Zwei Rezensionen
MODERN ART
Modern Art
Hans im Glück Verlag
Autor: Reiner Knizia
3-5 Spieler, 1992
Wer sein Geld in Aktien anlegt, wird nur mehr milde
belächelt. Wer Gold kauft, ist sich des Mitleids aller anderen Spekulanten
sicher. Wer jedoch sein Glück heutzutage mit dem An- und Verkauf von Kunst -
und hier insbesonders von Bildern - versucht, gilt als modern, aufgeschlossen
und dem Zeitgeist entsprechend. Und genau die Rolle eines solchen Menschen
können bei Modern Art 3-5 SpielerlInnen übernehmen.
An Spielmaterial finden sich Chips in 5 Größen (die
Zahlungsmittel), Wertungsblättchen, Karten der Kunstwerke, Sichtblenden und ein
Auslage-Tableau. Jeder Spieler erhält 100.000.- (leider nur in Chips), einen
Sichtschirm, 5 Kunstwerk-Karten und danach stürzt man sich ins Geschehen.
Der Spielablauf ist schnell erklärt Die 70
Kunstwerk-Karten zeigen Bilder von 5 verschiedenen Nachwuchskünstlern. Die
Aufgabe der Spieler besteht nun darin, durch
geschicktes Taktieren einerseits Bilder jener Künstler, die voraussichtlich im
Wert steigen werden, billig zu erstehen und andererseits diese Wertsteigerung
selbst zu beeinflussen..
Der Wert der einzelnen Gemälde richtet sich schlicht
und einfach danach, wie oft Werke eines Künstlers zum Verkauf gelangen. Und genau
dieser Verkauf ist einer, wenn nicht DER Angelpunkt des Spieles. Beginnend mit
dem Startspieler bietet jede Spieler eines der Kunstwerke aus seiner Hand zur
Versteigerung an. Das auf der jeweiligen Karte aufscheinende Symbol bestimmt
dabei die Art und Weise, in welcher die Versteigerung abläuft. Während bei
"Einmal reihum" jeder der Spieler nacheinander ein Gebot abgibt, wird
bei "In der Faust" geheim und gleichzeitig geboten. "Kreuz und
Quer" bringt das Flair einer durchschnittlichen Parlamentsdebatte: Alles
schreit (bietet) wild durch die Gegend und bei "Noch eine Karte müssen
zwei Gemälde gleich zeitig versteigert werden, wobei sich die
Versteigerungsmethode nach dem Symbol der zweiten Karte richtet.
Die jeweils von ihnen erstandenen Gemälde legen die
Spieler offen vor sich ab und sobald das 5. Gemälde eines Künstlers zur
Versteigerung angeboten wird, endet die Auktionsrunde. Die Bilder des
meistverkauften Künstlers weisen danach jeweils einen Wert von 30.000.- auf,
die des zweiten von 20.000.- und die des dritten von 10.000.- . Dies wird im
Auslage-Tableau jeweils mit Wertungsplättchen angegeben und es bedeutet
gleichzeitig, dass 2 der 5 Maler im Moment nur wertlose Kritzeleien hergestellt
haben - wohl dem, der solche Gemälde nicht teuer erworben hat. Die ausliegenden
Karten der Spieler werden danach entsprechend ihrem Wert in Geldchips
umgewechselt und kommen aus dem Spiel. Danach wird der Kartenvorrat
entsprechend der laufenden Auktionsrunde wieder auf eine bestimmte Anzahl
aufgestockt und eine neue Auktionsrunde beginnt. Nach Abschluss der 4.
Auktionsrunde endet das Spiel und der Spieler mit dem meisten Geld kann sich
als Sieger feiern lassen.
Man darf sich dieses Spiel keinesfalls als öde
Aneinanderreihung von Versteigerungen vorstellen. Es erfordert schon viel
Fingerspitzengefühl, seine Gebote auf den Wert der jeweiligen Gemälde
abzustimmen. Kaufe ich um 40.000.- ein Gemälde von Krypto, das einen
derzeitigen Wert von 20.000.- hat und hoffe, dass der Wert steigt? Erstehe ich
billig wertlose YokoBilder, deren Preis durch geschicktes "Auf den Markt
werfen" plötzlich auf 30.000.hochschnellt? Ich kann nur sagen, ein
Spielspaß, der eine angenehme Mischung aus Glück und Taktik beinhaltet.
Ich konnte leider der Spielregel nicht entnehmen, wer
eigentlich für die Gestaltung der Gemäldekarten zuständig war, würde jedoch
ihm/ihr empfehlen, damit eine Ausstellung zu machen, da einige der Gemälde
wirklich schon mehr als sehenswert sind.
Ein klitzekleiner Wermutstropfen zum Schluss: Wie
schon bekannt, zeigen die Geldchips die gleiche Tendenz wie diverse Staaten -
sie lösen sich auf. Sollten Sie im Besitz eines solchen Spielexemplars sein,
wenden Sie sich an den Verlag - Abhilfe wurde versprochen.
Und jetzt noch einen Gruß und eine Anmerkung an der
Verleger: "Lieber Bernd! Wenn wir beim nächsten Spielefest wieder ein
kühles Bierchen trinken, werde ich Dich fragen, ob das Ganze nicht auch in
einer kleineren Schachtel Platz gefunden hätte und Du wirst mir dann
hoffentlich verschämt die Antwort ins Ohr flüstern. Versprochen??"
WIN Wertung:
* Modern Art m A SS P W (das zweite A löste sich
leider mit den Chips auf)
MODERN ART
Autor: Reiner Knizia
Spielart: Versteigerungsspiel
Spieleranzahl: 3 - 5 (4-5)
Hersteller: Hans im Glück
Erscheinungsjahr: 1992
Als ich in Essen am Hans im Glück-Stand vorbeikam, sah
ich MODERN ART zum ersten Mal. Die Schachtelgrafik sprach mich nicht an, und
Versteigerungen liegen mir nicht. So wollte ich weitergehen, wurde jedoch vom
Standpersonal zu einer Testpartie eingeladen.
Also gut, dafür war ich ja eigentlich den weiten Weg
zur Spiel 92 nach Essen gekommen. Widerstrebend nahm ich Platz und lauschte den
Erläuterungen. Die ersten Karten wurden ausgelegt und versteigert. Aha, so geht
das also... Plötzlich macht sich Spannung breit: Eine Lite Metal-"Noch
eine Karte" wurde aufgelegt, eine gleichfarbige mit "Kreuz und
quer" dazu. Jetzt heißt es aber kalkulieren: Lite Metal hat momentan, da
nun 4 Karten von ihm auf dem Tisch liegen, die größten Chancen, der
Verkaufserfolg dieser Auktion zu werden. "Was sind mir die 2 Bilder wert?
Habe ich nicht auch noch ein Lite Metal-Bild in der Hand? Oder hat Krypto, er
hat 3 Karten auf dem Tisch, mehr Chancen? (Ich selbst habe nämlich eine
Krypto-"Noch eine Karte" und eine "In die Faust" zu
verkaufen!)
Schön langsam kommt man ins Schwitzen: "Ich muss
unbedingt noch eine Karl Gitter ersteigern, man weiß ja nie, aber mehr als
40.000 gebe ich dafür nicht aus, mehr kann er diesmal wahrscheinlich nicht
einbringen." Endlich kommt die fünfte Karte eines Künstlers zur
Versteigerung. Die letzte Auktion ist beendet.
Schweißnass gehe ich weiter und prüfe im Geiste meine
Finanzen. Ohne dieses Spiel fahre ich nicht zurück nach Wien. Am Nachmittag bin
ich, nach einem zufälligen Besuch in der Bank, die sich praktischerweise gleich
in der Eingangshalle befindet, stolzer Besitzer eines MODERN ART. Nun kann ich
nach Hause fahren.
Doch wie geht nun dieses verflixte Spiel genau? Es
gibt 5 Künstler, deren Werke in 4 Auktionen versteigert werden. Zu Beginn
erhält jeder Spieler 100.000 Startkapital in kleinen Scheibchen, die er hinter
seiner Sichtblende verbirgt, sowie 8/9/10 Kunstwerk-Karten (bei 5, 4 oder 3
Spielern). Die übrigen Karten werden für die nächste Auktion beiseite gelegt
Der jüngste /älteste /größte /kleinste /undwasweißich nochfürein Spieler wählt
eine seiner Bilder-Karten und legt sie offen auf den Tisch zum Verkauf. Das
Symbol in den 4 Ecken des Kunstwerkes bestimmt die Versteigerungsart. Da gibt
es - "Kreuz und quer" - die klassische Versteigerung. Alle, auch der
Verkäufer, lizitieren sich wild durcheinander bietend hinauf, bis einer übrig
bleibt, der den Betrag für das Bild an den Versteigernden bezahlt. Ist dieser
selbst der Käufer, geht das Geld an die Bank. Das Kunstwerk bleibt für alle gut
sichtbar vor dem Besitzer aufgedeckt.
- "Einrnal reihum" - Im Uhrzeigersinn dürfen
die Spieler einmal ein Gebot abgeben, immer höher als das Vorhergehende, oder
passen. Der Verkäufer kommt zuletzt, und entscheidet, ob er mitbietet und damit
das Bild selbst ersteigert, oder ob er es zum Letztgebot abgibt. Der Käufer
zahlt wieder an den Versteigerer oder an die Bank.
- "Preis ansagen" - Meiner Meinung nach die
schwierigste Art. Der Versteigerer nennt einen Betrag, den die Spieler im
Uhrzeigersinn befragt, entweder zu zahlen bereit sind, oder aber ablehnen.
Stimmt z.B. gleich der erste Käufer dem Preis zu, werden die anderen nicht mehr
gefragt(!). Das nette an dieser Spielart ist, einzuschätzen, wie viel die
Mitspieler bereit sind zu zahlen. Entweder ich will das Bild selbst, dann muss
ich darüber bieten - aber nicht zu viel, selbstredend; oder ich will verkaufen,
damit ein bisschen Geld hereinkommt, dann muss ich in etwa den Betrag nennen,
und hoffen, dass ein Käufer "anbeißt". Kommt das Gebot aber zu mir
zurück muss ich es selbst an die Bank bezahlen! Also aufgepasst, hoch, aber
nicht zu hoch pokern, ist die Devise.
- "In die Faust" - Die einfachste und
schnellste Möglichkeit zu viel zu bezahlen. Ade Spieler nehmen soviel Geld in
die Faust, wie sie maximal bezahlen wollen. Das höchste Gebot gewinnt. Der
Käufer zahlt den Betrag, die anderen dürfen ihr Geld wieder hinter ihren
Sichtblenden verstecken.
Jetzt bleibt nur noch ein Symbol auf den Bild-Karten
übrig: "Noch eine Karte" - Dieses Kunstwerk darf nur in Kombination mit
einer zweiten Bild-Karte desselben Künstlers ausgelegt werden. Die Karten
werden gleichzeitig nach den Bedingungen der zweiten Karte versteigert. Kann
oder will der "Noch eine Karte" ausspielende Verkäufer keine passende
Kunstwerk-Karte mit "normalen" Versteigerungsarten dazuspielen, wird
wieder reihum im Uhrzeigersinn gefragt, ob jemand bereit ist, eine geeignetes
Bild mitzuverkaufen. Da Ertrag von beiden Karten geht allerdings an den
Ausspieler der zweiten Karte! Wird jedoch von keinem der Mitspieler noch eine
Karte daraufgelegt, geht die "Noch eine Karte" kostenlos an den
Verkäufer.
Auf diese Weise werden solange Kunstwerke versteigert,
bis von einem da Künstler 5 Bilder auf dem Tisch liegen. Die fünfte, gerade
ausgespielte Karte, wird nicht mehr verkauft!
(Sind die beiden letzten Karten "Noch eine
Karte" und eine Zweite, werden beide nicht mehr verkauft - eine
wirkungsvolle Methode, die Mitspieler auszutricksen, die sich in Sicherheit
wiegen, da sich ja bis jetzt nur 3 Karten dieses Künstlers offen auf dem Tisch
befinden!)
Nun folgt die Bewertung der Beliebtheit der Künstler.
Der Künstler mit den meisten verkauften Bildern dieser Auktion ist der
wertvollste, und bekommt auf dem Spielplan in da ersten Zeile unterhalb seines
Bildes einen Marker mit 30.000,-. Da Zweitbeliebteste erhält den
20.000er-Marker und der Drittbeliebteste den 10.000er-Marker. Haben zwei oder
mehr Künstler gleich viele Karten verkauft, werden die Plätze am Spielplan von
links nach rechts vergeben. Lite Metal ist also bei Gleichstand immer besser
als Krypto.
Die einzelnen Spieler erhalten nun den Wert ihrer
eingekauften Bilder von da Bank ausbezahlt und geben diese auf den
Ablagestapel. Die Handkarten werden behalten.
Nun wird die zweite Auktion gestartet. Jeder erhält
6/5/4 Kunstwerke (für 4,5,6 Spieler) dazu, dann wird wieder solange
versteigert, bis 5 Karten eines Künstlers auf dem Tisch liegen und die
Abrechnung erfolgt. Die erfolgreichsten 3 Künstler bekommen ihren Wert-Marken
nun in die zweite Reihe unter ihrem Bild. Nun sind die Künstler, die bereits 2
Wert-Marker unter ihrem Platz am Spielplan haben, die Summe beider Marker wert!
Die dritte Auktion wird genauso abgewickelt wie die
zweite, mit Wert-Markern in der dritten Zeile am Spielplan.
Für die vierte und letzte Auktion werden keine
Kunstwerke mehr ausgeteilt. Jeder muss mit seinen Handkarten auskommen, was in
der Regel nicht schwer ist. Sollte es jedoch einmal passieren, wird dieser
Spieler einfach beim Ausspielen übergangen. Er kann aber noch mitsteigern. Nach
der letzten Wertung endet die Partie. Der Spieler mit dem meisten Geld hat
gewonnen - Gratulation!
Für 3 Spieler wird empfohlen, einen "Dummy"
mitspielen zu lassen. Das bedeutet, es werden Karten für 4 Spieler ausgeteilt,
das vierte Kartenpäckchen liegt verdeckt und repräsentiert einen weiteren,
besonders listigen, unberechenbaren Mitspieler. Ersteigert einer der drei
richtigen Spieler ein Kunstwerk, kann er, muss aber nicht, eine Karte des
"Dummy" aufdecken. Diese Karten werden nicht versteigert, und zählen
auch nicht bei den Wertungen. Sie erhöhen lediglich die Zahl da offen liegenden
Bilder. Bei 5 aufliegenden Kunstwerken findet eine normale Wertung statt.
Wie man unschwer aus da Einleitung erkennen kann, hat
mich MODERN ART trotz einer - ich gestehe es ja ungern - Voreingenommenheit
nicht nur überzeugt, sondern in Begeisterungsstürme ausbrechen lassen. Es ist
eines jener Spiele, die ich auch mit einem Nichtspieler gerne spiele. Ich habe
es seit der Spiel 92 in Essen schon mehrmals mit wechselnder Besetzung gespielt
- nicht für diese Besprechung! Nur zum Vergnügen! - und glaube, dass auch die
ungeübten Spieler sehr viel Spaß damit hatten. Sie wollten das Spiel sofort
kaufen, und das spricht doch für sich.
Der Spielplan und die Kunstwerk-Karten sind so schön
gestaltet, dass bei erstmaligem Spiel immer einige Zeit beim Betrachten der
Bilder aufging. Die Sichtschirme haben auf der Innenseite die verschiedenen
Versteigerungsalten abgedruckt, was besonders beim ersten Mal Spielen sehr
hilfreich ist, und die Regel ist ausführlich und klar, und enthält viele
Beispiele. Wahrend viele der Karten = Kunstwerke bestens dafür geeignet wären,
vergrößert im heimischen Wohnzimmer zu hängen, kann dasselbe von der
Schachtelgrafik nicht behauptet werden. Sie lädt nicht gerade zu näherer
Beschäftigung mit dem Spiel ein, und lässt keinerlei Rückschlüsse auf den
wirklich schönen Inhalt des Kartons zu. Laut Auskunft des Standpersonals soll
die Schachtelgrafik allerdings absichtlich (grellfarbig und plakativ ist
modern??) gewählt worden sein!
Nachdem es sich bei MODERN ART eigentlich um ein
reines Kartenspiel handelt, kommt vielleicht doch in dem einen oder anderen
schon aus Platzgründen (vom Preis gar nicht zu reden) die Frage auf, ob man
nicht eine kleinere Schachtel ohne Spielplan verwenden hätte können. Eine
letzte Bemerkung sei noch erlaubt: Bei der Erstauflage wurde noch ein
Kartonbogen mit gestanzten Chips beigelegt, die sich aber beinahe sofort in
ihre einzelnen Schichten zerlegten. Abhilfe schafft hier ein Satz Holzsteine,
der ab sofort die Chips ersetzt und für Käufer der Erstauflage (kostenlos?) zu
erhalten sein wird.
Trotz der oben gerade angeführten Mängel, ist MODERN
ART ein hochkarätiges, sehr interaktives Erwachsenenspiel, das bis jetzt noch
jeden meiner auch anfänglich noch so unwilligen Spielpartner mitgerissen und
zum leidenschaftlichen Auktionator gemacht hat.
Also: Ein unbedingtes Muss für lustige Runden und,
natürlich, Spielesammler. Insofern stimme ich auch mit Eamon Bloomfield, dem
bekannten englischen Spielesammler und -Händler überein, der meinte, für ihn
sei MODERN ART das Spiel der Messe!
WIN-Wertung:
** MODERN ART WW S P M AA UUU 3-5 (4-5)