Morgenland
Das Spiel
MORGENLAND
Von Richard Breese
Für 3-5 Spieler
Ab 10 Jahre
Hans im Glück, 2000
Die vergleichbaren Spiele
Geschichten aus 1001 Nacht (T)
Die WIN-Wertung
** AAA WW II UU SS
60 – 90 min
Und wieder einmal gibt es ein Spiel aus dem fernen Orient.
Sie scheinen in den letzten Jahren ziemlich in Mode gekommen zu sein. Dieses
Mal basiert es auf einer Geschichte von Salima, der liebreizenden Tochter des
Kalifen Harun al-Raschid. In dieser Geschichte geht es darum, so viele
Artefakte wie möglich einzuheimsen um zu den Lieblingen des Kalifen zu zählen.
Schon die Grafik auf der Schachtel erinnert ein wenig an
Elfenland. Dieser Eindruck wird noch mehr verstärkt, wenn man sich die
Rückseiten der Schatzkarten ansieht. Die Ähnlichkeit wird immer größer und
daher ist es nicht verwunderlich, dass dieselbe Grafikerin dafür verantwortlich
zeichnet: Doris Matthäus. Doch damit hat es sich auch schon mit Ähnlichkeiten.
Das Thema ist dafür ein komplett Neues: Man muss so viele Schätze wie nur
möglich einsammeln (na gut, hat es auch schon ein- bis zweimal gegeben). Doch
um diese zu bekommen, setzt man seine Steine verdeckt, so dass der Gegenspieler
nicht erkennen kann, welchen Wert dieser hat. – OK, bitte nicht schlagen, bin
schon darauf gekommen, auch dass ist nicht mehr neu. Doch in diesem Fall ist
die Mischung aus bereits bekannten Komponenten gut gelungen. Aber vielleicht
sollte ich doch dort beginnen, wo auch Anfang steht. Wobei sich auch die
Spielregel nicht daran hält: Die Startaufstellung wird erst auf Seite 7 der
beigelegten Fibel beschrieben.
Der sehr schöne Spielplan ist dreigeteilt. Ganz unten sind
die 5 Drachenhöhlen zu sehen. In der Mitte finden sich die 4 Orte des Basars
und oben ist der Palast des Kalifen mit dem Wächter und den 5 Kammern. In diese
5 Kammern werden zu Beginn je 6 Artefakt-Karten gelegt. Weiters gibt es für pro
Spieler einen Stapel mit je 15 Schatzkarten. Die nicht benötigten werden zur
Seite gelegt, die anderen werden gemischt und die Schätze analog der Abbildung
auf der obersten Karte auf die 5 Drachenhöhlen verteilt. Apropos Schätze, hier
gibt es 5 verschiedene Sorten und davon je 5 große mit dem Wert 3 und 14 kleine
mit dem Wert 1. Jeder Mitspieler sucht sich 3 beliebige kleine Schätze aus und
legt sie verdeckt hinter seinen Sichtschirm. Zusätzlich erhält jeder noch das
Artefakt ‚Aladdins Wunderlampe‘ und die 8 Figurenplättchen in seiner Farbe.
Darauf sind die Zahlen von 1 – 9, nur die 3 fehlt. Die 10 grauen und etwas
kleineren Plättchen sind die Palastwächter und werden gemischt und verdeckt
neben den Spielplan gelegt. Und schon kann das Spiel beginnen.
Es fängt der jüngste Spieler an, der auch das Kamel vor
sich hinstellt. Die Spieler legen nun reihum jeweils 1 Figur verdeckt auf eines
der Spielfelder, bis jeder alle 8 Figuren gelegt hat. Dabei dürfen auf jedes
Feld beliebig viele Figuren auch vom selben Spieler gelegt werden. Ist das
erledigt, werden alle Figuren auf dem 1. Drachenfeld umgedreht. Der Spieler der
die höchste Figur hingelegt hat, erhält den 1. Schatz, der zweithöchste
den 2. usw. wobei die Werte
zusammengezählt werden, wenn jemand mehrere Figuren gelegt hat. So werden der
Reihe nach die Schätze verteilt. Danach wird Aladdins Zelt ausgewertet. Der
stärkste Spieler zieht 2 Zauberkarten vom Stapel und behält eine davon. Die
zweite Karte gibt er dem nächst stärkeren Spieler. Ab den folgenden Feldern
bekommt nur noch der Stärkste etwas. Im Haus des Dschinn erhält man das Recht,
2 Artefakte in der laufenden Runde ausspielen zu dürfen. Am Markt darf man
einen beliebigen kleinen Schatz aus seinem Vorrat gegen 3 kleine Schätze seiner
Wahl eintauschen und in der Karawanserei bekommt man das Kamel und ist ab
sofort Startspieler. Der Spieler mit dem Kamel ist bei Gleichstand immer
stärker.
Danach kommt schon das Palastwächterfeld. Dieses Feld ist
das einzige, in dem es keine Konkurrenz unter den Mitspielern gibt, denn jeder
misst sich nur am Wächter. Zuerst deckt der Wesir (= der Spielbesitzer) den
Palastwächter auf und anschließend die Figuren der Mitspieler. Wer mit seiner
Figur mindestens gleich stark wie der Wächter ist, hat freien Zugang zum
Palast. Wer schwächer ist, darf den Wächter bestechen, indem er die Differenz
in Schätzen an die Kasse abgibt. Das ist aber nur möglich, wenn mindestens eine
Figur im Feld steht. Danach werden die Artefakte in den Schatzkammern verkauft.
Der stärkste Spieler muss genau so viele Schätze bezahlen, wie der Wert auf
seiner Figur ist. Hat er z.B. eine 8 gelegt, muss er mit 8 gleichen Schätzen
bezahlen. Hat er jedoch eine 4er, eine 3er und eine 1er-Figur gelegt, so kann
er z.B. mit 4 roten, 3 grünen und 1 blauen Schatz bezahlen. Ist dies nicht
möglich oder will der Spieler nicht kaufen, geht das Recht an den
Zweitstärksten über etc. Wenn alle Artefakte verkauft sind, ist die Spielrunde
vorbei und es geht wieder von vorne los. Sieger ist derjenige, der zum Schluss
die meisten Artefakte besitzt.
Soweit so einfach, doch habe ich absichtlich 2 Kleinigkeiten
ausgelassen. Da gibt es zum Ersten die Zauberkarten, die man beliebig einsetzen
kann, nachdem man das Artefakt ‚Aladdins Wunderlampe‘ ausgelegt hat. Alle
verschiedenen Karten hier aufzuzählen, würde den Rahmen des Artikels sprengen,
doch als Beispiel sei hier die Karte ‚Teleportation‘ beschrieben. Dabei darf
man eine Figur eines Mitspielers auf ein beliebiges anderes Feld stellen und
ihm 3 Schätze als Wiedergutmachung bezahlen. Das neue Feld darf aber noch nicht
ausgewertet worden sein. Des Weiteren haben auch die erworbenen Artefakte
unterschiedliche Fähigkeiten. Wie schon vorher erwähnt, muss man, um
Zauberkarten spielen zu dürfen, ‚Aladdins Wunderlampe‘ ausgelegt haben. Weiters
gibt es an Artefakten noch den Doppelgänger, der eine Figur in einem Feld
verdoppelt. Der ‚Fliegende Teppich‘ kann nach der Setzrunde auf ein Feld gelegt
werden und hat den Wert 3. Der ‚Gegenzauber‘ hebt die Wirkung einer Zauberkarte
auf. Der ‚Schlüssel‘ lässt einem am Palastwächter vorbei. Die ‚Schriftrolle‘
kommt nur beim Ende des Spiels zu tragen. Haben mehrere Spieler die gleiche
Anzahl an Artefakten, gewinnt derjenige, der mehr Schriftrollen besitzt. Soweit
die verschiedenen Artefakte, von denen aber jede Runde maximal eines
ausgespielt werden darf. Ausnahme natürlich, wenn man die Mehrheit im Haus des
Dschinn hat, dann darf man 2 Artefakte pro Runde einsetzen.
Die hier beschriebene Regel ist schon das Profispiel. In
der Anfängerregel gibt es noch keine Zauberkarten und es kann immer nur ein
Artefakt eingesetzt werden. Das heißt, dass auch die beiden Felder ‚Aladdins
Zelt‘ und ‚das Haus des Dschinn‘ nicht verwendet werden. Doch ohne Zauberkarten
macht das Spiel leider keinen Spaß. Also von Anfang an immer mit den
Zauberkarten spielen!
Mir gefällt das Spiel deshalb so gut, weil man auch hier
wieder die Mitspieler einschätzen muss: Wer legt worauf wieviel Wert? und man
kann gezielt dagegen vorgehen (wenn man richtig geraten hat). Auch die
Ausstattung mit den vielen Plastikschätzen ist sehr hübsch geraten. Nur die Fibel,
die als Ergänzung zur Spielregel da ist, ist etwas eigenwillig in der
Reihenfolge. So ist alles nach Stichworten alphabetisch geordnet. Und die
Spielregel ist so kurz geraten, dass dauernd auf die Fibel verwiesen wird. Doch
auch wenn ich mich zu Beginn ein wenig lustig darüber gemacht habe, dass die
einzelnen Komponenten eigentlich alle schon existieren, ist in dieser
Zusammenstellung doch ein völlig neues Spiel herausgekommen.
Also für jemanden, der gerne nach Gefühl spielt und nicht
jeden Zug vorher berechnen kann, ist das Spiel absolut empfehlenswert. Alle
Anderen sollten es zumindest einmal versuchen. Für mich war das Spiel
jedenfalls schon in Nürnberg ein heißer Tipp für das Spiel des Jahres aber es
ist leider nicht einmal auf die Auswahlliste gekommen.