PERLEN DER SPIELKUNST   AUS DEM MUSUEM

 

HUGO KASTNER EMPFIEHLT

El grande

Superbe spanische Strategie

 

Liebe Leserin, lieber Leser! Der international gewichtige Preis „Spiel des Jahres“ würdigt in der Regel eher einfache Familienspiele. Die große Ausnahme: 1996 wurde (für viele unerwartet und überraschend) als Nachfolger der zum Kultspiel gewordenen Siedler das Ulrich/Kramer-Spiel El Grande mit dem Pöppel versehen, eine Wahl, die bei dem Tiefgang dieser wunderbaren Autorenteam-Kreation mehr als Applaus verdient. Die Stunden vergehen wie im Flug, sobald König, Granden, Caballeros und das Castillo auf dem frühneuzeitlichen Plan verteilt sind. Dieses Hans im Glück-Spiel ist zudem ein wahrer Augenschmaus, nicht nur für historisch oder geografisch interessierte Spieler. El Grande gehört daher ohne Zweifel in jede Sammlung, soviel vorweggenommen. Wer einen Testversuch wagen möchte, sei herzlich ins Österreichische Spielemuseum in Leopoldsdorf eingeladen. Hier können Sie alle Turbulenzen im Kampf um Spanien hautnah erleben. (Infos unter www.spielen.at)

Hugo.Kastner@spielen.at

 

Ich kann mich heute noch genau erinnern, wie gebannt und fasziniert ich beim ersten Auflegen des Spielplans das wunderbare Alt-Spanien mit dem Auge des Zeitreisenden betrachtete. Hier lag ein Spiel für Erwachsene vor mir, das war mein unmittelbarer Eindruck. Galicien, Baskenland, Alt- und Neukastilien, Sevilla, Valencia, Granada, Katalonien und Aragon, schon die Namen der spanischen Regionen erweckten bei mir Assoziationen, wie wenige Spiele zuvor. Grafisch war das Ganze von Doris Matthäus ebenso einfühlsam und unverwechselbar umgesetzt worden. Das Castillo steht in meinem geistigen Bild bis heute wie ein Mahnmal der Macht im Untereck des Spielplans. Kein Wunder, dass El Grande inzwischen als moderner Klassiker gesehen wird. Beim ersten Lesen der Regel glaubt man unwillkürlich, ein sehr komplexes, schwer zu erfassendes Spiel vor sich zu haben. Unbegründet, ist mein heutiges Urteil. El Grande ist ein Mehrheitskampf (mit bunten Klötzchen), vermutlich das erste dieser Klasse in der Historie des Spiels, doch alles wird flüssig, logisch kohärent und auf spannungsgeladenem Niveau abgewickelt. Die Interaktion ist hoch, die Wartezeiten halten sich trotz der beachtlich starken taktisch-strategischen Elemente in Grenzen, und letztlich bleibt die prickelnde Spannung bis zur letzten Abrechnung aufrecht. Immer wieder bringen überraschende Einstellungen der Geheimscheiben oder tückische Spielzüge im Zusammenhang mit dem Castillo einen Umsturz im Wettlauf um den Sieg. Und ein solcher ist es, denn die so genannte Kramer-Leiste ziert auch dieses Meisterwerk (kein Wunder, wenn man den Namen des Co-Autors liest). Ich möchte Ihnen alle detaillierten Regeldarstellungen in dieser Kurzvorstellung ersparen. El Grande muss man sich in ruhiger Stunde erarbeiten, doch der Lohn für die Mühe ist gewaltig: ein Eintauchen in eine völlig neue Spielwelt im Südosten Europas.      

 

 


EMPFEHLUNG # 19

Autor: Richard Ulrich/Wolfgang Kramer

Preis: 25 €

Verlag: Hans im Glück 1996

Spieler: 2-5

Alter:    12+

Dauer: ab 90

 

 

OOOOOOOOOO

Glück   Bluff                            Logik

El Grande wird stärker von Logik dominiert als fast alle anderen mit dem Preis „Spiel des Jahres“ ausgezeichneten Perlen der Spielkunst. Wie wohltuend für die Fangemeinde von ernsthaften strategisch-taktisch ausgelegten Spielen. Der Bluff kommt jedoch wegen der verdeckt eingestellten Geheimscheiben auch nicht zu kurz.   

Hugos BLITZLICHT

El Grande bietet auf einem wunderbaren Spielplan des frühneuzeitlichen Spaniens superbe strategische Erlebnisse. Bis zu fünf Granden kämpfen mithilfe ihrer eilig herbeigeführten Caballeros um die gezielte Vorherrschaft In neun Regionen der Iberischen Halbinsel. Nur wer sich glücklich um den König schart, hat letztlich eine Chance, seine Kämpfer zu platzieren. All dies geschieht in ruhiger, doch spannungsgeladener Atmosphäre.    

Hugos EXPERTENTIPP

Spielen Sie El Grande in der von Ulrich und Kramer im Jahr 1996 vorgestellten Grundversion. Spätere Erweiterungen, wie etwa Grossinquisitor und Kolonien oder Grandissimo, verkomplizieren allenfalls, tragen jedoch nicht zu einem erhöhten Spielgefühl bei. Allerdings sind die neuen Aktionskarten aus der Großinquisitor-Ergänzung tatsächlich besser zu gebrauchen als das Originalset. Vielleicht doch ein Grund zum Erwerb dieser Erweiterung? Zu Viert ist die Balance zwischen Einflussnahme und Konkurrenz in den einzelnen Regionen übrigens am größten, daher ist dies die von mir empfohlene Spielerzahl.               

VORANKÜNDIGUNG

Mah Jongg

Chinas „Spiel der Winde“