Lassen sie die Diener rennen, im…

 

Palais Royal

 

Wer „wirbt“ um die „besten“ Adeligen?

 

Kid                       

Family                  

Adult           ein    

Expert                           

 

Alter                    

Spezial         2       

 

Palais Royal ist nicht nur der Name eines Spieles. Nein, es gibt auch ein historisches Pendant. Es ist dies ein Pariser Stadtpalast, unmittelbar in der Nähe des Louvre, erbaut in den Jahren 1627 bis 1629 für den damaligen Minister Kardinal Richelieu. Interessant: Nach dessen Tod bewohnte diesen Palast, man staune, die Regentin Anna von Österreich (Wikipedia).

Wie viel Einfluss das Palais Royal in Paris auf das Spiel und dessen Namensgebung genommen hat und noch mehr erfahren sie in dieser Rezension.

 

Die Schachtel hat ein regalschonendes Maß und die ansprechende Grafik darauf zeigt Diener und Adelige in barocker Kleidung und Umgebung und Motive aus dem Spiel, wie den Kardinal und die verschieden farbigen Siegel. Auch der Inhalt kann sich sehen lassen und der Rezensent freut sich, weil die Diener-Spielsteine in Holz ausgeführt sind. Deren gibt es 100 Stück, jeweils 25 in vier Farben. Weiters beinhaltet das Spiel den ersten Spielplan, den Schlosspark und den zweiten, 9 einzelne Schlossräume, welche stets anders aufgebaut werden können. Schließlich gibt es noch 33 verschiedenwertige Goldstücke, 42 wichtige Adeligen-Plättchen, die nicht minder wichtigen 36 Privileg-Karten (9 verschiedene jeweils vier Mal) und 4 Kurzregeln zum Nachschauen während des Spieles. Last but not least die Spielregel selbst. Sie besteht zwar aus acht A4-Seiten, durch die schöne Bebilderung hat man sie aber in etwa 15 Minuten durch. Das Wichtigste: Sie ist durchdacht gegliedert und absolut verständlich geschrieben. Es gab bloß einmal einen Regeldisput. Hans im Glück bestätigte später per E-Mail unsere Spielweise, obwohl ich mir dann nicht mehr so sicher war. Mehr dazu weiter unten.

Meine Testspieler waren wie üblich Daniel, Peter und (unbesiegt) Gert und diesmal auch Gerlinde und Andi. Danke wieder an alle, es hat tollen Spaß mit euch gemacht. Wir haben dieses Mal auch alle, nämlich Zwei- bis Vier-Spieler-Varianten, auf Spielbarkeit durchgetestet. Wobei ersterer der Vorrang zu geben ist. Im Zweikampf hat man gegenüber den anderen Varianten doch bessere Chancen zu wichtigen Adeligen-Plättchen zu gelangen. Im Spiel zu dritt und viert hat man, im wahrsten Sinne des Wortes, doch öfters die schlechteren Karten.

 

Worum geht es bei Palais Royal? Man versucht Punkte in Form von Adeligen-Plättchen sowie Privileg-Karten zu sammeln. Auch gibt es Punkte für die Mehrheiten bzw. für die zweiten Plätze an den Seitenrändern des Parks. Wie immer gewinnt, wer die meisten Punkte am Ende sammeln konnte.

Bevor es dazu kommen kann, bauen wir das Spielfeld auf. Man legt den Schlosspark in die Mitte des Tisches, mischt die Räume des Schlosses und legt sie im Raster 3 x 3 individuell unter den Park. Den Privileg-Kartenstapel mischt man ebenfalls und legt ihn zusammen mit dem Geld neben die beiden Spielfelder. Jeder Mitspieler wählt eine Farbe und nimmt sich 18 Diener. Die restlichen 7 kommen auch neben den Spielplan. Die Adeligen-Plättchen werden verdeckt gemischt, danach werden sie auf alle Felder des Schlossparks gelegt. Es bleiben sechs übrig, die aus dem Spiel kommen. Die Tatsache, dass jedes Mal andere Adelige im Spiel, sowie die Räumlichkeiten anders angeordnet sind, macht dieses Spiel immer wieder aufs Neue interessant. Jeder Spieler setzt nun drei seiner Diener in das Treppenhaus und zwei in den Ehrenhof. Nun wird der Startspieler ermittelt. Steht dieser fest, bekommt sein linker Nachbar ein Gold, der nächste bereits zwei und der letzte gar drei. Der Startspieler erhält keines, da er den großen Vorteil des Beginnens genießt. Ab diesem Zeitpunkt lenkt jeder sein eigenes Schicksal. Beginnend mit dem Startspieler setzt jeder nacheinander weitere fünf Diener, nun aber individuell, in die einzelnen Schlossräumlichkeiten.

Sodann beginnt Spieler Eins seinen Zug, welcher wie folgt abläuft:

1) Der Ehrenhof regelt den Nachschub. So viele Diener der Spieler im Ehrenhof hat, darf er nun auf das Tor setzen. Im Ehrenhof gilt der Mehrheitsbonus. Das heißt, wenn ein Spieler mehr Diener in diesem Raum besitzt als jeder andere, so darf er einen Diener mehr auf das Tor setzen.

2) Im Treppenhaus wird die Bewegung angezeigt. Für jeden Diener in diesem Raum gibt es einen Bewegungspunkt. Man setzt einen Bewegungspunkt ein um einen Diener von einem Raum in den nächsten senkrecht oder waagrecht zu ziehen. Nicht benutzte Bewegungen verfallen. Auch hier gilt der Mehrheitsbonus, was eine zusätzliche Bewegung in diesem Zug bringt. Achtung: Im Treppenhaus sollte sich zu jeder Zeit mindestens ein Diener befinden, ansonsten hat man sich quasi „Matt“ gesetzt. In diesem Fall gibt es eine Sonderregel (Homepage Hans im Glück), falls man auch keinen Adeligen besitzt, der einem Bewegung verschafft, und auch keine Privileg-Karte. Wenn man sich nicht mehr bewegen kann, muss man alle seine Karten herzeigen und dann darf man einen Diener aus dem Vorrat oder aus irgendeinem Raum nehmen und ihn in das Treppenhaus setzen.

3) Für die folgenden drei Aktionen gibt es keine feste Reihenfolge:

3a) In der Münzerei erhält man Gold. Auch hier gibt es den Mehrheitsbonus. Für jeden Diener nimmt man sich ein Gold. Hält man hier die Mehrheit gibt es ein Gold zusätzlich.

3b) In den beiden Räumen Kabinett des Königs und Madame de Pompadour holt man sich die wichtigen türkisen (König) und violetten (Madame) Siegel. Den Mehrheitsbonus gibt es auch in diesen beiden Räumen. So viele Diener hier drinnen sind, so viele Siegel gibt es auch. Für die Mehrheit jeweils ein Siegel zusätzlich, man setzt in diesem Fall einen weiteren Diener in diesen Raum.

3c) In der Schreibstube stellt man fest wie oft man Aktion 4) durchführen darf. Für jeden anwesenden Diener ein Mal. Hier gibt es keinen Mehrheitsbonus.

4) In dieser Phase kann man Adelige anwerben. Man nimmt einen Diener aus der Schreibstube und setzt ihn auf den Adeligen, welchen man anwerben möchte. Die Kosten für diesen Adeligen sieht man auf der linken Seite des Plättchens. Zuerst zahlt man die angegebenen Goldkosten abzüglich der freien Felder rundherum. Müsste man 8 Gold bezahlen, fehlen aber rundherum senkrecht, waagrecht und diagonal bereits z.B. 3 Adeligen-Plättchen, zahlt man nur noch 5 Gold. Danach nimmt man die Anzahl Diener aus dem Kabinett des Königs und der Madame de Pompadour, wie das Adeligen-Plättchen violette und türkise Siegel anzeigt. Adelige bringen nicht nur am Ende des Spieles Siegpunkte, die rechts unten angezeigt werden, manche geben auch enorm wichtige Vorteile (rechts oben auf dem Plättchen), während des Spieles. Folgende Vergünstigungen können Adelige geben: Diener aus dem allgemeinen in den eigenen Vorrat bekommen, weitere 2 Diener auf das Tor stellen, zusätzliche 2 Bewegungen und diagonale Bewegungen im Schloss, weitere türkise und violette Siegel, jede Runde 2 Gold, sowie zusätzliches Karten ziehen.

Liegt das Adeligen-Plättchen auf den Mittelfeldern, nimmt man sich seinen Diener zurück, auf den Randfeldern, muss man seinen Diener aber stehen lassen. Denn für jede Mehrheit an diesen Rändern erhält man am Ende satte 6 Punkte, für den zweiten Platz immerhin noch 2.

5) Im Hintereingang darf man für jeden seiner Diener, welche man dort platziert hat, eine Privileg-Karte ziehen. Will man sich Karten behalten, nimmt man genau so viele Diener vom Hintereingang in den Vorrat zurück. Karten die man nicht nehmen möchte, legt man auf den offenen Ablagestapel. Welche Vorteile geben diese Karten? Manche geben Gold, manche Siegpunkte. Manche geben zusätzliche Bewegungspunkte, oder auch zusätzliche Diener auf das Tor, oder auch beide Vorteile zusammen. Man erhält auch zwei gleichfarbige Siegel oder je eines jeder Farbe und mit einer erhält man sogar in allen Räumen in denen es Mehrheitsbonus gibt und in denen sich mindestens ein eigener Diener befindet den Mehrheitsbonus. Man muss bloß die Kosten, stehen in der linken oberen Ecke, bezahlen und die Karte ausspielen.

Mit der fünften Aktion endet der Zug und der nächste Spieler handelt diese fünf Aktionen in dieser Reihenfolge ab.

 

Einen Raum habe ich noch nicht erklärt: Der Kardinal. Der Kardinal bricht Gleichstände in den Räumen mit Mehrheitsbonus. Hat man einen Diener beim Kardinal und sonst niemand, erhält man auch bei Gleichstand den Mehrheitsbonus. Haben zwei oder mehrere Spieler Diener beim Kardinal, so bekommt der Spieler mit den meisten Dienern diesen Bonus. Bei Gleichstand gibt es den Mehrheitsbonus nur gegenüber Spielern, die weniger Diener beim Kardinal haben. Klingt verwirrend. Ist es auch. Hat man aber ein Spiel hinter sich, oder zwei, wird es klar, wie diese Mehrheitenregelung funktioniert.

 

Wann endet Palais Royal? Dieses Spiel hat ein gewöhnungsbedürftiges Ende. Kommt der Startspieler wieder zum Zug und es liegen nur noch 12 oder weniger Adeligen-Plättchen im Schlosspark, beginnt der letzte Durchgang. Jeder macht noch einen ganzen Zug und danach zählt jeder seine Punkte aus Adeligen-Plättchen, Mehrheiten an den Rändern im Schlosspark, Privileg-Karten und den nicht gespielten Karten, welche 1 Punkt pro Karte geben, aber maximal 6 Karten.

 

Also kurz zusammengefasst: Der Spieler lässt seine Diener im Schloss herumwuseln, sammelt Gold, türkise und violette Siegel und versucht gute Adelige anzuwerben. Die Adeligen die Vorteile geben, sollte man so früh wie möglich zu sich nehmen, um das Maximum an Vorteil herauszuholen. Man muss auch immer darauf schauen, wie viele Adelige von einer Sorte sich im Spiel befinden. Da nämlich 6 Plättchen aus dem Spiel genommen werden, kann es natürlich vorkommen, dass ein wichtiges nur einmal vorhanden ist. Außerdem hat es einen doppelten Effekt, wenn man ein wichtiges Plättchen erspielt und man gleichzeitig die Mehrheit an einer Außenreihe im Park erringt. Die Erfahrung zeigt, dass man auch auf die Privileg-Karten nicht vergessen sollte. Mehr Bewegungspunkte zum richtigen Zeitpunkt können auf jeden Fall spielentscheidend sein.

Palais Royal besticht durch die beiden Spielbretter, die „spielerisch“ ineinandergreifen. Auf beiden Brettern geht es hochtaktisch zur Sache. Auf der einen Seite, in den Schlossräumen, muss man seine Ressourcen optimieren. Es bringt absolut nichts, wenn man zehn Bewegungspunkte hat, aber nur einen Diener den man bewegen „kann“. Dieses Spiel lässt sich mit jeder möglichen Spieleranzahl (2 bis 4) sehr gut spielen. Wobei ich der Zwei-Spielervariante den Vorzug gebe, da es, wie bei Carcassonne, ganz einfach kampfbetonter wird und da dem „Pech“ ein wenig der Riegel vorgeschoben wird, weil einem nicht alle wichtigen Adeligen-Plättchen vor der Nase weggeschnappt werden, wie es im Vierer-Spiel ohne weiteres passieren kann. Obwohl hochtaktisch, kann es aber dennoch auch in der Familie gespielt werden. Hat man Taktierer und Grübler in der Runde kann es auch mal länger dauern. Deshalb auch die angegebenen bis zu 90 Minuten. Überhaupt fällt auf, dass die Leute jeweils beim allerletzten Zug noch das optimale herausholen wollen (ebenfalls wie bei Carcassonne).

Die Bedingung für das Ende ist sowieso seltsam gewählt, bin in all meinen Palais Royal-Partien stets vom Ende überrascht worden. Man würde sonst im vorletzten Zug schon andere, lukrativere Adelige anwerben. Ich finde, dass diese Ende-Bedingung unglücklich gewählt worden ist.

Mit dem Palais Royal in Paris hat dieses Spiel zwar nicht viel gemein, bloß den Kardinal, doch nimmt das sicher nicht den Reiz dieses Spieles. Ein schönes Spiel, ein gutes Spiel und nett. Zwar ist es nicht unter meinen Top-Spielen, ich kann es aber guten Gewissens Spiele spielbegeisterten Familien und Gelegenheitsspielern empfehlen.

 

christian.huber@spielen.at

 

Autor           : Xavier Georges

Grafik          : Michael Menzel

Vertrieb       : Schmidt Spiele

Preis            : ca.25 €

Verlag          : Hans im Glück

                     www.hans-im-glueck.de

 

Spieler: 2 bis 4

Alter   : 12+

Dauer : 90 min

 

Genre          : Positions- und Optimierungsspiel

Zielgruppe    : Für Jugendliche/Erwachsene

Mechanismen: Diener für Gold+Siegel setzen, Adelige anwerben

 

Zufall                     : 1

Wissen/Gedächtnis  :

Planung                 : 7

Kreativität              :

Kommunikation      : 2

Geschicklichkeit      :

Action                   :

 

Kommentar:

Reizvoll für Taktiker und Grübler

Trotzdem auch als Familienspiel geeignet

Reizvoll durch zwei Spielorte

 

Vergleichbar:

Khronos oder Herr der Ringe für mehrere Pläne

 

Atmosphäre: 5

 

Christian Huber

Ein Familienspiel mit wirklich ansprechendem Spielmaterial, welches vor allem für Gelegenheitsspieler längere Zeit nicht fad werden sollte.