Müll + Money

 

Das Spiel:

MÜLL + MONEY

Hans im Glück, 2001

2 - 4 Spieler

ab 12 Jahre

60 min

 

Der Autor:

Dr. Jürgen Strohm

 

WIN-Wertung:

** SS I K 3-4 (2-4)

 

Müll + Money - diesen vielleicht wenig ansprechenden aber treffenden Titel trägt das neue Hans im Glück - Spiel von Jürgen Strohm. Nach dem ersten Überfliegen der Spielregel erkennt man ein Wirtschaftsspiel, in dem der Müll wie im tatsächlichen Leben zum Problem werden kann, wenn die Spieler nicht rechtzeitig gegensteuern. Unter solchen Umständen ist es nicht leicht mit seiner Firma Profite zu erwirtschaften und sich gegen Mitbewerber (Mitspieler) zu behaupten.

 

Spielziel ist es, durch Wachstum, Innovation und Ein- und Verkauf von Rohstoffen /  Waren die meisten Siegpunkte zu erhalten.

Eine auf ausdrücklichen Wunsch des Autors beigelegte Spielvariante, welche als ‚experimentelle Simulationsvariante’ betitelt wird und uns in Essen nicht zu Gesicht gekommen ist, lässt ebenso wie die Danksagungen am Ende der Regel den Verdacht aufkommen, dass der im Folgenden beschriebene, ‚normale’ Mechanismus nur teilweise aus der Feder des Autors stammt. Bei der (Ursprungs-?) Variante wird Müll gemeinsam produziert und neue Spielregeln à la Kyoto demokratisch festgelegt, wie im echten Leben. Wer am meisten Geld hat, hat die meisten Stimmen, außer man besticht.

 

Um seine unternehmenspolitische Kompetenz zu beweisen erhält jeder Mitspieler ein Startkapital von 5 Rohstoffen und 24 Siegpunkten. 14 davon auf dem Wachstumsplan, wo für jeden Mitspieler mit einer Spielfigur markiert ist wie viele Mitarbeiter er beschäftigt und wieweit seine Firma bereits 'gewachsen' ist. Die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter gibt auch die Betriebskosten an, die am Ende jeder Runde zu zahlen sind, wobei die Spielregel extra darauf hinweist, dass die Betriebskosten eines Unternehmens im wirklichen Leben nicht nur von der Anzahl der Mitarbeiter abhängig sind. Das mögliche Wachstum bewegt sich im Bereich 14-20, wobei das Spiel endet, sobald ein Unternehmer die 20 erreicht. Die Wachstumszahl wird am Ende direkt in Siegpunkte umgewandelt, aber es gibt noch zwei andere Möglichkeiten an Siegpunkte zu erhalten.

 

In seiner Fabrik markiert jeder Mitspieler in 3 verschiedenen Abteilungen den Innovationsfortschritt seines Unternehmens. An diesem lässt sich auch ablesen, wie viele Mitarbeiter und Rohstoffe zur Erfüllung eines Auftrags in diesem Unternehmen benötigt werden und wie viel Müll dabei 'produziert' wird. Zu Spielbeginn benötigen die Unternehmen jeweils 5 Mitarbeiter und 5 Rohstoffe und es fallen 5 Tonnen Müll an. Das entspricht 1 Siegpunkt in jeder Abteilung. Wird später in einer der Abteilungen eine Innovation durchgeführt, so dass z.B. nur noch 4 Rohstoffe benötigt werden, ist diese Abteilung schon 3 Siegpunkte wert. All das ist sehr übersichtlich auf den Unternehmens-Tableaus dargestellt, wo sich auch noch die Mülldeponie und das Rohstofflager befinden.

 

Die letzte Möglichkeit zu Siegpunkten zu kommen ist Bargeld. Das zur Verfügung stehende Startkapital von 15 Mio Euro ist bereits 7 Siegpunkte, (½ Millionen abgerundet) wert. Es gibt allerdings auch noch die Möglichkeit Minuspunkte zu haben. Sollte der Spieler im Laufe der Partie gezwungen sein Kredit von der Bank zu nehmen, was nur in Vielfachen von 10mio. Euro möglich ist, um z.B. seine Betriebskosten zu bezahlen zählen je 10 mio. Euro 10 Minuspunkte.

 

Gespielt wird mit Aktionskarten. Der Kartengeber mischt und bildet dann, je nach Spielerzahl 3,4 oder 5 offene Stapel zu je 3 Karten. Er achtet darauf, dass in keinen Stapel 2 gleiche Karten aufliegen. Beginnend beim Startspieler wählt sich jeder einen Stapel, von den so erhaltenen 'Aktionen' dürfen diese Runde ausgeführt werden. Es ist aber auch möglich 1 Karte mit in die nächste Runde zu nehmen, oder unerwünschte Karten abzuwerfen. Der Startspieler (darum nennt man ihn wohl so) beginnt dann mit seiner ersten Aktion, dann der Nächste eine Aktion. Es wird solange im Kreis gespielt bis alle gepasst haben. Nach dem Wechsel des Startspielers werden neue Aktionskarten aufgelegt und es geht in die nächste Runde.

Aktionskarten gibt es 10 verschiedene:

Wachstum: damit darf der Spieler am Wachstumsplan 1 Feld in Richtung 20 rücken.

Einstellung/Entlassung: damit bestimmt der Spieler die Anzahl seiner Beschäftigten und somit auch seine Betriebskosten.

Innovation- damit kann der Spieler eine seiner Abteilungen weiterentwickeln, dafür müssen aber zusätzlich 5mio. Euro an die Bank gezahlt werden.

Rohstoffe-Verkauf: mit dieser Karte versteigert der Spieler so viele Rohstoffe wie er derzeit zur Erfüllung eines Auftrags benötigt. Reihum gibt jeder Spieler ein Gebot ab, danach entscheidet der Auktionator, ob er das Höchstgebot annimmt, dann erhält er das Geld und der Bieter die Rohstoffe, oder ob er überbietet, in dem Fall zahlt er an die Bank und behält die Rohstoffe.

Entsorgung: mit dieser Karte entsorgt der Spieler 3 t Müll von seiner Müllhalde.

Mülltourismus: mit dieser Karte „verschenken“ die Spieler ihren Müll. Der Aktive Spieler entsorgt 1 t Müll seiner Müllhalde, alle anderen stellen einen Zuwachs von 1 t Müll auf ihrer Halde fest.

Auftrag: mit dieser Karte kann der Spieler einen Auftrag nach den Möglichkeiten seines Unternehmens erfüllen, wenn er die in seiner Abteilung Arbeiter angegebene Mitarbeiteranzahl derzeit beschäftigt. Er gibt die in der Abteilung Rohstoffe festgelegte Anzahl an den allgemeinen Vorrat zurück. Wird aus der Bank entsprechend seines  Wachstums (= Verkaufswert) entlohnt. Und produziert die in seiner Abteilung Müll angegebene Menge an Abfall.

Störfall: diese Karte wird nicht an die Spieler ausgegeben, sondern sofort tritt sofort beim Aufdecken in Aktion. Jeder Spieler prüft die Größe seiner Müllhalde. Bei 0-8 Tonnen (grüner Bereich) passiert nichts. Bei 9-12 Tonnen (gelber Bereich) ist das Unternehmen von einem kleinen Störfall betroffen, 5 Mio. außerordentliche Betriebskosten, sofort an die Bank zu zahlen und eine Schrumpfung um 1 ist die Folge. Bei 13-16 Tonnen (roter Bereich) sind die Auswirkungen doppelt so hoch. 10 Mio. an die Bank und 2 Felder Schrumpfung.

Bestechung: kann nur als Reaktion auf einen Störfall gespielt werden. Unabhängig von der Größe seiner Müllhalde zahlt der Spieler nur 1 Mio. und ist von diesem Störfall nicht betroffen (Der zuständige Beamte ist wohl gerade auf Urlaub).

Berater: diese Karte wird meist gemeinsam mit einer anderen Aktionskarte gespielt und verdoppelt/verbessert deren Effekt. Der Berater bietet aber auch die einzige Möglichkeit von der Bank aufgenommene Kredite zurückzuzahlen. Je Beraterkarte können 10 Mio zurückgezahlt werden.

 

Sobald nun auch nur ein Spieler ein Wachstum von 20 erreicht, tritt sofort ein Störfall ein, danach wird die laufende Runde noch zu Ende gespielt und abgerechnet, auch wenn am Ende der Runde kein Unternehmen ein Wachstum von 20 aufweist.

In diesem ziemlich komplexen Wirtschaftspiel, in dem genau abzuwägen ist welche Bereiche man fördert und welche man derzeit vielleicht vernachlässigen, kann habe ich immer das gleiche Problem: So wenig Geld, so wenige Aktionen,  so viel zu tun. Schon bei der Auswahl der Aktionskarten stehe ich immer wieder vor der Entscheidung: Lass’ ich Herbert den Berater und nehme mir die für mich so wichtige Innovation mit dem ganz brauchbaren Rohstoff-Verkauf oder spiele ich selber eine Runde destruktiv mit Mülltourismus und Berater. Oder „ach du Ärger“ Wachstum und Entsorgung liegen wieder nicht im selben Paket aus. Oft stellt sich heraus, dass die geplante Strategie einfach nicht durchführbar ist und dann ist schnelles, kreatives Umplanen gefragt. Gegen Ende kommt dann noch das ‚Pokern’ - wenn ich jetzt auf 20 Wachstum gehe, könnte es sich für mich ausgehen, aber wie viel Bargeld hat Sandra inzwischen bloß gehortet?

Einstimmig haben wir festgestellt: Ein Spiel zum immer wieder Spielen.