Rezension
Der richtige Spezialist im richtigen Moment
Lift Off
Satelliten gehören ins All
Ein Wirtschaftsspiel, in dem es nur darum geht, Raketen auszurüsten, um damit Satelliten in die Erdumlaufbahn zu schießen – das klingt ungewöhnlich. Natürlich gibt es hunderte Weltraumspiele, die sich mich diversen SciFi-Themen beschäftigen, aber die banale Realität, die alltägliche Praxis der heutigen Weltraumindustrie zu thematisieren, ist mir in meiner Brettspielkarriere noch nicht untergekommen. Das kann natürlich auch an meinem eingeschränkten Wissen liegen. Ich möchte also nicht ausschließen, dass es vergleichbare Spiele gibt, aber zumindest wage ich die Aussage, dass es sich um ein ungewöhnliches Thema handelt. Ich finde es immer schön, wenn sich ein Strategiespiel vom klassischen Burgbau- oder Weltraumschlachtallerlei abhebt.
Bei Lift Off werden die Spieler in die 50er/60er-Jahre des 20. Jahrhunderts versetzt. Eine Zeit, in der die heutige Technik entwickelt wurde und die Beförderung von Satelliten noch keineswegs alltäglich war. Passend dazu sind auch die Grafiken im Spiel stimmig im Stile von Comics aus dieser Zeit gehalten.
Das Spiel geht über acht Runden. Jede Runde erhält jeder Spieler drei Spezialisten (in Form von Karten). Gleichzeitig wählen alle Spieler eine davon und behalten diese. Die übrigen zwei werden an den jeweiligen Sitznachbarn weitergegeben. Somit hat jeder Spieler nun wieder drei Karten auf der Hand. Davon werden nun zwei behalten und eine weitergegeben.
Nach diesem Draft haben nun wieder alle Spieler drei Spezialisten. Von diesen werden nun in Spielerreihenfolge zwei gespielt. Diese Spezialisten erlauben den Spielern Fortschritte zu kaufen. So kann die Rakete mehr Laderaum oder einen effizienteren Antrieb erhalten. Das Upgraden des Labors erlaubt das Entwickeln von größeren Satelliten. Eine weitere Voraussetzung für den Start von Raketen sind Technikkarten, die ebenfalls durch Spezialisten erworben werden können. Andere Spezialisten erlauben das Investieren in die gemeinsame Raumstation, was wieder Siegpunkte und Einkommen oder Technikkarten einbringt.
Zusätzlich bringen alle Spezialisten Boni wie Geld, Siegpunkte, zusätzliche, günstigere oder bessere Raketenstarts, oder eine zusätzliche Missionskarte.
Nachdem alle Spieler ihre Spezialisten gespielt haben, erhält jeder Spieler eine Missionskarte, außer ein Spezialist erlaubt eine weitere.
Es gibt vier Arten von Missionskarten. Jede entspricht einem der vier Satellitentypen. Die Satellitentypen sind an Größe aufsteigend von 1 bis 4. Mit der Größe steigen auch die Anforderungen an die Größe der Rakete, den Ausbau des Labors und auch die Anzahl und Art der Technikkarten.
Jeder Spieler hat nun die Möglichkeit, eine Rakete zu starten, außer ein Spezialist erlaubt eine weitere. Dazu muss ausreichend Geld vorhanden sein, um die Rakete zu starten, was vor allem von der Effizienz des Antriebs abhängt. Außerdem muss mindestens eine Missionskarte vorhanden sein, die mit der Rakete bedient werden kann. Für diese Missionskarte müssen alle assoziierten Anforderungen an Rakete, Labor und Technikkarten erfüllt sein. Es dürfen auch mehrere Missionskarten mit einem Raketenstart bedient werden, sofern der Platz auf der Rakete ausreicht und alle Anforderungen erfüllt sind.
Für jeden durchgeführten Raketenstart gibt es Siegpunkte und die auf den Missionskarten abgebildeten Boni. Die Missionskarten werden dann nach „oben“ geschoben. Die auf ihnen abgebildeten Satelliten fliegen nun auf ihrer Umlaufbahn um die Erde. Die Missionskarten können nicht mehr benutzt werden.
Am Ende des Spiels gibt es noch eine Schlusswertung. Zu Beginn des Spiels hat jeder Spieler drei Spielende-Karten bekommen, auch diese wurden gedraftet. Diese werden nun gewertet. Einige andere Karten und Restgeld bringen auch noch Siegpunkte. Wer nun in Summe die meisten Punkte hat, gewinnt das Spiel.
Lift Off ist ein nettes, schönes, taktisches Strategiespiel, das von geübten Spielern auch recht flott gespielt werden kann.
Vorherrschend sind taktische Elemente: Wann spiele ich welche Spezialisten, um möglichst effizient meine Missionen abzuarbeiten?
Durch die Spielende-Karten kommen auch strategische Aspekte ins Spiel: Wie viele Satelliten von welchem Typ will ich ins All bringen?
Da an vielen Stellen Karten gezogen werden (Spezialisten, Missionen, Spielende Karten), ist naturgemäß einiges an Kartenziehglück involviert. Durch den Draft Mechanismus wird dies zwar etwas reduziert, ist aber nach wie vor entscheidend vorhanden. Je nach Zielgruppe muss das nicht schlecht sein, für ein Strategiespiel dieser Komplexität und Spieldauer ist es aber zumindest erwähnenswert.
Negativ anzumerken ist die fehlende Interaktion. Trotz Draft Mechanismus spielen die Spieler im Wesentlichen vor sich hin. Ein Beobachten der Mitspieler ist nur bedingt sinnvoll. Man kann einander auch nur wenig stören und erst bei der Schlusswertung wird klar wer am effizientesten vor sich hingewerkt hat.
Markus Wawra
Spieler: 2-4
Alter: 12+
Dauer: 30-120+
Autor: Jeroen Vandersteen
Gestaltung: Nache Ramos, Andreas Resch, Kreativbunker
Preis: ca. 50 Euro
Verlag: Hans im Glück 2018
Web: www.hans-im-glueck.de
Genre: Draft Spiel
Zielgruppe: Für Experten
Version: de
Regeln: de en
Text im Spiel: ja
Kommentar:
Unverbrauchtes Thema
Stimmige Gestaltung
Klare Spielregeln
Multi-Player Solospiel
Vergleichbar:
Müll & Money, 7 Wonders
Andere Ausgaben:
Z-Man Games (en)
Meine Einschätzung : 5
Markus Wawra:
Mich erinnert es an das alte Hans im Glück-Spiel Müll & Money, ergänzt um den spätestens seit 7 Wonders populären Draft-Mechanismus. Lift Off wirkt auf mich strategisch deutlich ausgereifter. Leider fehlt es Lift Off an Interaktion.
Zufall (rosa): 2
Taktik (türkis): 2
Strategie (blau): 2
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 0
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0