1846 - Auf in den (Nord-) Westen

 

OREGON

 

Besiedelt das neue Land - Auf Teufel komm raus

 

Oregon. Ein Hauch von Wilder Westen durchströmt die heimischen Wohnzimmer. Vor dem geistigen Auge ziehen Pioniere in typischer Kleidung in ihren Planwägen durch die Landschaft. Vorbei an gewaltigen Gebirgen, dichten Wäldern, tiefen, dunklen Seen und endlos scheinenden Prärien. Dort wo sie lagern knistert das Holz in den heimeligen Lagerfeuern und von hoch oben ertönt der Schrei eines majestätischen Ureinwohners - des Weißkopfseeadlers. Rund um das Feuer sitzend werden Geschichten erzählt. Nicht zuletzt von riesigen Herden Bisons, die zu dieser Zeit noch in millionenfacher Zahl, neue Weidegründe suchend, herum wanderten.

Da haben wir doch glatt einige Klischees bedient, die da wären: Planwagen, Bison, unerschrockene Pioniere, Adler und Lagerfeuer. Dieselben Symbole finden sich dann auch im Spiel wieder. Doch vorher zurück zum Start.

Die Schachtel, der Spielplan, die Karten und Kärtchen - alle Grafiken halte ich für stimmig und sehr gelungen, stammen sie auch, wie ich später bemerkte, von einem meiner Lieblingsillustratoren, von Franz Vohwinkel, der z.B. auch für Magic the Gathering zeichnet. Diese machen auf jeden Fall Lust auf mehr. Bei der Ausstattung fallen sofort die „Carcassonne-Maxerl mit Cowboyhut“ aus Holz, nachfolgend Farmer genannt, auf. Finde ich sehr gut. Spieler der Welt, wehrt euch gegen die „Plastik-Pöppel“ und liebe Spielehersteller, die ihr auch diesen Artikel lesen werdet, achtet auf die „richtige“ Ausstattung, denn die ist schon mal die halbe Miete für den Kauf eines Spieles.

Der erste Eindruck von der Sechs-Seiten-Spielregel: Ach nein, wieder so eine heftige Spielregel. Dieser bestätigte sich aber überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich denke, auch ungeübte Spieler können sich schnell durch die Regel lesen und rasch das erste Spiel beginnen.

Den Sieg bei Oregon erringt man, wie sollte es anders sein, auch hier mit dem Erreichen der höchsten Punkteanzahl. Punkte kassiert man, in dem man Karten ausspielt und dadurch entweder ein Kärtchen oder einen Farmer auf den Spielplan setzt. Man erhält zu Beginn vier Karten. Jeweils drei Landschafts-Karten, die eines der fünf oben genannten Symbole zeigen, wobei jedes Symbol zehn Mal vorhanden ist und eine Gebäude-Karte. Letztere zeigt folgendes: Eine Poststation, einen Hafen, eine Kirche, eine Kohlegrube, Goldmine, einen Laden oder eine Eisenbahnstation. Jede Gebäude-Karte ist drei Mal vorhanden.

Nun ist der Spielplan, welcher fiktiv Oregon darstellen soll, in ein Raster unterteilt, wobei oben und links wieder diese fünf Symbole zu sehen sind. Die folgende Setzmechanik ist zwar mehr als abstrakt, muss man aber nicht unbedingt als Manko abtun. Um ein Gebäude-Plättchen zu legen, nehme man die Gebäude-Karte, die man auf der Hand hat (eine MUSS man immer auf der Hand haben) und eine Landschafts-Karte und spielt diese aus. Nun nimmt man das entsprechende Gebäude-Plättchen und hat entsprechend dem Symbol von links nach rechts, oder von oben nach unten eine Menge Felder zur Verfügung, an denen man dieses Plättchen legen kann. Folgende Lege-Regeln muss man beachten: Man darf niemals ein Gebäude-Plättchen auf Wasser legen, eh klar, Kohlegruben und Goldminen stets nur ins Gebirge, Eisenbahnstationen nur auf die Bahnlinien, die Häfen müssen immer einen Zugang zum Wasser aufweisen, auch wenn es nur eine Ecke des Plättchens betrifft und alle weiteren Plättchen können auf die restlichen (grünen), also Wiesen- und Wald-Felder gelegt werden. Um einen Farmer zu setzen, spiele man zwei Landschafts-Karten aus. Nun darf man seinen Farmer auf eine der Schnittflächen, die ohne Ausnahme sechs Felder betragen, setzen. Je nachdem man das eine Symbol für die Oben-Unten-Achse nimmt oder eben für die Rechts-Links-Achse. Wenn man zwei gleiche Symbole ausspielt hat man logischerweise nur sechs Felder zur Verfügung. Man darf seinen Farmer grundsätzlich überall platzieren, außer, raten sie mal - genau, nicht ins Wasser und ebenfalls nicht auf ein Gebäudeplättchen. Aber, mag es auch seltsam anmuten, es ist erlaubt, einen (selbstmörderisch veranlagten) Farmer auf eine Eisenbahnlinie zu setzen.

Ab hier beginnt das große Punkte Verdienen. Im frühen Spiel manchmal bloß Pünktchen für Pünktchen und später im äußerst theoretischen Fall sogar bis zu 40 Punkte.

Im allerersten Spiel hat man seine liebe Not, wo sollte man am besten was hinsetzen. Zuerst einen Farmer? Oder doch zuerst seinen Hafen an der Adlerachse? Man weiß es nicht so genau. Nachdem das Spiel aber doch in die Gänge gekommen ist, je mehr Spieler umso besser, bekommt man doch sehr schnell mit, wie die Taktik aussehen muss. Sobald mehrere Gebäude-Plättchen und Farmer gesetzt wurden, sprudeln an manchen Stellen die Punkte nur so und ab hier beginnt gnadenlose Taktiererei. Nun ja, ganz so schlimm ist es nicht. Jedenfalls erhält man Punkte wenn man ein Plättchen an einen Farmer legt oder umgekehrt einen Farmer an ein Gebäude-Plättchen. Man erhält jeweils die Punkte die auf den Gebäude-Plättchen zu sehen sind. Bei der Kirche kommt es darauf an wie viele Farmer bereits um die Kirche positioniert sind. So viel zählt dann auch der Farmer den man dort setzt. Bei Kohlegrube und Goldmine erhält man jeweils ein verdecktes Kohle- sowie Goldplättchen, die im einen Fall von eins bis drei zählen oder im anderen Fall drei bis fünf Punkte wert sind. Soll heißen, setzen sie ihren Farmer immer auf ein Feld wo dieser mehrere Gebäude-Plättchen berührt. Bevor es einer der Gegner tut. Hier verzweifelt man oft am Glücks-Faktor dieses Spieles. Man spielt Karte um Karte, mehr oder weniger „sinnvoll“, aus, nur um wieder nachziehen zu können, nur um genau diese eine dringendst gebrauchte Landschafts-Karte zu erhalten und sie kommt nicht.

Eine absolut nette Idee sind Extrazug und Joker, welche dem Glücks-Faktor doch ab und an die rote Karte zeigen können. Einmal verwendet sind sie weg. Normalerweise. Bei Oregon nicht. Wer seinen Farmer an einen Laden setzt, darf seinen Joker-Anzeiger wieder aktiv setzen, an einer Eisenbahnstation seinen Extrazug-Anzeiger. Allerdings darf man in seinem Zug nur einmal den Extrazug einsetzen.

Nach jedem Zug wird sofort gewertet. Hat man einen Farmer gesetzt, gibt es nur Punkte für den aktiven Spieler. Hat man ein Gebäudeplättchen gelegt, kann es Punkte für mehrere Spieler geben. Man zieht seinen Farmer auf der nun schon wohl bekannten Punktezählleiste rund um das Spielbrett um die jeweilige Anzahl Punkte vorwärts.

Das Spiel endet wenn jemand seinen letzten Farmer gesetzt hat oder wenn je nach Anzahl der Spieler zwei, drei oder vier beliebige Sorten von Gebäude-Plättchen aufgebraucht sind.

Der Spieler mit der höchsten Anzahl an Punkten hat gewonnen? Ja, ja, aber noch nicht ganz. Nun kommt noch einmal Spannung auf. Wer hat am meisten Gold geschürft und wer wie viele Zentner Kohle ans Tageslicht gebracht? Es kann gut sein, dass noch einmal die Ränge durcheinander gewürfelt werden. Jetzt erst steht der Sieger fest.

 

Fazit: Grundsätzlich kann man dem Autorenpaar Ase und Henrik Berg zum Erstlingswerk Oregon recht herzlich gratulieren und man mag auch gespannt sein, ob und was von diesen beiden noch kommen wird.

Der Glücksfaktor dieses Spieles mag einem manchmal zu hoch erscheinen, dafür ist es rasch zu erlernen und rasch zu spielen. Es kann auch gut in Familien gespielt werden, mit Kindern ab acht. An dieser Stelle Grüße an meinen zehnjährigen Sohn, der mich in manch Zweier-Partie punktemäßig „demoliert“ hat.

Ein kleines Minus ist die zu klein geratene Zählleiste, bei der man bereits bei zwei Spielern seine Probleme hat. Dafür wird man nach einigen Runden Oregon schätzen, dass man die Kartenstapel nicht großartig durch mischen muss, denn anders als z.B. bei Zug um Zug spielt man selten gleichartige Symbole aus.

Alles in allem ein ausgewogenes, kurzweiliges, taktisches und spannendes Familienspiel, welches man immer wieder mal aus der Kiste nimmt.

 

Christian Huber

 

Spieler         : 2-4

Alter            : ab 8 Jahren

Dauer          : 45

Autor           : Ase und Henrik Berg

Vertrieb        : Schmidt Spiele

Preis            : etwa 30,00 Euro

Verlag          : Hans im Glück

www.hans-im-glueck.de

 

Genre          : Taktisches Legespiel

Zielgruppe    : Familie und Freunde

Mechanismus: Karten spielen, Plättchen oder Farmer setzen, Punkte, Gold + Kohle sammeln

 

Strategie:              *         

Taktik:                  ***** 

Glück:                   *****

Interaktion:           *          

Kommunikation:     **

Atmosphäre:         *****

 

Kommentar:

Sehr stimmige Grafiken

Hübsches Material

Hoher Glücksfaktor, dennoch ziemlich taktisch

Sehr einfache Regeln

 

Vergleichbar:

Einfach genial

 

Christian Huber

Ein gelungenes Familienspiel mit einigem Glücksfaktor und doch hoher Spannung.