Die Macher
WIN-Wertung:
**(*) DIE
MACHER AAA III TTT UU
Die
Spieleneuheiten des Hans im Glück Verlages sind immer einen intensiven Blick
wert, das weiß jeder ernsthafte Spieler. Selbige Binsenweisheit galt für die
letzten Spielertage in Essen in ganz besonderem Maße, denn da wurden zwei
Spiele vorgestellt, die in der Szene schon seit einiger Zeit für Aufregung
sorgten - "Die Macher" ein Wahlspiel, das bereits vor mehr als 10
Jahren, damals noch im Verlag Moskito Furore machte sowie "Euphrat &
Tigris", das durch sein langes Nichterscheinen und die zahlreichen
Lobeshymnen, die vor allem in englischen Spielerkreisen darauf gesungen wurden,
die Spielerwelt mehr als nur neugierig machte. Doch während letzteres zumindest
bei uns ziemlich klar durchfiel, schlugen "Die Macher" voll ein!
Der
folgende Artikel behandelt im Wesentlichen nur die Neuauflage der Macher, denn
ein genauer Vergleich der beiden Spiele würde zum einen den Rahmen dieses Artikels
bei weitem sprengen und zum anderen liegen meine letzten Partien mit der alten
Version doch schon einige Jahre zurück und zum Auffrischen fehlt mir ehrlich
gesagt die Zeit. Außerdem ist die erste Auflage schon seit einiger Zeit
ausverkauft, so dass es den meisten nur sehr wenig nützen würde, wenn das
Ergebnis ein "sofort die erste Auflage kaufen" wäre. Aber das, soviel
kann ich auf jeden Fall sagen, ist es sowie so nicht.
Jeder der 3
- 5 Spieler stellt eine Partei in der Bundesrepublik dar und soll versuchen, in
sieben Wahlgängen die meisten Punkte zu erreichen. Wie man diese erhält, soll
im Laufe dieser Rezension erläutert werden. Jede Partei verfügt natürlich über
ein Parteiprogramm, das Antworten auf die wichtigsten Fragen des Lebens gibt -
Euro Ja-Nein, Rechtschreibreform Ja-Nein, Gesundheitspolitik Ja-Nein usf.
Insgesamt sieben Themen sind vorhanden und jedes ist mit 4 Ja und 4 Nein Karten
im Stapel der Parteiprogrammskarten vorhanden. Fünf dieser Karten bekommt jede
Partei offen zugeteilt, wobei keine Karte doppelt und auch keine
gegensätzlichen Karten vorkommen dürfen. Weitere 3 Karten erhält jeder Spieler
verdeckt und kann mit ihnen, falls gewünscht, später das Parteiprogramm ein
wenig ändern. Man darf da übrigens keinesfalls zimperlich sein; wenn die Grünen
für Atomkraft und mehr Innere Sicherheit sind, so mag das zwar mit der
Wirklichkeit nur wenig zu tun haben, im Spiel aber durchaus von Vorteil sein.
Überhaupt sollte man, wie auch in der realen Politik nicht allzu viele Skrupel
besitzen.
Die
Parteiprogrammkarten haben ihre Entsprechungen in den Karten der Volksmeinung,
die für jedes Wahlland die Stimmung wiederspiegeln. Im aktuellen Wahlland
liegen natürlich alle vier Karten offen, während im Wahlland der nächsten Runde
noch eine verdeckt liegt, im Wahlland der übernächsten noch zwei verdeckt
liegen und im vierten Wahlland gar drei noch unbekannt liegen. Was hier noch
kommt, wohin das Stimmungsbarometer ausschlagen wird, das wird erst die Zeit
zeigen.
Nachdem
also für die ersten vier Wahlländer die Ausgangsbedingungen mit Hilfe der
Volksmeinung festgelegt wurde, dürfen nun noch die Spieler für ihre Parteien
eine gewisse Ausgangssituation herstellen. Dabei wird es natürlich auch davon
abhängen, in welchen Ländern die kommenden Wahlen gefochten werden, denn nicht
in jedem Land sind die zu gewinnenden Mandate gleich. Ist dies einmal
durchgeführt, so beginnt nun das reguläre Spiel, das in mehreren Phasen
abläuft.
Phase 1:
Durch ein geheimes Gebot - jeder Spieler startet mit DM 25.000,- -
wird
festgelegt, wer den Startspieler für alle Phasen dieser Runde festlegen darf.
Es bedarf einiger Erfahrung und Abwägung, ob es günstiger ist, selbst zu
beginnen oder eher so zu spielen, dass man selbst der letzte Spieler einer
Phase ist.
Phase 2:
Parteien sind, wie auch im richtigen Leben, sehr flexibel und so tagen einmal
pro Runde die Programmkommissionen der einzelnen Parteien, um die Richtlinien
für die nächste Zeit festzulegen. Böse Zungen behaupten in diesem Zusammenhang
übrigens, dass die Meisten eigentlich nur nach der Meinung im aktuellen
Wahlland schielen und ihre Fähnchen nach dem Wind richten, aber das ist
natürlich nur böswillige Verleumdung. Konkret darf zunächst jeder Spieler
beliebig viele seiner auf der Hand gehaltenen (höchsten drei) Programmkärtchen
gegen neue Karten vom Stapel austauschen und dann, falls gewünscht, eine Karte
des Parteiprogramms durch eine neue ersetzen. Dabei gilt auch hier wieder, dass
keine Karte doppelt oder eine Meinung und ihr Gegenteil vertreten sein darf.
Phase 3:
Was wäre ein Wahlkampf ohne Helfer? Und so gibt es auch hier die fleißigen
Mitglieder, die auf Tour geschickt werden. Und je nach Charisma und Stellung in
der Partei sind die Wahlkampfkosten aber auch die Fähigkeiten verscheiden groß.
Es dürfte wohl jedem klar sein, dass der Bundeskanzler zwar mehr kostet als ein
einfacher Parteisoldat, dafür aber auch wesentlich mehr bewirken kann.
Reihum legt
also jeder Spieler zu jedem der vier Wahlländer höchstens eine Karte seines
Schattenkabinetts und führt dann, nachdem alle Karten gespielt und alle Chaoten
bezahlt worden sind, für jeden Helfer eine seiner möglichen Aktionen aus. Das
kann zu einem sofortigen Stimmengewinn in diesem Wahlland führen, kann eine
Meinung des Volkes besonders wichtig machen, was durch einen Dopplerstein
angezeigt wird, bzw. sie herunterspielen, was zur Entfernung des Steins führt,
es kann den Trend der eigenen Partei stärken bzw. jenen einer gegnerischen
Partei schwächen und es kann eine Änderung in der Medienlandschaft
herbeiführen.
Wichtig ist
auch das bei manchen Karten auftretende Telefonsymbol, denn es zeigt an, dass
man in Phase vier eventuell in Koalitionsgespräche mit anderen Parteien treten
kann.
Phase 4:
Eine Koalition zwischen zwei Parteien im aktuellen Wahlland ist nur dann
möglich, wenn zum einen beide Spieler irgendwann einmal in diesem Land einen
Wahlkampfhelfer mit Telefonsymbol gespielt haben und zum anderen die beiden
Parteiprogramme nicht zu sehr differieren. Stimmen sie in zwei der fünf Punkte
überein, so können die beiden Spieler eine Koalition bilden, aber ein solcher
Vorschlag kann abgelehnt werden. Sind sogar drei Programmkärtchen identisch, so
kann eine solche Koalition von einem der beiden potentiellen Partner gefordert
und kann vom anderen Aspiranten nicht abgelehnt werden.
Phase 5:
Die Medien spielen in jedem Wahlkampf eine wichtige Rolle, das weiß jeder
Politiker. Und deshalb versucht man auch, die Medien für sich einzukaufen. Fünf
Medienplätze sind in jedem Bundesland vorhanden und ein solcher kostet DM 4000,-.
Sind die erst einmal voll, und das geht, auch wenn jeder Spieler nur über 5
Mediensteine verfügt, meist recht schnell, dann kann ein Wechsel nur mehr in
Phase 3 erfolgen. Nur ist er dort doppelt so teuer.
Wer über
die Mehrheit an Medien in einem Wahlland verfügt, darf dann am Ende dieser
Phase eine Karte der Volksmeinung gegen eine andere Karte aus einem zu Beginn
eingerichtetem Tauschpool auswechseln. Dabei ist allerdings eine Volksmeinung,
die mit dem Dopplerstein belegt wurde, tabu.
Phase 6:
Hier wird nun endlich wahlveranstaltet und zwar in jedem der vier zur Wahl
anstehenden Länder. Reihum kann jeder Spieler bis zu fünf solche
Veranstaltungen pro Land abhalten, was in je DM 1000,- kostet. Wie diese
Veranstaltungen dann in Stimmen umgesetzt werden, wird sich gleich zeigen.
Natürlich hätte man die Lust und Energie, Tausende solcher Veranstaltungen
abzuhalten, aber mehr als 10 pro Land sind nicht möglich und für mehr als 18
reichen die Wahlveranstaltungssteine eines Spielers nicht.
Phase 7:
Gewählt wird leider vom Volk; mit dieser Tatsache muss jeder Politiker fertig
werden und daher will man schon möglichst früh mit Hilfe von Umfragen den Trend
feststellen. Es ist natürlich absolut gelogen, dass diese Umfragen gezielt in
Auftrag gegeben werden, aber irgend einen Grund muss es schon haben, warum der
Autor Karl Heinz Schmiel diese blind versteigern lässt. Und da ist es manchmal
zum aus der Haut fahren, denn gerade in den wichtigsten Momenten versagen die
Meinungsinstitute und prognostizieren völligen Schwachsinn. Dass man dafür auch
noch teuer bezahlen musste, tut natürlich doppelt weh. Wie dem auch sei, wer
das Ergebnis der Umfrage nicht veröffentlichen will - er darf dazu die
Trendmarker zweier Parteien, wie auf der Karte angegeben, verändern - kann wenigstens
durch Würfeln seine Parteibasis vergrößern.
Phase 8:
Das Ziel des ganzen Treibens, das sei nun ganz klar festgestellt, sind
natürlich Stimmen, je mehr, desto besser. Und solche können nun in dieser Phase
eingefahren werden. Dazu gibt es einen Umrechnungsschlüssel, der da lautet:
Stimmen =
Wahlveranstaltungen x Faktor, wobei der Faktor die Summe aus Trend- und
Übereinstimmungszahl ist. Erstere schwankt zwischen -3 und +3, letztere gibt
an, wie genau das eigene Programm mit der Volksmeinung im jeweiligen Land
übereinstimmt.
Beginnend
mit dem Land, dessen Wahl noch am weitesten entfernt liegt - es hat nur eine
Volksmeinungskarte offen - entscheidet nun jeder Spieler, der in diesem Land
bereits mehr als 4 Wahlveranstaltungen abgehalten hat, wie viele
Wahlveranstaltungen er auf diese Weise in Stimmen umsetzen will. Das hat zwei
Vorteile: Zum einen kann man die Gunst der Stunde nützen und billig zu Stimmen
kommen und zum anderen befreit man Wahlveranstaltungssteine, um sie woanders
neu einzusetzen.
Wer nach
dieser Prozedur über die absolute Stimmenmehrheit verfügt, darf eine Karte
Volksmeinung, wie in Phase 5 austauschen. Ob allerdings auch hier durch den
Dopplerstein geschützte Meinungen tabu sind, darüber schweigen sich Spiel- und
Kurzregel aus.
Phase 9:
Das aktuelle Wahlland wird nicht in Phase 8 abgehandelt, sondern in einem
eigenen Schritt. Der Vorgang entspricht im Prinzip jenem von Phase 8, nur fällt
die Bedingung, dass man zumindest 5 Wahlveranstaltungen abgehalten haben muss,
um diese in Stimmen umzusetzen. Ist dies geschehen, werden nun die Stimmen,
mehr als 50 sind nicht erreichbar, in Mandate umgesetzt, was je nach Land zu
verschiedenen Gewinnen führt. Diese werden auf einem eigenen Blatt notiert.
Der Sieger
der Wahl darf dann noch einen seiner Mediensteine, falls er in diesem Land
einen solchen eingesetzt hat, auf den Bundesplan bringen, was ihm am Ende
Punkte bringen wird. Allerdings hat er damit einen Stein weniger für seine
Wahlschlachten zur Verfügung. Außerdem darf er noch zwei Karten der
Volksmeinung aus diesem Land auf den Bundesplan setzen. Sind dort schon alle
Plätze voll, so darf er nach bestimmten Regeln ihm unpassend erscheinende
entfernen.
Gibt es
mehrere Sieger, weil mehrere die Höchststimmenzahl von 50 erreicht
haben, so
gewinnt jener Spieler, der dies als letzter schaffte, um Nasenlänge und darf
etwas mehr manipulieren, als der Zweite. Etwas unklar ist die Regel bei dem
Gewinn von Koalitionen und leider sind meine diesbezüglichen Anfragen bei Hans
im Glück noch nicht beantwortet worden.
Abschließend
vergleicht nun noch jeder Spieler seine Parteimeinung mit jenen Karten am
Bundesplan und darf bei Übereinstimmung seinen Parteibasismarker entsprechend
weiter ziehen.
Phase 10:
Nach geschlagener Wahl wird nun das aktuelle Wahlland abgeräumt und für die
nächste Wahl, solange noch nicht sieben bereitet wurden, hergerichtet. Dazu
werden vier Karten Volksmeinung gezogen und eine davon offen aufgelegt. Die
anderen drei bleiben verdeckt liegen. Nun werden bei den anderen drei schon im Spiel
befindlichen Wahlländer je eine weitere Volksmeinungskarte aufgedeckt, so dass
bei einem alle - es ist das aktuelle Wahlland der folgenden Runde - und bei den
beiden anderen drei bzw. zwei Karten offen liegen. Bevor nun aber die nächste
Runde beginnt, muss man noch über die Finanzierung nachdenken.
Phase 11:
Dreimal im Spiel, nämlich am Ende der ersten, der dritten und der
fünften
Runde, zahlt die Parteibasis ihre Parteisteuer und zwar DM 1000,- pro Mann und
Nase. Außerdem erhält man das Stimmenergebnis der letzten Wahl in 1000
ausbezahlt. Und wer danach noch immer unter Geldsorgen leidet, kann über die
Annahme einer Wahlspende nachdenken, was aber mit dem Verlust von bis zu 9
Parteibasispunkten einhergehen kann. Wer auf die Annahme einer Spende allerdings
verzichtet, kann an der Parteibasis dazugewinnen.
Sechsmal
werden diese Phasen zur Gänze durchlaufen, im siebenten Wahljahr findet dann
nur mehr die Phase 9, in der das Wahlland abgerechnet wird, statt. Ist dies
geschehen, so werden nun die Punkte berechnet, die die einzelnen Parteien
erreicht haben. Diese setzen sich aus den in den sieben Wahlgängen erreichten
Mandaten, aus Medienpunkten von entsprechenden Steinen auf der Bundestafel,
wobei man umso mehr erhält, je früher der Stein hier her wanderte, der
Parteibasis und den Übereinstimmungen des letzten Parteiprogramms mit der
abschließenden Bundesmeinung zusammen. Wer die meisten Punkte erreicht hat,
gewinnt.
Die Macher
ist, das dürfte nach dem bisherigen wohl klar sein, kein einfaches Spiel. Aber
es ist vom Regelwerk her gar nicht so komplex wie es vielleicht scheint, im
Grunde kann man nach dem Lesen der obigen Erklärungen zu spielen beginnen. Was
das Spiel aber so "kompliziert" und dadurch so reizvoll macht, ist
die Tatsache, dass die einzelnen Elemente ständig ineinander greifen und
geschickt miteinander verwebt sind. Als Anfänger muss man daher auch zumindest
die erste Partie als Einschulung abhaken, doch wird es mit ziemlicher
Sicherheit nicht dabei bleiben.
Allzu viel
an Strategie kann ich im Moment noch nicht bieten, dazu habe ich die Macher zu
wenig gespielt, dauert eine Partie doch in etwa 4, allerdings bestens
investierte Stunden. Auf eines möchte ich allerdings aufmerksam machen, da
dies, so kommt es mir zumindest im Moment vor, eine kleine Schwächen des Spiels
darstellen könnte. Es dreht sich dabei um den Gewinner der letzten Wahl. Dieser
darf, wie schon oben erwähnt, als Belohnung die Bundesmeinung noch einmal
kräftig durcheinander bringen. Dazu sind 5 Plätze vorhanden, auf die Meinungskarten
gelegt werden dürfen.
Wie die
Plätze für die Mediensteine sind die weiter links liegenden beim Vergleich nach
Abschluss der letzten Wahl mehr Punkte wert als die weiter rechts liegenden.
Doch
während das bei dem Medienstein durchaus Sinn macht, weil ein weiter links
liegender Stein länger aus dem Spiel ist, gilt dies für die Meinungskarten
nicht, da hier im wesentlichen beliebig ausgetauscht werden kann. Und mit etwas
Glück kann der Sieger der letzten Wahl (so wie bei zwei unserer Partien) die beiden
am weitesten links liegenden Karten austauschen und damit Gegensätze in seinem
Programm in Übereinstimmungen verwandeln und gleichzeitig sein Punktekonto
kräftig auffetten.
Natürlich
kann und muss man das in seiner Vorausplanung berücksichtigen, aber wenn dann
durch Zufall die Wahl noch in dem mandatsstarken Bundesland Bayern stattfindet,
dann spielt der Zufall doch eine etwas zu große Rolle.
Abgesehen
davon aber gefällt mir die Neuausgabe der Macher ausgezeichnet, wozu nicht
zuletzt die hervorragende Ausstattung in bewährter Hans im Glück Qualität
beiträgt. Wer immer also etwas komplexere Spiele mag und vor einer etwas
längeren Spieldauer nicht zurückschreckt, sollte das Spiel auf jeden Fall
einmal ausprobieren.