf die Auswahlliste Spiel des Jahres gehören. Wie
ich allerdings aus gut informierten Kreisen vernommen habe, werden die anderen
Verlage zu den bereits erschienen guten Spielen noch im Frühjahr eine sehr
interessante Anzahl an noch besseren, nachliefern und damit kann ich nur
hoffen, das es wenigstens eines oder sogar zwei der drei obengenannten
schaffen. Die Luft in den obersten Gefilden des Spielehimmels ist zur Zeit sehr
dünn.