Oh, diesen Namen
kenne ich doch…
Carcassonne Mayflower
Auf zum
Plättchenlegen überm großen Teich.
Acht Jahre, zwölf
offizielle Erweiterungen sowie vier Stand-alones
später, ist nun das fünfte eigenständig spielbare Carcassonne
auf dem Markt. Carcassonne Mayflower.
Ob die Welt dieses neue Carcassonne braucht oder
nicht, welche Neuerungen es darin gibt und warum man es sich unbedingt kaufen
sollte oder eben auch nicht, versucht diese folgende Rezension zu ergründen.
Wie üblich, möchte
der Rezensent damit auch für die Leser, wie auch für sich selbst etwas Wissen vermitteln.
Auch das ist das Schöne am Schreiben: das Recherchieren. In diesem Fall fand
ich heraus, dass im Jahre 1620 ein Schiff namens, ja, genau, Mayflower, von einer Gruppe religiöser Separatisten, den so
genannten Pilger-Vätern (Pilgrim-Fathers) gechartert
wurde. Da es in diesem Jahr vier Schiffe mit selben Namen gegeben haben soll,
wird nunmehr angenommen, dass „unser“ Schiff ein Dreimaster mit 180 Tonnen war,
mit einer Länge von 28 und einer Breite von 8 Metern und 34 Mann Besatzung und
möglicherweise 10 Kanonen an Bord hatte. Von der 101 Personen
starken Gruppe von Pilgrim-Vätern erreichten nur 53 Männer, Frauen und auch
Kinder, lebend Plymouth im Neuen Land. (Details auf Seemotive.de).
Carcassonne Mayflower beginnt
genau hier. Die neuen Siedler erkunden das Land in Richtung Westen. Ein kleiner
Spielplan zeigt, wenn man ihn auseinanderfaltet, die Ostküste Amerikas mit den
Städten Plymouth, New York und Jamestown, sowie die
Punktezählleiste von 0 bis 50 Punkten. Das Spiel enthält 95
Landschaftskärtchen. Wie üblich findet man darauf Wegabschnitte, Kreuzungen,
Stadtteile, Ebenen und in diesem Fall Farmen anstatt der Klöster. Es gibt 40
Holzfigürchen, die so genannten Siedler, wie schon im Grundspiel in fünf
Farben, sozusagen für fünf Spieler. Von diesen wird pro Farbe ein Siedler für
die Zählleiste benötigt. Die große Neuerung in diesem Spiel sind zwei weiße,
etwas größere Siedlerfiguren, die beiden „Landvermesser“.
Und weil wir nun
mit Carcassonne wieder in Amerika gelandet sind, sei
angemerkt, dass die Figuren in Amerika einen eigenen Namen bekommen hat, „meeples“, der sich
mittlerweile so wie im Deutschen „Pöppel“ allgemein für Spielfiguren
durchgesetzt hat.
Die Häufigkeit der
einzelnen Landschaftskärtchen ist ähnlich dem „Ur“-Carcassonne
und ist auf einem Zusatzblatt zur Spielregel ersichtlich.
Man entfalte also
den kleinen Spielplan und hat an der Ostküste der späteren USA 10 Startfelder.
Die beiden Landvermesser werden (jeweils einer) auf das nördlichste und das
südlichste, respektive das oberste und unterste Startfeld gestellt.
Ziel des Spieles
ist bestmöglich, also möglichst punkteträchtig, Landschaftskärtchen zu legen,
bzw. Siedler zu setzen, um am Ende die meisten Siegpunkte auf seiner Seite zu
haben.
Gespielt wird im
Uhrzeigersinn und der Spieler der an der Reihe ist, nimmt sich von den
verdeckten Stapeln mit Landschaftskärtchen ein Plättchen, legt es „lukrativ“ an
die Ostküste, bzw. an bereits liegende Kärtchen an und entscheidet ob er einen
Siedler auf dieses eben gelegte Kärtchen setzen möchte. Diese Siedler nehmen
auf dem Spielfeld folgende Identitäten an: Setzt man einen in eine Stadt wird
er zum Sheriff, auf einem Weg zum Banditen, auf einer Farm klarerweise zum
Farmer und auf den Ebenen nennt er sich Trapper.
Sollte durch das
Anlegen eine Stadt, ein Weg oder auch eine Farm vollendet worden sein, wird
dieses „Bauwerk“ gewertet. Die errechnete Anzahl an Punkten wird sofort auf der
Zählleiste weiter gezogen. Nun erhalten die etwas größeren, weißen Siedler, die
meiner Meinung nach, wirklich einzige Novität dieses Spieles, ihren großen
Auftritt und das ebenso große Geheimnis, was denn diese Landvermesser denn
bringen wird gelüftet.
Wird ein Bauwerk
abgerechnet erhält der Besitzer des Siedlers pro Landvermesser, welcher auf
gleicher Höhe, also in derselben Spalte dieses Siedlers, steht, 4 zusätzliche
Punkte. Als Beispiel sei hier die kleinste Stadt angeführt, die im Normalfall 4
Punkte zählt, pro Stadtteil 2 Punkte. Steht nun der Sheriff dieser Stadt mit
einem Landvermesser in derselben Spalte, zählt diese Stadt insgesamt 8, mit
einem zweiten Landvermesser sogar 12 Punkte.
Nach jeder Wertung wird einer der Landvermesser ein Landschaftskärtchen,
also eine Spalte weiter nach Westen gesetzt. Falls vorhanden. Dieser Fall steht
nicht explizit in den Regeln, aber wohin sollten die Landvermesser sonst ziehen,
wenn das Land noch nicht entdeckt wurde. Im Übrigen darf immer nur der am
östlichsten stehende Landvermesser weiter gezogen werden, soll heißen, dass die
beiden entweder in derselben Spalte stehen müssen oder in der angrenzenden. Das
ist aber noch nicht alles was diese Landvermesser können. Nun kommt erst das
„teuflische“, oder wie zart besaitete Spieler sagen würden „gemeine“
Detail dieser beiden. Nachdem einer der Landschaftsvermesser um eine Spalte
weiter gezogen wurde, wird geprüft, ob östlich von diesem Sheriffs, Banditen
oder Farmer stehen. Wenn ja, werden diese vom Spielfeld genommen und kommen zum
jeweiligen Spieler zurück. Erfahrene Spieler ahnen bereits, dieses „kleine“
Detail bietet genügend Raum für feinste Taktik. Nichts für zart besaitete
Spielernaturen.
Was passiert mit
östlich liegenden Trappern? Die werden bis ans Spielende liegen gelassen und
werden, wie gewohnt erst am Ende abgerechnet.
Dadurch, dass man
die Siedler „automatisch“ immer wieder zurück bekommt, kann man a) nicht mehr „eingesperrt“
werden, das übrigens die „Essenz“ des Grundspieles bedeutete und b) man wird
sich etwas mehr mit den Ebenen beschäftigen, da man in den letzten Zügen des
Spieles nur noch einen Siedler benötigt. Dieses Prinzip galt natürlich auch im Ur-Carcassonne, doch war dort aber auch immer der eine oder
andere Gefolgsmensch eingesperrt und konnte keine lukrative Wiese besetzen. Für
alle, die Carcassonne überhaupt noch nicht kennen,
sei hier kurz erklärt, was man unter „eingesperrt“ versteht. Dies bedeutet,
dass man eine Stadt, eine Straße oder Kloster, so heißen die Bauwerke im
Grundspiel, nicht fertig bauen kann, weil es ein Landschaftskärtchen dieser Art
gar nicht oder nicht mehr gibt, weil sie alle schon ausgelegt wurden.
Gibt es noch
weitere Unterschiede zu Carcassonne? Antwort: Ja,
kleine, aber keine Neuerungen, weil es diese Elemente bereits in einer
Erweiterung bzw. in einem anderen Carcassonne-Universum
gab. Da wären also die Handelsposten. Das sind kleine Häuschen neben den Wegen.
Sie zählen bei Wertungen jeweils zwei Punkte, wie auch am Ende des Spieles bei
einem unfertigen Weg. Diese Häuschen waren in der 1. Erweiterung, nunmehr
Wirtshäuser und Kathedralen genannt, die Wirtshäuser. Allerdings wurde man hier
mit null Punkten „bestraft“, wenn eine Straße mit Wirtshaus am Rand nicht
fertig wurde. Weiters sind da noch die kleinen Tiermotive auf den Ebenen. Sie
zählen jeweils einen Punkt für den Spieler der die Mehrheit an Trappern
aufweist. Dieses Element gab es erstmals in Carcassonne
- Die Jäger und Sammler.
Fazit (welches,
durch einen objektiven Spiele-Rezensenten, für den
ich mich halte, aber auch, zugegebenerweise Carcassonne-Liebhaber der ersten Minute, hoffentlich
größtmöglich sachlich und objektiv ausfällt):
Ein nettes
Familienspiel für zwei bis fünf Personen, dessen Regeln rasch erlernt sind und
durch die stets andere Landschaft, die gelegt wird, interessant bleibt. Der
Glücksfaktor mag für Spieler, die Familienspiele mögen in Ordnung sein, jedoch
steigt dieser, wie auch der so genannte „Königsmachereffekt“ proportional zu
der Spieleranzahl. Deshalb werden die Taktiker unter uns Spielern lieber eine
Partie zu zweit spielen wollen. Drei kleine Mängel sollen auch nicht
verschwiegen werden: Erstens und zweitens sind die kleinen Handelsposten und
Tiermotive zu klein und/oder zu wenig auffällig. Deshalb muss man ziemlich
aufpassen, um beim Zählen keines zu übersehen. Drittens ist man bei der
Punktezählleiste stets versucht, in die falsche Richtung zu laufen. Bei den
anderen Carcassonne-Spielen ist dies ganz einfach
gelöst, indem jeweils Pfeile in die richtige Richtung weisen.
Trotzdem und in
jedem Fall ist Carcassonne Mayflower
gut genug, um gekauft zu werden.
Und dennoch, um
einen Romantitel zu zitieren: Im Westen nichts Neues! Leider wurde mehr auf den
Erfolgstitel Carcassonne gesetzt, unter dem Motto
„lieber nicht zu sehr verändern, weil es ja die Verkaufszahlen nach unten
drücken könnte“ und so wurde unglücklicherweise verabsäumt ein richtig
„knackiges, frisches und gutes“ Carcassonne zu
schaffen. Ich befürchte, dass sich bloß „Hardcore-Carcassonne-Fans“
über dieses Werk freuen werden und möglicherweise nicht mal alle von diesen.
Christian Huber
Ein Familienspiel,
welches wie das Ur-Carcassonne immer wieder gerne
gespielt werden wird, aber diesem leider zu sehr ähnlich ist.
Überblick:
Spieler: 2 bis 5
Alter: 8+
Dauer: 30+
Autor:
Grafik: Franz Vohwinkel
Vertrieb: Schmidt
Spiele GmbH
Preis: 12 bis 15 €
Verlag: Hans im
Glück
www.hans-im-glueck.de
Genre : Legespiel
Zielgruppe : Für Familien
Mechanismen:
Plättchen für Siegpunkte legen
Zufall : 5
Wissen : 2
Planung : 4
Kreativität :
Kommunikation : 4
Geschicklichkeit : 0
Action:
Kommentar:
Standard-Carcassonne-Regeln mit kleinen Veränderungen
Schöne Ausstattung
Manche
Grafik-Details zu klein
Vergleichbar mit:
(Die neuen)
Entdecker, sowie alle bisherigen Carcassonne-Spielen
Atmosphäre : 6